Protocol of the Session on June 5, 2014

(Katrin Lompscher)

weil es weitergehender als das Mietenbündnis auf Landesebene ist –, so ist die Kritik des Pankower Mieterprotests, z. B. an den Regelungen zur energetischen Sanierung von Häusern, mehr als berechtigt. Die Mieter müssen jetzt neben der Modernisierungsumlage von 9 Prozent auch noch eine fiktive Betriebskosteneinsparung bezahlen, obwohl es gar keine Garantie dafür gibt, ob und wie viel Energie eingespart wird. Das geht gar nicht, denn die Betriebskosteneinsparung sollte ja eigentlich dazu führen, dass die Mieten trotz der Modernisierungsumlage bezahlbar bleiben. Das Ergebnis sind Mieten, die sich auch Gutverdiener nicht mehr leisten können. Da ist jetzt der Senat am Zug, hier muss dringend nachgesteuert werden. Wir als Grünen-Fraktion werden dazu auch Lösungen anbieten und demnächst einbringen, andernfalls wird das Ziel, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften mietpreisdämpfend in die Stadt hineinwirken sollen, total absurd.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ich will den Senat aber noch einmal grundsätzlich an den Zweck der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften erinnern. Welchen Auftrag haben die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften? Wen sollen sie eigentlich vorrangig mit Wohnraum versorgen? – Die Antwort dazu finden wir in Artikel 28 der Berliner Landesverfassung. In Absatz 1 heißt es:

Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen …

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Bravo! Tolle Verfassung!]

Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften stehen also wohnungspolitisch in der Pflicht, sich am Bedarf der Berlinerinnen und Berliner zu orientieren, und der Bedarf ist immens hoch. Das hat uns vor Kurzem auch der veröffentlichte Bericht Monitoring Soziale Stadt bescheinigt. Demnach gelten 20 Prozent der Berlinerinnen und Berliner als armutsgefährdet. Die größte Gruppe darunter sind die 143 000 Einpersonenhaushalte, die mit weniger als 705 Euro monatlich auskommen müssen.

Wenn wir uns jetzt einmal die andere Seite anschauen, das Angebot, das es in der Stadt gibt, dann sieht das folgendermaßen aus: Nicht einmal 40 000 der knapp 140 000 im Mietspiegel erfassten Kleinstwohnungen weisen Mietpreise auf, die von den besagten Einpersonenhaushalten bezahlt werden können. Und diese preiswerten Wohnungen werden übrigens auch von anderen Einkommensgruppen nachgefragt. Das heißt also, insgesamt fehlen in Berlin für fast die Hälfte der armutsgefährdeten Haushalte angemessene und bezahlbare Wohnungen.

Wenn wir Artikel 28 der Berliner Landesverfassung also ernst nehmen – und das sollten wir hier alle –, dann steht fest, angesichts 380 000 armutsgefährdeter Haushalte ist ein Bestand von 280 000 landeseigenen Wohnungen zur angemessenen Wohnraumversorgung absolut unzureichend.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir genau diese wenigen Wohnungen, die in Landesbesitz sind, auch wirklich gerecht verteilen, damit wir die Verdrängung und soziale Spaltung der Stadt auch wirklich zumindest abdämpfen können. Dazu haben wir auch mit unseren Vorschlägen einer Drittelquotierung konkrete Vorschläge gemacht. Ich würde Sie bitten, sich das noch mal zu überlegen, die auch mit in die Evaluierung einfließen zu lassen.

[Beifall von Antje Kapek (GRÜNE)]

Aber wir brauchen nicht nur eine Kurskorrektur beim Mietenbündnis, sondern überhaupt auch einen Kurswechsel in der Wohnungspolitik. Es hilft nicht, nur Neubau als die alleinige Lösung anzupreisen, sondern es braucht auch eine Bestandserweiterung durch den gezielten Ankauf von Sozialwohnungen. Vor allem brauchen wir einen strategischen Ankauf von Wohnungen in Milieuschutz- und Sanierungsgebieten. Da haben wir mit den Bezirken ein Vorkaufsrecht. Das nutzen wir nicht. Was macht Herr Müller? – Er sagt jedes Mal, die Bezirke sind dafür verantwortlich. Das Problem ist nur, die Bezirke haben kein Geld dafür. Deswegen ist es eine vertane Chance, wenn wir dieses Vorkaufsrecht nicht endlich mal nutzen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Es ist nicht nur dumm, sondern es ist auch unökonomisch, weil der Ankauf von Bestand meist deutlich günstiger ist als Neubau und dadurch die Mieten auch bezahlbarer sind, gerade für die einkommensschwachen Haushalte. Deswegen, lieber Senat, hören Sie endlich auf, die landeseigenen Wohnungen weiter zu verkaufen, unterstützen Sie endlich die Bezirke dabei, und das gerade in der Innenstadt! Herr Müller behauptet, mit dem Mietenbündnis sei der erste Baustein für die soziale Wohnungspolitik in Berlin gelegt. Jetzt muss das Mietenbündnis aber wirklich rasch verbessert werden, sonst droht nämlich aus dem Baustein ein Klötzchen zu werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Schmidberger! – Für die CDUFraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Brauner. – Bitte sehr!

(Katrin Schmidberger)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Mietenbündnis ist kein Klötzchen, sondern ein Baustein und ein sehr wichtiger Baustein. Das will ich in aller Deutlichkeit sagen. Es war der erste, den wir gelegt haben. Er hat ein Volumen von über 100 Millionen Euro. Da hat Herr Müller in der Tat auch den wichtigen Baustein gleich zu Beginn deutlich gemacht.

Wir haben in Summe – und das hat auch die Berichterstattung zum Mietenbündnis gezeigt, das muss man hier an der Stelle auch sehr deutlich sagen – sehr gute Ergebnisse, im Durchschnitt mit einem hohen Sanierungsgrad, mit einem guten Wohnungszustand. In den meisten städtischen Wohnungen liegen wir immer noch 10 Cent unter der durchschnittlichen Mietspiegelmiete im Bestand, und das sind rund 5,40 Euro. Das können sich auch die meisten Berlinerinnen und Berliner leisten, im Gegensatz zu dem, was Sie sagen, Frau Schmidberger, dass das keiner kann. Sie streuen uns hier Sand in die Augen und halten eine Rede – in Anführungszeichen –, das sei hier alles sehr dramatisch und sehr schwierig. Ich glaube, Sie überzeichnen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Raed Saleh (SPD)]

Und Sie müssen eines wissen: Wir machen Wohnungspolitik mit Augenmaß, wir machen Förderpolitik mit Augenmaß,

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

weil wir eben auch andere Dinge bezahlen müssen wie z. B. Schul- und Kitaausbau. Alles muss abgewogen sein und nicht einfach querbeet finanziert.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von Martin Delius (PIRATEN) und Benedikt Lux (GRÜNE)]

Gucken Sie mal genau! – Jetzt zu diesem Thema, das hier konkreter Anlass war: Die GESOBAU hat in diesem Vorhaben in der Tat auch ihrer besonderen Verantwortung Rechnung getragen. Das waren Objekte, die einen erheblichen Sanierungsbedarf aufwiesen, die energetisch deutlich ertüchtigt werden mussten. Hier hat sie als städtisches Unternehmen auch beispielgebend agiert.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage – –

Nein, keine Zwischenfragen!

[Martin Delius (PIRATEN): Bloß nicht!]

Sie hat zum einen ein vernünftiges Konzept aufgelegt. Sie hat kommuniziert. Sie hat dann auch auf die Bedarfe reagiert und bezogen auf die spezielle Situation vor Ort –

massiver Sanierungsbedarf, Altbauwohnungen und sehr niedrige Ausgangsmieten, das gehört zur Wahrheit an der Stelle auch dazu – eine spezifische Regelung gefunden.

Das finden wir gut. Das zeigt zum einen, dass unser genereller Ansatz mit dem Mietenbündnis vernünftig ist. Gleichzeitig bietet es ausreichend Flexibilität, auf besondere Situationen einzugehen. Und im Dritten sind wir hier auf unsere städtischen Unternehmen stolz, die vernünftig kommunizieren und dann auch verhandeln. Das zeigt die Umsicht der Geschäftsführung auf der einen Seite und natürlich auch den Abwägungsprozess, denn jedes Zugeständnis, dass sie in Prenzlauer Berg macht, Frau Schmidberger, das müssen die Mieter im Märkischen Viertel nämlich mitbezahlen, und das muss auch abgewogen werden. Da sind die Geschäftsführungen der Städtischen in der Verantwortung. Ich denke, in dem Fall haben sie das gut gemacht.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Wir bleiben bei unserem Ziel, Bestandserhöhungen der städtischen Wohnungsunternehmen um 30 000 Wohnungseinheiten auf über 300 000 bis zum Ende der Legislaturperiode. Da sind wir schon ein gutes Stück vorangekommen. Gleichzeitig bedeutet das, dass sie Wohnungen dazukaufen und neue bauen. Bei Letzterem haben wir ebenfalls ein positives Ergebnis. Insofern kann ich Ihre Generalkritik nicht verstehen, ganz im Gegenteil, wir sind seit zwei Jahren dabei, das mit einer vernünftigen Umsetzungsgeschwindigkeit und mit guten Ergebnissen vernünftig umzusteuern, und Sie wollen das nur schlechtreden, um Klientelpolitik zu machen. Das, finde ich, ist nicht gut und auch nicht ehrlich.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sie machen doch Klientelpolitik!]

Vielen Dank, Herr Brauner! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Höfinghoff. – Bitte!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In unserer letzten Sitzung haben wir ausführlich über die Mängel und Unzulänglichkeiten des Mietenbündnisses des Berliner Senats gesprochen und erlebt, wie die Koalition ihre Arbeit in den Himmel gelobt hat. Nun müssen wir hier am aktuellen Beispiel der landeseigenen GESOBAU und ihrem Umgang mit der Pankower Mieteninitiative schwarz auf weiß erkennen, wie ernst sie es mit der – Zitat – möglichst behutsamen und günstigen Modernisierung von Altbaubeständen meint.

Da schließen sich Mieterinnen und Mieter in Pankow zusammen, um über die Modernisierungsmaßnahmen besser informiert zu sein, auch um sich vor materiellen und anderen Forderungen in so einem Prozess zu schützen. Das ist ihr gutes Recht. Die Kooperation mit der Mieterinitiative sollte selbstverständlicher Teil einer Maßnahme landeseigener Wohnungsbaugesellschaften sein. Dass diese Kooperation in einem echten Bündnis mit den Mieterinnen und Mietern auch umgesetzt wird, dafür hätte eigentlich dieser Senat hier zu sorgen. Und was geschieht? – Die Mieterinitiative wird von der GESOBAU aufgefordert, ihre Aktivitäten wie Mieterversammlungen oder Unterschriftensammlungen zu unterlassen, in einer Art und Weise, die jeden Respekt vor der Arbeit der Initiative vermissen lässt.

[Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Das ist keine Kooperation, das ist Einschüchterung und der Versuch, Mieterinnen und Mieter gegeneinander auszuspielen, mit dem Ziel, berechtigte Einwände der Betroffenen an der Sanierungspraxis zu unterdrücken, denn es gibt konkrete und überdenkenswerte Punkte der Kritik. Was sich bei der Anhörung der Mieterinitiative „Pankower Mieterprotest“ vor dem Bauausschuss zeigte, ist beispielsweise, dass die energetische Sanierung, die mit auf die Miete umgelegt werden soll, bis zu zehnmal so viel kostet wie die Heizkostenersparnis, die damit erreicht werden soll. Solche Maßnahmen sind für Mieterhaushalte dauerhaft unwirtschaftlich. Sie sollten deshalb sehr kritisch überprüft und im Zweifel unterlassen werden.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Katrin Schmidberger (GRÜNE) und Katrin Lompscher (LINKE)]

Was aber macht die GESOBAU? – Sie möchte, weil es gesetzlich erlaubt ist, alle Möglichkeiten, die Mieter stärker zu belasten, ausschöpfen, ohne auch nur die Alternativen zu überdenken. Wie wir aus zahlreichen Beispielen privater Baugesellschaften und von Mieterinnen und Mietern wissen, wird die energetische Sanierung nicht selten als moderne Form der Entmietung benutzt. Wenn sich nämlich dadurch die Mieten verdoppeln und im Extremfall sogar verdreifachen, werden Altmieterinnen und Altmieter durch solche Maßnahmen zum Auszug gezwungen, mit dem Ziel, dass am Ende teure Eigentumswohnungen entstehen können.

Solche perfiden Methoden will ich der GESOBAU ja gar nicht unterstellen, ich muss aber trotzdem fragen: Warum will die GESOBAU keinen Runden Tisch mit allen Betroffenen, bei dem die Probleme genau erörtert und im besten Fall auch gemeinsam gelöst werden können? Weshalb weigert sie sich, die Vorschläge der Mieterinitiative auch nur anzuhören, und gestattet allenfalls begrenzte persönliche Absprachen mit einzelnen Mietern? – Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Weil sie so für Mieterinnen und Mieter nachteilige Maßnahmen leichter umsetzen kann. Zu einer, wie die GESOBAU selbst for

mulierte, möglichst behutsamen und günstigen Modernisierung passt das alles jedenfalls nicht.

Es ist jetzt die Aufgabe des Bausenators, die GESOBAU an ihre Versprechungen zu erinnern – Herr Müller, hören Sie?

[Bürgermeister Michael Müller: Ja, an die Versprechungen zu erinnern!]

sehr gut! –, also an die Versprechungen zu erinnern und auch dafür zu sorgen, dass Einschüchterungen der Mieterinitiative, die dieser Brief ja schon deutlich gemacht hat, in Zukunft unterbleiben.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Hier ist eine Entschuldigung fällig, verbunden mit der Aufforderung an die GESOBAU, die Mieterinitiative und ihre Einwände ernst zu nehmen. Wenn das nicht geschieht, und das war Ihren Ausführungen deutlich zu entnehmen, dann wundern Sie sich bitte nicht, wenn die Proteste der Mieterinnen und Mieter noch lauter werden. Wundern Sie sich auch nicht, wenn der Berliner Senat und die landeseigene GESOBAU ihren Ruf festigen, unfähig zu sein, mit Mieterinitiativen zu verhandeln und sie als Partner in Modernisierungsmaßnahmen einzubeziehen. Und wundern Sie sich dann auch nicht, wenn Ihr hochgelobtes Mietenbündnis sich mehr und mehr für alle sichtbar als eine Pappkulisse herausstellt, die nicht das liefert, was versprochen wurde, sondern in der Öffentlichkeit als eine in weiten Teilen mieterfeindliche Praxis erkannt wird.

Zum Schluss muss ich noch kurz auf Herrn Brauner eingehen. Der Kollegin Schmidberger hier eine Überzeichnung des Sachverhalts vorzuwerfen, nachdem hier vor zwei Wochen noch von Koalitionsseite getönt wurde: Wenn wir nicht den Rand des Tempelhofer Felds bebauen können, dann geht hier alles den Bach runter. –, das finde ich schon ein Vergessen dessen, was vor zwei Wochen noch hier war.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]