Protocol of the Session on March 6, 2014

[Heidi Kosche (GRÜNE): Natürlich!]

Dieses Urteil des OLG Düsseldorf hat sicherlich eine wichtige juristische Klärung erbracht, aber wir haben politisch entschieden. Wir haben eine politische Entscheidung getroffen und den Wasserpreis um 15 Prozent gesenkt.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Lederer?

Aber gerne!

Bitte sehr!

Lieber Herr Kollege! Haben Sie schon einmal von dem Begriff „sofortige Vollziehung“ gehört, und ist Ihnen bekannt, dass das Bundeskartellamt völlig unabhängig von der Klage der Berliner Wasserbetriebe gegen die Kartellamtsverfügung die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet hat? Sie haben also überhaupt nicht freiwillig und vorweg irgendetwas gesenkt, sondern nichts weiter als im Buchstaben die Kartellamtsverfügung umgesetzt. Nur so viel zum Thema Märchen und Legenden, die Sie hier stricken!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Nein, Herr Kollege Lederer, das ist nicht richtig. Wir haben hier eine politische Entscheidung getroffen.

[Lachen bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Wir haben nicht auf das Urteil des OLG Düsseldorf gewartet.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Es scheint einen Sprung in der Platte zu geben! – Christopher Lauer (PIRATEN): Geht es Ihnen gut? – Weitere Zurufe]

Dass die Wasserbetriebe hier den Rechtsweg beschritten und die Entscheidung juristisch hinterfragt haben, ist vorhin ausreichend diskutiert worden. Aber das ist die juristische Seite, wir haben hier politisch entschieden.

Jetzt verlangt die Opposition noch mehr, argumentiert hierbei aber nicht seriös. Liebe Frau Kosche! Lieber Herr Dr. Lederer! Natürlich kann man sich grundsätzlich mehr vorstellen. Natürlich kann man sich grundsätzlich auch eine Senkung der Abwassertarife vorstellen. Grundsätzlich ist der Wasserpreis ein politischer Preis. Ich will jetzt hier nicht eine feinziselierte juristische Unterscheidung zwischen Gebühr und Preis machen, sondern ich argumentiere politisch. Der Wasserpreis ist ein politischer Preis, sowohl der Frischwasser- als auch der Abwasserpreis. Wir als Politik, als Abgeordnetenhaus können diesen Preis per Gesetz und Verordnung festlegen. Wir können darüber entscheiden, ob wir einen Wasserpreis auf Kostenniveau oder einen Wasserpreis unterhalb oder oberhalb des Kostenniveaus haben wollen. Ein Wasserpreis unterhalb des Kostenniveaus würde bedeuten, dass wir jeden Liter Wasser, den die Wasserbetriebe ver

(Heidi Kosche)

kaufen, aus dem Haushalt subventionieren müssten, genauso wie z. B. einen BVG-Fahrschein. Ich glaube, das will keiner. Ein Wasserpreis oberhalb des Kostenniveaus, den wir in Summe im Moment haben, führt natürlich – darauf haben Sie zu Recht hingewiesen – zu Gewinnen der Wasserbetriebe. Diese Gewinne werden aktuell zur Finanzierung des Rückkaufpreises – Veolia und RWE – und zur Haushaltsfinanzierung eingesetzt.

[Ajibola Olalowo (GRÜNE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage – diesmal des Kollegen Olalowo?

Aber gerne!

Bitte sehr!

Vielen Dank! – Lieber Kollege! Sind Sie mit mir auch der Meinung, dass die Kosten des Rückkaufs von den privaten Investoren, die Sie gerade ansprechen, gesenkt werden müssen, nachdem nun die Gebühren, die mit dem Wasser eingenommen werden, auch gesenkt werden müssen?

[Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Herr Olalowo! Die Frage verstehe ich nicht. Die Kosten sind entstanden. Wir haben einen Kaufpreis bezahlt und können jetzt nicht nachträglich die Kosten des Rückkaufs senken, denn der Vertrag ist abgeschlossen, und Verträge müssen eingehalten werden. Ich glaube, diese einfache Wahrheit ist auch Ihnen bekannt.

[Zuruf von den GRÜNEN]

Wer jetzt fordert, den Wasserpreis oder Abwasserpreis noch weiter zu senken, der muss seriöserweise einen konkreten Vorschlag machen, wie dann stattdessen die Kaufpreisfinanzierung und die Haushaltsfinanzierung konkret gestemmt werden sollen. Ohne konkreten Finanzierungsvorschlag ist die Forderung nach weiteren Preissenkungen schlicht unseriös.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Haben wir gemacht, haben Sie abgelehnt! – Weitere Zurufe von der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Konkrete Vorschläge, bitte! Lieber Herr Kollege Dr. Lederer! Liebe Frau Kosche! Wo sind die konkreten Vorschläge? Mal Hand aufs Herz: Wer soll es bezahlen?

[Zurufe]

Hier sind Sie ungewohnt schweigsam. Ziemlich lautstark schweigsam, finde ich, aber schweigsam. Sie träumen alle zusammen einen schönen Traum, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Sie träumen den schönen Traum: Alles wird billiger, und keiner muss es bezahlen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Bitte wachen Sie endlich auf! Machen Sie konkrete Finanzierungsvorschläge, die seriös sind, die durchgerechnet sind und die realistisch sind, wenn Sie dazu in der Lage sind. Wenn Sie dazu nicht in der Lage sind und sich an dieser Aufgabe vorbeimogeln, kann ich nur sagen: Sie träumen, wir handeln. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von den GRÜNEN: Ha, ha!]

Vielen Dank, Herr Dr. Garmer! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat jetzt die Abgeordnete Kosche. – Bitte sehr!

Herr Dr. Garmer! Heute ist Donnerstag. Aschermittwoch war gestern und ist vorbei.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Das sage ich Ihnen zu dieser Bemerkung zu den Tarifen unter und über Kostenniveau. Wissen Sie eigentlich, wie viel Gewinne jährlich aus den Wasserbetrieben gezogen werden? – Wenn Sie das nicht wissen, rate ich Ihnen, mal das Urteil des Oberlandesgerichts in Düsseldorf zu lesen, denn das geht darauf ausführlich ein. Das sind im Schnitt 240 Millionen Euro im Jahr, die aus diesem Betrieb gezogen werden. Aber Sie erzählen uns hier in einem Aschermittwochbeitrag etwas zu Tarifen unter und über Kostenniveau.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Möchten Sie replizieren, Herr Dr. Garmer? – Bitte sehr!

Liebe Frau Kollegin Kosche! Ich will den Fakt gar nicht in Zweifel ziehen. Ich habe ja darauf hingewiesen: Wir können hier politisch entscheiden, wie der Preis aussehen soll. Wenn wir den Preis weiter senken wollen, müssen wir es gegenfinanzieren. Daran führt nun leider kein Weg vorbei. Und ich warte immer noch auf Ihre konkreten

Vorschläge, wer es denn bitte bezahlen soll. Welcher Haushaltseinzelplan? Welcher Titel? Woher wollen Sie das Geld nehmen? Bitte mal die Fakten auf den Tisch! – Danke!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Dr. Garmer! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Herberg. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bis eben wollte ich damit anfangen, dass meine Vorredner alle etwas Kluges und Wichtiges gesagt haben. Das geht jetzt, nachdem Herr Garmer vor mir sprach, nicht mehr.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir als Opposition haben konkrete Beispiele genannt. Sie haben gerade selbst 500 Millionen Euro in die Schuldentilgung gesteckt. Haha! Unser Antrag sagt, dass wir das beispielsweise für die Finanzierung bei den Wasserbetrieben nutzen wollten.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Sie sprachen ebenfalls von einem politischen Preis. Wie verträgt sich das damit, dass wir gerade von einem Gericht eine Anordnung erhalten haben, gerade nicht nach politischem Gutdünken diesen Preis festlegen zu können? Ein Gericht – Oberlandesgericht vom 24. März – hat das gerade noch einmal bestätigt. Die SPD sagte selbst gerade, dass sie es nicht für sinnvoll hält, dagegen vorzugehen. Sie haben sich eingestanden, dass wir diesen Preis nicht ständig politisch festlegen können.

Das Gute an dem Gerichtsurteil ist, dass jetzt die Tür für den Finanzsenator im Nachhinein geschlossen ist, dass er mit finanzpolitischem Interesse an dem Wasserpreis noch einmal großartig herumspielen kann. Das ist ein gutes Urteil für die Berliner. Es ist aber nicht nur für die Berlinerinnen und Berliner ein gutes Urteil, sondern auch eines für Gesamtdeutschland, weil es nämlich Pilotcharakter hat. Es kann auch auf andere Wasserwerke angewandt werden. Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass es jetzt auch Klagen vor Gerichten gegen andere Wasserwerke geben wird. Die Hartnäckigkeit, mit der die Berliner Wasserbetriebe und die privaten Anteilseigner dagegen gekämpft haben, hat dazu geführt, dass sie jetzt auch in anderen Städten belangt werden können. Super! – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN]

Wir verfügen jetzt über 100 Prozent der Wasserbetriebe, das heißt, dass wir jetzt mit der Diskussion nicht aufhören dürfen. Die Diskussion muss jetzt vielmehr weitergehen. Wir müssen darüber reden, diese wieder in eine Anstalt öffentlichen Rechts zu überführen. Das gilt auch für die Tochterunternehmen. Bei dieser Gelegenheit könnten wir uns auch über die Partizipation der Bevölkerung in diesem Unternehmen unterhalten, denn nur so schaffen wir es, dass das Vertrauen der Bevölkerung in das Unternehmen und in die Politik wieder gestärkt wird.

[Beifall bei den PIRATEN]

Zum Rückkaufspreis und zur Rückkaufsfinanzierung habe ich vorhin schon etwas angemerkt. Ich nehme es noch einmal kurz mit hinein: Wir sehen als Opposition das Problem, dass dieses Unternehmen derzeit sehr stark verschuldet sind. Durch den Rückkauf sind noch einmal zusätzliche Schulden hinzugekommen. Das schlägt auf die Rendite des Unternehmens und auf die komplette Kalkulation des Unternehmens intern hinein. Das hat Auswirkungen auf Investitionen, Löhne und den Wasserpreis. An dieser Stelle haben wir den Vorschlag unterbreitet, dass wir das Geld, das wir gerade in die Schuldentilgung gepackt haben, zum Teil in dieses Unternehmen stecken, damit wir die Spielmöglichkeiten des Unternehmens, in die Zukunft zu schauen und auch die derzeitigen Probleme anzupacken, erhöhen. Dann können wir auch über faire Löhne und zukunftsorientierte Personalpolitik sprechen, die im Unternehmen stattfindet und nicht in irgendwelchen ausgelagerten Unternehmen, wo Mitarbeiter über Zeitarbeitsverträge angebunden sind. Das halten wir nicht für sozial. Hier würden wir gern eine Änderung vornehmen.

Wir als Opposition sind der Meinung, dass wir die Wasserbetriebe fit für die Zukunft machen müssen. Wir müssen in das Netz investieren. Wir müssen es nachhaltig und ökologisch gestalten und darauf vorbereiten, was in diesem Land in der Zukunft passiert. Wir bauen gerade massiv Wohnungen. Die Stadt wird an vielen Ecken und Enden verdichtet. Sind unsere Wassernetze an diesen Orten darauf vorbereitet? – Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das nicht der Fall. Es müssen also ebenfalls Investitionen erfolgen. Diese müssen bezahlt werden. Dabei ist es nicht gut, wenn wir Unternehmen haben, die an der Grenze der Finanzierung stehen. Dementsprechend lautete unser Vorschlag, dort die Schulden ein wenig senken zu wollen.