Protocol of the Session on March 6, 2014

Am Stadtrand zu leben, kann auch bedeuten, in hoch attraktiven Quartieren zu leben, und das kann ein sehr gutes innerstädtisches Leben sein. Das kann es gerade in Berlin sein, weil wir dort die komplette Infrastruktur wiederfinden. Wir wollen natürlich in allen zwölf Berliner Bezirken eine gute soziale Durchmischung sicherstellen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Aber das bedeutet auch, dass alle Bezirke bei uns gleich attraktiv sind und dass man nicht sagen kann, lebenswert zu wohnen sei nur in Friedrichshain-Kreuzberg, in Mitte oder in Schöneberg möglich. Vielmehr kann man auch in Reinickendorf, Spandau oder Treptow-Köpenick genauso gut wohnen. Man muss einmal damit aufhören, ständig zu behaupten, gutes Leben sei nur in der Innenstadt möglich.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Die städtischen Gesellschaften haben selbstverständlich die besondere Aufgabe, genau die soziale Durchmischung in ganz Berlin, in allen Stadtteilen, sicherzustellen, und sie tun das auch, weil sie Bestände in allen Berliner Lagen haben und wir das Mietenbündnis abgeschlossen haben. Ich staune immer, wie die Grünen sagen – auch Frau Lompscher hat das gesagt –, wir hätten da nur dieses Mietenbündnis gemacht. Was sagt dieses Mietenbündnis denn eigentlich aus? – Das Mietenbündnis setzt genau das um, was Sie jeden Tag fordern: dass städtische Gesellschaften anders als private Gesellschaften agieren. Dafür haben wir sie. Sie sind ein politisches Instrument.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir setzen sie auch als politisches Instrument ein. Wir haben das, was Sie fordern, genau gemacht: dass sie weniger Modernisierungsumlage nehmen, als es gesetzlich möglich ist. Wir haben ihnen vorgeschrieben, dass sie in den Innenstadtbereichen, wo es schwierige soziale

(Bürgermeister Michael Müller)

Situationen gibt, bei Neuvermietungen zu mindestens 50 Prozent an WBS-Berechtigte vermieten müssen. Wir haben ihnen vorgegeben, dass die Mieterinnen und Mieter bei Mieterhöhungen die Chance haben, durchzusetzen, dass die Nettomietbelastung auf 30 Prozent ihres Einkommens begrenzt wird. Das ist ein sozialer Auftrag, den unsere Gesellschaften hier erfüllen, und das ist wichtig für die soziale Durchmischung in unserer Stadt, und dafür werden wir auch in Zukunft unsere städtischen Gesellschaften einsetzen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir haben darüber hinaus auch bei anderem regulierend eingegriffen. Wir haben durch die Kündigungsschutzverordnung eingegriffen. Wir haben durch Kappungsgrenzen eingegriffen – was die Mietsteigerung anbelangt. Wir werden – auch das habe ich hier schon angekündigt – im Parlament auch weitere bundesgesetzliche Bedingungen, die uns ein entsprechendes Handeln ermöglichen, so schnell wie möglich umsetzen, gerade wo es schwierig ist, bei Neuvermietungen, wo wir große Preissprünge haben. Wenn die Mietpreisbremse kommt, wenn es auf Bundesebene die gesetzliche Ermächtigung dazu gibt, dann werden wir das selbstverständlich in Berlin auch umsetzen.

[Beifall von Iris Spranger (SPD)]

Denn das ist das Problem, mit dem die Berlinerinnen und Berliner zu kämpfen haben, nicht, wenn sie in ihren Wohnungen bleiben. Wir haben dies alle miteinander doch erlebt, als ich den Mietspiegel vorgestellt habe, was es für ein Erstaunen gab, dass der Mietspiegel weiterhin bei 5,50 Euro liegt. Das sagt doch etwas aus, nämlich, dass wir dämpfend in die Mieten- und Wohnungspolitik eingreifen und dass dies die entsprechenden Erfolge hat, weil wir in den Beständen die großen Mietsprünge nicht haben. Wir haben sie bei den Neuvermietungen. Darauf zu reagieren und die Mietpreisbremse dafür einzusetzen, dass die gleiche Wohnung nicht von einem Tag auf den anderen für 20, 30, 40 Prozent mehr vermietet wird, das ist die richtige Initiative, und sobald wir die Chance dazu haben, werden wir das auch umsetzen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir haben auch bei der Stabilisierung des Sozialwohnungsbaus eingegriffen. Es ist schon genannt worden, auch von Frau Spranger: Wir haben die Belegungsbindung schon vor über 15 Jahren ausgesetzt, damit wir auch eine sozial ausgeglichene Mieterstruktur in unseren Sozialwohnungsbeständen gewährleisten können. Denn soziale Durchmischung muss immer in beide Richtungen funktionieren. Denjenigen, die es nicht so dicke haben, denen es nicht so gut geht, denjenigen muss geholfen werden, und sie müssen eine Chance haben, in ganz Berlin eine Wohnung zu finden.

Aber soziale Durchmischung bedeutet auch, dass Menschen, denen etwas besser geht, dass Menschen, die aus eigener Kraft ihr Geld verdienen, eben auch in allen Beständen wohnen können und wir damit eine soziale Durchmischung, ein Nebeneinander von denjenigen, denen es nicht so gut geht, und den etwas besser Verdienenden in unserer Stadt auch gewährleisten können. Dafür haben wir die Belegungsbindung schon vor über 15 Jahren ausgesetzt und haben das jetzt auch fortgeführt. Wir haben die Kappungsgrenze miteinander beschlossen – Sie im Parlament haben sie bei 5,50 Euro beschlos- sen –, um auch Härten auszugleichen, die möglicherweise durch den Förderabbau entstehen.

Wir haben eben schon wieder in ein, zwei Reden gesagt bekommen, da werde viel auf den Neubau gesetzt. Ja, das ist richtig: Ich setze auch auf Neubau!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Und ich freue mich über die Zahlen der letzten Tage. Das ist richtig, dagegen gibt es überhaupt nichts zu sagen. 12 500 Baugenehmigungen im letzten Jahr heißt 30 Prozent mehr als im Jahr davor, heißt mehr als in den gesamten 15 Jahren davor. Das sagt etwas aus. Das sagt etwas über die Investitionsfreudigkeit aus. Das sagt etwas darüber aus, wie Bezirke und Landesebene Bautätigkeit unterstützen. Und es sagt etwas darüber aus, dass diese Berliner Politik, dass diese Koalition und dieser Senat wollen, dass die Menschen, die in unsere Stadt kommen, einen guten Wohnraum vorfinden und dass die Berlinerinnen und Berliner, die da sind, auch die Chance haben, sich zu verändern und gerade auch in städtischen Beständen weiterhin guten, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Dafür brauchen wir Bauaktivitäten, und deswegen freu ich mich über die Baugenehmigungszahlen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Herr Senator! Sie kommen dann auch mal zum Ende?

Wir wollen natürlich Einfluss auch darauf nehmen, was gebaut wird und nicht nur wie viel. Da spielen die städtebaulichen Verträge eine Rolle, da spielen die neue Liegenschaftspolitik mit dem Konzeptverfahren und der Wohnungsbaufonds eine Rolle.

Ich will an dieser Stelle, obwohl wir darüber in der letzten Plenarsitzung schon im Detail diskutiert haben, noch mal betonen, warum in diesem Zusammenhang mit gutem Wohnen in der ganzen Stadt Tempelhof so wichtig ist. Wenn wir die Chance, an den Rändern des Tempelhofer Feldes zu bauen, nutzen, verdoppeln wir damit

(Bürgermeister Michael Müller)

unser Potenzial, auf städtischen Flächen mit städtischen Gesellschaften bauen zu können und damit bezahlbares Wohnen in unserer Stadt zu ermöglichen. Darum geht es bei der Abstimmung um das Tempelhofer Feld. Es hat zutiefst mit der sozialen Situation in unserer Stadt zu tun. Und es müsste gerade auch in Ihrem Interesse sein, dass wir die Chance haben, in Tempelhof an den Rändern des Flughafens zu bauen. Wir brauchen diese Flächen. Wir brauchen diese zusätzlichen Wohnungen der städtischen Gesellschaften und der Genossenschaften, um soziale Durchmischung in der ganzen Stadt sicherzustellen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Die Innenstadt als Wohnort – liebe Piratenfraktion, das war ein Slogan der IBA der Achtzigerjahre. Und das wird von uns auch wiederbelebt und praktiziert, unter anderem eben auch durch den Wettbewerb Urban Living, unter anderem, weil wir die Gesellschaften dazu ermuntern zu sagen: Ja, wir beteiligen uns und halten bei schwierigen Entwicklungen gegen. Wir kümmern uns darum, dass es Verbindungen zwischen äußerer und innerer Stadt gibt. Wir kümmern uns um soziale Durchmischung – –

[Christopher Lauer (PIRATEN): Das ist aber ein langer Satz!]

Der wird noch ein bisschen länger, Herr Lauer! – Wir kümmern uns um soziale Durchmischung jenseits der Miethöhe, um Nutzungsmischung. Alles das ist richtig und wichtig. Dafür setzen wir unsere städtischen Gesellschaften ein.

Die städtischen Gesellschaften setzen wir auch ein, um sich aktiv im Quartiersmanagement zu beteiligen. Erfreulich ist, dass die Bundesregierung hier auch einen Schwerpunkt setzt, dass die Bundesregierung hier sagt: Wir verstärken wieder das Programm Soziale Stadt. – Wir brauchen diese Mittel für eine gute Quartiersentwicklung. In den früheren Jahren haben wir diesen Ausfall, den Schwarz-Gelb formuliert hat, aus Landesmitteln ausgeglichen und haben gesagt: Auf das Quartiersmanagement werden wir nicht verzichten. – Endlich hat die Bundesregierung erkannt, wie wichtig es ist, die soziale Situation in den Quartieren zu stabilisieren, und stellt ausreichend Geld zur Verfügung. Das werden wir gezielt für unsere 34 Quartiermanagementgebiete, die wir in der Stadt haben, einsetzen. Auch das gehört zum sozialen und guten Zusammenleben in unserer Stadt dazu.

Herr Senator! Sie kommen jetzt bitte zum Ende!

Ich will hier abschließend noch mal betonen: Die Wohnungsbaugesellschaften haben, neben dem, was ich eben dargestellt habe, tatsächlich auch den Auftrag, mitten in

der Stadt zu bauen und sich um ihre Quartiere zu kümmern. Allein die WBM wird 600 Wohnungen in Mitte neu bauen, wo schon der Großteil der Wohnungsbaubestände der WBM gehört. 6 000 Wohnungen werden unsere Wohnungsbaugesellschaften in ganz Berlin bauen. 700 Millionen Euro stehen insgesamt für die Aktivitäten der Wohnungsbaugesellschaft zur Verfügung. Das ist aktive Wohnungs- und Mietenpolitik in unserer Stadt.

Und wir werden darüber hinaus weiter vernetzt arbeiten. Das Stadtentwicklungskonzept 2030 und die Arbeitsgruppe „Wachsende Stadt“ in der Senatskanzlei kümmern sich genau darum. Es geht darum, ein Leitbild für ein gutes Zusammenleben bis zum Jahr 2030 zu entwerfen.

Was müssen wir bis dahin alles tun? – Die Arbeitslosigkeit bekämpfen – das muss unser Anspruch sein.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Da geht es um mehr, als nur ums Geldverdienen. Wenn Menschen Arbeit haben, sagt das was über die soziale Situation aus,

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Gute Arbeit!]

und die soziale Situation verbessert sich damit in den Quartieren. Arbeitslosigkeit bekämpfen, ist unser oberstes Ziel in dieser Stadt.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Es kommt darauf an, dass wir ein solidarisches Miteinander organisieren. Ich sage bewusst „solidarisch“ und nicht „sozial“. Sozial heißt: Der Staat kümmert sich einfach um die Menschen. Solidarisch heißt: Wir haben eine aktive Bürgergesellschaft, die sich in die Entwicklung unserer Stadt einbringt. Wir brauchen solide Finanzen, um das, was uns politisch wichtig ist, auch weiterhin finanzieren zu können. Wir brauchen auch das Selbstbewusstsein, in dieser Hauptstadt zu sagen: Ja, es gibt Veränderungsprozesse. Es gibt schwierige Situationen und schwierige Quartiere, aber wir gucken nicht einfach nur zu oder sind gegen alles, sondern wir begleiten diese Entwicklung aktiv. Wir nehmen Einfluss. Wir kümmern uns um den sozialen Ausgleich in unserer Stadt. Viele Aktivitäten gehören dazu, auch bauen gehört dazu. Deswegen sage ich: „Berlin baut“ ist der Slogan der Zukunft. Berlin baut an einer Zukunft für alle. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Lars Oberg (SPD): Bravo!]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe auf

(Bürgermeister Michael Müller)

lfd. Nr. 2:

Fragestunde

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in zwei Runden nach Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung an den Senat. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu. Eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden.

Für die erste Frage rufe ich ein Mitglied der SPDFraktion auf und bitte es, an das Rednerpult zu treten. Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Herr Kollege Özışık, Sie haben das Wort!

Ich mache noch darauf aufmerksam, dass die Frage ohne Begründung kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein muss. Sie muss eine kurze Beantwortung ermöglichen und darf nicht in Unterfragen gegliedert sein. – Bitte schön, Herr Kollege!