Protocol of the Session on November 7, 2013

[Alexander Spies (PIRATEN): Ja, aber wo ist denn Ihr Konzept?]

Klarheit für eine ökologische, vernünftige Energiepolitik in dieser Stadt. Und diese Klarheit ist bereits vor dem Volksentscheid getroffen worden und nicht erst danach.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Remlinger?

Aber bitte sehr!

Bitte sehr, Frau Kollegin!

Wer ist denn da?

[Heiterkeit]

Werter Herr Regierender Bürgermeister! Ich möchte Sie angesichts Ihrer Sicherheit in der Interpretation, was die Intention der Menschen war, die nicht zur Abstimmung gegangen sind, fragen, ob Sie das auch bei den Menschen immer genau wissen, die nicht zu Bundestags-, Landtagswahlen gehen, was ihre Gründe waren, nicht zur Wahl zu gehen.

[Burgunde Grosse (SPD): Ach Gott, ach Gott!]

Die Zwischenfrage ist ja besonders interessant, weil Ihr Vertreter gesagt hat, er wisse, wie die abgestimmt hätten und warum sie nicht hingegangen sind. Ich habe Ihnen hier genau das Gegenteil gesagt, dass es unterschiedliche Motivationen geben kann.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Aber die Deutungshoheit, dass die 1,8 Millionen so entschieden hätten, wie Sie das wollten, ist eben nicht gerecht und unfair. Darum geht es.

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Wir haben eine Beschlussfassung, die weitestgehend dem Inhalt des Volksentscheids entspricht. Und darauf ist auch mehrmals hingewiesen worden, Gott sei Dank ist diese komische Konstruktion eines Stadtwerks außer Kontrolle, mit vollem Risiko für die Steuerzahlerinnern und Steuerzahler, nicht zustande gekommen. Darüber können wir froh sein.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

(Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit)

Wenn es eine Gewährträgerhaftung gibt, dann muss sie natürlich vom Parlament kontrolliert werden und von der Exekutive. Auch dies ist klargestellt.

Wir finden es gut, dass das Thema Energiewende, neue Energiepolitik auf der Agenda in der gesamten Republik steht, auch bei den jetzigen Koalitionsverhandlungen. Heute sind gerade Frau Kraft und Herr Altmaier nach Brüssel gefahren, um herauszubekommen, wie die Haltung der Europäischen Union zum EEG ist. Das ist ein ganz wichtiges virulentes Thema, weil mit der Energiewende, die beschlossen worden ist, und dem Abschalten der Atomkraftwerke demnächst natürlich Antworten gefunden werden müssen. Selbstverständlich ist erneuerbare Energie das zentrale Thema. Selbstverständlich wollen wir alle Energien darauf verwenden, nicht nur in Berlin, sondern in der ganzen Republik, tatsächlich diese Energiewende so sicher wie möglich für die Menschen in dieser Republik zu gestalten. Dass die Menschen Sorge um bezahlbaren Strom, um bezahlbare Energie und auch den Anspruch haben, erneuerbare Energie dort konsumieren zu können, all das sind Themen, die Gott sei Dank nicht nur in Berlin, sondern bundesweit eine Rolle spielen. Da kann Berlin mit einen Beitrag leisten. Wir werden mit dem Stadtwerk auch einen Beitrag leisten.

Es ist auch völlig unstrittig, sowohl im vorgelegten Gesetzentwurf beim Volksentscheid wie auch bei unserer eigenen Beschlussfassung, dass das Bewerben Berlins um die Netze mit der Berlin-Energie, die geschaffen worden ist, ein Teil ist. Das ist schon geschaffen worden. Trotzdem wusste auch der Energietisch, hat es auch immer wieder bekundet, dass wir selbstverständlich nicht in der Lage sind, einfach die Konzession zu vergeben, sondern es ein diskriminierungsfreies Verfahren sein muss, dass es auch ein hohes rechtliches Risiko gibt und die Entscheidung, die da getroffen wird, auch überprüft werden kann. Dementsprechend kann nicht einfach par ordre du mufti gesagt werden, wer das Ding denn bekommt. Das ist ein faires Verfahren. Das wäre auch im Gesetzentwurf des Energietisches nicht anders gewesen, das ist dort anerkannt worden.

Dieses Verfahren wird durchgeführt. Wir haben die Voraussetzungen geschaffen, dass wir die Chance haben, die Konzession zu bekommen, auch da mit allen Schwierigkeiten und Risiken, anschließend der Bewertung der Übernahme der Netze, was kostet das alles, in welchem Zustand befinden sie sich, wie kann das organisiert werden in einem Bereich, der weitestgehend auch reguliert ist. Damit ist auch nicht irgendeine Preissenkung oder bessere Preisgestaltung verbunden, sondern dies ist ein ganz stark regulierter Markt. Trotzdem macht es Sinn, und so haben wir das entschieden, dass wir uns um diese Netze bewerben. Dies hat der Senat getan. Auch dieser Auftrag ist bereits erfüllt.

Mit dem Stadtwerk, das jetzt bei den Wasserbetrieben angesiedelt werden soll, als eigene Tochtergesellschaft, als integrierter Energiedienstleister, muss die Organisation selbstverständlich geschaffen werden. Das Ziel muss in der Tat sein, dass dieses Unternehmen erfolgreich wird. Natürlich ist das Ziel, dass dieses Unternehmen so viele Kundinnen und Kunden wie möglich bekommt. Aber es muss auch das Ziel sein, dass hier nicht ein Subventionsgrab entsteht, wo nur reingeschossen wird und wirtschaftliche Unvernunft herrscht, sondern dieses Unternehmen soll sich selbst tragen. Es soll Gewinne machen, um ganz tolle Dinge zu bewirken, nämlich für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Nicht dass wir Steuergelder dort reinschießen, das kann nur am Anfang eine Anschubfinanzierung sein, aber nicht auf Dauer.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Herr Wolf! Sie haben recht, mit der Festlegung, dass dieses Stadtwerk ausschließlich erneuerbare Energien zu produzieren hat und diese selbst produzierten Energien ausschließlich am Berliner Markt anbieten darf, ist eine enge Begrenzung gegeben worden. Ich habe heute auch mit großer Aufmerksamkeit den Artikel gelesen, den Sie zitiert haben. Das ist in der Tat ein Thema. Das wird auch sicherlich zu diskutieren sein, aber das war Absicht, wenn ich das richtig verstanden habe, und zwar aus ökologischer Sicht, nicht aus ökonomischer Sicht.

[Lachen von Steffen Zillich (LINKE)]

Aus ökologischer Sicht war das eine Absicht, die man dort beschlossen hat. Damit muss man umgehen. Selbstverständlich muss bei dem Aufbau dieses Stadtwerks Sorgfalt walten. Ich freue mich, dass der eine von der Opposition sagt, es kann gar nicht schnell genug gehen, Herr Wolf aber sagt, wir sollten uns Zeit lassen.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Bitte, es ist eine Bandbreite! – Ich glaube, der Zwischenweg ist richtig. Wir brauchen die Sorgfalt des Aufbaus, wir brauchen ein vernünftiges Businesskonzept, und wir müssen dann natürlich sehen, wie wir es umsetzen. Sind die fünf Windkrafträder, die auf den Stadtgüterflächen erstellt werden sollen – oder, Herr Buchholz, in Spandau beispielsweise, guck mal, da lächelt er wieder, warum denn eigentlich nicht in Spandau? –

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

oder auf anderen Flächen, ausreichende Maßnahmen?

[Udo Wolf (LINKE): Buchholz soll Windräder kaufen!]

Wie viel Investitionen sind dafür notwendig? Wie viel Kundinnen und Kunden könnte man damit gewinnen?

Dann sage ich auch eins, das mag vielleicht meine persönliche Sicht sein: Mir wäre lieber, wenn dieses Stadtwerk langsam, aber solide wächst,

[Beifall von Heiko Melzer (CDU)]

(Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit)

sodass tatsächlich auf dem nächsten Schritt aufgebaut werden kann und eine solide Politik in diesem Stadtwerk auch im Interesse der Kundinnen und Kunden passiert.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Ramona Pop (GRÜNE): Wie beim Flughafen! Wie in der Planung! – Uwe Doering (LINKE): Herr Bürgermeister! Was denn?]

Ja, ich habe auch meine Auffassung, das darf ich doch wohl auch, Herr Doering?

[Uwe Doering (LINKE): Bloß konträr zu Herrn Buchholz!]

Das ist nicht konträr zu Herrn Buchholz, überhaupt nicht.

[Uwe Doering (LINKE): Nein! Hat keiner gemerkt!]

Nein! Ihre Fraktion hat eben gesagt, wir sollten uns Zeit nehmen, um in Ruhe darüber zu diskutieren. Dann nehmen Sie sich doch wenigstens einmal zwei Minuten Zeit, Herr Doering, um hier darüber zu diskutieren.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ist doch toll, dass alle schon alles wissen! – Dies ist in der Tat auch Neuland für uns.

[Lachen bei der LINKEN – Uwe Doering (LINKE): Ach! – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Vor allem in einer Situation, wo kein Mensch mehr weiß, unter welchen Bedingungen dieses Stadtwerk denn arbeiten wird.

[Zuruf von Udo Wolf (LINKE)]

Diese Bedingungen ändern sich fast täglich. Lassen Sie die EU dieses EEG kippen, dann schauen Sie mal, was dann auf dem Strommarkt passiert.

[Stefanie Remlinger (GRÜNE): Dann wäre es gut, man hätte ein Stromnetz!]

Lassen Sie uns gucken, was sonst noch alles passiert. Da sind in der Tat unheimliche Risiken dabei, die heute keiner abschätzen kann. Dementsprechend ist es das Gebot der Stunde, dies sorgfältig und gründlich zu machen. Das ist die Aufgabe, die in der Tat jetzt vor uns liegt. Der Streit darüber, ob das 1,5 Millionen Euro oder 5 Millionen Euro am Anfang sind oder mehr oder weniger, der kann geführt werden. Selbstverständlich sind die Summen, die heute im Haushaltsplanentwurf stehen, nur der Anschub. Das ist im Prinzip nur die Administration, die damit gemacht werden kann, damit kann keine Investition getätigt werden. Auch das weiß jeder. Wir werden aber mindestens das nächste Jahr dafür brauchen, um dieses Werk vernünftig auf den Weg zu bringen. Dann wird die Frage, wie viel Geld dort am Anfang als Anschubfinanzierung hineingeschossen werden muss, eindeutiger zu klären sein, als es heute der Fall ist.

Ich glaube, dass wir einen Weg eingeschlagen haben, der erfolgreich sein kann, aber in der Tat alle Skeptiker auch recht haben, dass dies sorgsam betrieben werden muss. Ich glaube auch, dass wir im Interesse einer vernünftigen Energieversorgung in dieser Stadt unter Einbeziehung vieler Menschen, die diesen Weg mitgehen wollen, nämlich die erneuerbaren Energien nach vorn zu bringen, hier eine Chance haben, etwas Epochales zu gründen für die Zukunft dieser Stadt, für eine sichere Energieversorgung, für eine ökologisch vernünftige Energieversorgung, und natürlich für eine Preisstabilität für die Menschen in dieser Stadt. Das ist der Auftrag. Den werden wir zu erfüllen versuchen – mit allen Kräften. Dafür brauchen wir selbstverständlich auch die Unterstützung dieses Parlaments. – Schönen Dank!