Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss hat der Vorlage einstimmig – bei Enthaltung Linke – zugestimmt. Wer dem Vermögensgeschäft 6/2013 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind Piraten, CDU, SPD und Grüne. – Wer ist dagegen? – Drei Gegenstimmen bei den Piraten, wenn ich das richtig gesehen habe. – Wer enthält sich? – Die Linksfraktion. – Das Vermögensgeschäft ist beschlossen.
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss hat der Vorlage einstimmig mit allen Fraktionen zugestimmt. Wer dem Vermögensgeschäft Nr. 9/2013 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind große Teile der Piraten, CDU, SPD, Grüne und Linkspartei. Wer ist dagegen? – Eine Stimme bei den Piraten. Wer enthält sich? – Keiner, dann ist das Vermögensgeschäft so beschlossen.
Eine Beratung wird nicht mehr gewünscht. Es wird die Überweisung des Antrags und des Änderungsantrags an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Gestalt des Kollegen Dr. Behrendt. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu später Stunde noch ein ernstes Thema. Seit nunmehr 14 Wochen wissen wir – –
Seit nunmehr 14 Wochen wissen wir um die umfangreichen Überwachungen der gesamten Kommunikation durch britische und US-amerikanische Geheimdienste, auch in unserem Land. Zu verdanken haben wir diese Kenntnis dem außerordentlich mutigen, seine gesamte bürgerliche Existenz aufs Spiel setzende und sich momentan irgendwo in Moskau aufhaltende Edward Snowden. Ich habe großen Respekt vor ihm.
Sein erschreckendes Schicksal zeigt deutlich, dass es um den Schutz von Whistleblowern und -blowerinnen, also der Menschen, die uneigennützig auf eklatante Missstände hinweisen, schlecht bestellt ist.
leblowern und -blowerinnen in unserem Land nicht weit her ist. Diese Erfahrung musste konkret die Krankenpflegerin Brigitte Heinisch machen. Sie nahm als Pflegerin bei Vivantes himmelschreiende Missstände wahr. Die Bewohnerinnen und Bewohner ihrer Einrichtung lagen u. a. in ihrem eigenen Kot und Urin. Als interne Meldungen vollkommen ergebnislos blieben und sie es nicht mehr aushielt, wandte sie sich an die Öffentlichkeit. Und was geschah? – Sie wurde fristlos gekündigt und suchte bei den Arbeitsgerichten Schutz – erfolglos. Das Landesarbeitsgericht Berlin hielt die Kündigung für rechtens, ebenso das Bundesarbeitsgericht, das Bundesverfassungsgericht auch. Die arme Frau musste erst einen sieben Jahre währenden Rechtstreit ausfechten, um letztendlich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bescheinigt zu bekommen, dass sie nichts Unrechtes tat. Eine solche Tortur gilt es für die Zukunft auszuschließen, weshalb es endlich einer gesetzlichen Regelung zum Schutz von Whistleblowern und Whistleblowerinnen bedarf.
Das sah die Bundesregierung im Übrigen genauso: Bereits im Jahr 2010 stimmte sie einer Erklärung der G-20Staaten zu, wonach bis 2012 – das ist schon vorbei – Regelungen zum verbesserten Schutz von Whistleblowern und -blowerinnen zu erlassen seien. Geschehen ist hingegen nichts. Lieber fabulieren FDP und CDU im Bundestag weiterhin von Denunziantentum und Anschwärzen von Vorgesetzten.
Die Zeiten, dass über betriebsinterne Missstände, die zugleich eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen – sei es die schwere Schädigung der Umwelt, seien es Steuerstraftaten, seien es Korruptionsdelikte –, der allgemeine Mantel des Schweigens gelegt wurde, sind endgültig vorbei.
Heute muss es darauf ankommen, Hinweisgebern die Anerkennung unserer Gesellschaft zu zollen. Sie zeigen Mut und Zivilcourage, befinden sich regelmäßig in einem schweren inneren Gewissenskonflikt, nehmen regelmäßig eigene Nachteile in Kauf, weil sie Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen. Dabei haben sie Anspruch auf unseren Schutz, auch gesetzlichen Schutz. Die bestehenden, fragmentarischen Regelungen sind nicht ausreichend. Es gibt einige, die halten sie für ausreichend und sagen, sie sollen doch den Rechtsweg beschreiten, sie würden entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs in Sachen Heinisch Recht bekommen. Dieser Weg ist aber ein sehr schwieriger, ein auch juristisch mit großen Klippen versehener.
Die Absage an klare gesetzliche Regelungen, arbeitsrechtliche Regelungen, dienstrechtliche Regelungen heißt, den Whistleblowern und -blowerinnen in der Konsequenz den notwendigen Schutz zu versagen und letztlich auch auf ihre Informationen zu verzichten. Ich meine, wir können auf diese Informationen nicht verzichten. Neben einer Regelung – das ist ja im Bundestag diskutiert worden – für die private Arbeitswelt brauchen wir solche Regelungen meiner Auffassung nach auch für Beamtinnen und Beamte, also im Dienstrecht. Ich zumindest wünsche mir couragierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch in den deutschen Geheimdiensten, die offen über rechtswidrige Missstände berichten. Ich hätte sie mir auch in der Vergangenheit gewünscht. Vielleicht wäre dann die eine oder andere Ermittlungspanne in Sachen NSU früher bekannt geworden, vielleicht wäre auch die eine oder andere Aktenschredderei unterblieben. Das ist Spekulation.
Lassen Sie uns hier gemeinsam auf Bundesebene ein Zeichen setzen, dass wir auch aus Berlin, auch wegen der Erfahrungen im Fall Heinisch, es für nötig erachten, Whistleblowern und Whistleblowerinnen gesetzlichen Schutz zuzusprechen, lassen Sie uns in diese Richtung gemeinsam aktiv werden! – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Behrendt! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort Herr Kollege Kohlmeier.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren, die noch anwesend sind und sich mit dem spannenden Thema Whistleblowing beschäftigen möchten! Sehr geehrter Herr Kollege Behrendt! Ihre Rede hat im Ergebnis gezeigt, worum es Ihnen geht. Sie wollen hier eine Debatte führen, die im Bundesrat oder im Bundestag nicht geführt wird. Sie haben die Chance genutzt, was ja durchaus redlich und verständlich ist, der CDU-FDPgeführten Bundesregierung Untätigkeit vorzuwerfen. Sie haben in etwas unsauberer Weise darauf abgestellt, dass auch Korruptionsstraftaten unter den Begriff Whistleblower fallen. Dies ist falsch. Sie als Jurist müssten wissen, dass das Beamtenstatusgesetz die Verschwiegenheit von Landesbeamten in § 37 regelt. In § 37 Abs. 2 Nr. 3 finden Sie, dass Beamte sich selbstverständlich bei Verdacht einer Korruptionsstraftat nach den §§ 331 bis 337 Strafgesetzbuch offenbaren dürfen. Das Analoge gilt natürlich auch für Bundesbeamte. Man kann der schwarz-gelben Bundesregierung viel vorwerfen, nicht aber, dass sie untätig sei, was Korruptionsstraftaten betrifft.
Allgemein zum Whistleblowing: Das ist ja ein ganz großes Modethema, seitdem Edward Snowden mit vielen Dokumenten aus den USA ausgereist ist und in Russland Asyl gesucht hat. Sie haben den Fall begrüßt; ich werde Ihnen gleich ein Beispiel nennen, wo Whistleblowing nicht so angenehm ist. Ein Whistleblower ist ein Hinweisgeber, der auf Missstände im eigenen Betrieb und Unternehmen hinweist und sich damit immer auch Repressalien aussetzt. Die aktuelle Situation ist wie vom Kollegen Behrendt geschildert. Er hat allerdings vergessen, dass der Europäische Gerichtshof lediglich in einem Einzelfall entschieden hat– nämlich im Fall Heinisch. In dem Einzelfall wurde gesagt, dass die Motive des Whistleblowings berücksichtigt werden müssen und die Meinungsfreiheit darübersteht, weil man bei Frau Heinisch gutgläubige Motive festgestellt hat. So richtig und wichtig die Entscheidung des EGMR ist – ob sie zu verallgemeinern ist, sollten wir diskutieren.
Der Bundestag hat über Whistleblowing diskutiert, zweifach sogar in der Legislaturperiode, einmal auf Antrag der Grünen-Fraktion, einmal auf Antrag der SPDFraktion. Daraus können Sie ersehen, dass wir als SPD für die Landesebene da durchaus offen sind.
Ich habe Ihnen in Aussicht gestellt, ein Beispiel zu nennen, wo man sich Whistleblowing möglicherweise nicht vorstellen kann. Sie erinnern sich sicherlich alle an die Diskussion über das Flüchtlingsheim in MarzahnHellersdorf, die auch hier im Haus geführt wurde. Dort gibt es eine unsägliche Bürgerinitiative, die auf Facebook aktiv ist und die, wie man seit gestern nachlesen konnte, mitgeteilt vom Verfassungsschutzchef, von der NPD letztendlich eingerichtet ist. Die hat sich damit geschmückt, dass sie einen Whistleblower im Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf hatte, der ihr zu laufenden Bauordnungsverfahren und Bauverfahren, die das Flüchtlingsheim betrafen, Mitteilungen gemacht hat. Und da ist ein Stück weit die Grenze und die Abwägung dessen, die wir hier führen müssen: Wo beginnt Whistleblowing? Und wo ist dieses redlich und gutgläubig? Und wo endet Whistleblowing? Und wo ist das tatsächlich bösgläubig? Ist es bösgläubig und unredlich, wenn jemand aus dem Bauamt über den Zustand eines Flüchtlingsheims informiert, wo wir alle sagen, es soll dort hinkommen, aber sagen, die Motive der Bürgerinitiative sind unredlich? Deshalb glaube ich, dass es nicht so einfach ist, wie Kollege Behrendt es uns hier weismachen will.
Nein! Herr Kollege Dr. Weiß kann ja gleich reden. Dann kann er alles sagen, was er will, hat er fünf Minuten Zeit.
Letztendlich: Der Antrag, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, kann sich ja dann auch nur auf eine bundesgesetzliche Regelung beziehen. Wenn Sie für das Land Berlin eine entsprechende Regelung haben wollen, dann sehe ich mit Interesse Ihrem Vorschlag entgegen. Die Grenzen dessen, was möglich ist, habe ich hier deutlich gemacht. Wir werden den Antrag im zuständigen Rechtsausschuss beraten. Möglicherweise kommen wir da zu einer ordnungsgemäßen Abwägung, ob Whistleblowing in allen Fällen immer sinnvoll und unterstützenswert ist. – Herzlichen Dank und schönen Abend!
Vielen Dank, Herr Kollege Kohlmeier! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Kollegin Möller das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Keine Frage: Wir brauchen leider geeignete Wege und rechtliche Grundlagen, Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber, die der Gesellschaft mit ihrem Engagement und ihrer Zivilcourage wichtige Dienste leisten, zu schützen und zu unterstützen. Wünschenswert ist es allerdings, dass solche Regeln, dass die Notlösung Whistleblowing überflüssig wäre, dass in Institutionen, Firmen und Behörden die Kultur des Miteinanders so ist, dass Missstände direkt geklärt werden können.