Protocol of the Session on June 13, 2013

Vielen meiner Fraktionskollegen, und das gilt sicherlich auch für Mitglieder anderer Fraktionen, hat dieser Prozess der Neuorientierung zu lange gedauert. Und sie haben in diesem Punkt sicherlich recht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Andreas Baum (PIRATEN)]

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Arndt! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort die Kollegin Herrmann. – Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe anwesende Gäste! In einem gebe ich Herrn Arndt und auch dem Finanzsenator recht: Wir reden schon sehr lange über dieses Thema, vielen dauert das zu lange, meiner Fraktion auch. Aber ganz ehrlich, Herr Arndt: Was Sie hier gesagt haben, ist eine weitere Schleife in dieser Debatte um das Trauerspiel einer neuen Liegenschaftspolitik.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Sie zäumen das Pferd von hinten auf, Sie produzieren politische Messages, aber wenn es konkret wird, dann: Schweigen im Walde!

Eigentlich sind wir uns doch bei den Grundlagen einer neuen Liegenschaftspolitik einig. Dass das viel zu lange gedauert hat, dass wir die Debatte schon mindestens seit 2006, also auch vor Herrn Nußbaums Zeiten, vielleicht schon früher, geführt haben und seitdem eigentlich der größte Teil der frei verfügbaren Liegenschaften bereits zum Höchstpreis verkauft worden ist – da sind wir uns einig. Aber was wir hier erleben, ist doch, dass Sie täglich davon sprechen, wir machen jetzt eine tolle neue Liegenschaftspolitik, durch die Stadt laufen und es allen erzählen, es aber nur Augenwischerei ist. Wenn wir uns den Unterausschuss Vermögensverwaltung angucken – erst gestern von 9 bis 11 Uhr getagt: so ein dicker Batzen an Vorlagen, und alle Dinge wurden vertagt. Sie haben nichts geklärt in Sachen neue Liegenschaftspolitik in Ihrer Koalition!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Das ist typisch: Viel Lärm um nichts, Ankündigungen und große Worte, am Ende dann doch kleines Karo. – Das ist aber ärgerlich, weil wir uns doch einig sind und bei dem Runden Tisch zur Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik, an dem ja auch Vertreterinnen und Vertreter von SPD und CDU teilnehmen, auch Gemeinsamkeiten entdeckt haben.

Von der Genese her war es so: Der Finanzsenator legt ein Konzept vor – Herr Zillich hat schon angesprochen, dass es nicht dem Parlament vorgelegt, sondern als rote Nummer mit zustimmender Kenntnisnahme dem Hauptausschuss vorgelegt wurde –, und dieses Konzept spricht eine extrem vermögenspolitische Sprache und ist wenig an den gesellschaftlichen, fachpolitischen und stadtentwicklungspolitischen Zwecken und Zielen, die eine neue Liegenschaftspolitik erfüllen sollte, orientiert. Diese vermögenspolitische Haltung findet sich durchgängig. Da

müssen wir nur mal diesen Potenzialwert nehmen. Das ist ein rein spekulativer Wert.

Herr Senator! An einem Punkt sind Sie ja heute ein kleines Stück zurückgetreten, die Stadtrendite betreffend. Sie haben gesagt, das sei wohl schwer zu monetarisieren. Sie sagten „schwer“ – ob Sie es nun wirklich in Gänze monetarisieren und in Geld umrechnen wollen oder nicht, das haben Sie so konkret nicht gesagt. Wir finden: Eine Stadtrendite muss politisch definiert werden und kann nicht mit irgendwelchen obskuren Rechenformeln monetarisiert und umgerechnet werden, um das mal ganz eindeutig zu sagen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Dann hat die Koalition das Ende Januar im Hauptausschuss im Hauruckverfahren durchgepeitscht, weil sie vermeintliche Handlungsfähigkeit beweisen wollte – war ja auch kurz nach dem „Herbst der Entscheidungen.“ Und wenigstens eines ist ja doch auch durch den Druck der Stadtgesellschaft, u. a. des Runden Tisches, erreicht worden.

[Torsten Schneider (SPD): Das glauben Sie doch wohl selber nicht!]

Und da haben Sie ja dann auch gezeigt, dass Sie da auch durchaus eine andere Position hatten als das, was mit dem Konzept vorgelegt wurde: Sie haben nämlich eine vierte Kategorie eingerichtet, Herr Schneider, falls Sie sich erinnern können, Grundstücke mit Entwicklungsperspektive. Das finden wir auch gut. Aber vieles haben wir kritisiert. Und auch heute bleibt davon vieles übrig, und zwar erstens, dass an dieser Clusterung der Grundstücke, die der Portfolioausschuss vornehmen soll, natürlich die Zivilgesellschaft zu beteiligen ist. Und da haben wir explizit eine andere Auffassung als der Finanzsenator.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Wir haben heute immer noch nicht erfahren, wie sich der Portfolioausschuss zusammensetzt, wie er entscheidet, wann es eine Clusterung gibt, wann uns da ein Ergebnis vorliegt. Wir haben wenigstens erfahren, die Zivilgesellschaft darf nicht mitreden, aber das ist aus unserer Sicht der falsche Weg.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Zweitens: Auf das Instrument des Potenzialwerts muss verzichtet werden. Und drittens: Auch in Zukunft müssen Vergaben unter dem gutachterlichen Verkehrswert möglich sein. Herr Nußbaum! Da haben Sie ja heute auch wieder eine andere Sprache gewählt, aber Sie haben deutlich gesagt, dass das nicht möglich sein wird. Heute schon ist es möglich, dass man auch nach LHO eine Vergabe unterhalb des Verkehrswerts ermöglicht, und das machen wir ja auch im Parlament, das ist gängig. Und dass Sie hier sagen, Sie wollen den Gutachterwert als Untergrenze einziehen, das findet meine Fraktion nicht richtig. Der Gutachterwert bedeutet Verkehrswert, denn

für nichts anderes gibt es ein geordnetes Verfahren. Deshalb ganz klar: Wir wollen das auch unterhalb des gutachterlichen Verkehrswerts.

Und viertens: Die Bewirtschaftungsausgaben und Einkünfte von Vorhalteobjekten für bezirkliche Zwecke müssen zwischen den betreffenden Bezirken und dem Land geteilt werden, aber auch das wissen wir ja, der Finanzsenator Nußbaum hält die Bezirke gerne knapp.

Dann muss ich noch was zur Stadtrendite sagen: Wir erleben das ja im Vermögensausschuss, da stehen dann so lapidare Sätze. Herr Nussbaum! Sie haben das heute versucht ein bisschen auszuführen. Aber wissen Sie, einfach zu sagen, da entstehen Wohnungen, oder da entsteht ein Arbeitsplatz, und das ist eine Stadtrendite, und das ist toll, das reicht mir nicht. Ich brauche eine politische Definition. Ich möchte, dass wir politisch entscheiden und dass wir klare Kriterien bilden, welche Wohnungen wir wollen. Wir müssen nicht das Luxuswohnsegment über eine neue Liegenschaftspolitik subventionieren. Die kriegen es allein hin. Aber wir müssen sozialen Wohnungsbau über eine neue Liegenschaftspolitik subventionieren.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Genau das müssen wir durchdefinieren bei den anderen Kriterien aus stadtentwicklungspolitischer Sicht usw. Darüber brauchen wir aber eine politische Debatte. Klären Sie diese Fragen, machen Sie sich da ehrlich! Und dann können wir darüber streiten, ob das die richtigen politischen Ziele sind, ob wir die teilen oder nicht teilen. Und im zweiten Schritt können wir dann darüber streiten, ob die umsetzbar sind, ob das Instrument das richtige ist oder nicht. Aber machen Sie hier keine Nebelkerzen, sondern machen Sie Ihre Hausaufgaben, klären Sie, führen Sie diesen politischen Debatten, und führen Sie die als Haushälter mit Ihren Fachpolitikerinnen und –politikern in den Fraktionen!

Dann als letzten Punkt: Herr Arndt! Sie haben wie Ihr Fraktionsvorsitzender das Pferd von hinten aufgesattelt, hier schon mal die Message gemacht, der Liegenschaftsfonds gehört aufgelöst. Wissen Sie, das ist für mich nicht die entscheidende Frage. Die entscheidende Frage ist, was die Aufgaben sind, die eine neue Liegenschaftspolitik zu erfüllen hat. Da sollten Sie erst mal Ihre Hausaufgaben machen und endlich die Clusterung der Grundstücke vornehmen. Dann können wir nämlich sehen, in welchem Cluster wir wie viele Grundstücke haben und welche Aufgaben wir zu erledigen haben. Dann können wir auch darüber reden, welche Aufgaben dann der Liegenschaftsfonds in dieser neuen Liegenschaftspolitik zu erledigen hat.

Ganz ehrlich: Auch den Beschäftigten gegenüber, die in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet haben, haben wir die Verpflichtung, ihnen eine Perspektive zu geben und

ihr gutes Know-how, das sie haben, auch weiterhin zu nutzen, auch in einer neuen Liegenschaftspolitik. Also machen Sie hier nicht die politische Message, unsere neue Liegenschaftspolitik besteht darin, dass wir nichts ändern, aber den Liegenschaftsfonds auflösen, sondern kümmern Sie sich um die Clusterung der Grundstücke, und dann klären wir, was der Liegenschaftsfonds in welchen Punkten zu erledigen hat. In dem Sinne, nutzen Sie die Sommerpause, klären Sie die politischen Ziele, die Sie wollen, und dann können wir nach der Sommerpause hoffentlich anhand vernünftiger Grundlagen gemeinsam miteinander ins Gespräch kommen!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Herrmann! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Goiny. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein bisschen scheint mir die Diskussion jetzt hier ein sehr aufgeregtes Flügelschlagen zu sein, weil offensichtlich vonseiten der Opposition gesehen wird, dass die Regierungskoalition hier mit einer sehr richtigen und sehr grundsätzlichen Politik erfolgreich unterwegs ist.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Guter Witz!]

Und nun muss man so tun, als ob man mit einer Großen Anfrage hier lauter Haare in der Suppe entdeckt, um das Ganze madig zu machen.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Wenn ich mir die Überschrift der Großen Anfrage angucke: Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik, viel Gerede, wenig Klarheit bei Zielen und Verfahren –, so war ich fast versucht zu sagen: Das ist die Überschrift über die Bilanz der Liegenschaftspolitik aus zehn Jahren linker Regierungsbeteiligung in dieser Stadt, aber nachdem Herr Zillich – –

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Könnte auch am großen Koalitionspartner liegen!]

Am großen Koalitionspartner? – Das werde ich Ihnen gleich erklären, dass es an dem nicht liegt.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Das ist ja durch einige Redebeiträge auch deutlich geworden: Das ist ein schwieriger Prozess. Und da muss man sagen: Sie haben es bereits 2010 versucht, die Liegenschaftspolitik den veränderten Verhältnissen in dieser Stadt anzupassen. Das war ja nicht ganz erfolgreich. Dafür will ich auch gar keinem die Schuld geben. Nur mit welcher Selbstgerechtigkeit sich dann die Fraktion Die Linke hier hinstellt und mit dem Finger auf die jetzige

(Clara Herrmann)

Koalition zeigt, das finde ich schon ein bisschen kühn, aber als Meister von Vertuschen von politischer Verantwortung ist Die Linke ja nicht nur bei diesem Thema schon immer groß gewesen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wer war denn der Schuldenmacher in dieser Stadt?]

Und beim Thema Schuldenmachen muss man natürlich sagen, Herr Kollege Albers, der Liegenschaftsfonds hat über seine Existenz – das ist schon gesagt worden – einen wichtigen Beitrag für die Einnahmeverbesserungen des Landes Berlin geliefert. Hier sind nennenswerte Beiträge zur Haushaltskonsolidierung geleistet worden. Der Liegenschaftsfonds, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich einen hohen Sachverstand angearbeitet und einen wichtigen Beitrag geleistet. Auf diese Expertise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können wir aus meiner Sicht auch künftig nicht verzichten. Dem Dank, der hier schon gezollt wurde, kann ich mich an dieser Stelle nur anschließen.

Wir wollen darüber hinaus auch deutlich machen, dass die Neuordnung der Liegenschaftspolitik in dieser Stadt ein Prozess ist, der nicht über Nacht geht. Frau Kollegin Herrmann! Sie haben gesagt, man muss die Stadt an der Diskussion beteiligen. Nun, das nimmt auch seine Zeit in Anspruch. Dann kommen Sie und sagen: Warum geht es denn bei euch nicht schnell genug voran? – Da muss man sich auch mal für eine Version entscheiden, die man hier auf den Tisch legen will.

Wir haben uns auch als CDU-Fraktion relativ viel Zeit genommen und sehr umfassend eine Neuorientierung der Liegenschaftspolitik diskutiert. Wir haben ein in sich geschlossenes und begründetes Konzept vorgelegt. Ich muss mal sagen, Herr Kollege Zillich, Ihr Konzept von der Linksfraktion kenne ich noch nicht. Vielleicht stecken Sie es mir mal zu, dann kann ich es mal vergleichen mit dem, was Sie erarbeitet haben und was wir erarbeitet haben. Dann wird vielleicht Ihre Kritik etwas nachvollziehbar, so wie Sie es relativ pauschal in den Raum gestellt haben.

Wir haben deutlich gemacht, dass wir Grundstücke haben, die wir natürlich benötigen. Wir haben Verkehrsflächen. Wir haben Parks. Wir haben Seen. Wir haben Wälder. Die wollen wir natürlich auch in Zukunft behalten. Wir haben Schulen. Wir haben Feuerwachen. Wir haben Rathäuser. Die wollen wir natürlich auch in Zukunft behalten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Matuschek?

Bitte, Frau Matuschek!

Vielen Dank! – Herr Goiny! Sie haben gerade die qualitätvolle Arbeit des Liegenschaftsfonds gelobt. Nun möchte ich Sie gerne fragen: Warum geben Sie dann aber dem Liegenschaftsfonds keine Perspektive, und wissen Sie nicht, dass auch im Liegenschaftsfonds schon jetzt sehr viele Grundstücke nicht nur verwertet, sondern eben auch bewirtschaftet werden?