Protocol of the Session on June 13, 2013

nerhalb von maximal zehn Wochen Einwände vorbringt. Das hat übrigens auch der Rat der Bürgermeister kritisiert. Da frage ich mich, ob der Senat wirklich ein Interesse daran hat, dass das Gesetz auch wirkt. Jetzt, wo der öffentliche Druck so groß war, kommen Sie nicht ganz darum herum. Ist das jetzt ein Trick zur Beruhigung der Mieterinnen und Mieter? Zumindest im ersten halben Jahr wird es eine große Zahl von Anträgen geben. Deswegen ist klar, dass man ausreichend Personal braucht. Nur dann hat das Gesetz auch eine Wirkung.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Es ist schon zu viel Zeit vergangen, und das Gesetz hat noch viele weitere Haken, während da draußen immer mehr Ferienwohnungen aus dem Boden schießen, und das angesichts der teils dramatischen Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt. Berlin braucht ein wirkungsvolles Gesetz zum Schutz von Wohnraum. Doch ob Ihr Gesetzentwurf wirklich ein Baustein für bezahlbares Wohnen ist – wie Sie es immer so schön bezeichnen, Herr Senator Müller – oder ob es sich dabei eher um ein Klötzchen handelt, wird sich noch herausstellen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion folgt jetzt Frau Kollegin Spranger. – Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort!

[Benedikt Lux (GRÜNE): Warum traut sich der Senator eigentlich nicht, etwas dazu zu sagen?]

Weil der Senator es mit dem Senat zusammen vorgelegt hat. Er wird dann zu gegebener Zeit schon noch etwas sagen. Heute sind wir dran. Wir sind das Parlament, falls Sie es nicht wissen.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Frau Schmidberger! Sie zücken – wie immer, wenn man neidisch ist – eine Glaskugel und wissen alles Schlechte vorher, weil Sie nicht zugeben können, dass wir mit diesem Gesetzesentwurf etwas vorlegen, was rechtssicher ist,

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Was längst überfällig ist!]

was genau das ist, was wir schon mehrmals an Forderungen gemeinsam hier im Haus formuliert haben – übrigens, was auch Sie formuliert, aber wieder vergessen haben. Sie haben nie über spekulativen Leerstand gesprochen. Deshalb, Frau Schmidberger: Wer schnell schießt, hat nicht immer recht. Und zu Ihrer Glaskugel: Wir wer

den sehen, was daraus wird. Aber geben Sie es ruhig mal zu: Es ist ein richtiges und gutes Gesetz.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ja, wir haben eine Verknappung von Wohnraum. Das haben wir hier schon mehrmals gesagt. Das betrifft insbesondere die unteren Preissegmente. Angesichts dieser Entwicklung sollte Wohnraum nicht frei und uneingeschränkt dem Wohnungsmarkt entzogen werden können. Der Senat hat gemeinsam in langen Gesprächen – auch mit den Koalitionsfraktionen – ein sehr gutes Gesetz mit den entsprechenden Eckpunkten, die ich gleich noch einmal nennen werde, vorgelegt.

Mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz soll das Wohnraumangebot in Berlin erhalten werden, indem die Umwandlung von Wohn- in Gewerberäume und Ferienwohnungen begrenzt wird. Durch das Gesetz, Frau Schmidberger, soll auch Abriss oder spekulativer Leerstand in der Stadt verhindert werden. Die gewerblichen Mietverträge für Wohnraum und deren sonstige zweckfremden Nutzungen, die bereits vor dem Inkrafttreten eines Zweckentfremdungsverbotsgesetzes bestanden haben, sind bis zum Auslaufen des jeweiligen Vertrags weiter geschützt und brauchen nicht gekündigt werden. Das gleiche gilt für eingerichtete, ausgeübte, gewerbliche freiberufliche Betriebe, deren Fortführung in den betreffenden Räumlichkeiten gewährleistet wird.

Für Vermietung von Ferienwohnungen – da sind wir bei Ihren zwei Jahren – und Beherbergungsgewerbe ist eine Übergangsfrist von zwei Jahren vorgesehen. Das finden wir richtig und vernünftig.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Im Einzelfall kann für zweckfremde Nutzungen auch über den Ablauf der bestehenden Mietverhältnisse hinaus die Möglichkeit einer Erteilung einer Genehmigung beantragt und bei vorliegendem öffentlichen Interesse auch genehmigt werden. Vorrangig öffentliches Interesse ist beispielsweise gegeben, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen, Betreuungseinrichtungen, die der Stabilisierung und Verbesserung sozial schwieriger Nachbarschaften dienen, oder für Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke verwendet werden soll.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Höfinghoff?

Nein, das gestatte ich nicht! – Auch bei schutzwürdigem privatem Interesse, wie zum Beispiel bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz oder wenn durch die Schaffung von Ersatzwohnraum der geplante Wohnraumverlust ausgeglichen wird, können Ausnahmere

(Katrin Schmidberger)

gelungen erteilt werden. Gästewohnungen von städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungsbaugenossenschaften, Gewerkschaften, Universitäten – wer auch immer Gästewohnungen hat – können eine Genehmigung erhalten, da ihre Bereitstellung für besondere Zielgruppen, die wir in Berlin haben wollen, ein berechtigtes privates oder auch öffentliches Interesse beinhaltet.

Das Zweckentfremdungsverbot tritt nicht allein durch das vorliegende Gesetz in Kraft. Wir werden natürlich eine Rechtsverordnung miteinander verhandeln und darüber hier im Parlament entscheiden.

Es ist unbestritten, dass die Bezirke durch den Vollzug des Zweckentfremdungsverbots mit zusätzlichen Aufgaben belastet werden. Darüber werden wir dann sprechen.

Wir treten jetzt in eine Diskussion, sowohl im Bau- als auch im Hauptausschuss, über ein Gesetz ein, das rechtsicher und – anders als von Frau Schmidberger gesagt – nicht beim Blick in die Glaskugel, sondern im echten Leben richtig ist. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Als Nächstes folgt für die Fraktion Die Linke die Kollegin Lompscher. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Spranger! Leider treten wir ja jetzt nicht in die Beratung des Gesetzentwurfs ein, sondern in die Sommerpause. Wir werden im August wiederkommen und uns mit der Haushaltsberatung beschäftigen. Wenn wir gut sind, schaffen wir es, dass das Gesetz Ende des Jahres in Kraft treten kann. Dann ist es mehr als überfällig.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Gestern vor elf Jahren ist das Zweckentfremdungsverbot vom Oberverwaltungsgericht Berlin gekippt worden. Das Gericht sah seinerzeit keine Wohnungsknappheit. Das dürfte sich geändert haben, und darüber dürfte auch kein Dissens bestehen. Der Schutz von Wohnraum vor Umnutzung, Leerstand und Abriss ist längst überfällig, aber er muss Teil eines umfassenden Konzepts zur sozialen Wohnraumversorgung sein. Das bleibt der Senat bis heute schuldig.

[Beifall bei der LINKEN]

Verbot der Zweckentfremdung auf der einen Seite, Forcierung von Wohnungsneubau auf der anderen Seite – das reicht bei Weitem nicht aus. Daran ändert auch das Bündnis mit den städtischen Gesellschaften nichts, das wir, wie Sie wissen, von Beginn an kritisch sehen.

Der Senat hat viel Zeit verschenkt, und er muss noch etliches nacharbeiten. Bereits im Frühjahr 2011 erging vom Abgeordnetenhaus, genauer von Rot-Rot und den Grünen, der Auftrag, das Zweckentfremdungsverbot in Berlin wieder einzuführen. Die Linke hat das am Anfang der neuen Legislatur erneut beantragt, und die Koalition – daran möchte ich Sie erinnern – hat es abgelehnt.

Es ist mehr als ärgerlich, dass mit dem Gesetzentwurf nicht zugleich die zugehörige Verordnung vorliegt.

[Beifall bei der LINKEN]

Wir brauchen diese Verordnung so schnell wie möglich, weil das Gesetz allein noch keine einzige Zweckentfremdung beendet oder verhindert. Im Gegenteil: Bis zum Erlass dieser Verordnung wirkt es als Einladung, noch schnell Tatsachen zu schaffen. Aus Sicht der Linksfraktion ist es außerdem absolut kontraproduktiv und schadet dem gemeinsam getragenen Anliegen, dass der Senat den Bezirken dafür kein zusätzliches Personal bereitstellen will. Eine rechtliche Vorgabe, die aus Kapazitätsgründen nicht umgesetzt werden kann, nützt niemandem.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Das sieht der Rat der Bürgermeister offenbar genauso. Er hat in seiner Stellungnahme vom 23. Mai 2013 seine konditionierte Zustimmung drastisch formuliert: Er – Zitat –:

stimmt der Vorlage unter der Voraussetzung zu, dass die organisatorischen Voraussetzungen und personalwirtschaftlichen Auswirkungen geklärt werden. Die Vorstellung des Senats, dass eine solche Aufgabe ohne zusätzliches Personal erfüllbar ist, ist absurd.

Aber genau an dieser Vorstellung hält der Senat offenbar fest, wenn er auf die nachfolgende Rechtsverordnung und ein Personalbedarfskonzept der Bezirke verweist und in der Begründung des ihm vorliegenden Entwurfs zum Schluss kommt, dass – Zitat –: „die Umsetzung des Zweckentfremdungsverbots deshalb zunächst mit vorhandenem Personal erfolgt.“ – Dann können Sie es auch gleich sein lassen. Streuen Sie der Öffentlichkeit keinen weiteren Sand in die Augen!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ob und wann die zugehörige Verordnung vorliegt, ob und wann die Bezirke handlungsfähig sein werden, ist offen. Durch die späte Vorlage jetzt vor der Sommerpause wird die parlamentarische Behandlung zur Herausforderung, ein Inkrafttreten vor dem Winter ist kaum realistisch, und, wie gesagt: Die Verordnung ist das Entscheidende.

Noch einmal: Die notwendige Überwachung von Wohnungen und die Feststellung einer Zweckentfremdung durch die Bezirke ist aus finanziellen und personellen Gründen derzeit nicht realisierbar. Es besteht zudem das Risiko, dass Absichten zur Umwandlung, zum Beispiel in

(Iris Spranger)

Ferienwohnungen, beschleunigt werden und der Druck auf betroffene Mieterinnen und Mieter steigt. Diese Befürchtung wird im Übrigen bestärkt durch die Formulierung in § 2, Abs. 2, wonach alle bis zum Inkrafttreten der Verordnung – wohlgemerkt: der Verordnung und nicht des Gesetzes – vorgenommenen Änderungen keine Zweckentfremdung darstellen. Ich bitte, hier noch einmal genau daraufzuschauen!

Das alles ist wirklich nicht erfreulich, und dafür tragen Senat und Koalition die Verantwortung. Es ändert aber nichts daran, dass wir endlich das Gesetz und die Rechtsverordnung brauchen, und zwar für die ganze Stadt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Es ist überdies notwendig, diesen Entwurf zu qualifizieren. Die Bestandsschutzregelungen – da schließe ich mich den Grünen an – sind doch sehr großzügig. Der Leerstandbeginn ist nicht eindeutig formuliert. Die vorgesehene Genehmigungsdiktion – im schlimmsten Fall bereits nach vier Wochen – stellt für die personell ausgezehrten Bezirke ein großes Risiko dar. Gut, dass auf Initiative der Bezirke eine Kompensation durch die Schaffung von Ersatzwohnraum ausdrücklich nur im Ausnahmefall zulässig sein soll. Aber auch hierfür müssen inhaltliche Vorgaben her.

Im Übrigen empfehle ich auch hier einen Blick nach Hamburg, wo das verschärfte Wohnraumschutzgesetz Ende Mai in Kraft getreten ist.

Sie müssen zum Ende kommen, Frau Kollegin!

Hier gibt es diverse gute Ideen, die wir in einer möglichst zügigen Gesetzesberatung aufgreifen sollten. – Vielen Dank!