Protocol of the Session on March 21, 2013

Der klar rechtswidrige Umgang des Innensenators mit den Flüchtlingen am Brandenburger Tor, denen er bei Schnee und Eiseskälte Decken und Sitzkartons wegnehmen ließ, passt da nur zu gut ins Bild. Der Innensenator und seine Sidekicks haben kein Interesse an einer Willkommenskultur, wie Wowereit es genannt hat. Und was machen die Innenpolitiker und Innenpolitikerinnen der SPD? – Die stehen daneben und halten Maulaffen feil! Nicht ein Antrag, nicht eine Aussage, die vom menschenverachtenden Vorgehen der CDU abweicht. Da wird Treue zum Koalitionsvertrag über die Einhaltung der elementarsten Menschenrechte gestellt. Das Feld haben die Sozialdemokraten den Scharfmachern Henkel, Juhnke und Dregger überlassen, sie zucken höchstens mal mit den Achseln, wenn sie zu ihrer Meinung gefragt werden. Das ist nicht hinnehmbar!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Und da Herr Henkel es nicht hinbekommt, fordere ich den restlichen Senat auf: Tun Sie endlich was gegen Nazis! Tun Sie endlich was gegen Verharmlosung von Nazi-Terror durch Ihre Behörden! Tun Sie etwas gegen institutionellen Rassismus in Ihren Behörden! Sie sind in der Pflicht, eine ernst gemeinte Willkommenskultur zu leben. Wenn Sie es nicht tun, wird es bald noch mehr sogenannte national befreite Zonen in Berlin geben wie die braune Brückenstraße in Schöneweide, durch die sich niemand mehr zu gehen traut, weil sich Nazi-Treffs wie Perlen auf einer Schnur aufreihen. Wowereit quatscht von einer Willkommenskultur, Czaja erzählt von menschenwürdigen Verhältnissen für Migrantinnen in Berlin, und

was daraus folgt, ist nichts als heiße Luft. Von Ihren warmen Winden lassen sich Nazis aber nicht abschrecken. – Danke!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich lasse nun abstimmen, und zwar über den Antrag der Piratenfraktion, für den sich im Ältestenrat, eine Mehrheit abgezeichnet hat. Wer diesem Thema – Stichworte: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Berlin – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Koalitionsfraktionen, die SPD, Grüne und Linkspartei. – Einige haben dafür gestimmt, höre ich gerade, einige haben nicht daran teilgenommen. Somit rufe ich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 auf. Die anderen Anträge haben damit ihre Erledigung gefunden.

Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dem Kollegen Klaus Lederer zu seinem heutigen Geburtstag zu gratulieren. – Herr Kollege, alles Gute!

[Allgemeiner Beifall]

Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die heutige Sitzung: Der Regierende Bürgermeister ist ganztägig abwesend. Grund: ab 12 Uhr nimmt er teil an der Sonderkonferenz der Regierungschefinnen und -chefs der Länder und dem anschließenden Gespräch mit der Bundeskanzlerin, und ab 19 Uhr nimmt er teil an der 22. EchoPreisverleihung.

Senatorin Kolat ist abwesend von 13 bis 16 Uhr. Grund: Teilnahme an der Vorbesprechung und den anschließend stattfindenden Bundesrichterwahlen.

Senator Heilmann ist abwesend von 13 bis 18 Uhr, ebenfalls Teilnahme an der Vorbesprechung und den anschließend stattfindenden Bundesrichterwahlen und bis 18 Uhr Teilnahme an einem Gespräch mit der Bundesministerin für Justiz.

Senator Henkel ist ab 19 Uhr abwesend. Grund: Teilnahme an der B-Länder-Vorbesprechung der Bundesratssitzung am 22. März.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Wo ist er jetzt?]

Darf ich mal um Ruhe bitten? – Zudem darf ich Herrn Senator Henkel entschuldigen, der sich jetzt etwas ver

spätet, da er wegen des schweren Hubschrauberunglücks, das sich am Olympia-Stadion ereignet hat, vor Ort ist. Wir müssen davon ausgehen, dass es mindestens einen Toten und mehrere Schwerverletzte gegeben hat. Die Nachricht von diesem furchtbaren Unglück am Berliner Olympia-Stadion berührt uns. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen des Toten und unsere Hoffnungen setzen wir auf die baldige Genesung der Verletzten.

[Allgemeiner Beifall]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Mündliche Anfragen

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Drucksache 17/MA29

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat der Abgeordnete Torsten Karge von der SPD-Fraktion mit der Frage über

„Flüchtlingsheim Marie Schlei“ in Berlin Reinickendorf

Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Ich frage den Senat:

1. Wann wird die künftige Einrichtung für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge im Marie-Schlei-Haus im Reinickendorfer Eichborndamm eröffnet, und wie viele Flüchtlinge können nach Einschätzung des Senats unter Berücksichtigung des Wohnumfeldes dort untergebracht werden?

2. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, um die Kommunikation über die künftige Flüchtlingseinrichtung mit den Anwohnerinnen und Anwohnern zu verbessern, und inwiefern arbeitet er dabei mit dem zuständigen Bezirksamt zusammen?

Vielen Dank! – Es antwortet Herr Senator Czaja. – Bitte schön, Herr Senator!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Karge! Im Namen des Senats beantworte ich Ihre Mündliche Anfrage wie folgt: Zur ersten Frage: Die Bemühungen um eine Verständigung zwischen dem Landesamt für Gesundheit und Soziales, dem Kreisverband der AWO Berlin-Mitte und dem Bezirksamt Reinickendorf von Berlin über die Nutzung des Marie-SchleiHauses für die Unterbringung von Asylbegehrenden

(Senator Mario Czaja)

dauern derzeitig noch an. Insbesondere das beim Bezirksamt Reinickendorf anhängige baurechtliche Genehmigungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Daher kann ein Zeitpunkt für die Inbetriebnahme als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber noch nicht bestimmt werden.

Das Landesamt sowie die AWO sind übereinstimmend der Auffassung, dass das Objekt für die Unterbringung von bis zu 221 Asylbegehrenden und Flüchtlingen unter Wahrung der vom Landesamt für derartige Gemeinschaftsunterkünfte verbindlich festgelegten Mindestanforderungen und Qualitätsstandards geeignet ist.

Zu Ihrer zweiten Frage: Das Landesamt hat die Angelegenheit eingehend in einer Besprechung mit Vertreterinnen und Vertretern des Bezirksamtes Reinickendorf sowie der AWO erörtert, ohne dass eine abschließende Übereinkunft insbesondere hinsichtlich der maximalen Belegung erzielt werden konnte.

Soweit dem Senat bekannt ist, beabsichtigt die AWO eine öffentliche Informationsveranstaltung in Form eines Tags der offenen Tür. Eine derartige Bürgerbeteiligung bietet ein geeignetes Forum, um eine zum Teil missverständliche Berichterstattung in den Medien zu korrigieren, dem berechtigten Anspruch der Anwohnerschaft auf einen transparenten Entscheidungsprozess nachzukommen und auf etwaige Bedenken, Befürchtungen oder Vorbehalte mit der gebotenen argumentativen Sorgfalt einzugehen.

Das Landesamt bietet hierfür Unterstützung an, etwa durch eine Teilnahme an einer solchen oder einer in anderer Form organisierten Informationsveranstaltung wie die, die am kommenden Dienstag im Bezirk stattfinden soll. Bereits bei einer Demonstration von Anwohnerinnen und Anwohnern am 15. März waren Vertreterinnen und Vertreter des Landesamtes und der Arbeiterwohlfahrt anwesend, um einen konstruktiven Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu führen und die Diskussion zu versachlichen. Der Senat würde es begrüßen, wenn auch das Bezirksamt Reinickendorf eine vergleichbare Unterstützung leistet.

Vielen Dank! – Kollege Karge! Eine Nachfrage? – Bitte schön, Sie bekommen das Wort!

Herr Senator Czaja! Erst einmal vielen Dank für die Beantwortung. Ich habe der Presse entnommen, dass Sie das Verfahren möglicherweise an sich ziehen wollen, wenn es aus Sicht der Senatsverwaltung nicht zu einem anständigen Ergebnis kommt. Gehen Sie davon aus – oder ich würde zumindest davon ausgehen –: Ist es nicht auch eine Frage dessen, ob das Bezirksamt oder der zuständige Stadtrat rechtmäßig gehandelt haben? Ich habe gelesen,

dass, wenn es denn eine nicht rechtmäßige Handlung gewesen sein sollte, Sie sich darüber mit der Stadtentwicklungsverwaltung ins Einvernehmen setzen wollen. Aus Sicht des AZG wäre das aber doch eine Frage, die Sie eigentlich mit der Innenverwaltung und Ihrem Kollegen Henkel besprechen müssten.

Herr Senator Czaja, bitte schön!

Herr Kollege Karge! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns ist daran gelegen, dass der Zuwachs von Asylbegehrenden in Berlin, der in der Geschichte schon einmal viel größer war als er heute ist, gerecht und solidarisch von allen Bezirken mitgetragen wird. Dabei gibt es Bezirke, die diese Last im Besonderen tragen – wie Tempelhof-Schöneberg oder Lichtenberg –, und andere Bezirke, die dieser Verantwortung bislang so nicht nachgekommen sind. Deswegen haben wir im Rat der Bürgermeister ein gemeinsames Papier besprochen und verabschiedet, wo sich alle Bürgermeister klar dazu bekannt haben, dass diese gemeinsame Aufgabe gestemmt werden muss.

Sie haben recht, dass die baurechtlichen Fragestellungen, die hier für Ablehnungen herangezogen werden, in den Bezirken ganz unterschiedlich gehandhabt werden. Ich habe deutlich gemacht, dass wir diese Frage, dass Menschen untergebracht werden müssen und dass wir dafür geeignete Unterkünfte finden, im Fall der Fälle, wenn man feststellt, dass die baurechtlichen Dinge immer wieder unterschiedlich interpretiert werden und die notwendige Unabhängigkeit vielleicht auch nicht gegeben ist, dass dann die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gebeten werden muss, diese Maßnahme an das Land heranzuziehen. Nicht wir können dies tun, sondern die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung muss sich dann an die Innenbehörde wenden, bzw. im Senat müsste das gesamtstädtische Interesse beschlossen werden.

Mit dieser Bitte hat sich mein Staatssekretär in den vergangenen Tagen an Staatssekretär Gothe gewandt, das ist vorher auch schon mal mündlich besprochen worden. Und ja, wir werden von diesen Schritten Gebrauch machen müssen, wenn es nicht zu einer einvernehmlichen Lösung mit allen Bezirken kommt. Noch setzen wir auf diese einvernehmliche Lösung mit den Bauaufsichtsbehörden in den Bezirken, aber ansonsten werden wir zu einer solchen Lösung kommen müssen. Ich sehe ein freundliches Nicken des Kollegen Gothe, dass wir dann diesen Weg gehen werden.

Vielen Dank! – Für eine zweite Nachfrage hat Frau Kollegin Bayram das Wort. – Bitte schön!

Herr Senator! Ich möchte wissen, ob Ihnen bekannt ist, dass im Vorfeld der Diskussionen um die Nutzungsänderung dieser Einrichtung, die Sie beschrieben haben, gerade wieder CDU-Ortsvereine vor Ort Stimmung gemacht haben gegen Asylsuchende und damit ja auch Sie in Ihrer Arbeit sabotieren. Wie gedenkt der Senat, in Zukunft damit umzugehen, dass sich teilweise sogar Abgeordnete der Unterbringung von Asylsuchenden so in den Weg stellen?

[Beifall von Fabio Reinhardt (PIRATEN)]

Herr Senator Czaja, bitte schön!

Frau Abgeordnete Bayram! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt in allen Bezirken von unterschiedlichen politischen Vertretern Bedenken, die von den Anwohnern, von Nachbarn, von früheren Nutzern vorgetragen werden, wenn Asylbegehrende in ihrer Nachbarschaft untergebracht werden müssen. So habe ich den Hinweis einer Stadträtin der Linkspartei aus Treptow-Köpenick, die es beispielsweise ablehnt, dass dort Menschen untergebracht werden, weil sie der Auffassung ist, dass sie das nicht verantworten kann, weil es ein Kiez ist, in dem sehr viele Rechtsradikale leben und sie für die Sicherheit der Unterzubringenden nicht garantieren kann.

[Uwe Doering (LINKE): Neben der Brückenstraße! – Zuruf von Elke Breitenbach (LINKE)]

Ich habe solche Hinweise von Vertretern der Grünen, von Sozialdemokraten und auch von Vertretern der CDU. Wir nehmen diese Hinweise ernst, indem wir vernünftige Veranstaltungen vor Ort organisieren und wir von der Hausleitung uns bei diesen Veranstaltungen auch immer aktiv beteiligen. Mit diesen Ressentiments und Schwierigkeiten muss man umgehen. Wir haben wieder einen stärkeren Zuwachs von Asylbegehrenden in Berlin, dafür müssen wir eine gemeinsame Verantwortung tragen, und wir werden uns dafür einsetzen, dass es hier zu einer sachlichen und vernünftigen Diskussion kommt, aber eben auch alle Bezirke die gleiche Last tragen, wenn Menschen untergebracht werden müssen, die hier Asyl begehren.

Vielen Dank!