Protocol of the Session on March 7, 2013

[Joachim Esser (GRÜNE): Ach!]

Damit habe ich gerechnet, dass Sie sagen: Ach!

[Joachim Esser (GRÜNE): Nur der kleine Bezirksbürgermeister ist frei!]

Ach, wir würden ja, wir könnten ja. – Das Erstaunliche bei den Grünen ist, dass Sie natürlich an dieser Stelle sagen: Hier soll es kein Wohnen auf dem Todesstreifen geben. – Aber das habe ich schon so oft festgestellt: Wenn es konkret wird, sagen Sie an jeder Stelle, was nicht geht. Es geht – natürlich – an dieser Stelle kein Wohnen auf dem Todesstreifen, und es geht – natürlich – auf dem Gelände des Flughafens Tempelhof kein Wohnen, damit man sich die Freiheit und die Weite erhält. Es geht – natürlich – keine Bebauung auf irgendeiner an

(Bürgermeister Michael Müller)

deren Grünfläche. – Das ist keine verantwortliche Politik, immer nur zu sagen, was nicht geht!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von Dr. Klaus Lederer (LINKE)]

Wir müssen sehen, wie wir mit den getroffenen Entscheidungen umgehen können, aber natürlich ist für den Senat das Entscheidende, wie wir die East-Side-Gallery, so wie sie ist, wie wir sie kennen, auch für die Zukunft erhalten können.

Die Investoren, das ist heute in den Gesprächen deutlich geworden, zeigen sich da kompromissbereit. Sie wollen eben auch, dass hier nicht im Konflikt mit der Stadt und gegen die Bürgerinnen und Bürger eine Entwicklung vorangetrieben wird, sondern sie zeigen sich kompromissbereit und wollen die vorhandenen Öffnungen, die es ja in der East-Side-Gallery gibt, nutzen und setzen nicht auf weitere Öffnungen, sondern gegebenenfalls auf das, was auch das Gericht als Vergleichsvorschlag angeboten hat, nämlich vorhandene Öffnungen, wenn es denn nötig ist, für die Entwicklung zu erweitern, die dort geplant ist. Und sie sind bereit, die Kosten für die Umplanungen zu übernehmen, die entstanden sind oder jetzt noch entstehen werden, um den Wünschen des Bezirks und vor allen Dingen auch des Senats entgegenzukommen.

Ich glaube aber vor diesem Hintergrund auch, dass es wichtig ist, dass der Bezirk jetzt endlich einmal begreift, dass er aufgefordert ist, diese neuen Überlegungen und diese konkreten Angebote der Investoren und auch das Engagement des Senats konstruktiv zu begleiten. Es muss eine andere Situation zu diesem städtebaulichen Vertrag geben, der, wie gesagt, in der Sache überhaupt nicht begründbar ist und den so, in dieser Form, überhaupt niemand braucht. Der Bezirk wird sich in allernächster Zeit damit auseinandersetzen müssen, wie er jetzt mit den konkreten Planungen der Investoren und gegebenenfalls auch mit Wünschen der Investoren und weiteren Kosten umgeht. Ich glaube, der Bezirk wäre gut beraten, sich daran zu erinnern, was er in den letzten Jahren beschlossen hat, und das auch in einer guten Gesprächsatmosphäre mit den Investoren und dem Senat weiter zu begleiten.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird parallel dazu – auch das habe ich heute angeboten – in einem direkt Austausch mit den Investoren deren Vorstellungen mitbegleiten und mitprüfen, um auch an dieser Stelle zu verhindern, dass – wenn es weitere Konfliktfälle geben sollte – Zeitverzögerungen oder weitere Kostensteigerungen auftreten. Wir werden das von Seiten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung entsprechend mitbegleiten.

Abschließend will ich noch einmal auf eine Sache eingehen, die Herr Evers angesprochen hat, und das ist das Forum Stadtspree. Es ist mir sehr wichtig, weil wir wirklich etwas Neues probiert haben, etwas, was Sie immer einfordern: dass man miteinander und nicht übereinander über wichtige stadtentwicklungspolitische Vorhaben

redet, bevor die Züge aufeinanderprallen. Deswegen haben auf Initiative von Herrn Hassemer von der Stiftung Zukunft – einer sehr engagierten, bürgerschaftlich getragenen Stiftung in dieser Stadt – die Stiftung Zukunft, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Bezirk Mitte und der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg miteinander vereinbart, dass wir zu einem Forum zusammenkommen, alle Beteiligten einladen – die Investoren, die Zwischennutzer, die politisch Verantwortlichen, die Verwaltungen –, um miteinander zu beraten, wie wir mit dem gesamten Areal Spreeraum umgehen. Es hat Sitzungen und Besprechungen dazu gegeben. Es gab nicht an einer Stelle einen Hinweis des Bezirks, dass es hier diesen Konflikt gibt. Und als wir zusammenkamen, um mit den Investoren und Nutzern darüber zu diskutieren, wie sich dieses ganze Areal weiterentwickeln soll, hat der miteinladende Bezirksbürgermeister Schulz nicht an dieser Sitzung teilgenommen. – Das ist ein Teil der Wahrheit, und ich glaube, dass das kein verantwortliches politisches Agieren ist.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Hier geht es darum, dass wir Stadtentwicklung ermöglichen, aber auch darum, dass wir mit so einem herausragenden, wichtigen Ort in unserer Stadt sensibel umgehen. Es geht vor allen Dingen darum – und das ist das Anliegen des Senats und das Engagement des Regierenden Bürgermeisters und der beteiligten Senatsverwaltungen –, dass wir die East-Side-Gallery so, wie wir sie kennen, wie wir sie haben, wie sie einen Anziehungspunkt für viele Menschen in unserer Stadt und darüber hinaus ist, für die Zukunft erhalten, ohne Stadtentwicklung in unserer Stadt zu behindern. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Senator! – Wir kommen jetzt zur zweiten Rederunde. Hier liegt mir eine Wortmeldung vor, und zwar von Frau Dr. Kitschun für die SPD-Fraktion. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In vielen Reden heute ist deutlich geworden, wie sich das Bewusstsein für den Erhalt der verbliebenen Mauerstücke in letzter Zeit verändert und entwickelt hat. Für uns steht die Bewahrung des Denkmals im Mittelpunkt, und ich freue mich, dass Klaus Wowereit den Erhalt der EastSide-Gallery nun zur Chefsache gemacht hat.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Kani Alavi, der Vorsitzende der Künstlerinitiative, hat die East-Side-Gallery in dieser Woche noch einmal als ein – ich zitiere – „Symbol für Freiheit und Euphorie“ bezeichnet. Und das trifft zu: Die East-Side-Gallery ist ein Sym

bol der Freude über den Mauerfall und die befreiende Aneignung der Grenzanlagen. Sie ist ein wichtiger, authentischer Ort der Erinnerung in unserer Stadt, und deshalb ist sie ein wichtiger Bestandteil des Berliner-MauerGedenkkonzepts, das Rot-Rot auf den Weg gebracht hat und das heute hier schon besprochen worden ist. In diesem Sinne waren die Proteste am Wochenende richtig und wichtig.

Auch ich war überrascht und fand es unverständlich, dass es vor einer Woche fast zu einem Teilabriss kommen konnte und es tatsächlich so gelaufen ist, dass der Bezirksbürgermeister erst mit dem Investor einen Vertrag schließt und ihn verpflichtet, das umzusetzen, und danach selbst demonstriert. Viel ist dazu schon gesagt worden. Auch mich erinnert das eher an ein Puppentheater als an Politik, denn auch im Puppentheater spielt ja eine Person häufig mehrere Rollen.

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU]

Der Bezirk hat Baurecht geschaffen, ein Baurecht, das unsensibel mit der Geschichte des Ortes umgeht. Das ist heute auch diskutiert worden. Aber die Verantwortung dafür liegt beim Bezirk.

Die East-Side-Gallery – das ist unser Anliegen – darf darunter nicht leiden. Darauf müssen wir uns jetzt konzentrieren; das ist das Ziel des Regierenden Bürgermeisters, und deshalb begrüßen wir, dass dem Bezirk jetzt geholfen wird und mit allen Beteiligten nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht wird. Das erste Gespräch, das heute morgen stattgefunden hat, gibt Grund zum Optimismus.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Erfreulich ist auch die Kompromissbereitschaft der Investoren. Vielleicht hätte der Bezirk schon früher mit ihnen sprechen sollen.

Wir wollen East-Side-Gallery dauerhaft als zusammenhängendes Denkmal erhalten. Das bekräftigen wir heute mit dem dringlichen Antrag der Koalition: Der Senat soll mit den Eigentümern und Investoren alternative Erschließungsszenarien entwickeln. Hauptziel dabei ist, dass die verkehrliche Erschließung ohne weitere Mauerdurchbrüche erfolgt. Den begonnenen Dialog über die Zukunft des Planungsraums obere Stadtspree – Senator Müller erwähnte ihn gerade – begrüßen wir ausdrücklich. Wir wollen ein Höchstmaß an Transparenz und Akzeptanz.

Vor zehn Monaten, Anfang Mai 2012, hat die Koalition das Thema East-Side-Gallery als Besprechungspunkt für den Kulturausschuss angemeldet. Eingeladen werden sollte der Bezirksbürgermeister von FriedrichshainKreuzberg, doch Frank Schulz hatte bis heute keine Zeit für das Parlament. Im Nachhinein kann ich das noch weniger verstehen. Wieso hatte er keine Zeit, wo er doch angeblich so dringend die Unterstützung des Landes

brauchte? – Die Unterstützung des Kulturausschusses jedenfalls hat ihn nicht interessiert. Wir stehen zur EastSide-Gallery, und in diesem Sinne bitten wir Sie um die Unterstützung unseres Antrags. – Danke!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Dr. Kitschun! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Für zwei dringliche Anträge ist die sofortige Abstimmung beantragt worden. Wer dem Antrag der Fraktionen von SPD und CDU, Drucksache 17/0866, zustimmen möchte, den bitte ich um jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und zwei Stimmen der Piraten. Enthaltungen? – Das sind die übrigen Stimmen bei der Piratenfraktion. Danke schön! Damit ist der Antrag angenommen.

Wer nun dem Antrag der Fraktion der Linken und der Piratenfraktion, Drucksache 17/0868, zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der Linken und der Piraten. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt die Überweisung ihres Antrags Drucksache 17/0867 federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt und mitberatend an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr, an den Ausschuss für kulturelle Angelegenheiten sowie an den Hauptausschuss. Mir ist allerdings signalisiert worden, dass es hierzu Widerspruch gibt. Ist das richtig? – Ja. Dann müssen wir zunächst über die Überweisung abstimmen. Wer der Überweisung zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und sind drei Stimmen der Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen von SPD und CDU, der fraktionslose Abgeordnete und eine Stimme bei der Piratenfraktion. Enthaltungen? – Das sind die Fraktion der Linken und die übrigen Stimmen der Piratenfraktion. Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 17/0867. Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Bündnis 90/Die Grünen! Gegenstimmen? – SPD, CDU, Linksfraktion, zwei Stimmen bei den Piraten und der fraktionslose Abgeordnete! Enthaltungen? – Das sind die übrigen Stimmen der Piraten. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

lfd. Nr. 4:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

lfd. Nr. 4.1:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 7

a) Gesetz zur Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0840

Erste Lesung

b) Gleichstellung in Beteiligungsunternehmen sichern

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0839

Ich eröffne die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kofbinger. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Heute ein wirklich wichtiges Thema, leider haben viele Menschen schon wieder den Saal verlassen. Ich freue mich deshalb, dass meine eigene Fraktion so zahlreich dageblieben ist.