Protocol of the Session on March 7, 2013

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebes Präsidium! Wir haben großartigerweise einmal ein Gesamtberliner parteiübergreifendes Thema für die Aktuelle Stunde vorgeschlagen, nicht nur wir, auch Die Linke und die Grünen. In den Papieren steht Berlin, ich dachte, es sei Schilda, als ich es gelesen hatte. Aber ich habe nachgeschaut, es ist wirklich Berlin. Es ist eine großartige Aktuelle Stunde. Und ich glaube nicht, dass ein Auge trocken bleibt, weil wir alle dabei haben: Wir haben die Sozen mit ihrer ganzen Mediaspreegeschichte. Die haben da was angefangen. Die Linke hat es auch nicht verhindert. Daraufhin, man

glaubt es kaum, bildet sich eine Gegeninitiative, die Mediaspree verhindern möchte, kann man in Friedrichshain auch nicht damit rechnen. Und was beide gemeinsam haben, sie wollen eine Brücke bauen. Dafür bauen sie eine Lücke. Es wird ein sehr lückenhafter Vortrag.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Anyway! Wir haben da schon einmal Mediaspree und Sozen, die beide eine Lücke wollen, Die Linke will auch eine Lücke.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Anyway! Wir haben also eine Lücke, die von einem grünen Bürgermeister beauftragt wird. Grüne und Linke waren damals im Bezirk aktiv. Und es kommt eine Baufirma. Was macht sie? – Sie schlägt voller Tücke für die Brücke eine Lücke.

[Vereinzelter Beifall und Heiterkeit bei den PIRATEN]

Die Brücke kommt aber gar nicht, und warum? – Weil die Grünen sich so lange um Brücken gezankt haben, dass sie da gerne eine Fußgängerbrücke haben wollen, die sie gar nicht bezahlen können und derartig paranoid sind, dass eine Brücke für Busse und Straßenbahn nicht geht, weil man da auch mit dem Auto drüberfahren könnte. Ich kann Ihnen als Anwohner sagen: Wenn die O2-World Zu- oder Abgang hat, dann sind die Verkehrsflächen derartig belastet, dass ein dritter Zugang gar nicht einmal so schlecht wäre. Aber der Bürgerentscheid hat es anders gesehen. Damals gab es die O2-Arena auch noch nicht. Anyway!

Dann gehört zu einer solchen Schilda-Geschichte immer eine Petition. Petitionen sind toll. Warum soll man da keine Brücke bauen? – Das hat mit dem Stadtklima zu tun. Okay! Das würde ich auch gerne einmal verstehen, was Fußgängerbrücken mit Stadtklima zu tun haben, außer dass da vielleicht Leute rauchen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Fluchtwege rauchen nicht gut! – Hey! Wir haben in der ganzen Geschichte eine CDU, die sich investorenfeindlich verhält. Man glaubt es kaum. Dort irgendwie nichts zu bauen, kostet 30 bis 100 Millionen Euro, denn die Baurechte sich vorhanden, und wenn sie die entschädigen wollen, dann wird das erst einmal teuer. Ungefähr ein Viertel von dem, was der Zuschuss für den Flughafen gewesen ist. Anyway, CDU investorenfeindlich, und mir ist zu Ohren gekommen, in der Hölle haben sie jetzt Schlittschuhe bestellt, weil sie davon ausgehen, dass die demnächst zufriert. Das ist ungefähr genauso wahrscheinlich.

Jetzt sollen dort Wohnungen gebaut werden, Luxuswohnungen mitten im Nichts. Ich finde es einfach mal sehr groß, wenn man die Leute ins Nichts sperrt, die sich diese Luxuswohnungen kaufen wollen. Dann wird bei mir im Kiez vielleicht deutlich weniger luxussaniert, weil der

Markt entlastet wird. Aber über Märkte redet hier ja keiner.

Wir haben also hier – der Begriff Todesstreifen ist gefallen – einen Todesstreifen, und zwar einen Todesstreifen für die Vernunft. Die ist aus Versehen draufgelaufen, wurde von allen hier anwesenden Fraktionen auf Bezirks- und Landesebene erschossen.

Anyway, es gibt eine Perspektive, alles wird gut, weil der Herr Wowereit es zur Chefsache macht. Das ist ein gutes Zeichen, denn dann passiert erst einmal nichts. Gar nichts. Dafür wird es dann teurer.

[Beifall bei den PIRATEN]

Anyway, ich sehe, hier gibt es einen massiven Gesprächsbedarf, bei dem, wie ich zu Beginn meiner lückenhaften Rede gesagt habe, kein Auge trocken bleiben wird. Deshalb halte ich es aus Piratensicht für eine außerordentlich gute Idee zu sehen, wie sich hier alle die Augen auskratzen werden. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

[Beifall bei den PIRATEN – Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Anyway!]

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, für den sich im Ältestenrat eine Mehrheit abgezeichnet hat. Wer diesem Thema – Stichworte: East-Side-Gallery retten – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Sehe ich jeweils keine. Dann rufe ich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 auf. Die anderen Anträge haben damit ihre Erledigung gefunden.

Ich möchte Sie auf die vorliegende Konsensliste hinweisen. Ihnen liegt lediglich eine dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vor, sodass auf die Erstellung einer Dringlichkeitsliste verzichtet worden ist. Ich gehe davon aus, dass Sie der dringlichen Behandlung der Beschlussempfehlung zustimmen. Ansonsten bitte ich um entsprechende Mitteilungen.

Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die heutige Sitzung: Frau Senatorin Scheeres ist ganztägig abwesend wegen der Teilnahme an der Kultusministerkonferenz in Berlin. Frau Senatorin Yzer ist ab 18.00 Uhr abwesend. Sie nimmt an einem Gespräch mit dem Tourismusminister der Republik Usbekistan teil.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN: Ui!]

Ich hoffe, Ihre Kommentierung bezieht sich nicht auf die Republik Usbekistan.

[Uwe Doering (LINKE): Nein!]

(Präsident Ralf Wieland)

Dann ist es ja gut.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Mündliche Anfragen Drucksache 17/MA28

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat Frau Abgeordnete Ülker Radziwill von der SPD-Fraktion mit der Frage über

Soziale Lage von Roma

Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen! Meine Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat die soziale Lage, die Wohnsituation und die gesundheitliche Versorgung von ausländischen Roma in Berlin?

2. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um die Versorgung der Roma und ihrer Familien auch in Zusammenarbeit mit den Bezirken zu verbessern?

Vielen Dank! – Es antwortet Frau Kolat. – Bitte schön, Frau Senatorin!

Vielen herzlichen Dank, sehr geehrter Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Frau Abgeordnete Radziwill! Ich beantworte Ihre Mündliche Anfrage zu 1 wie folgt: Viele Roma aus anderen EULändern, insbesondere aus Rumänien und Bulgarien sowie Polen, kommen derzeit nach Berlin. Sie kommen meist aus ärmeren Verhältnissen, was auch oft mit unzureichender gesundheitlicher Versorgung in den Herkunftsländern zusammenhängt und mit geringer Schul- bzw. Ausbildungserfahrung, die sie leider nicht ausreichend mitbringen. Ich betone an dieser Stelle, dass sich diese Zuschreibung insbesondere auf Romafamilien bezieht, die neu zugewandert sind. Es gibt viele Roma in unserer Stadt, die nicht zugewandert sind, und wo wir diese Zuschreibungen nicht machen können. Das betone ich deshalb, weil ich der Meinung bin, auch wenn man problematisieren möchte, was gerade in der Stadt Thema ist, sollte man darauf achten, dass man keinen Raum für Stigmatisierungen lässt. Außerdem haben diese Familien vielfach Ausgrenzung und Stigmatisierung in ihren Her

kunftsländern erlebt. Das ist auch etwas, was wir in diesem Zusammenhang verstärkt beobachten.

Ich möchte gern einige Zahlen nennen, um das Ausmaß für unsere Stadt darzulegen. Ich sage dazu, es ist ein Thema, das die gesamte EU und gerade Metropolen, vor allem aber auch Berlin, betrifft. Die Zahlen zeigen, dass die Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien nach Berlin beträchtlich ist. Von 2006 bis 2012 ist die Zahl der Menschen mit rumänischer und bulgarischer Staatsangehörigkeit um knapp 17 000 Personen gestiegen. Allein im Jahr 2012 nahm die Zahl der bulgarischen Staatsangehörigen um 24 Prozent zu, und liegt damit insgesamt bei 16 000. Die Zahl der rumänischen Staatsangehörigen wuchs um 25 Prozent im Jahr 2012 und damit auf 8 400 Personen.

Verglichen mit den Zu- und Abwanderungen aus anderen Staaten weist Bulgarien für das Jahr 2012 das höchste Migrationssaldo auf. Rumänien steht nach Bulgarien, Italien, Portugal und Spanien an fünfter Stelle, wenn man Migrationssalden betrachtet.

Die aktuelle mittlere Bevölkerungsprognose – der Senat hat sie der Öffentlichkeit vor einigen Wochen zur Kenntnis gegeben – zeigt auf, dass wir bis zum Jahr 2030 160 000 zusätzliche Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Ausland haben werden. Wenn man als Basis die aktuellen Zuwanderungszahlen nimmt, wird zugleich prognostiziert, dass diese Zuwanderung aus dem Ausland künftig verstärkt aus den osteuropäischen und südeuropäischen Ländern erfolgen wird.

Zur sozialen Lage – nach der Sie zu Recht fragen –: Die neu zugewanderten Romafamilien aus Bulgarien und Rumänien sind anders als die bereits seit Jahren in Berlin lebenden Roma zum Teil im Straßenbild sichtbar. Manche von ihnen leben und arbeiten tagsüber auf der Straße. Sie wohnen häufig in schlechten und überbelegten Wohnungen. Auch die Medien haben häufig darüber berichtet, wie – ich sage einmal – Menschen mit kriminellen Machenschaften die Lage dieser Familien missbrauchen. Wir sind jedoch auf gutem Weg, hier Abhilfe zu leisten.

Die gesundheitliche Versorgung ist oft nicht optimal gewährleistet. Es geht dabei speziell darum, in Not- und Härtefällen, aber auch für Schwangere und vor allem Kinder, notwendige Impfungen durchführen zu können. Außerdem müssen die Schulen in die Lage versetzt werden, für die Vielzahl von neuen Schülerinnen und Schülern besondere Lerngruppen einzurichten. Sobald sie genügend Kenntnisse insbesondere der deutschen Sprache erworben haben, sollen die Mädchen und Jungen in Regelklassen aufgenommen werden. Das ist unsere bildungspolitische Strategie. Für den Übergang von der Schule ins Erwerbsleben sollen bestehende Maßnahmen im Land Berlin für Romajugendliche geöffnet bzw. weitergeführt werden.

(Senatorin Dilek Kolat)

Zu Ihrer Frage 2, Frau Abgeordnete Radziwill, welche Maßnahmen der Senat hier getroffen hat, insbesondere in Zusammenarbeit mit den Bezirken, kann ich Ihnen sagen,

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Das ist die Fragestunde und nicht die Aktuelle Stunde!]

dass das Land Berlin sehr früh die Problematik der Zuwanderung aus diesen Ländern erkannt und gehandelt hat. Im September 2012 ist eine verwaltungsinterne, ressortübergreifende und bezirksoffene Lenkungsgruppe Roma gebildet worden. Vonseiten des Senats waren neben meinem Haus die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Finanzen, Gesundheit und Soziales, Inneres und Sport, Stadtentwicklung und Umweltschutz und die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung beteiligt. Gemeinsam mit den Bezirken – ich möchte gern die Bezirke aufzählen, die mitgewirkt haben, damit Sie merken, wie breit die Zusammenarbeit in diesem Zusammenhang ist: Friedrichshain-Kreuzberg, Reinickendorf, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick, Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte, Neukölln und Tempelhof-Schöneberg – haben wir uns auf ein Verfahren zur Erarbeitung eines Aktionsplans verständigt. Die Aufzählung der Bezirke zeigt, dass es nicht mehr so ist, dass lediglich zwei oder drei Bezirke von dieser Problematik betroffen sind, sondern sehr viele. Deswegen haben wir die Beteiligung der Bezirke erweitert. Wir haben Arbeitsgruppen und Unterarbeitsgruppen eingerichtet, einmal eine Arbeitsgruppe zum Thema Bildung, Jugend und Ausbildungschancen, dann eine Unterarbeitsgruppe zum Thema Gesundheit und Soziales, vor allem aber auch Wohnen und Konflikte im Stadtraum. Mein Haus ist federführend, was eine Arbeitsgruppe angeht, die sich um Querschnittsfragen kümmert wie Stärkung der Community, aber auch Bekämpfung von Antiziganismus, Gewaltprävention, Arbeitsmarktzugang, vor allem aber auch darum, Konsultationsprozesse zu unterstützen. Die dazu gehörige Unterarbeitsgruppe Ordnungsfragen wurde begleitet von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Die Arbeitsgruppen waren offen für nichtstaatliche Organisationen inklusive der Romaorganisation, sodass 25 nichtstaatliche Organisationen in den Prozess eingebunden waren. Seit Oktober bis Februar hat die Lenkungsgruppe mehrfach getagt und sehr intensiv die Problemlagen in diesen von mir gerade geschilderten Bereichen analysiert und vor allem auch Lösungsmöglichkeiten entwickelt.

Resultat dieser Arbeit ist unser Aktionsplan, der derzeit im Senat in der Abstimmung ist. Frau Radziwill! Sie kennen die Verfahren. Erst muss es abgestimmt werden, dann muss die Senatsbefassung kommen, dann muss der Rat der Bürgermeister sich noch mal damit befassen. Erst dann können wir nach Befassung des Senats diesen Aktionsplan Ihnen ins Abgeordnetenhaus zur Kenntnis geben. Erst dann können Sie die einzelnen Detailinformationen zu den einzelnen Schritten dort entnehmen.

Abschließend meine ich, dass mit diesem Aktionsplan nicht alles erledigt ist. Ich bin der Auffassung, dass diese ressortüberreifende und bezirksoffene Lenkungsgruppe Roma auch nach der Veröffentlichung des Aktionsplans fortbestehen soll. Die Lenkungsgruppe Roma wird die Durchführung des Aktionsplans unter der Federführung meiner Senatsverwaltung regelmäßig begleiten und die Umsetzung der Vorhaben dann auch ganz konkret überprüfen.

Vielen Dank! – Für eine Nachfrage Frau Kollegin Radziwill – bitte schön!