Als Opposition greifen wir mit diesem Antrag auch ein Angebot der Koalitionsfraktionen aus der Beratung zur Veröffentlichung von Nebeneinkünften auf. Ich glaube, es war Herr Kohlmeier, der sich damals dazu geäußert hat. Für uns ist beides, eine wirksame Bestrafung von Abgeordnetenbestechung wie auch eine umfassende Veröffentlichung von Nebeneinkünften wichtig und richtig. Es ist für uns auch beides ein Ausdruck einer ehrlichen und verantwortungsbewussten Politik und nicht etwa ein Ausdruck grundsätzlichen Misstrauens.
Wenn wir aber zumindest in diesem Punkt einer Meinung sind und gemeinsam etwas bewegen können, lassen Sie uns das gerne tun.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Weiß! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Kollege Kohlmeier. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie fordern heute eine Bundesratsinitiative für den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung. Das ist doch eine gute Grundlage, um darüber in diesem Hause zu diskutieren. Es wäre jedoch hilfreich und sinnvoll, wenn Sie einen konkreten Textvorschlag beibringen, wie das StGB geändert werden soll. Dann kann man darüber auch ins Gespräch kommen. Wolkige Formulierungen, es
solle über den Bundesrat etwas geregelt werden, reichen an dieser Stelle nicht, sondern Sie müssen spätestens im Bundesrat Farbe bekennen. Was für einen konkreten Gesetzestext wollen Sie? Soll sich dieser an § 108e StGB orientieren? Oder wollen Sie darüber hinausgehende Strafbarkeitsregelungen einführen? Das steht nicht im Antrag. Nun müsste normalerweise die Opposition eigentlich applaudieren, weil es fast wörtlich die Worte von Dirk Behrendt aus der letzten Plenarsitzung waren.
Aber wir lehnen diesen Antrag nicht einfach ab. Wir wollen uns hier ganz bewusst von Ihnen unterscheiden, weil wir Sie ernst nehmen und weil wir mit Ihnen in den Wettbewerb um die besten Ideen für eine gerechte und faire Gesellschaft treten wollen. Ich werfe den Kollegen der Grünen, die diesen Antrag mit eingereicht haben, auch nicht vor, dass sie bis heute keine vollständige Transparenz bei ihren Nebeneinkünften auf ihrer Internetseite zeigen.
Nein, ich möchte, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Ihnen diesen Antrag auf der Sachebene beraten. Es wird Sie nicht überraschen, dass die SPD-Fraktion Ihr Anliegen inhaltlich voll unterstützt. Auch die SPD-Fraktion ist der Auffassung, dass Abgeordnete, die einen Vorteil für sich oder einen Dritten annehmen, mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft werden sollen. So hat es die SPD im Bundestag bereits mit einem entsprechenden Antrag beantragt, und das meines Erachtens zu Recht.
Die FDP-CDU-Mehrheit im Bundesrat sieht das leider nicht so. Die CDU-FDP-Bundesregierung lehnt eine Strafbarkeitsregelung ab und begründet dies z. B. mit dem freien Mandat von Abgeordneten. Diese Argumente überzeugen mich nicht, zumal unser aufgeklärtes Land damit in einer Reihe mit Sudan, Syrien und der Elfenbeinküste steht, das hat der Kollege zutreffend ausgeführt. Selbst 28 DAX-Unternehmen sehen die Reputation von Deutschland im Ausland gefährdet und fordern eine Ratifizierung. Deshalb bleibt selbstverständlich von dieser Stelle aus die Bundesregierung aufzufordern, noch vor der Bundestagswahl die Abgeordnetenbestechung unter Strafe zu stellen. Ansonsten wird dann wohl eine neue Bundesregierung, hoffentlich SPD-geführt, unverzüglich nach den Wahlen das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption ratifizieren. Wir wer
Aber zur Ehrlichkeit gehört auch: Nicht alle CDUAbgeordneten sind der Meinung wie die CDU-FDPBundesregierung. Norbert Lammert und Theo Waigel haben sich für eine Ratifizierung des Vertrags eingesetzt. Ein Weiteres gehört zur Ehrlichkeit: Ich kenne keinen Abgeordneten in diesem Haus, der sich bestechen lassen würde. Die meisten von uns nehmen schon heute keine Zuwendungen von Dritten an. Gerade erst im letzten Jahr, vor einigen Wochen, hat sich dieses Haus über alle Parteigrenzen hinweg vereinbart, dass z. B. der kostenfreie Eintritt bei Veranstaltungen als mandatsbedingte und gesellschaftliche Verpflichtung keine Zuwendung ist. Hier haben wir über die Fraktionsgrenzen hinweg gezeigt, die Politik findet pragmatische Regelungen, um jeden Verdacht einer Einflussnahme auszuschließen, aber unser Mandat vernünftig wahrzunehmen.
Diese Koalition hat ebenfalls mehrfach gezeigt, dass sie trotz unterschiedlicher Positionen innerhalb der Koalition entscheidungs- und regierungsfähig sind. Wir kommen zu Lösungen, die am besten für Berlin sind.
ICC, Rekommunalisierung, Funkzellenabfrage und Quellen-TKÜ sind genau die Beispiele dafür, die Sie hören wollen. Wir Partner sind nicht ideologiebehaftet. Wir werden uns in der Koalition darüber vertrauensvoll und loyal verständigen, wie wir das Anliegen der Bestrafung von Abgeordnetenbestechung vernünftig und rechtssicher umsetzen können. Dafür können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, völlig ideologiefrei und ohne parteipolitische Scheuklappen gute Argumente in die Diskussion liefern. – Herzlichen Dank!
Zunächst einmal nur für das Protokoll: Natürlich liegt es mir fern, irgendjemandem Bestechlichkeit zu unterstellen. Aber das war, glaube ich, auch nicht der Vorwurf.
Über einen konkreten Gesetzestext kann man natürlich diskutieren. Sie haben ja den Vorschlag Ihrer eigenen Bundestagsfraktion schon erwähnt. Aber wenn Sie vielleicht einmal meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen wollen: Wann war es denn das letzte Mal, als aus diesem Abgeordnetenhaus ein Antrag bzw. Beschluss zu einer Bundestagsinitiative gekommen ist, der einen konkreten Gesetzestext enthielt?
Ich glaube, es war noch früher. 1977 war es höchstwahrscheinlich. Da saßen wir alle noch nicht in diesem Haus.
Sie haben nicht richtig zugehört, lieber Kollege Weiß! Der Vorwurf war doch nicht, dass Sie so einen unkonkreten Antrag vorlegen. Der Vorwurf war nur, dass wir uns alle erinnern sollen, was in der letzten Plenarsitzung gewesen ist. Da hat der Kollege Behrendt, als die große Koalition den Antrag zur Quellen-TKÜ eingebracht hat, gesagt: Was wollt ihr eigentlich regeln? Es ist nicht konkret genug. – Diese Frage habe ich nur zurückgegeben. Wir können uns gern darauf verständigen – es ist eigentlich gute Sitte in diesem Haus gewesen –, bei Bundesratsinitiativen keinen konkreten Gesetzestext zu formulieren. Nur, dann sollten wir uns das künftig gegenseitig nicht vorwerfen, auch dann nicht, wenn die Koalition einen vernünftigen Vorschlag für eine vernünftige Bundesratsinitiative macht. Nicht mehr und nicht weniger habe ich gesagt. Ansonsten höre ich jederzeit Ihrer Erinnerung zu. Im Protokoll können Sie immer schnell googeln und nachlesen.
Danke schön! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich jetzt Dr. Behrendt das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Werter Kollege Kohlmeier! Es geht ja auch sachlich. Ich bin erfreut!
Für uns Bündnisgrüne – da verrate ich kein Geheimnis – hat die Bekämpfung und Verhinderung von Korruption in der Bundesrepublik Deutschland Vorrang. Mit unserem Antrag auf eine Bundesratsinitiative wollen wir Korruption wirksam bekämpfen. Berlin soll sich im Bund dafür einsetzen, dass endlich internationale Antikorruptionsstandards eingehalten werden.
Kollege Weiß hat darauf hingewiesen: Die Bundesrepublik hat am 31. Oktober 2003 das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption unterzeichnet. Der Abschluss dieses Abkommens jährt sich also im Herbst zum zehnten Mal. Das wäre wirklich ein geeigneter Zeitpunkt, es umzusetzen. Nur wenige Unterzeichnerstaaten haben neben der Bundesrepublik dieses Abkommen bisher nicht umgesetzt. Wir befinden uns da in Gesellschaft mit Ländern wie Syrien, Saudi-Arabien und dem Sudan. Diese Gesellschaft ist uns Grünen peinlich.
Entgegen steht die unzureichende Pönalisierung der Abgeordnetenbestechung in der Bundesrepublik. Es soll in Zukunft nicht nur der Stimmenkauf – Kollege Weiß hat es schön beschrieben mit dem Koffer und dem Geld – strafbar sein, sondern wir müssen es ausweiten, um die internationalen Abkommen umzusetzen. Es soll auch die Einflussnahme auf parlamentarische Vorgänge pönalisiert werden – also Redebeiträge in Fraktionen und Ausschüssen, die Benennung oder Nichtbenennung von bestimmten Sachverständigen, die nachträgliche Belohnung für entsprechendes Verhalten, Abstimmungsverhalten – das ist bisher auch nicht strafbar – und das in vielen Bereichen übliche einfache Anfüttern von Abgeordneten. Zugegebenermaßen, Kollege Kohlmeier hat darauf hingewiesen, gibt es bisher keine Ermittlungsverfahren im Land Berlin hinsichtlich von Abgeordnetenbestechung, was nicht sehr verwunderlich ist, weil § 108e StGB völlig unzureichend ist. Das hat der Bundesgerichtshof schon im Jahr 2006 entschieden und eigentlich damals schon der Politik auf den Weg gegeben, endlich einmal ein vernünftiges Gesetz zu schaffen und Abhilfe auf den Weg zu bringen. Das ist bisher nicht passiert.
Wir Grüne halten es mit jedem Gerechtigkeitsempfinden schlichtweg für unvereinbar, dass Angestellte in diesem Land entlassen werden, wenn sie Büffetreste essen, Politiker aber vollkommen ungestraft Koffer voller Geld entgegennehmen können.
schussvorsitzende, hat noch im letzten Jahr gegen jede Idee, hier gesetzgeberisch tätig zu werden, polemisiert und gespottet und gesagt, er wolle nicht aus dem Strafgesetzbuch ablesen müssen, ob er ein oder zwei Brötchen bei einem Empfang essen könne. Es hat aber offenbar auch bei ihm ein Bewusstseinswandel stattgefunden, denn im Herbst letzten Jahres hat er angekündigt, man könne sich relativ schnell einigen und diesem Umstand abhelfen. Allerdings ist von ihm und der CDUBundestagsfraktion auch nach einer sehr konstruktiven Anhörung im Bundestagsrechtsausschuss bisher nichts gekommen, sodass die Befürchtung im Raum steht, dass das in dieser Legislaturperiode nichts mehr wird. Das ist sehr bedauerlich.
Auch die Schützenhilfe der deutschen Industrie, die sich zwischenzeitlich im Ausland dafür schämen muss, dass sie darauf angesprochen wird, dass die Bundesrepublik diese Antikorruptionsstandards noch nicht umgesetzt hat, und deshalb an die Bundeskanzlerin appelliert hat, dem endlich abzuhelfen, was den „Tagesspiegel“ zu dem Titel veranlasste „Unternehmen schämen sich für die Regierung“ – das kommt auch nicht alle Tage vor, dass sich die deutsche Industrie für eine CDU-FDP-Regierung schämt. Aber vielleicht gibt das Anstoß, auch an Ihre Kollegen im Bund weiterzugeben, dass hier dringend Abhilfe geboten ist.
Zuletzt zu dem Gesichtspunkt, den Kollege Kohlmeier angesprochen hat, was die konkrete Formulierung angeht. Der Justizminister von Nordrhein-Westfalen, von der rotgrünen Landesregierung, ist gerade dabei, einen neuen Gesetzesentwurf zu erarbeiten. Es gibt die Gesetzentwürfe meiner Bundestagsfraktion, der Bundestagsfraktion der SPD und der Bundestagsfraktion der Linken, sodass wir tatsächlich Diskussionsstoff haben. Das können wir in den Ausschüssen vertiefen. Dort können wir uns auch angucken, was aus Nordrhein-Westfalen kommt. Wir haben uns an der Stelle zurückgenommen, weil wir nicht der Meinung waren, wir wüssten alles besser als die Bundestagsfraktionen der Linken, der SPD, der Grünen und das Justizministerium in Nordrhein-Westfalen. Wir können uns das gern alles angucken und können dann den Antrag konkret, wenn wir uns darauf verständigen, zuspitzen und sagen, Berlin möge die Initiative aus Nordrhein-Westfalen unterstützen. Wir Grünen halten das für überfällig. Wir wollen nicht, dass der Eindruck entsteht, kapitalkräftige Gruppen könnten sich die ihnen genehme Politik kaufen –
Mein letzter Satz, Herr Präsident! –, sondern wir wollen alle Politiker immer wieder daran erinnern, wem sie al
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Opposition verfolgt das Anliegen, die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung bundesgesetzlich neu zu regeln und den Tatbestand der Vorschrift zu erweitern. Die Rede des Kollegen Dr. Behrendt war gefüllt von den Begriffen Bundestagsfraktion, Bundestag, Bundestagsdebatte, Bundestagsanhörung. Ich darf noch ergänzen, schon im November 2012, vor wenigen Monaten, hat die Herbstkonferenz der Justizminister beschlossen, dass die Neureglung des hier einschlägigen § 108e StGB überfällig ist. Nordrhein-Westfalen – das ist schon angesprochen worden – betreibt eine in diese Richtung gehende Bundesratsinitiative. Das können wir natürlich hier zum Anlass nehmen, auf dieses Thema aufzusatteln und uns hier in Berlin eine Meinung zu bilden. Wenn Sie offensichtlich, lieber Kollege Dr. Behrendt, lieber Kollege Dr. Weiß, erwartet haben, dass ich breit ausführe, weshalb ich gegen dieses Anliegen bin, muss ich Sie enttäuschen. Ich persönlich stehe dem Anliegen, die Abgeordnetenbestechung neu zu regeln, offen gegenüber.
Es kommt kein Aber. – Dafür sprechen meines Erachtens die Argumente, die zum Teil schon vorgetragen worden sind. – Lieber Kollege Kohlmeier! Ich glaube, wir bringen die ein bisschen aus dem Konzept. Die sind immer so in einem Rollendenken verhaftet. Jetzt passiert nicht das, womit sie gerechnet haben, und jetzt wissen sie nicht, wie sie damit umgehen sollen.