Protocol of the Session on January 17, 2013

Ich hatte gedacht, es geht um die Rückkopplung.

und sich kurz draußen besprechen. – Jetzt, Herr Lauer, dürfen Sie weitersprechen.

An den Kollegen von der Technik: Es gibt hier so eine ganz komische Rückkopplung. Ist die – – Okay! Super!

Also ich fasse meinen ersten Teil noch mal zusammen: Die Piratenpartei ist gegen Videoüberwachung. Das haben wir auch im Programm stehen.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Das Problem bei dieser Videoüberwachung ist nämlich auch, dass es bis heute keinen einzigen Nachweis dafür gibt, dass Videoüberwachung überhaupt irgendeinen Effekt auf die Kriminalitätsrate hat. Gerade in dem Bereich – da können wir nach Berlin schauen –, in dem am meisten Videoüberwachung stattfindet, das ist nämlich der öffentliche Nahverkehr, da steigt die Kriminalität sogar. Aber wir schauen mal erst über den Kanal zum Videoüberwachungsweltmeister England, da hat bereits 2008 ein Vertreter der britischen Association of Chief Police Officers bei einer Anhörung im House of Lords gestanden, dass Kameras weder Gewaltverbrechen noch spontan begangene Straftaten verhindern. Und er führte weiter aus, dass die Öffentlichkeit über die Effizienz von Videokameras „in die Irre geführt“ worden sei. Ja, das ist interessant.

Zurück nach Berlin: Kleine Anfragen der Piratenfraktion haben ergeben, dass weder der Innensenator noch der Landesdatenschutzbeauftragte in der Lage sind zu sagen, wie viele Kameras es in Berlin überhaupt gibt, die den öffentlichen Raum überwachen. Der Innensenator gab dann nach zwei Monaten immerhin an, dass er so um die 11 000 Stück gefunden hat, wies jedoch darauf hin, dass das gar nicht alle Kameras im Land Berlin seien.

Das ist ein unhaltbarer Zustand. Kameraüberwachung stellt – egal durch wen durchgeführt – immer einen Grundrechtseingriff dar. Das müssen wir hier noch mal uns allen bewusst machen. Und deswegen gibt es auch den § 31b des Berliner Datenschutzgesetzes mit Schutzvorschriften für diejenigen, die also gefilmt werden. Aber wie sollen diese Schutzvorschriften denn effektiv durchgesetzt werden, wenn weder die Innenverwaltung noch der Datenschutzbeauftragte von Berlin wissen, wo diese Überwachungskameras überhaupt stehen? Wie sollen wir als Berlinerinnen und Berliner uns denn überhaupt informieren, wenn es diese Informationen nirgendwo gibt? Und es gibt in Berlin nicht mal eine Meldepflicht für

Überwachungskameras. Das Datenschutzgesetz wird hier zu einem zahnlosen Tiger.

Aus diesem Grund fordert die Piratenfraktion an dieser Stelle ein Kameraregister für Berlin. Dieses soll transparent und nachvollziehbar sowohl die Behörden als auch die Öffentlichkeit darüber informieren, wo in Berlin Videoüberwachung stattfindet, wer diese Videoüberwachung durchführt und wie lange die gesammelten Daten gespeichert werden. Dann können entsprechende Verstöße gegen den Berliner Datenschutz an dieser Stelle auch geahndet werden, denn, meine Damen und Herren insbesondere von der CDU, Videoüberwachung darf kein rechtsfreier Raum sein.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Auch der Berliner Datenschutzbeauftragte sprach sich angesichts der zunehmenden Überwachungsdichte in Berlin dafür aus, „Mittel und Wege zu finden, wie Überwachungskameras stärker auf Rechtskonformität hin überprüft werden können“. Wir alle kennen die Haushaltslage Berlins – wurde hier vorhin noch mal drüber gesprochen –, Personalmangel oder Organisationsaufwand für ein solches Kameraregister dürfen kein Argument gegen ein solches Kameraregister sein. Das wäre ein fatales Signal nach außen. Dann hätten wir nämlich ein Datenschutzgesetz in Berlin, wo drinsteht, dass sich die Bürgerinnen und Bürger vor Überwachung schützen können, aber wir können überhaupt nicht sagen, wo diese Videokameras stehen.

Langfristig – und das habe ich bereits erwähnt – setzen sich die Piraten dafür ein, dass Berlin ein Ort ist, an dem es keine Videoüberwachung gibt. Sie bringt nichts, sie verhindert keine Kriminalität. Hierfür braucht Berlin ein alternatives Sicherheitskonzept, das über alle Politikbereiche hinweg dafür sorgt, dass Berlin eine noch lebenswertere und noch sicherere Stadt wird, als sie es jetzt schon ist. Ich freue mich über die Beratung in den Ausschüssen. – Vielen lieben Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Danke schön! – Kollege Kohlmeier erteile ich jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.

[Heiterkeit bei Sven Rissmann (CDU) – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Danke schön, geschätzter Herr Präsident! – Er sagte gerade, da kommt Freude auf, wenn ich ans Podium gehe. Jawohl, sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich,

zu diesem Antrag „Meldepflicht für Überwachungskameras“ sprechen zu dürfen. Ein Wort zu meinem Vorredner: Wenn Sie denn so konsequent gegen Videokameras sind, warum steht denn da nicht im Antrag, wir sind gegen Videokameras und fordern die Abschaffung von allen Videokameras im Land Berlin? Dann könnte man das als Diskussionsgrundlage nehmen.

[Zuruf von den PIRATEN]

Herr Kollege Kohlmeier! Darf ich einen Moment unterbrechen? – Herr Kollege Claus-Brunner! Sie sind noch mit einer Zwischenfrage gemeldet. Hat sich das erledigt?

[Zuruf von Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN)]

Gut, alles klar! Dann werden Sie jetzt gelöscht. – Sie dürfen weiterreden. Entschuldigung!

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Kurzintervention, Herr Kollege Lauer! – Wir als SPD haben deutlich gesagt, dazu stehen wir auch in dieser Koalition: Mit uns wird es keine flächendeckende Videoüberwachung in Berlin geben.

[Beifall bei der SPD]

Wozu gibt es eigentlich Videoüberwachung? – Weil es dem Sicherheitsinteresse von Bürgerinnen und Bürgern und Privaten entspricht und weil damit Straftaten aufgeklärt werden. Aber wir verschließen auch nicht die Augen davor, dass die Anzahl der Videokameras stetig steigt und darüber kaum einer einen Überblick hat. Wurde im Jahr 2002 geschätzt, dass es deutschlandweit 500 000 Kameras geben soll, so dürfte sich diese Zahl in den letzten zehn Jahren exponentiell erhöht haben. Im Land Berlin – das hat der Kollege Lauer zutreffend gesagt – soll es 11 741 Kameras geben. Die Bundesbehörden in Berlin dürften weit über 1 500 Videokameras besitzen. Allein deshalb könnte eine Übersicht über ein Register für Videokameras sinnvoll sein. In Österreich gibt es ein solches Register. Das kann man sich anschauen. Es ist relativ kompliziert, dieses dann doch einzusehen.

So, wie Sie es mit dem Antrag wollen, lieber Kollege Lauer, liebe Piratenfraktion, geht es aber nicht, denn es gibt hier meines Erachtens bei dem Antrag erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Die möchte ich Ihnen gerne darstellen:

Erstens: Das Land Berlin hat keine Gesetzgebungskompetenz für eine Regelung, wie Sie sie wollen. Das Land Berlin kann nur Regelungen für seine Behörden treffen, nicht aber für Firmen im Land Berlin. Datenschutzrecht ist Bundesangelegenheit. Zudem wären von einer Regelung, wie Sie sie wünschen, Religionsgemeinschaften

nicht erfasst, denn da können weder das Land noch der Bund datenschutzrechtliche Regelungen treffen, das machen die Religionsgemeinschaften selber. Das ergibt sich aus Artikel 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung in Verbindung mit Artikel 140 des Grundgesetzes. Im Ergebnis: Das Land Berlin kann eine solche Regelung überhaupt nicht treffen.

Zweitens: Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass der Senat aufgefordert wird, eine solche Registerverpflichtung festzuschreiben. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Piratenfraktion! Wann war eigentlich der letzte Zeitpunkt, an dem der Senat etwas festgeschrieben hat? Eine Verpflichtung war es jedenfalls nicht.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Stimmt!]

Dies bedarf immer einer gesetzlichen Grundlage.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich will ja gar nicht die Vorlesung Staats- und Organisationsrecht im ersten Semester nachholen, aber Sie wissen doch, dass ein Gesetz entweder aus der Mitte des Abgeordnetenhauses oder durch den Senat eingebracht werden muss. Sie beantragen leider keines von beidem, deshalb fehlt eine Rechtsgrundlage für Ihr Begehren.

Drittens: Die rechtlichen Mängel können Sie ja nach meinem Hinweis im Rechtsausschuss korrigieren, aber die Begründung Ihres Antrags überzeugt mich auch nicht. Sie begründen den Antrag damit, dass der Senat keinen konkreten Überblick darüber habe, wie viele Kameras den öffentlichen Raum überwachen. Noch mal: Sie sagen, der Senat wisse doch gar nicht, wie viele Kameras es eigentlich im Land Berlin gibt. Aber in Ihrem Antrag schreiben Sie doch selbst die Zahl: 11 741. Das hat Ihnen der Senat am 23. August 2012 in einer Kleinen Anfrage mitgeteilt. An diesem Punkt finde ich es bedauerlich, dass Sie uns nicht die Basis liefern, über den Antrag substanziiert zu diskutieren.

Gleichwohl ich verfassungsrechtliche Bedenken habe, gleichwohl mich die Begründung des Antrags nicht überzeugt, bin ich gern bereit, mit Ihnen in den zuständigen Ausschüssen zu schauen: Wie viel Kameras gibt es im Land Berlin, und ist es notwendig, dafür ein öffentlich einsehbares Register zu schaffen? – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Kohlmeier! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Lauer. – Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Kohlmeier! Von Ihnen habe ich nichts anderes erwartet. Mir vor Weihnachten noch eine Weih

nachtskarte schreiben, in der Sie sagen: Lassen Sie uns doch mal bitte Badminton spielen! –, und dann nicht in der Lage sein, mir eine E-Mail zu schreiben, um diese Kritik, die Sie hier vorgetragen haben, auf eine Art und Weise zu übermitteln, die uns hier eine solche Debatte ersparen würde!

Ansonsten muss ich noch anführen: Wenn sich eines gezeigt hat in der Vergangenheit, dann ist es, dass es schlichtweg nicht stimmt, wenn Sie in der Debatte verfassungsrechtliche und sonstige Bedenken anmelden. Es ist eine Nebelkerze, es ist kompletter Quatsch. Natürlich kann man ein solches Kameraregister irgendwie machen. Und wenn es da irgendwelche Rechtschreibfehler oder sonst was gibt, dann machen wir das an der roten Ampel im Ausschuss – auch kein Problem.

Sie haben hier die Frage gestellt, wieso wir nicht einfach direkt reinschreiben: Kameras verbieten! Ja, das ist auch ganz einfach: Wie sollen wir etwas verbieten, wenn wir überhaupt nicht wissen, wo es steht? Wie sollen wir das machen? Außerdem steht im Berliner Datenschutzgesetz, dass die Kameras nach entsprechenden Regelungen aufgehängt werden müssen. Das kann im Moment nicht überprüft werden. Deswegen fordern wir auch dieses Kameraregister.

Ich kann mich nur für Ihren Hinweis bedanken, dass das für die Überwachungskameras von Religionsgemeinschaften nicht gilt. Ich denke, wir können uns alle an die Berichterstattung, an die deutschlandweite Debatte erinnern und daran, wie kontrovers das Thema Überwachungskameras, die von Religionsgemeinschaften betrieben worden sind, diskutiert wurde. Also, da haben Sie ja wirklich in ein Hornissennest gestochen. Da muss ich schon sagen: Chapeau! Der gesamte Antrag fällt zusammen. Ich könnte jetzt noch was zu Kameras und der Katholischen Kirche sagen und in welchen Situationen die gehalten werden, aber dann werde ich wahrscheinlich gerügt.

Firmen: Ja, jede Firma, die hier in Berlin Handel treibt, die hier Dinge macht, möchte damit bekannt werden, dass sie mit Kameras überwacht und nicht bereit ist zu sagen, an welchen Stellen sie das tut und was da eingesehen wird. Das ist dann auch bestimmt eine super Public Relations.

Und Sie haben, Herr Kohlmeier – aber das sehe ich Ihnen nach – die Kleine Anfrage nur so dargestellt, wie es Ihrer Argumentation dient. Der Innensenat hat in seiner Antwort gesagt, dass es sich bei diesen 11 000 Überwachungskameras nicht um alle Überwachungskameras im Land Berlin handelt, weil man nämlich nicht in der Lage war festzustellen, wie viele Kameras der Senat, die Verwaltung, insgesamt hat. Die anderen Kameras kann man, wie gesagt, nicht angeben, weil es eben kein Kameraregister gibt. Aber das beantragen wir ja an dieser Stelle.

Sie haben mir auch nicht zugehört, weil Sie sich da irgendwelche Sachen im Computer von Herrn Oberg anschauen mussten.

[Sven Kohlmeier (SPD): Mein Computer!]

Das sehe ich Ihnen auch nach. Das zeigt auch, wie sehr Sie dieses Thema interessiert. Das ist Regierung mit Augenmaß. Aber Sie sind ja auch zum Glück nur in der Koalition und nicht in der Regierung, Herr Kohlmeier! – Vielen Dank!

Danke, Herr Kollege Lauer! – Sie wünschen das Wort zur Erwiderung, das erteile ich Ihnen jetzt, Herr Kollege Kohlmeier.

Lieber Kollege Lauer! Es ist leider mein PC, an dem der Kollege Oberg gerade rumtwittert. Ich nehme an, mit dem, was Sie gerade gesagt haben, haben Sie vollkommen recht. – Zweitens: Die Einladung zum Badminton wiederhole ich hier gern noch mal.