Es geht hier um die Verkehrsfinanzierung im öffentlichen Personennahverkehr, um den Antrag der Grünen. Es wird hier immer viel „ist schon erledigt seitens des Senats“ geredet, gerade von meinem Vorredner. Da möchte ich gerne an zwei Punkten deutlich widersprechen:
Der Antrag der Grünen ist an sich inhaltlich kein Problem, unsere Fraktion wird ihn auch unterstützen. Aber die Hausaufgaben wurden seitens des Senats noch nicht gemacht. Wir haben die S-Bahn Berlin GmbH, die die ihnen zustehenden Regionalisierungsmittel in Höhe von 315 Millionen Euro pro Jahr in erhöhten Marktpreisen bei Trassen, Bahnhofsbenutzung und Sonstigem an ihren Mutterkonzern Deutsche Bahn AG weitergeben muss. Das heißt, dass die eigentlich für Berlin gedachten Gelder über die S-Bahn Berlin GmbH – Mutterkonzern DB AG – dort als Gewinn ausgeworfen werden, weil sie halt über die erhöhten Preise rausgeschmissen werden. Das kann man, wenn man sich den S-Bahnvertrag – Verkehrsvertrag Land Berlin / S-Bahn Berlin GmbH – anschaut, durchaus sehen, dass die marktüblichen Preise bis ums Siebenfache überschritten worden sind. Dementsprechend ist hier eine Revision des Vertrags zwischen Land Berlin und S-Bahn Berlin GmbH unbedingt notwendig, um diese Punkte abzudecken. Es kann nicht angehen, dass die 315 Millionen Euro, die gezahlt werden, einfach so weitergereicht werden und dann wir als Land Berlin dem Antrag zufolge – –
Entschuldigung! – Meine Damen und Herren! Ich bitte doch, ein bisschen den Geräuschpegel zu senken und dem Redner zu folgen.
Okay! Dann machen wir mal weiter. Ich hoffe, die Aufmerksamkeit ist gestiegen. – Wie gesagt, diese Gewinnausschüttung, da sollte man doch mal ein ganz ernstes Wort mit dem Bund reden und auch, wie gesagt, den Vertrag revisionieren.
Dann haben wir noch unsere BVG. Die BVG ist mit 850 Millionen Euro Schulden belastet. Der Zinsdienst dafür macht 36 Millionen Euro pro Jahr aus. Da die BVG ein landeseigener Betrieb ist, ist es mehr als recht und billig, dass man diese Schulden in den Landeshaushalt zurücküberführt und dadurch die BVG von diesem Zinsdienst entlastet. Damit ist die BVG auch daher entlastet, weil die ihrerseits im Vergleich zum Land Berlin auch nicht so einen günstigen Zinssatz kriegt. Die zahlt nämlich umgerechnet 3,7 Prozent. Wir haben heute von Vor
rednern bei anderen Tagesordnungspunkten gehört, dass Berlin aktuell für einen Prozentpunkt weniger das Geld geliehen bekommt. Also hier ist schon mal Luft drin. Sollte man nutzen. Wir haben ja ganz viel Geld nicht.
Die Einnahmesituation kann man auch noch verbessern. Da komme ich auf die Geschichte: Einzelfahrschein attraktiver gestalten oder die vom Senat vorgeschlagene City-Tax, deren Einnahmen hier ausschließlich dafür zu verwenden. Das ist zwar bloß ein Tropfen auf den heißen Stein, aber man hat in diesem Zusammenhang erst mal einiges unternommen. Das ist auch vor der Bundesregierung ein besserer Verhandlungsstandpunkt, wenn man sagen kann, wir haben jetzt wirklich alles gemacht, um unsere Finanzierung zu sichern, wir haben alle Mittel ausgeschöpft, wir haben alle Möglichkeiten, wir sind jetzt an unserer Grenze angekommen, auch tatsächlich, dann ist das besser als so, wie man jetzt losmarschiert. Wie gesagt, da ist der Senat in der Schuld und sollte das nachmachen.
Was man noch an landeseigenen Abgaben erheben könnte, da sollte man vielleicht mal nach London gucken oder andere Städte, die so groß sind. Die haben nämlich sogenannte City-Mauts. Wie gesagt, nur drüber nachdenken! Ob man das dann beschließen soll, ist eine andere Sache. Könnte man durchaus Geld mit einbringen.
Ich komme hier auf den Punkt, dass der Antrag der Grünen sachlich okay ist, der Senat aber seine Hausaufgaben – entgegen der anderslautenden Behauptungen der Redner der SPD und CDU – nicht gemacht hat, diese – bitte schön – zu erledigen hat, und zwar zeitnah und unverzüglich, und uns hier nicht mal einen vom Pferd zu erzählen, wie toll und wie prima sie sind. Hier ist nämlich ganz schön was im Salz am Liegen.
Ich komme jetzt zum Schluss und sage meinen letzten Satz: Auch hier ist meine Meinung, dass Veolia hier in dieser Stadt keine weitere Beteiligung halten darf.
Zum Antrag Drucksache 17/0480 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen Grüne, Linke und Piraten – die Ablehnung auch mit Änderung. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Grüne, Linke und Piraten. Gegenstimmen? – Das ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt durch SPD- und CDU-Fraktion.
Tagesordnungspunkt 11 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter 4.4, wenn Sie sich erinnern.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 5. Dezember 2012 Drucksache 17/0725
Auch hier wieder bis zu fünf Minuten pro Fraktion. Es beginnt hier die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Und da ist mir benannt worden Kollege Moritz. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Der geforderte Sachstandsbericht ist sinnvoll, und er übersteigt den Rahmen von Kleinen Anfragen. Das ist Ergebnis der Ausschussberatung. Wir haben es gerade gehört, die Koalitionsfraktionen und Senator Müller sagen natürlich, haben wir schon alles gemacht, denn ein Bericht zum Stand des StEP Verkehr soll Anfang dieses Jahres vorgelegt werden. Solche Berichte stellen meistens den positiven Fortgang der Regierungsarbeiten dar und blenden Defizite und Schwierigkeiten gern aus. Deshalb kann es der Berichtsqualität nur förderlich sein, wenn konkrete Punkte benannt werden, über die detailliert berichtet werden soll.
In der Diskussion ging es natürlich auch um die A 100. Die Positionen sind bekannt. Ich brauche hier nicht noch mal zu betonen, dass Bündnis 90/Die Grünen die A 100 für sinnlos und eine Geldverschwendung halten.
Die Union betont immer wieder die angeblich entlastende Wirkung der A 100. Damit wären wir beim ersten Punkt der flankierenden Maßnahmen aus dem SPD-Beschluss. Danach soll eine Liste erstellt werden, die Durchgangsstraßen aufführt, die zurückgebaut werden sollen. Einzige mir bekannte Straße, die zurückgebaut werden soll, ist ein Teil des Adlergestells. Praktisch sind im betreffenden Abschnitt heute schon nur zwei Fahrstreifen stadtauswärts vorhanden, aber der Widerstand gegen den Rückbau wächst. Aus der SPD und von anderer Seite ist er immer häufiger zu hören: Wir dürfen dort nicht zurückbauen, wir brauchen alle Spuren zur Entlastung der A 113. – Genau hier haben wir das Dilemma. Mit dem Bau der A 113 sind weitere Kapazitäten entstanden, die das Bestandsnetz nicht verkraftet. Das Ergebnis können wir in den Verkehrsnachrichten hören: Stau auf der A 113 oder im Britzer Tunnel. – Der Bau des Wurmfortsatzes der A 100 nach Treptow hilft da überhaupt nichts.
Was ist also zu tun? – Wir müssen den Verkehr verlagern. Die parallel verlaufende S-Bahn bietet sich ei
gentlich an. Aber die S-Bahn ist in der Dauerkrise. Sie lädt die Autofahrer nicht gerade zum Umstieg ein. Wer ist schuld? – Die Bahn und der Infrastruktursenat.
Wenn der BER mal eröffnet wird, entsteht ein verstärktes Verkehrsbedürfnis zum BER. Einer der Hauptzubringer sollte der Flughafenexpress über die Dresdner Bahn werden. Hier bewegt sich seit Jahren nichts. Berlin möchte auf der Strecke einen Tunnel, die Bahn nicht, würde ihn zwar notfalls bauen, aber auf keinen Fall finanzieren. Berlin will auch nichts zahlen. So dreht man sich viele Jahre im Kreis ohne Fortschritt bei der Infrastruktur. Wer ist schuld? – Egal! Die selbsternannten Infrastrukturparteien setzen weiter auf die nächste Erfolgsgeschichte, die A-100-Verlängerung.
In den Medien ist die A 100 durch die neuen Protestaktionen wieder zum Thema geworden, zu Recht. Allerdings gibt es auch eine andere Meldung, nämlich die Verschiebung des Eröffnungstermins, diesmal nicht BER, sondern A 100. Die Grobplanung, die dem Bundesverwaltungsgericht zuging, danach war die Verkehrsfreigabe für Januar 2020 vorgesehen. Senator Müller verkündete kürzlich: Eröffnung Winter 2021/22.
Das kann niemanden wundern. Wir haben es gerade vorher gehabt, das Finanzloch des Bundes im Fernstraßenetat ist riesig. Mit der Entscheidung Ramsauers, aus seinem Sonderprogramm Neubeginner wie die A 100 zu finanzieren, ist es noch größer geworden. Wenn die A 100 ab 2015 aus dem normalen Haushalt finanziert werden muss, werden die Jahresraten kleiner und die Bauzeit länger. Das bedeutet, die 500 Millionen Euro für die A 100 sind über Jahre ohne jegliche Verkehrswirkung gebunden und fehlen beim Lärmschutz oder der Erneuerung bestehender Autobahnen. Noch ist es nicht zu spät, lassen Sie uns an den flankierenden Maßnahmen arbeiten, aber nicht an der A 100! Dafür soll uns der Senat einen aktuellen Bericht liefern. Deshalb stimmen Sie unserem Antrag zu! – Danke!
Danke schön, Kollege Moritz! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Kollege Kreins. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für diese erneute Behandlung des Antrags. Nach Jahrzehnten politischer Debatte, nach jahrelangen Planungsphasen, nach umfangreicher Bürgerbeteiligung, nach Widersprüchen aus der Bürgerbeteiligung, nach Änderung von Planungsphasen, nach Umweltverträglichkeitsgutachten,
nach der Festsetzung durch die Planungsbehörden, nach Gerichtsverfahren und Letztentscheidungen bei Gerichten habe ich manchmal das Gefühl, nach all diesen Prozessen kommen die Grünen immer noch nicht in der Realität an.
Erstens: Die Berlinerinnen und Berliner sind in ihrer Mehrheit für den Bau der A 100. Knapp zwei Drittel sprechen sich nach der letzten mir bekannten Umfrage des Instituts FORSA für den Weiterbau der A 100 aus – zwei Drittel! Es ist schon ein Jährchen her, aber es gibt dazu sicher auch keine neueren Zahlen, zumindest sind mir keine bekannt. Nur 23 Prozent sind gegen den Weiterbau und vertreten Ihre Position. Das ist eine Minderheitenposition – das muss man mal sagen –, das ist eine Minderheitenposition auch in der Stadt.
Ich habe Ihnen diese Umfrage schon vor der Debatte im September unter die Nase gehalten, und auch bei den grünen Wählerinnen und Wählern – das hatte ich Ihnen damals gesagt, und das ist und bleibt auch richtig so – gibt es keine klare Mehrheit gegen diese A 100, selbst bei Ihrer eigenen Klientel. Also hören Sie doch endlich auf, Politik gegen den Willen der Mehrheit der Menschen in dieser Stadt zu machen!
Der Weiterbau der A 100 ist für ein leistungsfähiges Straßennetz in dieser Stadt dringend notwendig. Berlin hatte nicht umsonst in den letzten beiden Jahren das höchste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer. Das hat auch etwas mit der Konzentration der Verkehrsinfrastruktur zu tun.
Das können die Grünen bitte gern mal zur Kenntnis nehmen. Man kann nicht nur immer gegen Wirtschaftswachstum und gegen Arbeitsplätze sein, sondern muss sich auch klar dazu bekennen, und in dieser Stadt ist das dringender denn je.
Ich fand es so spannend, wie Sie gerade die GrünenWerte debattieren wollten, und da wollte ich fragen – ich erinnere mich dunkel an SPD-Parteitagsbeschlüsse –:
Ich schätze es sehr, dass Sie sich um die Partei, um die starke SPD in diesem Land Gedanken machen. Ich erfreue mich daran, dass sich sehr viele Parteien, auch kleinere Parteien, reiben. Die Sozialdemokratie ist die stärkste Kraft in diesem Haus, und sie wird es auch in der nächsten und übernächsten Legislaturperiode bleiben,