Protocol of the Session on December 13, 2012

Ich spare mir jetzt Frank Henkels Rede vom 1. September 2011. Aber so viel sei verraten, Herr Wowereit: So richtig voll scheint er sie auch nicht zu nehmen. Insbesondere hat Berlin die Probleme, die Frank Henkel am 1. September hier vollmundig kritisierte, noch immer: Die S-Bahn – das haben wir gerade von Herrn Müller gehört – hat eine schlechtere Kapazität als vor einem Jahr. Mieten! Gewalt in der Stadt! Nichts hat sich geändert. Gar nichts!

Herr Wowereit! Wo genau gibt man eigentlich Haltung und Rückgrat ab, wenn man diesen Job macht? Wann genau war für Sie der Punkt erreicht, wo Sie gesagt haben: Hauptsache Italien! – und Ihnen die Berlinerinnen und Berliner so egal geworden sind, wie Sie Ihnen heute sind?

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Herr Wowereit! Der Grund, warum Sie mit der CDU koalieren, ist doch klar: Sie wollten im ersten Wahlgang gewählt werden. – Es gibt auch überhaupt keinen anderen rationalen Grund, warum Sie es nicht wenigstens mit den Linken und den Grünen versucht haben. Aufgrund Ihrer Eitelkeit bekommt das links wählende Berlin vor Ihrem Abgang noch mal so richtig schön die Packung von rechts. Wahlrecht für Ausländer – gibt es nicht. Wahlrecht für Jugendliche – gibt es nicht. Besseren Umgang mit Asylbewerbern – gibt es nicht. Mehr Mitbestimmung für die Bürgerinnen und Bürger – gibt es nicht. Gutes Schulessen gibt es auch nicht. Versorgung mit Kitaplätzen – gibt es nicht. Mehr Transparenz im Senat – gibt es nicht. Ein Gesetz für die Offenlegung von Nebeneinkünften gibt es auch nicht. Abschaffung der Funkzellenabfra

ge – gibt es nicht. Abschaffung des Staatstrojaner gibt es auch nicht. Abschaffung von V-Personen – gibt es nicht. Bezahlbares Wohnen für die Berlinerinnen und Berliner gibt es mit Ihrer Koalition auch nicht.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Das alles ist so, Herr Wowereit, weil Sie nur einen Koalitionspartner wollten, der sie im ersten Wahlgang brav wählen sollte. Warum wollten Sie das eigentlich noch einmal machen? Wollten Sie es tun, damit Sie hier aus der ersten Reihe miterleben dürfen, wie Ihnen der BER um die Ohren fliegt oder damit Sie hier aus der ersten Reihe miterleben dürfen, wie Ihnen jetzt die Staatsoper um die Ohren fliegt? Finden Sie es besonders toll, wenn sich Herr Henkel hier in diesem Haus für seine Innenpolitik rechtfertigen muss? Und finden Sie das schön, neben ihm zu sitzen, obwohl Sie – wie gesagt – am 1. September vergangenen Jahres noch einmal ganz überzeugt dargelegt haben, dass er überhaupt nicht die Qualitäten hat, um dieses Amt zu bekleiden?

Es fehlt Ihnen aber nicht nur an Phantasie, linke Politik zu machen. Es fehlt Ihnen auch die Phantasie, überhaupt irgendetwas zu machen. Berlin wird nicht regiert. Berlin wird von Ihnen verwaltet, und zwar schlecht.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wo war er denn, der Herbst der Entscheidungen? Wir haben bald Winter. Sowohl die Piratenfraktion als auch die Berlinerinnen und Berliner fragen sich, was denn bitte entschieden wurde. Da gab es doch gar keine Entscheidungen. Es waren vielmehr Dinge, um die Sie sich in den vergangenen Jahren nicht ordentlich gekümmert haben, wie beispielsweise die Ausschreibung der S-Bahn, die Sie vor sich hergeschoben haben und deswegen eine Entscheidung schnell treffen mussten. Das ist keine Politik. Das ist Flickwerk.

Ich möchte noch ein Wort an die CDU richten: Auf Ihrer Website haben Sie jetzt veröffentlicht, dass Sie für 40 000 neue Jobs in Berlin verantwortlich sind. Sie müssen mir einmal erklären, was Sie vor einem Jahr getan haben, dass jetzt 40 000 neue Jobs entstanden sind. Angesichts der Arbeitslosigkeit in Deutschland und der Welt ist das bestimmt ein Rezept, das auch andere brennend interessiert. Weiter sagen Sie, Sie hätten den Personalabbau bei der Polizei gestoppt. Dazu haben wir gerade den Regierenden gehört. Der sieht das ein bisschen anders. – Sie sagten, Sie hätten die Videoüberwachung ausgeweitet. Das finde ich auch ganz großzügig. Der Regierende sagte dazu: „Das muss eine demokratische Gesellschaft anders lösen.“ Sie sagen, Sie hätten den Polizeipräsidenten ernannt. Das finde ich großartig. Es zählt bei Ihnen schon als Leistung, wenn Sie ein Bewerbungsverfahren

rechtssicher durchführen? Das ist gut. – Sie sagen, Sie hätten die Wasserpreise gesenkt. Hier muss ich Sie enttäuschen. Das war das Kartellamt.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Handyblocker im Gefängnis war eine Sache, die schon seit Jahren anlief. Die Einführung der elektronischen Fußfessel beruht auf einem Staatsvertrag, dem Berlin beitreten musste. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn Sie das nicht getan und dabei gezeigt hätten, wie Sie selbst die rechtliche Grundlage für so etwas setzen. Das wäre mit Sicherheit auch sehr interessant geworden.

Sie investieren in den Technologiepark in Tegel. Liebe CDU! Das Einzige, was im Moment in Tegel parkt, sind die Flugzeuge. – Sie haben das Straßenausbaubeitragsgesetz abgeschafft. Dazu kann ich nur sagen: Bei den ganzen Problemen, die ich hier angesprochen habe und über die wir hier immer in allen Plenarsitzungen geredet haben, ist das Straßenausbaubeitragsgesetz eines der drängendsten Probleme dieser Stadt. Chapeau! Das war sehr gut. Wenn andere Politiker davon sprechen, dass sie noch vier Jahre weiter machen, verbinden die Wählerinnen und Wähler damit eine gewisse Hoffnung und die Perspektive, dass Berlin vier weitere Jahre von Schwarz-Rot regiert wird. Das klingt eher wie eine Drohung. – Frohe Weihnachten!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Sven Rissmann (CDU): Das war alles?]

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Saleh das Wort.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Jetzt wird die Welt richtig schön! – Joachim Esser (GRÜNE): Die Erfolgsgeschichte!]

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Berlin ist in den letzten zwölf Monaten vorangekommen.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Wolfgang Brauer (LINKE): Ah! – Martin Delius (PIRATEN): Ganz allein!]

Wir haben Entscheidungen für diese Stadt getroffen.

[Wolfgang Brauer (LINKE):Sie bekommen den Orden wider den tierischen Ernst!]

Eigentlich können Sie froh sein, dass wir heute über ein Jahr Rot-Schwarz beraten. Stellen Sie sich einmal vor, wir hätten heute ein Jahr Oppositionsarbeit vorzuweisen!

Dann hätte man bei Ihnen heiße Luft und Sie – Sie schmollen noch – würden noch lernen. Das wäre die Konsequenz-

[Beifall bei der SPD und der CDU – Christopher Lauer (PIRATEN): Zum Thema!]

Wir haben für diese Stadt Entscheidungen getroffen. Man muss nicht alles richtig finden. Doch klar ist, dass wir unsere Arbeit für Berlin getan haben.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ein wichtiges Markenzeichen dieser Koalition sind solide Finanzen. Wir haben die Neuverschuldung Berlins in diesem Jahr zweimal gesenkt. Es gibt jetzt die Chance, das Jahr 2012 sogar ohne Neuverschuldung abzuschließen. Das muss man sich einmal vor Augen halten und über den Tellerrand hinausschauen: Berlin wird beim Jahresabschluss 2012 wahrscheinlich besser sein als das reiche Hamburg. Darauf dürfen und darauf werden wir stolz sein.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Das haben die Berliner geleistet, nicht Sie!]

Wir haben ein Kitaausbauprogramm mit bis zu 19 000 neuen Plätzen beschlossen. Wir haben die Hortlücke für die Fünft- und Sechstklässler geschlossen. Wir haben die Schulsanierung auf 64 Millionen Euro verdoppelt. Berlin war wieder im Exzellenzwettbewerb erfolgreich. Wir haben Berlin mit der Kooperation von Charité und MaxDelbrück-Zentrum weiter gestärkt. Berlin ist Standort für Forschung und für Gesundheit.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Kurzum: Wir haben Bildung und Wissenschaft in Berlin weiter gestärkt. Das war, das ist und das bleibt eine der wichtigsten Prioritäten dieser Koalition und dieses Senats.

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt in diesem Jahr ist die Daseinsvorsorge. Wir kaufen den RWE-Anteil an den Berliner Wasserbetrieben zurück. Damit gehen wir den Weg, den die Berlinerinnen und Berliner gewollt haben. Das zeigt, wir haben Pragmatismus vor Ideologie gestellt. Wir haben bürgernah regiert.

[Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) Das stimmt nicht!]

Zur Erinnerung¨– das will ich betonen –: Die Opposition hat gegen den Wasserrückkauf gestimmt.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Uwe Doering (LINKE): Immer sauber formulieren!]

Hören Sie auf zu schmollen, und kommen Sie zur Sacharbeit zurück – bitte!

[Beifall bei der SPD]

Wir haben die Preise für Frischwasser gesenkt.

[Uwe Doering (LINKE): Wo denn? – Unruhe]

Die Linkspartei hat kritisiert, dass die Wasserpreise nicht monatlich, sondern mit einer Gutschrift gesenkt werden. Das kann man zu Recht kritisieren.

[Uwe Doering (LINKE): Was reden Sie denn? Sie zahlen zwar zurück, senken aber nicht die Preise!]

Zur Wahrheit gehört, dass die Wasserpreise unter einem linken Wirtschaftssenator nur gestiegen sind. Jetzt sinken Sie.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Unruhe bei den GRÜNEN und bei der LINKEN]

Wir haben mit Berlin-Energie die Weichen für mehr Einfluss bei den Stromnetzen gestellt. Wir haben ein Gesetz zur Gründung von Stadtwerken eingebracht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Saleh?

[Wolfgang Brauer (LINKE): Können Sie sich überhaupt noch schämen?]

Nein! – Der Kollege Harald Wolf hat gefordert, dass wir beim Stadtwerk ein besseres unternehmerisches Konzept vorlegen sollen. Bei allem Respekt über die Leistungen von Herrn Wolf kann ich nur sagen, dass gerade Sie zehn Jahre dafür Zeit hatten, um Konzepte dafür vorzulegen.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Unruhe bei der LINKEN – Martina Michels (LINKE):Unverschämt! ]

Diese Regierung schafft eine –