Protocol of the Session on December 13, 2012

Bildung braucht Bewegung

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sport vom 23. November 2012 Drucksache 17/0686

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0378

Auch hier gibt es wieder bis zu fünf Minuten Redezeit pro Fraktion. Es beginnt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kubala, der ich jetzt das Wort erteile

[Beifall bei den GRÜNEN]

und von der ich vermute, dass sie ihre letzte Rede halten wird. – Bitte schön!

Ja, Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist meine letzte Rede! – Ich möchte trotzdem ein paar Worte zu dem Antrag sagen, der hier vorliegt – so viel Zeit muss sein. Ich finde es schön, dass es auch einmal ein Sportantrag auf die Prioritätenliste geschafft hat. Leider ist der grüne Ursprungsantrag wieder nur in geänderter Form mit Mehrheit durchgekommen. Aber das kennen wir ja aus der Oppositionspolitik: Wenn es konkreter wird, steigt die Koalition gern aus. Man setzt sich nicht so gern anspruchsvolle Ziele, betont lieber das schon Geschaffte.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Das ist auch mit dem Antrag so passiert. Konkrete Forderungen, wie wir sie mit dem Landesprogramm hatten, flächendeckende Sport- und Bewegungsangebote zu schaffen und Unterrichtsmaterialien für Bewegung in Schulen zur Verfügung zu stellen, sind leider weggefallen. Mehr Bewegung in den Schulen zu fördern oder bewegende Unterrichtsformen einzuführen, ist leider auch weggefallen. Aber: Der gute Wille zählt, und immerhin ist die Überschrift geblieben. Das wollen wir positiv anmerken!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Bildung braucht Bewegung. Politik braucht auch Bewegung. Deswegen ist das heute meine letzte Rede, meine Abschiedsrede. Ich werde zum Jahresbeginn in BadenWürttemberg neue Aufgaben als Dezernentin – das wird da Bürgermeisterin genannt – für Umwelt, Bürgerservice und technische Betriebe in Mannheim annehmen. Ich freue mich schon sehr auf diese Aufgabe.

Es ist auch eine gute Zeit, sich nach elf Jahren einmal aus dem Parlament herauszubewegen und etwas Neues anzufangen. Sie können mir glauben: Ich werde zum Ende keine guten Ratschläge verteilen. Hier sitzen so viele erfahrene Politiker und Politikerinnen. Auch die große Abrechnung zum Schluss ist nicht mein Ding. Es wird wahrscheinlich ein milde-kritischer Blick in der Gesamtbetrachtung.

Elf Jahre sind eine relativ lange Zeit, auch Lebenszeit. Wir haben in den Ausschüssen immer viel um Positionen gestritten, auch aus der Opposition heraus, auch ich – meistens mehr im Umweltausschuss und eher weniger im Sportausschuss. Ich muss sagen, die politische Arbeit im Parlament und in den Fachausschüssen war trotz heftiger, auch kontroverser Diskussionen und Auseinandersetzungen überwiegend respektvoll und kollegial. Hin und wieder, wenn auch sehr, sehr selten ist es gelungen, auch einmal ein gemeinsames Projekt auf den Weg zu bringen. Ich denke nur an die Abfallpolitik. – Schade, der Kollege Buchholz ist heute nicht da! Mit dem habe ich so manchen Strauß ausgefochten.

An die guten menschlichen Begegnungen, häufig natürlich in Verbindung mit Ausschussfahrten, denke ich auch sehr gern. Sehr gerne denke ich da an den gemeinsamen Geist von Amsterdam. Die, die dabei waren, wissen, worum es geht – dass die Umweltpolitiker und -politikerinnen einmal richtig friedlich beieinandersitzen.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Diesen Geist wünsche ich dem Haus viel häufiger!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn ich zurückblicke, sind die Themen, die wir hier gemeinsam beraten und diskutiert haben und zu denen es Rederunden gab, immer von unterschiedlicher Bedeutung gewesen. Jeder nimmt sie natürlich auch in seiner persönlichen Bedeutung unterschiedlich wahr. Für mich als Berlinerin waren eigentlich immer die Rederunden von besonderer Bedeutung, die sich mit der neueren deutschdeutschen Geschichte befasst haben. Ich denke da an die Reden zum 17. Juni, zur Verleihung von Ehrenbürgerwürden oder auch zu Denkmälern. Es waren häufig geschichtliche Themen, die wir gemeinsam diskutiert haben, wo wir unterschiedliche Positionen ausgetauscht haben, die mich besonders berührt haben, bei denen ich viel gelernt habe und die ich mitnehme aus dem Parlament.

In diesen Rederunden ist mir häufig auch bewusst geworden, wie richtig ich in meiner grünen Fraktion bin – und auch nur in dieser.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Und dann gab es natürlich auch Themen, über die man monatelang beraten hat, die immer wieder auf der Tagesordnung standen – ich denke da nur an die S-Bahn –, wo sich eigentlich nicht wirklich was richtig bewegt oder zu wenig bewegt hat, wenn man bedenkt, wie häufig sie auf der Tagesordnung standen.

Ich möchte aber auch sagen, dass ich es immer als ein großes Privileg empfunden habe, als gewählte Abgeordnete neben meinen Fachthemen auch an der Meinungsbildung mitzuwirken, an den Themen, die gesamtgesellschaftlich auf der Tagesordnung stehen, politische Entscheidungen zu treffen, aus der Opposition, aber für Berlin. Das habe ich immer als ein großes Privileg empfunden, und das nehme ich auch aus dem Parlament mit.

[Beifall bei den GRÜNEN]

2001 bin ich, nachdem die große Koalition auseinandergebrochen ist, ins Abgeordnetenhaus gekommen. Vorher war ich 13 Jahre in der Berliner Verwaltung tätig, dann bin ich ins Parlament gewechselt. Das war ein Seitenwechsel, der für mich auch sehr wichtig war – auch mal die andere Seite kennenzulernen, den Blickwinkel zu verändern, auch Verständnis für die Verwaltung zu haben. An dieser Stelle möchte ich mich ganz, ganz herzlich bei der Verwaltung bedanken, bei allen Menschen, die hier den Betrieb aufrechterhalten, sodass wir Politik machen können. Bei denen, die im Eingangsbereich den Eingang bewachen und bei denen, die in der Verwaltung die Ausschussarbeit organisieren. An alle einen ganz herzlichen Dank, das habe ich sehr zu schätzen gewusst, auch als ich fünf Jahre Ausschussvorsitzende war. Dafür möchte ich mich bei der Verwaltung ganz herzlich bedanken!

[Beifall]

Mein Umweltthema werde ich natürlich mit nach Mannheim nehmen, und Sie können glauben, das sind dort die gleichen Themen wie hier: Umweltzone, Feinstaub, die Sauberkeit in den Straßen, die Bundesgartenschau. Das sind alles ähnliche Themen wie jene, die wir hier behandeln. Ich denke, ich bin durch meine Arbeit im Parlament sehr gut für den Mannheimer Gemeinderat gewappnet. Die Erfahrungen, die ich hier sammeln konnte, kommen mir da ganz sicher zugute. Sie können aber auch sicher sein, wenngleich ich mich in Mannheim voll einbringen werde und da auch in den nächsten acht Jahren meinen Lebensmittelpunkt haben werde – für acht Jahre bin ich gewählt –: Ich werde meine Heimatstadt Berlin immer im Auge haben. Ich werde im Auge haben, was hier politisch passiert. Mannheim ist ja nicht so weit weg, fünf Stunden mit dem ICC

[Allgemeine Heiterkeit und Beifall]

ein schöner Versprecher zum Abschluss –, fünf Stunden mit dem ICE! Bleiben Sie gesund, bleiben Sie in Bewegung, alles Gute – und tschüss!

[Anhaltender Beifall]

Liebe Kollegin Kubala! Sie haben gemerkt: Das Präsidium hat die Zeit für Sie mal nicht angehalten. Ich finde, es gehört sich so, dass jemand nach elf Jahren Tätigkeit das Recht haben soll, über fünf Minuten hinaus zu reden.

Es folgt, wie ich weiß, am Ende der Sitzung noch eine kleine Würdigung durch den Präsidenten dieses Hauses, aber ich möchte Ihnen schon jetzt im Namen des Hauses herzlich Dank sagen für elf Jahre tolles Mitwirken in diesem Hause. Ich wünsche Ihnen persönlich und auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen hier oben alles Gute, beruflich und für Ihre Zukunft, bleiben Sie gesund und in Bewegung!

[Beifall]

Jetzt geht es weiter in der Tagesordnung. Der Kollege Buchner von der SPD-Fraktion steht bereit, und ich erteile ihm das Wort. – Bitte sehr!

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Fragen Sie mal, wo Frau Scheeres ist!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Kubala! Das war nun also Ihre – vorerst, man soll ja nie nie sagen – letzte Rede im Abgeordnetenhaus, dem Sie seit 2001 angehören. Im September wurden Sie vom Gemeinderat in Mannheim zur Bürgermeisterin für Umwelt und Bürgerdienste gewählt, das Amt treten Sie im Januar an. Ich wünsche Ihnen – sicher auch im Namen aller Kolleginnen und Kollegen – viel Erfolg und eine glückliche Hand bei Ihren neuen Aufgaben! Eine kleine Bemerkung am Rande: Es ist ja eine rot-grüne und von weiteren kleinen Parteien unterstützte Regierung in Mannheim – vielleicht berichten Sie den Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion ja, wie angenehm das Regieren auch unter einem sozialdemokratischen Oberbürgermeister sein kann.

[Beifall bei der SPD – Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Welcher Oberbürgermeister?]

Ich möchte mich allerdings auch noch ganz herzlich für unsere Zusammenarbeit im Sportausschuss bedanken. Man kann nicht immer einer Meinung sein, aber ich finde schon, dass wir das gemeinsame Ziel hatten, den Sport in Berlin voranzubringen.

Das gilt übrigens auch bei dem Antrag, über den wir heute befinden und dessen Ursprungsfassung, das haben

Sie richtig gesagt, von der grünen Fraktion kam. Wir haben ihn allerdings nicht aus böser Absicht verändert, sondern einfach deshalb, weil wir nicht immer alles in Anträgen neu beschließen müssen, was schon gemacht ist. Auch ein Landesprogramm, wie es extrem oft in Oppositionsanträgen gefordert wird, ist nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Dennoch haben wir, und das zeigt die Gemeinsamkeit, diesen Antrag anschließend gemeinsam, einstimmig, bei Enthaltung der Linken, beschlossen. Wir haben ihn auch verändert, weil deutlich werden sollte, dass Berlin in Sachen Sport und Bewegung auch im bundesweiten Vergleich schon jetzt ziemlich weit ist. Der Schulsportbericht stellt uns ein gutes Zeugnis aus. Sport ist in Berlin fester Teil des Unterrichts, und die dritte Sportstunde steht bei uns nicht nur auf dem Papier, sondern sie wird auch von gut ausgebildeten Lehrkräften erteilt. Etwas Nachholbedarf haben wir noch an den Grundschulen. Das zeigt auch der Schulsportbericht. Dort arbeiten zwar ausreichend Sportlehrerinnen und Sportlehrer, und trotzdem wird Sport häufig noch fachfremd erteilt, und daran müssen wir sicherlich noch arbeiten.

Wir stehen nicht nur im klassischen Sportunterricht gut da, sondern mit Unterstützung von Landessportbund und Sportjugend bringen wir bereits seit 1993 den Sport noch stärker an die Schulen. Das hat sich nach Unterzeichnung einer Rahmenvereinbarung im Jahr 2004 noch weiter verstärkt. Heute sind über 450 Übungsleiterinnen und Übungsleiter aus den Vereinen in den Berliner Schulen unterwegs. Vor allem bei den integrierten Sekundarschulen sind schon jetzt mehr als 40 Prozent der ISS dabei, die mit Vereinen kooperieren, um zusätzliche Sport- und Bewegungsangebote in den Ganztagsbetrieb zu bringen. Und das übrigens, obwohl das Programm erst in den letzten zwei, drei Jahren so richtig Fahrt aufgenommen hat. Unser Ziel ist klar: Wir wollen die Kooperation von Schulen und Sportvereinen verstetigen, mit dem klaren Ziel, abwechslungsreiche Sportangebote, mehr Bewegung und Gesundheit für die Kinder zu erreichen und das Interesse am lebenslangen Sporttreiben möglichst früh zu wecken.

Es geht aber auch darum – und auch das zeigt der Antrag –, in Schulen eine Umgebung zu haben, in der es Spaß macht, sich zu bewegen. Das muss eben nicht nur die klassische Schulturnhalle sein, sondern das ist auch der Schulhof oder ein Schulgelände, das dazu einlädt, sich zu bewegen. Mit der Verdoppelung des Schul- und Sportstättensanierungsprogramms durch die Koalition von SPD und CDU ergeben sich für die Bezirke eben auch in diesem Bereich Möglichkeiten, voranzukommen.

Bewegung fordert bekanntlich die Konzentration – deswegen scheint die Bewegung hier im Raum offensichtlich auch dazu zu dienen, die Konzentration wieder herzustellen.

[Beifall von Anja Schillhaneck (Grüne)]

Sie ist aber besonders bei Kindern ein Grundbedürfnis, das ausgelebt werden muss. Es geht dabei nicht nur um eine Frage des Seins, sondern es geht auch um die Frage des Bewusstseins. Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer lernen in ihrer Ausbildung, wie man mit gezielten Bewegungsanreizen die Lernerfolge von Kindern verbessern kann. Wir müssen ihnen Mut machen und die Umgebung schaffen, dieses Erlernte noch häufiger anzuwenden.

Abschließend noch einmal: Wir sind ganz gut da, wo Kitas und Schulen direkt auf Kinder einwirken können, sich zu bewegen. Aber die sogenannten bildungsfernen Elternhäuser sind leider oft auch die bewegungsarmen Elternhäuser. Insbesondere deshalb lohnt es sich, die Kooperation von Schulen und Sportvereinen, übrigens auch von Kitas und Sportvereinen, weiter zu stärken. So können wir gemeinsam dafür sorgen, dass gerade die Kinder den Weg in den Sport und die Bewegung finden, die den Spaß daran zu Hause nicht vorgelebt bekommen. Dabei unterstützen uns die Tausenden Ehrenamtlichen in den Sportvereinen. Das ist ein Engagement, das wir als Politiker nicht kaufen können.

Sie müssen bitte zum Ende kommen!

Das kann man auch nicht ersetzen, und dafür möchte ich mich bei den Ehrenamtlichen im Sport herzlich bedanken. Sie tragen im wahrsten Sinne des Wortes dazu bei, dass sich in Berlin etwas bewegt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Anja Schillhaneck (Grüne)]

Vielen Dank, Herr Kollege Buchner! – Für die Fraktion Die Linke hat die Kollegin Frau Dr. Hiller das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bewegung liegt in unserer Natur. Die Berliner Schule vernachlässigt diese Binsenweisheit. Und deshalb bedauere ich auch, dass Frau Scheeres jetzt nicht zuhört, denn ein paar Sachen würde ich ihr schon gerne mit auf den Weg geben. Bewegung hat im Wettstreit mit so vielen anderen Herausforderungen und Tätigkeitsfeldern in der Schule einen schweren Stand. Und das, obwohl der Schultag immer größere Teile des Alltags unserer Heranwachsenden dominiert. Der Ursprungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen hatte diesen Anspruch auf Veränderungen. Ein Aktionsplan wurde gefordert, mehr Bewegungsformen im

weitesten Sinne des Wortes sollten Einzug in die sich verändernde Schule halten.