Sehr geehrter Herr Esser! Interpretiere ich Ihre Aussagen richtig, dass Sie damit dafür plädieren, den Weiterbau des Flughafens zu stoppen und Arbeitsplätze und weitere wirtschaftliche Entwicklungen in der Region damit anzuhalten?
Wunderbar! Ich sehe, Sie können dem Aufbau der Rede folgen. Denn der nächste Satz war: Was bedeutet das, wenn sich Politiker von SPD und CDU hinstellen
und uns fragen: Wollen Sie nicht, dass der Flughafen zu Ende gebaut wird und die Anrainer vor Lärm geschützt werden?
Doch, das wollen wir! Dafür würden wir auch in den sauren Apfel der 444 Millionen Euro beißen, soweit das unvermeidlich geworden ist. Aber das Ansinnen, Herr Dietmann, gleichzeitig als Blutspender für die Verursacher, die Herren Wowereit und Schwarz, tätig zu werden, dieses Ansinnen weisen wir mit Entschiedenheit zurück. Deren Lohnfortzahlung steht nicht auf unserer Prioritätenliste.
In dieser Aussage steckt bei aller Polemik auch ein Angebot – das Angebot, darüber zu reden, wie wir in Berlin aus dieser politischen Krise, die das Ansehen der Stadt in ganz Deutschland und im Prinzip in der ganzen Welt, wo das aufgefallen ist, schädigt, herauskommen. Denken Sie darüber nach, lassen Sie uns darüber gemeinsam reden!
Vielen Dank, Herr Esser! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Schneider. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Wir räumen hier heute eine problematische, aber erneut eine Großbaustelle ab. Und das machen wir alleine ohne die Opposition.
Ich stelle zunächst erst mal mit Blick auf die Aktuelle Stunde fest, die grüne Strategie der Abwahl des Geschäftsführers ist im Abgeordnetenhaus und im Bundestag gescheitert.
Einzelpersonen so zu benennen, zu exponieren, namentlich, das finden wir unangemessen, und fachlich ist das sowieso zweifelhaft, mitten im Betrieb Herrn Schwarz auszuwechseln. Also das hätten Sie sich sparen können.
Zweitens: Die Grünen haben sich mit ihrer strategischen Vorgabe der Fraktionsspitze verrannt und isoliert, hier herumzurennen und sogar objektiv eine andere Wahrnehmung vom Fertigstellungszustand zu haben, wie das
in der Zeitung nachzulesen ist. Da ist Ihnen die gesamte Opposition von der Fahne gegangen. Das ist nur eine Eskalationsstrategie. Die kann nicht verfangen. Auch dass Sie bereits Schlussfolgerungen ziehen, bevor die Fraktionen ein abschließendes Bild ermittelt haben, damit stehen Sie im Haus allein.
Wir jedenfalls – und deswegen reden wir heute über den Haushalt – haben die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Verzögerung, Frau Kollegin Pop, verstanden, und wir übernehmen auch die politische Teilverantwortung dafür. Wir haben auch verstanden, dass wir verlorenes Vertrauen zurückerarbeiten müssen. Das hat sogar der Regierende Bürgermeister hier schon gesagt.
Was aber die Opposition nicht verstanden hat, das ist, die Bevölkerung will trotz der Verspätung diesen Flughafen. Die Menschen haben Anspruch auf besseren Schallschutz, den die Koalition möchte.
Ganz Ostdeutschland braucht diesen Flughafen; bekommen, Frau Pop, kann man den Flughafen aber nur, wenn man heute die Kraft hat, im Haushalt nachzuschießen.
Ich räume ja ein, so wie ich das vom Kollegen Esser nicht anders erwartet habe, haben Sie natürlich heute hier das Gewinnerticket, das ist doch klar. Wenn man sich hier hinstellen und einen Unfall verteidigen muss, dann ist man immer zweiter Sieger.
Aber zum Haushalt selbst haben Sie sich überhaupt nicht erklärt. Sie erschöpfen sich in skandalierendem Rumschreien. Ich will deshalb zum Haushalt auch einiges sagen.
1,2 Milliarden Euro sind der Finanzierungsbedarf dieses Flughafens. – Frau Pop! Ich kann Sie leider nicht verstehen. Wenn Sie es vielleicht noch mal sagen, ich höre Ihnen gern zu.
[Ramona Pop (GRÜNE): Ein Unfall und keine Erfolgsgeschichte? Und wer saß beim Unfall eigentlich am Steuer?]
Ach so, gut, das habe ich verstanden! Wer saß eigentlich am Steuer? – Also 1,2 Milliarden Euro sind der Nachschussbedarf im Flughafen BER. Wir wissen inzwischen, dass der Berliner Anteil an den Verzögerungskosten 110 Millionen Euro beträgt. Darüber reden wir hier. Dieses Geld, meine Damen und Herren von der Opposition, diese 110 Millionen Euro sind klagebefangen. Wer dafür die Verantwortung trägt, werden die Gerichte ent
scheiden. Ich finde es ziemlich problematisch, wenn Sie hier der Gewaltenteilung Hohn sprechen, indem Sie diesem Prozess vorgreifen.
Das können Sie politisch bewerten, selbstverständlich! – Es ist doch so, 250 Millionen Euro werden wir aus Steuermehreinnahmen, die wir erzielt haben, in die Hand nehmen, um diesen Nachtragshaushalt zu bestreiten. Wir werden 109 Millionen Euro aus Bürgschaftsrückflüssen in die Hand nehmen und 55 Millionen Euro aus Zinsersparnissen. Es ist vom Kollegen Esser bereits angesprochen worden, im Verfahren bilden wir eine Haushaltsrücklage, das heißt, wir werden die zukünftigen Haushalte nicht belasten müssen, und das heißt zweitens, es gibt nicht den von der Opposition herbeigerufenen Persilschein, sondern einen kontrollierten Mittelabfluss. Das ist etwas völlig anderes als das, was Sie hier in den Raum stellen.
Wir haben im Übrigen – ich verstehe Sie erneut nicht, Frau Pop – die Absicht, heute – dazu haben Sie sich leider nicht verhalten – die Nettokreditaufnahme um 406 Millionen Euro abzusenken. Das ist sicherlich nicht Verdienst der Opposition – deswegen haben Sie sich dazu auch nicht verhalten –, sondern das ist Verdienst dieser Koalition und auch Ausdruck unserer Stringenz der Haushaltskonsolidierung.
Kollege Schneider! Sie sprachen soeben davon, dass Sie keinen Persilschein ausstellen, sondern die Kontrolle des Mittelabflusses gewährleistet sei. Jetzt erklären Sie mir doch mal kurz, wer diese Kontrolle denn hier im Parlament ausüben wird, wo der Senat die Kontrolle des Mittelabflusses in der Hand hat und damit die Gleichen, die auch im Aufsichtsrat sitzen.
Frau Pop! Nehmen Sie es nicht persönlich, aber ich dachte immer noch, Sie würden diesem Parlament angehören.
Also wir nehmen unsere Aufgabe der Kontrolle jedenfalls ernst. Ich weiß nicht, wie Sie das in Zukunft definieren.
Denn Sie haben darauf nicht geantwortet. Aber ich versuche es mal anders: Wie wollen Sie denn die Mittelabflüsse kontrollieren?