Protocol of the Session on November 8, 2012

Denn Sie haben darauf nicht geantwortet. Aber ich versuche es mal anders: Wie wollen Sie denn die Mittelabflüsse kontrollieren?

Sind Sie fertig?

[Martin Delius (PIRATEN): Ja!]

Ich glaubte, nach einem Jahr wissen Sie, wie Sie Ihre Kontrollfunktion in diesem Parlament ausüben.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Also wir arbeiten jedenfalls in den Ausschüssen. Ich räume ein, ich kenne mich mit dem Liquid Feedback nicht so aus,

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie kennen sich mit vielen Sachen nicht so aus!]

aber wir wissen, wie wir im Parlament kontrollieren und unsere Arbeit ausführen.

[Zuruf von Martin Delius (PIRATEN)]

Da habe ich gar keinen Zweifel.

Ich möchte noch auf zwei Aspekte zu sprechen kommen, da wir hier Haushaltsberatungen miteinander abhalten. Gestern im Hauptausschuss sind ja diverse Anträge gestellt worden, z. B. haben die Kollegen der Piraten beantragt, zum Schulessen nachzusteuern, nachzuschießen.

Dazu habe ich Ihnen gestern bereits im Hauptausschuss erklärt, das machen wir nicht aus der Hüfte. Die Koalition hat dieses Thema auch nicht erst verfolgt, seitdem es in der Zeitung steht, sondern das steht unseretwegen in der Zeitung, weil wir da nachgefasst und nachgehalten haben, weil die Senatorin da ein Gutachten veranlasst hat. Daraus werden wir unsere Ableitungen vornehmen und – da können Sie sicher sein – unserer Rolle als Gesetzgeber hier im Plenum auch gerecht werden. Da brauchen wir keine Schnellschüsse aus der Hüfte. Das ist das Eine, das ich hier klar ankündigen möchte.

Zweitens: Es gab auch noch diverse – –

Würden Sie noch eine weitere Zwischenfrage zulassen?

Ja, na klar!

Bitte, Herr Claus-Brunner!

Herr Abgeordneter Schneider! Ich frage Sie noch zu einer anderen Sache: Nach Zuschuss der Steuergelder im Flughafenbau BER, wie weit ist da an eine Hinzuziehung dritter Parteien, sprich Investoren privater Seite, gedacht worden, und wie weit ist da die Planung vorangeschritten?

Ja, also, tut mir leid, ich bin jetzt nicht der im Aufsichtsrat Sitzende oder der Geschäftsführer. Vielleicht kann ich Ihnen aber behilflich sein, mal einen Termin mit Kollege Schwarz zu verabreden, dass Sie sich dann mal in die Tabellen und Formeln vertiefen. Das ist jedenfalls nichts, was ich Ihnen hier beantworten kann. Ich kann Ihnen nur eines beantworten: Ich finde es bemerkenswert, dass wir hier über diese Dinge reden müssen, dass wir hier solch eine Kraft aufbringen müssen, währenddessen die Bundesregierung sich scheinbar hier – bisher jedenfalls – ihrer Verantwortung noch nicht gestellt hat, aber da geht es ja um dieselbe Frage: Kann man also eine natürliche Person aus einem Unternehmen drängen, kann man politisch erpressen, bevor man seiner Verantwortung für Ostdeutschland gerecht wird? Dazu habe ich mich aber, glaube ich, erschöpfend verhalten.

Also zweitens wurde beantragt, die Wohnungsbauförderung um 100 Millionen Euro zu erhöhen. Das ist genauso ein Schnellschuss aus der Hüfte, der symbolisieren soll: Nur wer für diese 100 Millionen ist, der ist auch für Abfederung im Mietenbereich. – Das wäre so, als würde ich

der Opposition vorwerfen: Weil Sie unserem Haushalt nicht zustimmen, sind Sie gegen Schallschutz. – Eine solche Argumentation ist natürlich in sich unschlüssig, wie freilich wir sie uns hier noch anhören dürfen.

[Heiko Herberg (PIRATEN): Vielen Dank dafür!]

Ach, das wollten Sie sagen! Habe ich Ihnen vorgegriffen?

[Zuruf von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Drittens werden wir heute über einen Antrag zu befinden haben, und ich hoffe, zumindest in diesem Punkt im Haus auf Konsens zu stoßen. Die Koalition hat gestern vorgeschlagen, das System der Stadtteilzentren, das allen Bezirken in gleicher Weise zugute kommt, zu stärken, da einen weiteren Millionenbetrag zur Verfügung zu stellen. Und das haben wir beschlossen. Ich war ein bisschen irritiert, dass es da keine Einstimmigkeit gegeben hat.

Ich will das zusammenfassen. Es ist für uns, für die Koalition – –

[Uwe Doering (LINKE): Viel hast du bis jetzt nicht gesagt!]

Ich glaube, ich habe mehr gesagt, als Märchenstunden abzuhalten, lieber Kollege Doering!

Ich will es zusammenfassen: Es ist keine einfache Situation, mit diesen Dingen verantwortungsbewusst umzugehen. Aber das nur zu persiflieren, ohne eine ernsthafte Ansage zu machen oder sich zur Verantwortung zu bekennen, Herr Esser, dann bleibt Ihr Schlusssatz nur eine Worthülse, nämlich das Versprechen, Sie würden sich Ihrer Verantwortung irgendwann einmal stellen. Irgendwann ist zu spät. Das erinnert mich in vertrackter Weise an Ihre Haltung zum Standort Sperenberg, als Ihnen der Schutz der Lurche wichtiger war als der Schallschutz für die Menschen in Berlin. Ich sage Ihnen: Wir haben die Kraft, auch solche Dinge zu bewältigen. Wir werden der Verantwortung gerecht werden. Wir werden auch schauen, wie sich die Privaten, die gebaut haben, am Ende ihrer Verantwortung stellen. Nur: Das müssen Sie bitte den Gerichten überlassen und nicht hier im Vorfeld mit Witzchen belegen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Schneider! – Für die Linksfraktion hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Schmidt das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist schon ein ungewöhnlicher

Vorgang, wenn das Parlament nicht einmal fünf Monate nach Verabschiedung des regulären Haushaltsplans erneut sein Budgetrecht wahrnehmen und einen Nachtragshaushalt beschließen muss. Manche machen es sich einfach – auch Sie, Herr Schneider –, und behaupten, dieser Vorgang diene eigentlich nur der Nachfinanzierung des Flughafendebakels. Eine solche Verkürzung dient dazu, einfache Feindbilder aufzubauen: Wer für den Nachtrag ist, will den Flughafen, wer dagegen ist, will ihn offensichtlich nicht. – So einfach machen wir es Ihnen aber nicht, denn ein Nachtrag zum Haushaltsplan muss, wie jeder reguläre Haushalt, erstens dem Anlass gerecht werden, aus dem heraus er aufgestellt wird, zweitens die finanzpolitischen Spielräume ausmessen und der politischen Schwerpunktsetzung dienen, und drittens in seiner Art der Beratung dem Gegenstand angemessen sein.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Zur ersten Anforderung: Dieser Nachtragshaushalt soll und muss 444 Millionen Euro für die Fertigstellung des Flughafens bereitstellen. Das Land, die Region braucht einen funktionsfähigen Flughafen – und zwar schnell. In den Erläuterungen steht, dass mit diesem Geld Risikovorsorge betrieben wird, Kosten für Bauverzögerungen beglichen, zusätzliche Baumehrkosten finanziert und auch Geld für den erweiterten Lärmschutz bereitgestellt werden. Das wir dafür einen Nachtrag brauchen, wussten wir schon im Sommer, schon während der Beratungen zum Doppelhaushalt.

Als die Eröffnung des Flughafens verschoben und wenig später die Lärmschutzauflagen aus dem Planfeststellungsverfahren in aller Klarheit bestätigt wurden, war zunächst unklar, welche Kosten auf das Land und die anderen beiden Gesellschafter zukommen würden. Das Parlament und der Hauptausschuss wurden auf den Herbst vertröstet. Dann würden schon Zahlen vorliegen. Es ist Herbst, und es liegen Zahlen vor – oder sollte ich besser sagen, eine Zusammenfassung von Zahlen unter vier Oberbegriffen? Oder noch zutreffender: ein Rundumblankoscheck? Offen ist, wofür es gebraucht wird und wie es fließen soll: als Darlehen oder als Kapitalzuführung. Natürlich kann man noch nicht auf den letzten Cent bestimmen, welche Folgerungen und Forderungen sich aus der verzögerten Inbetriebnahme ergeben werden. Unvorhergesehenes kann immer passieren, auch wenn nicht alles Unvorhergesehene tatsächlich unvorhersehbar war. Aber eines ist doch wohl klar: Die nachgeschossenen Gelder müssen dazu verwendet werden, dass der Lärmschutz für die Anwohnerinnen und Anwohner gesichert wird – und zwar in vollem Umfang des Planfeststellungsbeschlusses,

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

wie er auch durch das Oberverwaltungsgericht bestätigt worden ist. In vollem Umfang, ohne Rundungstricks, auf

höchstem Schutzniveau, und nicht Lärmschutzmaßnahme light, wie Sie es gesagt haben, Herr Schneider.

Wir haben gestern im Hauptausschuss beantragt, dies durch eine verbindliche Erläuterung zu sichern. Aber selbst das, werte Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, haben Sie abgelehnt. Sie wollen die Hintertür für im wahrsten Sinne des Wortes schmutzige Spielchen für die berechtigten Anliegen der Betroffenen offen lassen. Aber das ist mit uns nicht zu machen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Hier geht es eben nicht nur um Knete oder wirtschaftliche Erwägungen, hier geht es um das Wohl und Wehe von Zigtausenden Bürgerinnen und Bürgern der Region. Das finanzpolitische Ziel – erste Anforderung – ist formal erreicht, das sozial- und gesundheitspolitische aber klar verfehlt.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Michael Schäfer (GRÜNE)]

Zur zweiten Anforderung: Die Finanzierung des Mehraufwandes ist durch Steuermehreinnahmen, die in diesem Jahr sprudeln, ohne weitere Verschuldung möglich geworden. Gott sei Dank, da haben wir Glück gehabt. Aber wie wir gestern im Hauptausschuss erfahren haben, liegen die Steuermehreinnahmen um mehr als 600 Millionen Euro höher als noch im Juni im Statusbericht behauptet. Einmal davon abgesehen, ob diese Explosion wirklich unter „unvorhersehbar“ fällt, ist das eine glänzende Gelegenheit, um die Justierung der Finanzpolitik auf den Prüfstand zu stellen, Linien zu hinterfragen, politische Schwerpunktsetzungen zu dokumentieren und zu materialisieren. Ist diese Chance ergriffen worden? – Mitnichten. Mit dem Nachtragshaushalt wird nur eine Linie fortgesetzt, die wir schon aus den Beratungen zum Haushalt kennen, eine Ausgabelinie, die es längst nicht mehr gibt, die Sie aber um jeden Preis verteidigen. Es ist schon skurril, dass jetzt neben den bereinigten Ausgaben die methodisch bereinigten Ausgaben eingeführt werden. Aber da nicht sein kann, was nicht sein darf, wurden die zusätzlichen Steuermehreinnahmen ausschließlich dem Ziel „Schuldenbremse einhalten jetzt!“ geopfert. So bleibt es dabei: 444 Millionen Euro allein für den Flughafen gibt es schnell. 900 000 Euro für das Sozialticket oder für den Antrag der Piraten für das Schulessen gibt es hingegen nicht.

Sie hätten die Chance gehabt, mit diesem Geld wenigstens eines der drängendsten Probleme der Menschen unserer Stadt anzugehen: bezahlbaren Wohnraum in allen Kiezen. Wir haben das mit dem Antrag für die Bildung eines Sondervermögens soziale Wohnraumförderung exemplarisch deutlich gemacht. Aber auch das haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, mit ihrer Mehrheit abgelehnt.

Sie hätten auch die Chance gehabt, Ihre Versprechungen und Ambitionen aus dem Sommer mit Geld zu hinterlegen. Stattdessen war gestern zu besichtigen, wie Herr Schneider in der Debatte um die Schauspielschule Ernst Busch als Obersanierer posierte,

[Torsten Schneider (SPD): Ich habe doch gar nichts gesagt!]

der immer noch und immer noch eine Studie braucht, um seinen provinziellen Wahlkreisegoismus zu pflegen.

[Torsten Schneider (SPD): Ich?]

Na klar! Wo eine klare Investitionsplanung fehlt, können Seifenopern die Zeit vertreiben.

[Torsten Schneider (SPD): Ich?]

Sie waren es nicht allein, Herr Nolte war es auch!