Viele Menschen, die Hilfe und Qualifizierung gebrauchen könnten, schlagen sich mit menschenunwürdigen Billigjobs durch und denken nicht daran, sich durch das HartzIV-System stigmatisieren zu lassen. Wie heißt es so schön? Einmal Hartzler, immer Hartzler! Es ist ein perfides System aus Misstrauen, Bespitzelung, Bürokratie und Unfähigkeit entstanden. Das Jobcenter ist bekanntlich da, wo es keine Jobs gibt. Selbst wenn man eigene Ideen z. B. für eine Existenzgründung mitbringt, muss man um jede Unterstützung betteln.
Entschuldigung, Herr Kollege! – Darf ich darum bitten, dass auf der rechten Seite etwas mehr Ruhe einkehrt und die Aufmerksamkeit dem Redner zukommt. – Bitte, Herr Kollege!
Das eigentliche Problem ist ja, dass die gesellschaftliche Anerkennung an die Erwerbsarbeit geknüpft ist. Die Arbeit, die Männer und Frauen in der Familie, bei der Erziehung von Kindern oder bei der Pflege von Alten
leisten, wird gesellschaftlich gar nicht anerkannt. Es ist auch ein erschreckendes Zeichen, dass bürgerschaftliches Engagement bei langjährigem Hartz-IV-Bezug abnimmt. Warum werden die Menschen nicht ermuntert, sich in gemeinnützigen Einrichtungen zu engagieren, und zwar auch dadurch, dass sich jeder einen Ein-Euro-fünfzig-Job selbst suchen kann? – Doch leider ist es so, dass diese klitzekleine Ein-Euro-fünfzig-Anerkennung für gesellschaftlich nützliche Arbeit in Sparorgien geopfert wird.
Der Fokus auf Langzeitarbeitslose ist nicht ausreichend, um die Chancen aller und gerade auch von Neueinsteigern und Wiedereinsteigern in den Arbeitsmarkt zu verbessern. Darüber hinaus sind Beschäftigungsmaßnahmen, die für den Betroffenen die realistischen Chancen am Arbeitsmarkt nicht verbessern, abzulehnen. Statt Punkt 2 des Antrags sollten besser arbeitsmarktpolitische Instrumente gefordert werden, die sicherstellen, dass jeder für die von ihm ausgeführte Tätigkeit eine vergleichbare Entlohnung für vergleichbare Erwerbsarbeit erhält. Da unterstützen wir auch den Antrag der Linken.
Es gilt, durch Beschäftigungsmaßnahmen die Qualifikation der Erwerbslosen so zu verbessern, dass sie selbst Chancen am Arbeitsmarkt ergreifen können. Dafür sind die Mittel der Aus- und Weiterbildung der Erwerbslosen vom Bund zu gewähren und Bildungsprogramme wieder neu aufzunehmen.
In dem Antrag werden auch Menschen mit Behinderungen, Abhängigkeitskranke und psychisch Kranke überhaupt nicht berücksichtigt. Diese haben fast keine Chancen, in Beschäftigungsmaßnahmen zu gelangen oder gefördert zu werden. Wir brauchen keine stigmatisierenden Lohnkostenzuschüsse, sondern einen anständigen Mindestlohn. Wir brauchen keine sinnlosen Beschäftigungsmaßnahmen, sondern vernünftige Bildungs- und Qualifizierungsangebote. Und schließlich brauchen wir keinen Arbeitszwang, sondern ein Grundeinkommen für alle, das eine selbstbestimmte Arbeit erst ermöglicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Der Antragsteller hat die sofortige Abstimmung beantragt, die Fraktion der CDU beantragt jedoch die Überweisung an den künftig für Arbeit zuständigen Ausschuss, worüber ich zunächst abstimmen lasse. Wer also dem Überweisungsantrag seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Das Erstere war die Mehrheit – bei Ge
Damit ist der Antrag der Fraktion der Grünen und der Änderungsantrag der Fraktion der Linken in den künftigen Ausschuss überwiesen.
Das ist die Priorität der Linken – der bisherige Tagesordnungspunkt 6. Ich eröffne die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. – Herr Kollege Doering! Sie haben das Wort. Bitte schön!
Danke schön! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute einen Antrag der Fraktion Die Linke, der das Ziel hat, das Straßenausbaubeitragsgesetz aufzuheben. Damit auch die CDU die Chance hat, zuzustimmen, haben wir große Teile der Begründung des CDU-Antrages aus der 16. Wahlperiode übernommen.
Ob mit Anträgen, in Plenardebatten oder bei Veranstaltungen und auch im Wahlkampf, die CDU forderte stets nachdrücklich die Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetzes. Mario Czaja versprach sogar während des Wahlkampfes über Großflächenplakate, dass er – er persönlich – das Gesetz abschafft.
Ich bin sehr gespannt, wie sich Herr Czaja auch im Namen der CDU-Fraktion heute zu unserem Antrag äußert, der ja eigentlich sein eigener Antrag ist.
Wir bleiben dabei: Das Straßenausbaubeitragsgesetz hat nach unserer Auffassung den Stresstest nicht bestanden, und zwar aus verschiedenen Gründen.
Na, dann können Sie dem Antrag doch zustimmen! –, dass sich Anlieger am Ausbau einer Straße beteiligen sollen, wenn der Ausbau einer Straße im reinen und ausschließlichen öffentlichen Interesse liegt. Die Dorfstraße in Malchow ist z. B. eine reine Durchgangsstraße von der Innenstadt zur Autobahn, zum Berliner Ring. Das ist eine ähnliche Situation wie am Kirchhainer Damm. Der Ausbau dieser Straßen bringt erheblich mehr Belastungen für die Anrainer mit sich. Mehr Straßenverkehr, mehr Lärm, Dreck und Staub! Wo ist der Vorteil für den Anrainer dieser Straße, aus dem sich eine Kostenbeteiligung schlüssig begründen und ableiten lässt?
Wir haben immer die Auffassung vertreten, dass Bürgerinnen und Bürger, die sich an den Kosten für den Ausbau einer Straße beteiligen sollen, auch an den Planungen für den Ausbau zu beteiligen sind. Ein einfacher Grundsatz: Wer mitbezahlt, der soll auch mitentscheiden. – Wenn Anlieger in Anliegerstraßen über 60 Prozent der Kosten tragen müssen, dann sollte das doch wohl selbstverständlich sein. Sind aber die Anlieger in den bisherigen Verfahren beteiligt worden? – Ich sage: Nein, in den meisten Fällen nicht! Oder die Anlieger waren zwar informiert und wurden angehört, hatten aber nichts zu entscheiden, weil die Straßen nach vorgegebenen Standards gebaut werden mussten. Echte Varianten in den Straßenplanungen gab es meist nicht.
Vielen Maßnahmen zum Straßenausbau werden inzwischen damit begründet, dass die Berliner Wasserbetriebe neue Leitungen verlegen müssen. Auch hier werden die Anrainer zur Kostenbeteiligung herangezogen. Ist das nachvollziehbar? – Ich sage nein. Die Wasserversorgung und auch die -entsorgung sind Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge. Das finanzieren wir alle über unsere Wassergebühren. In den Gebühren sind in der Regel die Investitionskosten einkalkuliert. Auch hier gilt ein einfacher Grundsatz: Wer die Straße aufreißt, muss sie anschließend auch wieder in benutzbaren Zustand versetzen.
Nicht nur aus diesen Gründen sind wir der Auffassung, dass das Straßenausbaubeitragsgesetz abgeschafft werden muss. Dieser Auffassung war bisher auch die CDU und vor allem der VDGN. Nun hat Herr Ohm, Vorsitzender der Vorfeldorganisation der CDU in Sachen Straßenausbaubeitragsgesetz, schon einmal in der Oktober-Ausgabe des VDGN-Journals signalisiert, dass er mit einer Entschärfung des Gesetzes bei den kostentreibenden Dingen zufrieden wäre. Da Herr Czaja führender Funktionär des VDGN ist, kann wohl festgestellt werden: Die Koalitionsverhandlungen haben noch nicht einmal begonnen, da knickt die CDU schon in Sachen Straßenausbaubeitragsgesetz ein.
Die Wählerinnen und Wähler der CDU werden das mit Interesse zur Kenntnis nehmen. Und Herr Czaja, weil Sie gerade gefragt haben, wer das sagt: Herr Ohm scheint schon eine gewisse Voraussicht gehabt zu haben. In der Fernsehrunde war doch klar: Die SPD möchte das Straßenausbaubeitragsgesetz behalten, und Sie wollen es ablehnen. Sie selbst sprachen eben von Kompromissen. Zwischen Zustimmung und Ablehnung – wie sieht denn da ein Kompromiss aus? – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange einmal mit dem Kollegen Doering an. Wir haben viele Jahre gemeinsam Stadtentwicklungspolitik in Berlin gestaltet. Ihre soeben vorgetragene Argumentation, wonach Sie sagen, das Gesetz sei nun komplett überflüssig und hätte sich gar nicht bewährt, finde ich für eine im Moment noch mitregierende Partei zumindest originell – um es sehr vorsichtig zu formulieren.
[Martina Michels (LINKE): Hat den Stresstest nicht bestanden! – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]
Ich habe durchaus vernommen, Kollege Albers, was soeben vorgetragen wurde. Wenn Sie mich ausreden ließen, könnte ich das auch ausführen.