Protocol of the Session on November 10, 2011

Sie sagen weiterhin – das ist auch sehr interessant –, dass diese Software von den Verlagen selbst programmiert werden und dann erst dem Datenschutzbeauftragten vorgelegt werden soll. Wie soll das genau funktionieren? Dann sagt der Datenschutzbeauftragte, hättet ihr mich vorher gefragt, dann hättet ihr das nicht so programmiert. Unserer Meinung nach ist das grundsätzlich nicht möglich.

[Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Wie wollen Sie auf einem Computer ein Programm installieren, das diesen Computer systematisch durchsucht und dann sagt, okay, ich nehme jetzt nur das, was in meiner Datenbank drin ist? Wie soll das funktionieren? Ich benenne die Dateien um, mache einen JPG, und dann kann meine Software das nicht mehr durchsuchen. Was soll das denn?

Das ist das Problem. Die Kultusministerkonferenz – oder wer auch immer, das ist auch nicht richtig hervorgegangen – trifft sich und sagt, wir machen da irgendwie einen Vertrag, wunderbar, und dann gibt es eine Software.

[Sven Kohlmeier (SPD): Die machen Schnick, Schnack, Schnuck, und schon ist der Vertrag da!]

Ja, genau! Sie haben das sehr schön beschrieben, und ich freue mich gleich auch auf Ihre Antwort.

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Ja, oder Sie werden mich gleich wieder irgendwie anpimmeln. Da kommen dann wieder irgendwelche Phallussymbole.

[Heiterkeit]

Herr Lauer – bitte!

[Unruhe]

Ich freue mich schon darauf. – Also, noch einmal: Wir haben das grundsätzliche Problem Computer, die verlustfreie Kopie. Wir schützen Geschäftsmodelle aus dem letzten Jahrtausend.

[Unruhe]

Ich betone noch einmal, dass die Stadt Berlin auch andere Möglichkeiten hätte. Ich finde es insbesondere auch sehr interessant, dass Sie gesagt haben: Eine Einbeziehung der Betroffenen war nicht vorgesehen. Es kann sein, dass es ein Gesetz gibt, das sagt, wir beziehen Betroffene nicht

ein, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass, wenn man die Betroffenen fragt, nämlich die Schüler und Lehrer, die es grundsätzlich gut fänden, wenn man sie vorher gefragt hätte, insbesondere wenn es darum geht, ihre Computer zu überwachen.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN]

Das heißt, wir werden dann eine Software vorgelegt kriegen, die wird von den Verlagen sein, und da wird wahrscheinlich der Quellcode auch wieder nicht offen sein. Dann wird das irgendwo im Internet auftauchen, dann wird wieder irgendeine Zeitung darüber berichten, dann werden wir uns alle amüsieren. Dann wird – – Wie bitte?

[Daniel Buchholz (SPD): Und Sie können noch eine Rede halten!]

Ich habe Sie akustisch nicht verstanden.

Herr Buchholz! Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen, dann melden Sie sich einfach. Ansonsten hat der Kollege Lauer das Wort.

Ich muss auch mal sagen – ich habe noch ein paar Minuten: Ich war schon auf Bundesparteitagen der Piratenpartei. Die hat mehr Veranstaltungsdisziplin als das, was hier gerade passiert.

[Beifall bei den PIRATEN]

Wir sind gespannt auf den Quellcode, der wird dann irgendwann auftauchen. Irgendwann wird man feststellen, dass sich das alles nicht umsetzen lässt. – Vielen lieben Dank für die Antwort, Herr Zöllner. Ich bedanke mich auch für Ihre Arbeit insgesamt und wünsche Ihnen alles Gute. – Vielen lieben Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Was hat er uns denn jetzt hier erzählt?]

Vielen Dank! – Als nächstes hat der Abgeordnete Kohlmeier für die SPD das Wort. – Ich bitte, Herr Kollege Lauer, beim nächsten Mal auf gewisse unparlamentarische Ausdrücke wie „anpimmeln“ zu verzichten.

[Heiterkeit – Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN – Zurufe von den PIRATEN]

Wieder was gelernt, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Datenschutzbeauftragter Dr. Dix! Herzlich willkommen in unserem Hause zu diesem spannenden Thema!

Ich möchte mich gleich zu der Großen Anfrage der Piratenfraktion einlassen, aber –

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Schneller, noch schneller reden!]

ja, ja, vielleicht können wir ein bisschen zeiteffektiv arbeiten – aber lassen Sie mich zunächst den Kollegen von den Piraten gratulieren, und zwar möchte ich Ihnen gleich zweifach gratulieren: zum einen, weil sie die Worte des Präsidenten aus der ersten Sitzung sofort umgesetzt haben. Der Präsident hat in der letzten Sitzung gesagt:

Es gibt auf politische Inhalte kein Urheberrecht …

Das gibt es tatsächlich nicht. Deshalb ist es urheberrechtlich unbedenklich, dass Sie die Kritik des SPD-Netzpolitikers Lars Klingbeil an dem geplanten Softwareeinsatz als Plagiatssoftware aufnehmen. Das freut mich, dass wir offensichtlich inhaltlich gar nicht so weit voneinander entfernt sind.

Ich muss Ihnen noch aus einem weiteren Grund gratulieren. Sie haben es tatsächlich in nur einer Plenarsitzung geschafft, zu einem Politikergeschwafel zu kommen, welches Sie bei uns etablierten Parteien bisher immer kritisiert haben:

[Oh! von den PIRATEN – Beifall bei der SPD – Martin Delius (PIRATEN): Nur besser!]

26 kleinteilige Fragen mit Unter- und Schachtelsätzen. Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen: Ihre Frage Nr. 25, eine typische Politikerrhetorik:

Wie kann die Software auf den von den Schulen genutzten Rechnern und Speichersystemen installiert werden, insbesondere auf den nicht selbst betriebenen, die gemäß des Vertrags ebenfalls geprüft werden müssen?

[Martin Delius (PIRATEN): Korrekte deutsche Sätze!]

Ich bin wirklich überrascht über den so schnell vollzogenen Anpassungsprozess der fulminant für ihre Andersartigkeit gefeierten Piratenfraktion.

Worum geht es in der Anfrage? – Sie befragen den Senat zu Überwachungssoftware an Berliner Schulen. Dem Senat wird hier vorgeworfen, anhand eines sogenannten Schultrojaners – Sie bezeichnen es laut Ihrer Fraktionssitzung ja so – Berliner Schülerinnen und Schüler sowie Lehrer ausspionieren zu wollen. Das ist falsch, und auch die Begrifflichkeit Trojaner ist falsch. Sie müssten doch als vermeintlich Sachverständige eigentlich wissen, dass

es sich bei einem Trojaner zumindest um ein Programm handelt, welches heimlich überwacht.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Und Sie überwachen offen!]

Dies, hat der Senator eben dargelegt, wird überhaupt nicht passieren. Mehr Transparenz kann man von dem Senator gar nicht erwarten, als hier über einen solchen Einsatz einer Software zu berichten, die noch nicht einmal im ersten Bit oder ersten Byte fertiggestellt ist. Damit sind doch Ihre Sorgen völlig unbegründet, die Sie mit dieser Anfrage aufmachen.

[Zuruf von Philipp Magalski (PIRATEN) – Weitere Zurufe von den PIRATEN – Uwe Doering (LINKE): Wer hat da was von Disziplin gesagt?]

Auch wird der Berliner Datenschutz einbezogen werden. Wir haben uns darüber mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten ausgetauscht. Er hat selbstverständlich gesagt, dass es seine Aufgabe ist. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn er bei der Erstellung des Vertrages mit einbezogen worden wäre.

[Zuruf von den PIRATEN: Ah!]

Der Berliner Datenschutzbeauftragte wird nach § 24 Absatz 3 Satz 3 des Berliner Datenschutzgesetzes auf jeden Fall vor dem Einsatz der vorgesehenen Software rechtzeitig eingebunden werden. Das möchte ich an dieser Stelle zusichern, dass das auch entsprechend erfolgt. Der Senator hat das für die Berliner Verwaltung ebenfalls getan.

Und der Berliner Datenschutzbeauftragte sagte mir zu, dass er die Software hinsichtlich ihrer technischen und datenschutzrechtlichen Unbedenklichkeit einer eingehenden Prüfung unterziehen wird. Ich habe da ein hohes Vertrauen in den Senat und in den Datenschutzbeauftragten. Diese Überprüfung sollten wir abwarten, denn derzeit kann nichts überprüft werden, weil einfach noch nichts vorliegt.

Das Ziel dieser Software soll die Überwachung von Schulnetzwerken sein, um den Urheberrechtsschutz der Schulbuchverlage sicherzustellen. Sicherlich – und da bin ich durchaus bei Ihnen – kann man über den Umfang des Urheberrechtsschutzes streiten. Auch ich sehe da an vielen Stellen Handlungsbedarf. Aber wir sind hier im Land Berlin, und die Handlungsmöglichkeiten des Landes Berlin sind hier begrenzt, da es sich um eine bundesrechtliche Frage handelt und diese auf Bundesebene zu klären ist. Da wir von der derzeitigen Bundesregierung jedenfalls keinen Fortschritt zu erwarten haben, freue ich mich auf Sie, dass wir es möglicherweise 2013 gemeinsam schaffen, dies zu ändern. Natürlich wünsche ich mir auch, dass wir dann zu einem fortschrittlichen und der Allgemeinheit vielleicht mehr nutzenden Urheberrecht kommen werden. Auf der anderen Seite darf man aber auch nicht vergessen, dass das Urheberrecht sinnvoll sein

kann, denn das Urheberrecht schützt auch Urheber in ihren geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk.

[Martin Delius (PIRATEN): Auch!]