Viertens: Zum Antrag der Opposition, für den Herr Esser hier geworben hat – Drucksache 17/0572 –, der den Titel trägt „BIH-Neuordnung, aber richtig“ fällt mir das Jahr 1972 ein. Da wurde im Bundestag über die Ostverträge abgestimmt. Der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Barzel hielt der Regierung Brandt vor, eigentlich sei die CDU ja für die Ostverträge, aber nicht zu diesen Bedingungen. Warum erzähle ich Ihnen das? – Es ist normales Oppositionsverhalten, dass man dem, was die Regierungskoalition vorschlägt, nicht folgt, dass man dem nicht zustimmt, sondern Kritik übt. Aber ich sage Ihnen: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Rainer Barzel und der CDU-Fraktion von 1972,
die haben sich damals bei den Ostverträgen enthalten. Enthalten Sie sich heute auch, weil der Weg, den die Koalition für die BIH vorzeichnet, der richtige ist!
Herr Präsident! Werter Kollege Nolte! Wichtig ist der Weg, ja. Das ist jetzt aber eine ganz ähnliche Sache wie vorhin beim Wasser. So, wie Sie die Wasserverträge nicht verändert können, ohne ein Ergebnis mit Veolia zu erzielen und deshalb Ihre 650 Millionen Euro für den RWE-Anteil auf Sand gebaut sind, so ist das auch hier. Eine wirkliche Schadensminderung, eine wirkliche Freiheit, wie Sie sie angekündigt haben im Umgang mit den Immobilienbeständen der BIH, werden Sie nicht durch irgendwelche Modelle, die wir hier verabschieden, und Gesetzesänderungen bekommen, sondern nur und ausschließlich darüber, dass Sie zu einer schiedlichfriedlichen, kämpferischen, streitigen oder was auch immer Lösung mit den verbliebenen Fondszeichnern kommen. So lange nur noch ein einziger von denen vorhanden ist, sind Sie in der Frage, die Fonds aufzulösen, blockiert, und in dieser neuen Welt, von der Sie reden, nicht angekommen.
Unsere Resolution beschäftigt sich eben genau damit zu sagen: Lass uns über Schadensminderung, lass uns über Unternehmensstrategien nach vorn diskutieren, lass uns über den Maßnahmeplan, die Verhandlungsstrategie zur
Neuordnung und Liquidation der Fonds diskutieren, lass uns über die Ausstiegsszenarien aus dem Immobilienportfolio diskutieren, sofern wir es verkaufen wollen! Da wird sich überhaupt erst erweisen, ob die Immobilien die Kredite decken oder nicht. Da ist vieles zu bedenken. Lass uns über den Finanzbedarf dieses Weges, von dem Sie sprachen, diskutieren! Alle diese Inhalte kommen in Ihrer Beruhigungspille gar nicht vor. Deswegen nehme ich insbesondere diesen Antrag als Teil irgendeines „Herbst der Entscheidungen“ und Großprojekte überhaupt nicht ernst. Die Bühne, auf der das entschieden wird, ist die Auseinandersetzung mit den 5 Prozent Zeichnern, die noch vorhanden sind.
Nur ein Satz: Niemand kann vorhersagen, ob bestimmte Risiken, die Sie aufgezeigt haben, eintreten werden oder nicht. Praktisch ist das, was Herr Esser gesagt hat, aber Konsens. Wir werden die Diskussion
darüber führen, wie die Fondsanteile zurückgekauft werden, wie das Squeeze-out durchgeführt wird. Aber wenn wir heute Ihren Antrag annähmen, Herr Esser, hätte dies zur Folge, dass wir nichts machen, dass wir abwarten, dass wir diskutieren. Das ist nicht der Weg dieser Koalition. Wir wollen handeln. Wir wollen die BIH neu ordnen. Alles andere machen wir später. Wir wünschen, dass der Senat eine gute Hand hat und das, was wir heute beschließen, ordentlich zu Ende führt.
Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Brauer das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Handeln ist es so ein Ding. Gestern empörte sich beispielsweise ein CDU-Kollege angesichts eines noch vergleichsweise geringfügigen Grundstücksgeschäfts, er werde doch keiner Blackbox seine Zustimmung erteilen. Mit der uns heute zugemuteten neuen Fassung des Risikoabschirmungsgesetzes ließe sich dieser Kollege, wenn
er denn zustimmte, allerdings auf einen zigfachen Umfang des von ihm gestern monierten märkischen Ackers ein. Er nennt das wohl Zeitgeist. Der Zeitgeist aber taumelt, wie wir alle wissen, mitunter recht benommen durch die Weltgeschichte.
Worum geht es eigentlich? Die BIH – Kollege Esser hat es vorgerechnet –, jetzt berlinovo, erhält neue Kreditgarantien in Höhe von 3,8 Milliarden Euro, der Tochtergesellschaft werden Insolvenzgarantien noch einmal in Höhe von rund 5 Milliarden Euro eingeräumt, und das alles wäre kein so gravierendes Problem, wenn sich diese Insolvenzgarantie tatsächlich nur auf das Altgeschäft vor dem ersten Risikoabschirmungsgesetz im Jahr 2002 bezöge. Das ist aber nicht der Fall. Sie weiten die garantierten Sachverhalte auf das bis wann auch immer laufende aktuelle Geschäft aus. Das kann gut gehen, Herr Nolte, muss es aber nicht. Sie wissen um das Risiko. Genau deswegen werfen wir Ihnen eine gewisse Neigung zum Hasardspiel vor.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]
Aus den Erfahrungen mit der Bankgesellschaft und dem seinerzeitigen Versagen sämtlicher, aber auch sämtlicher Kontrollinstrumente, wurde mit dem Risikoabschirmungsgesetz die BCIA gegründet, eben jene Controllinggesellschaft. Die arbeitet – man muss das noch einmal wiederholen – unabhängig vom Management der BIH, also der heutigen berlinovo. Die BCIA muss zur Erfüllung der Ansprüche aus den Fondsgarantien im Einzelfall zustimmen, ist also einem frei agieren wollenden Management ein Klotz am Bein. Für das Parlament aber ist diese BCIA tatsächlich das einzige zuverlässige Kontrollgremium – ich wiederhole: das einzige zuverlässige Kontrollgremium –, das die Abwicklung der noch verbliebenen Immobilienfonds begleiten könnte. Diese Abwicklung ist auch für die berlinovo – ich habe großen Respekt vor deren Management – eine immer noch schwierige Aufgabe. In jedem Fall muss Berlin 100 Prozent der Anteile eines Fonds übernehmen, um über ihn frei entscheiden zu können. Von insgesamt 24 dieser sogenannten Rückkauffonds – Sie können das nachlesen – ist dies erst bei zweien der Fall!
Man muss da schon sehr genau hinsehen, wie gesagt: Die Risiken liegen immer noch in Milliardenhöhe. Genau dieses Kontrollinstrument will der Senat, will die Koalition jetzt zerschlagen. Die BCIA soll durch ein normales Beteiligungscontrolling der Senatsfinanzverwaltung ersetzt werden,
ja, so ähnlich! – aus der BCIA selbst, aus den verbliebenen Restmitarbeitern soll eine Abteilung der berlinovo werden. Pardon, aber das ist so ähnlich wie im Animationsfilm „Findet Nemo!“, Sie werden sich erinnern: Die Haifische gründen eine Selbsterfahrungsgruppe zur Um
Ginge es nicht um Milliarden öffentlicher Mittel könnte man nur kopfschüttelnd über dieses Stück Realsatire aus dem Tollhaus hinwegsehen.
Wir können die Abschaffung der BCIA nicht akzeptieren; sie wäre ein weiterer Schritt bei der inzwischen unter dieser Koalition fast zur Gewohnheit gewordenen Selbstentmachtung des Parlamentes. Genau das ist diese Blackbox, verehrte CDU-Kollegen, die Sie angeblich nicht wollen. Es gehört allerdings nicht sehr viel Sehergabe dazu, um vorauszusagen, wie Sie sich entscheiden werden und wie Sie das anschließend auch noch begründen.
Am Ende dieses Prozesses stünde im Erfolgsfalle, so der treffliche Kollege Schneider gestern im Hauptausschuss, die Umwandlung der berlinovo in eine sogenannte normale Immobiliengesellschaft. Aber weder er noch der Senat sind in der Lage, uns zu erklären, was sich hinter einer „normalen“ Immobiliengesellschaft verbirgt.
Sie verweigern diesem Hause die banalste Aussage der Welt, Herr Schneider, nämlich was Sie schlussendlich mit den in Berliner Hand verbleibenden Immobilien zu tun gedenken. Wer Ihnen diese „normale“ Immobiliengesellschaft abnimmt, der müsste, pardon, jetzt zitiere ich den Berliner Volksmund, mit dem Klammerbeutel gepudert sein. Sie würden am liebsten ein Wort aus dem Bestand der deutschen Sprache tilgen: Transparenz. Was Wunder, hier haben sich wieder die Teilnehmer der Beutegemeinschaft der Zeit von vor 2001 zusammengetan, und ich fürchte fast, Ihr „Herbst der Entscheidungen“ wird dieser Stadt noch einigermaßen teuer zu stehen kommen. – Vielen herzlichen Dank!
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion! Es wäre mir sehr recht, wenn Sie die Nordkurve da auflösen könnten! – Herr Kollege Trapp! Herr Kollege Kleineidam! – Ja, Herr Czaja, als Senator sind Sie besonders gefährdet! – So, und nun hat Ihr Kollege Brauner das Wort, und Sie hören ihm alle zu!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kollegen! Heute können wir final über die Neustrukturierung abstimmen, und vorweg: Ich bin noch ein wenig verwundert über die Auslassungen des Kollegen Brauer. In der letzten Legislaturperiode hätten Sie dem Geschäft eigentlich zugestimmt, was das Thema angeht, und es lag nur an der SPD, dass das gebremst wurde. Ihre Wortmeldung jetzt verstehe ich an der Stelle nicht, so einfach ist das!
Das Thema Transparenz – es gibt ja eine sehr ausführliche Grüne Nummer dazu, die auch das Thema beschreibt. Ich glaube, es ist sehr deutlich an der Stelle: Es gibt einen konsolidierten Jahresabschluss – all das hatten wir zehn Jahre lang nicht. Das liegt jetzt aber vor, und ich glaube, das ist eine gute Basis für eine Entscheidung.
Fassen wir mal die Fakten zusammen, damit wir hier nicht in Mythen abgleiten, die die beiden Kollegen im Vorfeld schon dargestellt haben. Erstens: Die Kreditgarantie wird signifikant auf 3,8 Milliarden Euro reduziert, und sie betrifft im überwiegenden Teil das Bestandsgeschäft, wie ja aus der Gesetzesvorlage unmissverständlich zu lesen ist, zumindest wenn man die Bankfachbegriffe deuten kann, die dahinterstehen. Zweitens: Der aktuelle Buchwert deckt bzw. übersteigt diese Kreditgarantie. Insofern ist die Vermögenssituation des Landes positiv. In Summe, das muss man auch mal deutlich sagen, auch seitens der CDU, wir waren ja sehr kritisch: Die seit zehn Jahren verfolgte Strategie des Fondsrückkaufs ermöglicht jetzt erst, diese Position so wahrzunehmen. Das war insofern eine richtige Entscheidung und hat – verbunden mit den Markteffekten – dazu geführt, dass man jetzt diese positive Entwicklung vollziehen kann.
Das ist so, Herr Esser, das ist nicht absurd, sondern das Ergebnis der ganzen Geschichte! – Damit Sie am Ende in der Lage sind, die losen Enden zusammenzubinden, müssen Sie die Strukturen straffen. Das ist Kernanliegen dieser Vorlage: Es müssen die Strukturen gestrafft werden, die Mitarbeiter der BCIA gehen über in die berlinovo, berlinovo wird am Ende, wenn auch mit Sonderberichtspflichten, wie vom Hauptausschuss beschlossen, erst einmal eine normale Beteiligung des Landes. Es gibt auch andere Beteiligungen, die Vermögenswerte von 4 Milliarden Euro in den Büchern halten.
Insofern erst mal kein Sondertatbestand. Um die Struktur zu bereinigen – und das ist ja auch Kernauftrag und Kernausgangspunkt an dieser Stelle – ist diese Gesetzesänderung erforderlich, da beißt die Maus keinen Faden ab. Aus unserer Sicht – wir haben auch sehr lange mit dem Thema gerungen – ist sie folgerichtig. Wir werden
Zurückblickend müssen wir feststellen, dass in den letzten zehn Jahren gut in der Gesellschaft gearbeitet wurde und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einiges getan haben, damit wir jetzt in der Lage sind, dass wir bei der Berlinovo mehr Vermögen als Schulden haben, insofern danken wir den Mitarbeitern sehr herzlich für die geleistete Arbeit!
Das Land Berlin reduziert seine Bürgschaft von 21,6 auf 3,8 Milliarden Euro und hat aus dem Verkauf der Landesbank Berlin über 5 Milliarden Euro erzielt, wenn man alle Nebenergebnisse beilegt. In Summe haben wir also jetzt ein Positivum von über 1 Milliarde Euro aus diesem Thema heraus, und das ist – ich denke, das kann man schon deutlich sagen – ein Erfolg und das Ergebnis davon, dass man in der Lage war, lange durchzuhalten und auch Entscheidungen zu treffen. So wie auch jetzt wieder Strukturentscheidungen zu treffen sind, um die Zukunft zu gestalten.
Ich komme zu dem uns vorliegenden Antrag der Oppositionsfraktionen. Es gibt Gemeinsamkeiten: Auch Sie wollen ein Abverkaufsportfolio, auch Sie wollen eine konsolidierte Finanzplanung. Der Unterschied ist: Die Aufgaben hat der Senat jetzt schon erledigt! Mit Vorlage des Gesetzes steht ein entsprechendes Konzept dahinter. Würden wir Ihrem Antrag folgen, würden wir alles noch einmal auf null zurücksetzen und wertvolle Zeit verlieren.
An der Stelle ist es in der Tat ein bisschen schade, Herr Esser – wir waren ja in der letzten Legislaturperiode an dem Punkt, dass wir sagten: Diese Struktur, so, wie sie jetzt im Groben vorliegt, könnten wir uns auch vorstellen –, dass wir hier nicht zusammenkommen. Das tut mir leid, ich glaube aber, das Liquiditätsmodell, das Unternehmenskonzept, die Struktur des Portfolios – all das ist eine gute Basis, um mit einer umgestalteten Gesellschaft die restlichen Abverkaufsimmobilien erstens loskaufen zu können und zweitens natürlich auch die Fondsstruktur zu schließen und die restlichen Fondsgesellschafter einzusammeln.