Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat der Abgeordnete Daniel Buchholz von der SPD-Fraktion mit der Frage:
Konzessionsverfahren Gas- und Stromnetze: Sind endlich alle Informationen verfügbar, und wie ist der weitere Zeitplan?
1. Haben die bisherigen Konzessionsinhaber GASAG und Vattenfall endlich alle notwendigen Informationen über den Zustand und die Bewertung der Netze bereitgestellt und zur Veröffentlichung freigegeben?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Buchholz! Zu Ihrer ersten Frage: Nach § 46 Abs. 2 Satz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes sind die bisherigen Nutzungsberechtigten, also die Altkonzessionäre GASAG und Vattenfall, verpflichtet, die im Rahmen der Bewerbung um eine Konzession für eine Bewertung erforderlichen Informationen über die technische und wirtschaftliche Situation des Netzes der Kommune zur Verfügung zu stellen.
GASAG und Vattenfall haben anlässlich der Bekanntmachung der Neukonzessionierung durch das Land Berlin im EU-Amtsblatt Ende 2011 Daten zur Verfügung gestellt, die auf der Homepage der Senatsverwaltung für Finanzen veröffentlicht wurden. Sie enthalten aus Sicht
des Landes allerdings nur das erforderliche Minimum an Informationen. Nach unterzeichneten Vertraulichkeitsvereinbarungen sollen den Konzessionsbewerbern in Einvernehmen mit GASAG und Vattenfall ergänzende Informationen über die Beschaffenheit der Netze überlassen werden.
Über den Umfang der Herausgabe weiterer vertraulicher Netzdaten zur Weitergabe an andere Konzessionsbewerber besteht Uneinigkeit zwischen den Altkonzessionären und der Senatsverwaltung für Finanzen. Es besteht die Möglichkeit, gemäß § 46 Abs. 2 Satz 5 Energiewirtschaftsgesetz eine Klärung dieser strittigen Frage durch die Bundesnetzagentur im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt herbeizuführen. Ziel ist es, diejenigen Daten zur Verfügung stellen zu können, die für Netzbewerber erforderlich sind, und im weiteren Konzessionierungsverfahren realistische Angebote kalkulieren und unterbreiten zu können.
Zu Ihrer Frage 2: Die Konzessionierungsverfahren sollen durch voraussichtlich drei Verfahrensbriefe strukturiert werden. Es ist beabsichtigt, nach Befassung von Senat und Hauptausschuss einen ersten Verfahrensbrief mit Erläuterungen zum Verfahrensablauf und der Aufforderung zum Nachweis der grundsätzlichen Eignung an die Konzessionsbewerber zu versenden. Die Verfahren Gas und Strom werden anschließend aufgrund ihrer Komplexität getrennt weitergeführt. Das Verfahren zur Vergabe der Stromkonzession wird dem Gaskonzessionierungsverfahren nachgelagert. Der Grund dafür ist das Ende des Gaskonzessionsvertrags am 31. Dezember 2013, der Stromkonzessionsvertrag läuft ein Jahr später, am 31. Dezember 2014, ab.
Der zweite Verfahrensbrief zum Gaskonzessionierungsverfahren wird auf der Grundlage eines Senatsbeschlusses und nach Befassung des Abgeordnetenhauses die konkrete Eignung der Bewerber zur Umsetzung der mit dem Verfahren verfolgten Ziele abfragen. Der zweite Verfahrensbrief wird hierzu insbesondere verbindliche und gewichtete Auswahlkriterien enthalten und soll voraussichtlich im Frühjahr 2013 versandt werden. Nach Auswertung der indikativen Angebote und Verhandlungen mit den Bietern, werden die noch am Verfahren beteiligten Unternehmen spätestens im Herbst 2013 einen abschließenden Verfahrensbrief mit der Aufforderung erhalten, ein bindendes Angebot abzugeben. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank für die Beantwortung, Herr Senator! Sie haben es zurückhaltend
mit Uneinigkeit zwischen dem Senat und den bisherigen Platzhirschen GASAG und Vattenfall umschrieben, dass immer noch nicht geklärt ist, dass wirklich alle Informationen für Sie – den Senat – und für die anderen Bewerber zur Verfügung gestellt werden. Für mich ist das eine politische Ungeheuerlichkeit, um das klar zu sagen. Sehen Sie dadurch nicht das Gaskonzessionsverfahren im Zeitplan gefährdet? Dort soll im nächsten Jahr ein Zuschlag erteilt werden, und wenn der Senat und die anderen Wettbewerber nicht schnellstens die Informationen bekommen, ist zu befürchten, dass das gesamte Verfahren daran scheitern kann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir müssen mindestens zwei Ebenen auseinanderhalten. Die eine ist, dass erst einmal nicht der Senat, sondern die Senatsverwaltung für Finanzen als die verfahrensleitende Behörde ein diskriminierungsfreies und transparentes Vergabeverfahren sicherstellen kann. Dafür gibt es das Energiewirtschaftsgesetz. Sie wissen – weil Sie sich mit der Materie befassen –, dass das Energiewirtschaftsgesetz im letzten Jahr geändert worden ist, dass es zur Frage der Informationsbeschaffung noch keine Rechtsprechung gibt, und dass natürlich ein Interesse der Altkonzessionäre – bei Gas der GASAG – besteht, möglichst nur das Notwendige, ein Minimum an Daten, zur Verfügung zu stellen, damit Mitbewerber in eine tendenziell schlechtere Position gebracht werden können. Unsere Aufgabe als verfahrensleitende Behörde ist es, diese Diskriminierungsfreiheit und die Gleichheit aller Bewerber in diesem Verfahren sicherzustellen, indem sie die nötigen Informationen bekommen. Es ist leider im Energiewirtschaftsgesetz nicht geregelt, auf welche Art und Weise diese Informationen für alle Bewerber gleichmäßig zur Verfügung gestellt werden können.
Man hat den Eindruck – um es vorsichtig zu sagen –, dass Altkonzessionäre, also die, die das Netz bereits betreiben und damit die Datenstruktur und die Wirtschaftlichkeit eines Netzes kennen, damit tendenziell bevorzugt werden. Das kann aus meiner Sicht nicht Sinn und Zweck dieses Energiewirtschaftsgesetzes sein, denn es müssen auch Neubewerber mit mindestens genauso geringen Barrieren Zugang zu der Bewerbung haben. Der Ausweg, der im Energiewirtschaftsgesetz angelegt ist, dass wir – wie ich bereits in Beantwortung der Frage ausgeführt habe – zur Netzagentur gehen, respektive in Abstimmung mit dem Bundeskartellamt, die Netzagentur als Mediator nehmen, damit im Sinne des Energiewirtschaftgesetzes festgestellt wird, was Mitbewerber für Daten brauchen. Es geht weniger um die Frage, welche Daten die Senatsfinanzverwaltung haben muss – wir sind nicht unmit
telbare Mitbewerber, sondern dass ist maximal unser eigener Betrieb –, sondern darum, welche Informationen die anderen Mitbewerber haben müssen. Aber, wie gesagt, es handelt sich dabei um ein neues und offenes Feld. Wir beschreiten Neuland. Wir versuchen, zusammen mit der Netzagentur und dem Bundeskartellamt die GASAG zu zwingen – in der Tat, da gebe ich Ihnen recht –, die Informationen, die aus unserer Sicht nicht ausreichend sind, damit Mitbewerber eine Chance haben, sich zu bewerben, zu generieren.
Zweitens ist zu unterscheiden: Wenn die Daten vorliegen, müssen die Bewerber eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben. Auch da ist die GASAG zurückhaltend. Sie wollen nicht, dass diese Daten weitergegeben werden, selbst dann nicht, wenn Vertraulichkeitserklärungen unterschrieben werden. Das ist, wie gesagt, ein Verfahren, das abzuklären ist. Ich gebe Ihnen recht: durch den Zeitplan aufgrund des Verfalls der Konzession oder der Neuvergabepflicht der Konzession Ende 2013 – wir sind jetzt im Oktober 2012 – wird es Druck auf das Verfahren geben. Wie das aufzulösen ist, dazu ist weder im Energiewirtschaftsgesetz ein Hinweis zu finden noch gibt es hierzu Rechtsprechung. Insofern werden wir das austesten. Ich sage Ihnen aber ganz klar: Unser Bestreben ist es, all das zu tun, was wir rechtlich tun können, damit in dem Fall GASAG, aber auch später beim Stromnetz Vattenfall, gezwungen ist, die Informationen zur Verfügung zu stellen, damit auch Mitbewerber eine Chance haben, damit ein ordentliches, transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren durchgeführt werden kann. – Vielen Dank!
Wie bewertet der Senat die unlängst veröffentlichte Auffassung von Vattenfall, dass der Wert des Netzes zwischen 2,5 und 3,2 Milliarden Euro nach dem Kriterium des Sachzeitwertes liege? Teilt der Senat meine Auffassung, dass es sich um eine Zahl zum Zweck der Abschreckung handelt, und dass nach der herrschenden Rechtslage der Ertragswert und nicht der Sachzeitwert maßgebend ist?
Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Wolf! In der Tat hat Vattenfall – das haben wir, glaube ich, auch deutlich gemacht – nach Abschluss der Vertraulichkeitsvereinbarung ein von KPMG erstelltes Sachwertgutachten überlassen. Das Sachzeitwertgutachten soll auch den anderen Konzessionsbewerbern, soweit diese eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben, überlassen werden. Ich werde mich jetzt nicht zu den Zahlen äußern, aber ich halte sie für sehr weit gefasst. Wir haben jedenfalls festgestellt, dass die Daten, die uns von Vattenfall überlassen worden sind, sehr komprimiert sind, sie sind nicht in Jahresscheiben untergliedert, sondern erfassen einen Fünfjahreszeitraum.
Es gibt auch noch andere Punkte, die zu klären sind. Ich sage einmal so: Auch Vattenfall ist ein Altkonzessionär. Vattenfall will natürlich seine Position schützen. Sie wollen aus dem Daten- und Wissensvorsprung natürlich Kapital schlagen. In dem Verfahren wird es unsere Aufgabe sein, sicherzustellen, dass auch andere Bewerber die gleichen Chancen haben, dass wir die Daten transparent zur Verfügung stellen. Wenn wir Streit haben, werden wir am Ende den gleichen Weg gehen müssen, nämlich über die Netzagentur respektive das Bundeskartellamt, um die Daten so transparent zu machen, dass jeder die Möglichkeit hat, ohne das Wissen der Altkonzessionäre mitbieten zu können und nicht dadurch einen Nachteil hat, dass dieses Wissen nicht zur Verfügung steht. Ich denke, dass ist unser gemeinsames Interesse. Andernfalls brauchte man kein Interessenbekundungsverfahren zu machen.
1. Wie schätzt der Senat die aktuellen Umsetzungschancen für die verbraucherpolitische Initiative ein, dass die Spritpreise in Echtzeit an eine zentrale Datenbank übermittelt werden?
2. Wann und auf welchem Wege können die Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft Zugang zu den übermittelten Daten erhalten?
Herr Abgeordneter! Herr Präsident! Dazu gibt es in der Tat eine ganz aktuelle Entwicklung von heute Morgen. Die Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag haben beschlossen, dass sie in der Sitzungswoche am 8. und 9. November das Gesetz zur Markttransparenzstelle in zweiter und dritter Lesung verabschieden wollen und zwar in einer Version, die – so weit ich weiß – seit heute Morgen im Netz steht, in der die Idee, dass die Daten an eine öffentlich zugängliche Datenbank in Echtzeit von allen Tankstellenbetreibern zu melden sind, enthalten ist. Damit könnte das Gesetz – es handelt sich um ein Einspruchsgesetz – noch in diesem Jahr durch den Bundesrat gehen. Ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2013 wäre möglich. Das wäre schneller als das, was ich bisher immer erwartet habe. Nun müssen Bundestag und Bundesrat auch immer zustimmen. Es würde den Verbrauchern die Möglichkeit geben, sich dann, wenn sie tanken wollen, über verschiedene Kanäle – sei es über eine App oder eine vorherige Information über Telefon oder Internet – zu informieren. Insbesondere könnten Tankstellen dann auch Bestpreisgarantien abgeben, was sie im Moment nicht können. Sie könnten dann sagen: In einem 10-Kilometer-Umkreis gebe ich dir als Verbraucher den besten Preis, und wenn nicht, ersetze ich dir die Differenz. – Diesen Mechanismus gibt es an anderen Märkten.
Erlauben Sie mir noch die Anmerkung: Ich habe mich hier ja schon einmal kritisch zu Bundesratsinitiativen geäußert. Ich habe den Weg der Bundesratsinitiative ausdrücklich nicht gewählt, sondern mit den Koalitionsfraktionen und auch anderen Fraktionen des Deutschen Bundestags geredet, und immerhin ist die Idee möglicherweise schon innerhalb eines Dreivierteljahres mit Gesetzeskraft versehen. Ich halte das für einen vorzugswürdigen Weg.
Vielen Dank! – Herr Kollege, haben Sie eine Nachfrage? – Das ist nicht der Fall. Nachfragen von anderen gibt es auch nicht.
1. Ist der Senat der Auffassung, dass die neue Hygieneverordnung angesichts der jüngsten traurigen Ereignisse in der Charité wirklich ausreichend ist, bzw. wird der Senat die Ereignisse für eine Verbesserung der Prozessqualität des Berliner Hygienemanagements nutzen?
2. Braucht Berlin eine Hygienedatenbank, wie sie etwa die Berliner Patientenbeauftragte anmahnt, oder welche anderen Maßnahmen hält der Senat für sinnvoll?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Thomas! Im Namen des Senats beantworte ich Ihre Mündliche Anfrage wie folgt: Die Hygieneverordnung verpflichtet die Leiter von medizinischen Einrichtungen zu umfangreichen Maßnahmen des Qualitätsmanagements auf dem Gebiet der Hygiene. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist Aufgabe der Einrichtungen und wird stichprobenhaft durch die Berliner Gesundheitsämter kontrolliert. Darüber hinaus können die Gesundheitsämter bereits in der Planungsphase beratend mitwirken, da sie auf der Grundlage der Berliner Hygieneverordnung nunmehr an den Sitzungen der Hygienekommission teilnehmen dürfen. Vor diesem Hintergrund werden die Regelungen der Berliner Hygieneverordnung als ausreichend betrachtet.
Zu Ihrer zweiten Frage: Die Berliner Hygieneverordnung muss nun, nach ihrem Inkrafttreten, umgesetzt werden. Sie wissen, dass dies im Sommer geschehen ist. Darüber hinausgehende Instrumente werden derzeit nicht für erforderlich gehalten. Die Patientenbeauftragte für Berlin hält die Veröffentlichung von Qualitätsindikatoren zur Hygienesituation in Berliner Krankenhäusern für wichtig. Von einer Hygienedatenbank hat Frau Stötzner weder öffentlich noch inoffiziell gesprochen. Ich habe mit ihr darüber im Vorfeld gesprochen. Eine Hygienedatenbank hat Frau Stötzner nicht gefordert.