Protocol of the Session on September 13, 2012

Ich will noch auf drei Punkte eingehen – zu den Inhalten: Sie haben Wiedervermietung reingeschrieben. Das müs

sen Sie mal ganz genau durchlesen, Frau Radziwill! 50 Prozent innerhalb, 30 Prozent außerhalb des S-Bahnrings sollen an Leute, die einen WBS haben, gehen, allerdings mit der Berliner Größenordnung. Diesen WBS hat nach meiner Information ungefähr ein Drittel der Bevölkerung. Und Sie haben vergessen reinzuschreiben – das haben wir vorgeschlagen –, dass wir vorrangig Leute aufnehmen müssen, die woanders Schwierigkeiten haben, die Sozialleistungen beziehen. Das kommt bei Ihnen überhaupt nicht vor. Sie haben unseren Vorschlag ignoriert. Wir hatten gesagt: Ein Drittel Leute, die Sozialleistungen bekommen, ein Drittel Leute mit sonstigem WBS und ein Drittel Leute frei. Das war ein guter Vorschlag. Sie haben das jedoch sehr allgemein gemacht. Ich glaube, auch das täuscht: Viele Leute denken, sie kommen jetzt zum Zuge, was möglicherweise aber nicht der Fall ist.

Ein anderes Thema – Energieausweis: Sie haben jetzt geschrieben, dass sie das zugänglich machen. Was heißt denn das? Wir haben vorgeschlagen, dass Sie den Leuten den Ausweis aushändigen. Mit der nächsten Betriebskostenabrechnung wird er mitgeschickt. Machen Sie das! Das Jahr ist bald zu Ende, und Sie haben die Chance dazu.

Das Dritte – § 559 BGB: Sie haben die Modernisierung hier behandelt. Das ist unscharf. Sie haben reingeschrieben: Einmal geht es nach der ortsüblichen Vergleichsmiete. Im nächsten Satz steht dann, wir machen doch 11 oder 9 Prozent. Da müssen Sie sich entscheiden, was Sie wollen.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Es geht nicht beides auf einmal, Herr Kollege Buchholz. Sie wissen das genauso wie ich.

Zum Paradigmenwechsel: Herr Kollege Graf! Wenn es an der CDU gelegen hat, dann würde ich erwarten, dass Sie jetzt auf der Bundesebene endlich tätig werden, damit verschiedene der Dinge, die der Senat sich auf die Fahnen geschrieben hat, endlich ins Mietrecht kommen. Da sehe ich Sie am Zug. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Otto! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt die Kollegin Spranger das Wort. – Bitte sehr!

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Fraktionsvorsitzender Wolf! Sie wollten eine Idee für ein soziales Berlin, und ich sage Ihnen genau einen

Tagesordnungspunkt nach Ihrer Rede: Wir haben heute ein klares Ergebnis zu verkünden,

[Uwe Doering (LINKE): Wat?]

nämlich das Bündnis für soziales Wohnen.

Herr Otto! Auch noch etwas zu Ihnen: Die entscheidenden Leute sind hier im Raum,

[Thomas Birk (GRÜNE): Bei der SPD ja wenige!]

deshalb können Sie ganz beruhigt sein.

Ich habe vor Kurzem in den letzten Haushaltsberatungen eine sehr lebhafte Diskussion zum Thema Mieten ausgelöst, denn ich habe damals von dieser Stelle gesagt: Die SPD, die Koalition ist die Mietenpartei in Berlin.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Wir haben damals schon gelacht!]

Ich sage es Ihnen heute noch einmal und wiederholt: Wir haben gemeinsam als Regierung, als Koalition und gemeinsam mit den Wohnungsbaugesellschaften heute einen sehr großen Erfolg zu verkünden.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ich bin froh darüber, und damit ist der Beweis für das, was ich damals gesagt habe, erbracht worden.

Frau Lompscher! Sie wissen, ich schätze Sie sehr. Sie haben vorhin in Ihrer Begründungsrede – und Sie werden es mit Sicherheit gleich auch noch einmal machen – gesagt, dass wir das alles viel zu spät getan haben. Man könnte glattweg denken, dass Sie schon jahrelang vom Senatstisch weg sind, aber ich kann Sie daran erinnern, dass es erst Monate sind. Wenn es Ihnen so wichtig gewesen wäre, dann hätten Sie das selbstverständlich damals schon gemacht.

[Uwe Doering (LINKE): Ich kann Ihnen sagen, wer das blockiert hat! Sagt Ihnen der Name Junge-Reyer etwas?]

Ich denke, Sie werden das Ganze nachher auch begrüßen.

Wir waren alle erfreut – und sind es heute noch – über das steigende Interesse am Berliner Wohnungsmarkt. Der Zuzug der vergangenen Jahre – das hat mein Kollege Herr Brauner bereits gesagt – hat Berlin verändert und in vielen Teilen richtig gut getan, aber den Wohnungsmarkt auch angespannt. Inzwischen müssen wir feststellen, dass viele Investoren nach Berlin kommen, die besonders ein Auge auf die attraktiven Innenstadtlagen geworfen haben. Ein Anstieg des allgemeinen Mietniveaus und damit einhergehend eine zunehmende Verdrängung eingesessener Bewohnerinnen und Bewohner in Berlin aus ihren Kiezen ist die Folge. Das ist aber kein Phänomen, das nur in Berlin vorhanden ist, sondern es wird in ganz Deutsch

land zunehmend für Mieterinnen und Mieter zum Problem.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Das macht es auch nicht besser!]

Herr Otto! Mietrecht ist nun einmal in weiten Teilen Bundesrecht. Ich möchte von dieser Stelle auch ganz klar sagen: Wir fordern von der Bundesregierung, dass endlich das, was wir in Berlin mit unserem Bündnis für soziale Mieten fordern – in einem kleinen Teil des Mietenmarktes, da haben Sie durchaus recht, aber genau das ist der Teil, auf den wir Einfluss haben –, auch für ganz Deutschland eingeführt wird.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Otto?

Nein! – Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU haben bereits in ihrer Koalitionsvereinbarung weitreichende Regelungen getroffen, um das Wohnen in Berlin sozial verträglich und unter dem Gesichtspunkt des Allgemeinwohls zu erhalten.

Was ist festgelegt? – Es ist festgelegt – anders als im Bund, anders als nach Bundesrecht –, dass Mieterhöhungen künftig maximal 15 Prozent in vier Jahren statt – und das ist Bundesrecht – 20 Prozent in drei Jahren betragen dürfen. Bei Modernisierung darf maximal 9 Prozent Umlage der Modernisierungskosten anstatt der wie bisher üblichen 11 Prozent erhoben werden. Wir stärken das studentische Wohnen durch eine engere Kooperation der städtischen Wohnungsbausgesellschaften mit dem Berliner Studentenwerk. Wir sanieren die landeseigenen Wohnungen energetisch und schonen so nicht nur die Umwelt, sondern senken auch die Mietnebenkosten. Die Entlastungen sind spürbar und werden auch den Mieterinnen und Mietern mittelfristig zugute kommen.

Mit dem nun geschlossenen Bündnis für soziale Mieten geht die Koalition noch einen Schritt weiter. Ausgehend von einem Vorschlag seitens der städtischen Wohnungsbaugesellschaften hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein Projekt entwickelt, dass es auch sozial benachteiligten Menschen ermöglicht, dauerhaft in ihrem angestammten Kiez wohnen zu bleiben und nicht mit der Angst leben zu müssen, aus ihrem Nachbarschaftsverbund herausgerissen zu werden.

Die Direktvergabe städtischer Grundstücke zum Verkehrswert oder als Sachwerteinlage an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ermöglicht es uns endlich, eine Liegenschaftspolitik als Säule für eine strategische Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik zu betreiben. Nicht der Verkauf zum Höchstpreis und ohne Betrachtung der Nutzungsaspekte, sondern der Mehrwert und die

Qualität des Nutzungskonzepts inklusive Sozialkomponente sollen die entscheidende Rolle spielen. Hier erwarten wir vom Senat ein einheitliches Handeln und eine einheitliche Positionierung.

Das Bündnis sieht weiterhin vor, dass bei Wiedervermietung innerhalb – und hier ist die Antwort, Herr Otto – des S-Bahnrings jede zweite und außerhalb des S-Bahnrings jede dritte Wohnung quartiersbezogen zur ortsüblichen Vergleichsmiete an Haushalte mit Anspruch auf Wohnberechtigungsschein vergeben wird, dass bei Mieterhöhungen entsprechende Beschränkungen der individuellen Nettokaltmiete auf 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens sowie individuelle Härtefallregelungen greifen können – die sogenannte Sozialklausel – und dass es einen fairen Wohnungstausch geben soll, wenn eine Wohnungsverkleinerung gewünscht ist. Hier bilden die städtischen Wohnungsbaugesellschaften einen gemeinsamen Pool, den Anteil an Ein- und Zweizimmerwohnungen entsprechend zu erhöhen, wie es in der Stadt auch gewünscht ist.

Das Bündnis für soziales Wohnen kostet Geld, sehr viel Geld. Das wurde hier bereits gesagt. Aber dieses Geld ist genau richtig eingesetzt.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

So ein klares Bekenntnis zu Mieterinnen und Mietern wie in Berlin, sicherlich für einen kleinen Teil, erwarte ich auch von der Bundesregierung für ganz Deutschland und damit entsprechende Gesetzesänderungen.

Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben dem Bündnis für soziale Mieten bereits zugestimmt. Wir haben hier – Herr Brauner hat es bereits gesagt – einen ersten Schritt getan. Wir bedanken uns dafür, auch bei den Wohnungsbaugesellschaften, denn sie haben es auszuführen. Weitere Schritte müssen folgen.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Welche denn?]

Es geht um genossenschaftliches Wohnen. Es geht um das Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Es geht um Wohnungsneubau. Es geht um Belegungsbindung. Wir wollen nicht, dass sich Menschen mit niedrigem Einkommen gezwungen sehen, in die Randlagen der Stadt auszuweichen, nur weil sie die Mieten in ihrer Wohnung nicht mehr bezahlen können. Wir wollen eine ausgewogene und gut durchmischt Stadt, mit allen ihren Eigenarten im Zentrum genauso wie in den Außenbezirken. Wir wollen, dass Berlin eine lebenswerte Stadt ist und bleibt, und dazu gehört es, dass man seine Miete zahlen kann. Deshalb ist dieses Bündnis sehr zu begrüßen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Kollegin Spranger! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Kollegin Lompscher das Wort. – Bitte sehr, Frau Kollegin!

Meine Damen und Herren! Liebe Frau Spranger! Ich schätze Sie auch sehr, aber ich finde, wir können langsam damit aufhören, uns gegenseitig daran zu erinnern, wofür wir im Senat zuständig waren. Sie waren unter anderem Finanzstaatssekretärin und haben heftig dazu beigetragen, dass viele Vorschläge, die wir gemacht haben, sich nicht durchgesetzt haben.

[Beifall bei der LINKEN]

Aber das soll hier gar nicht der Punkt sein. Ich schätze Sie!

Ich finde es schade, dass Herr Senator Müller hier ganz allein sitzt, obwohl er sich gegen Herrn Senator Nußbaum durchgesetzt und ihm der Regierende Bürgermeister hoffentlich auch dabei geholfen hat.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Es zeigt aber möglicherweise ein bisschen, welchen Stellenwert dieses Thema „Soziales Wohnen in Berlin“ im Senat wirklich hat, und der scheint nicht besonders groß zu sein.

[Beifall bei der LINKEN]