Dass man bei Ihnen ganz genau hinsehen muss, meine Damen und Herren von der Koalition, zeigt die wun
dersame Geldvermehrung des Herrn Nußbaum. Nachdem Herr Esser von den Grünen und Manuela Schmidt aus meiner Fraktion beim letzten Doppelhaushalt den Finanzsenator bei haushaltspolitischen Taschenspielertricks erwischt haben, ist unser Zutrauen in die Finanzpolitik dieses Senats nicht besonders groß. Aber das, was Sie jetzt als Nachtragshaushalt zur Debatte stellen, ist ja wohl die Krönung.
Ist es nicht absolut lächerlich? Es werden 444 Millionen Euro aus Landesmitteln zusätzlich für den Flughäfen benötigt – und hoppla, rein zufälligerweise kann Herr Dr. Nußbaum im Haushaltsnotlageland Berlin genau 444 Millionen Euro finden, und das ohne neue Schulden oder dass bei anderen Projekten oder Ausgaben gespart werden muss!
Was soll denn das? Wer soll denn so etwas glauben? Für wie dumm hält dieser Senat die Berlinerinnen und Berliner und uns hier im Parlament?
O.k., ein bisschen Luft haben Sie im Landeshaushalt! Ungefähr 128 Millionen Euro haben unsere Haushälter auf Grundlage Ihrer eigenen Senatsberichte ausgerechnet. Aber woher kommen auf einmal die fehlenden 316 Millionen Euro? Jetzt gibt es auf einmal Mehreinnahmen bei der Umsatzsteuer von 250 Millionen Euro, die Sie bei Vorlage des Statusberichts zum Haushalt vor sechs Wochen – ich wiederhole: vor sechs Wochen! – noch nicht ahnen konnten? Erzählen Sie diese Märchen jemand anderem!
Natürlich können Einzahlungen bei den Finanzämtern zu unerwarteten Einnahmen führen – aber doch nicht 250 Millionen Euro mehr seit Anfang August dieses Jahres!
Wenn man nett ist, Herr Nußbaum, könnte man Ihnen fehlende Durchsicht über die Einnahmesituation vorwerfen. Wenn man realistisch ist, muss man annehmen, dass Sie das Parlament getäuscht haben.
Damit wären wir beim wesentlichen Punkt: der Gestaltungskraft und Glaubwürdigkeit dieser Koalition. Ich sage es einmal kurz: Große Klappe und finanziell nichts dahinter. Und das ist so, weil Sie entweder auf die finanziellen Tricks von Herrn Nußbaum hereinfallen oder – das wäre genauso schlimm – sich hinter seinen Tricks verstecken. Von der CDU ist vielleicht nichts anderes zu erwarten. Ihr reicht es, in der Regierung zu sein; egal, in welcher personellen Besetzung, und mit Mogeln und
Aber Herr Saleh! Ist die SPD nicht doch noch ein bisschen ambitionierter? Sie behaupten zumindest immer, dass Sie etwas für den sozialen Zusammenhalt in der Stadt tun wollen. Merken Sie denn nicht, wie Sie durch diesen aktuellen Vorgang öffentlich zum Narren gemacht werden?
Finanzsenator Nußbaum hat auf die Schnelle 444 Millionen Euro gefunden, und Sie verteuern hier zum 1. Januar das Sozialticket für die bedürftigsten Berlinerinnen und Berliner. Sie müssen dann 2,50 Euro mehr im Monat bezahlen, damit sie U-Bahn fahren können. Das bringt noch nicht einmal 1 Million Euro für den Haushalt! Auch schaffen Sie gerade die öffentlich geförderte Beschäftigung ab, um 35 Millionen Euro zu sparen, und Sie zahlen den Berlinarbeitern keinen Mindestlohn mehr. Sie kürzen das Personal und damit auch die Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger, um 30 Millionen Euro einzuknausern. Sie kürzen bei der Förderung besonders bedürftiger Schüler, und wegen angeblicher Geldknappheit verweigern Sie die notwendigen Ausgaben für die Kosten der Unterkunft.
Lieber Herr Saleh! Für alle sozialpolitischen Maßnahmen war und ist kein Geld da? – Das ist doch komplett absurd!
Der gute Herr Nußbaum findet fast eine halbe Milliarde innerhalb weniger Wochen, wenn der Regierende ihn nur nett darum bittet!
Im Gegensatz zu uns, der Opposition, sind Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, nicht auf die formalen und dürren Stellungnahmen des Senats angewiesen. Sie sind mit Ihren Fraktionsvorsitzenden am Senatstisch vertreten. Sie haben diese Regierung gewählt und segnen den Haushalt ab.
Ich rechne mal zusammen: Die von mir genannten Pfeiler der sozialen Infrastruktur würden weniger als 130 Millionen Euro kosten, nicht einmal ein Drittel von dem, was Ihr Finanzsenator gerade zufällig in der Portokasse gefunden hat. Wenn wir uns schon veralbert vorkommen, wie müssen sich die Leute fühlen, die auf die soziale Infrastruktur dieser Stadt angewiesen sind?
Im Ergebnis kann man sich entscheiden: Entweder hat der Senat das Parlament und die Öffentlichkeit ernsthaft getäuscht, inklusive der SPD- und der CDU-Fraktion, oder aber die Koalition möchte überhaupt nichts für Ber
lin erreichen, was auch Geld kosten könnte, es sei denn, es dreht sich gerade um Prestigeprojekte. Gar nicht ausgeschlossen ist, dass beides stimmt.
Die Eröffnung des Flughafens ist schon allein ein Desaster. Wie Senat und die Koalition es finanziell zu managen versuchen, ist aber noch viel schlimmer. Es offenbart die Seele dieser Koalition. Tricksereien einerseits und naives „Wenn hier alle mal zusammenhalten, kriegen wir das hin“-Geplapper andererseits: Sie haben nichts außer Konsolidierungsrhetorik und Großprojekte. Beides kriegen Sie nicht hin. Was Ihnen fehlt, ist eine vernünftige Idee und eine Strategie für ein soziales Berlin.
Wir werden Ihnen Murks beim Flughafen keinen Blankoscheck ausstellen, denn wie schon die letzten beiden Male frage ich Sie: Wie viel von den 444 Millionen Euro sollen als Kapitalzuführung, wie viel als Kredite, wie viel als Bürgschaft der Flughafengesellschaft gewährt werden? Was und in welchem Zeitraum soll davon aus dem Betriebsergebnis der Flughafengesellschaft refinanziert werden? Mit anderen Worten: Was bezahlt die Flughafengesellschaft für ihr Missmanagement selbst, was die Berlinerinnen und Berliner? Darauf geben Sie immer noch keine Antwort, auch auf Nachfrage eiern Sie da rum.
Im Ergebnis bleibt festzustellen: Die heutige Regierungserklärung bringt nur wenig Neues zum Flughafen, aber Ihr vorgelegter Nachtragshaushalt bringt es an den Tag. Sie nehmen die Berlinerinnen und Berliner nicht ernst: Sie machen sich hier nicht ehrlich. Wieder geht Ihnen Schnelligkeit vor Gründlichkeit. Und im Zweifel wird bei Rot-Schwarz auf Kosten der Allgemeinheit getrickst.
Vielen Dank, Herr Kollege Wolf! – Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt dem Kollegen Graf das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege Graf!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Pop – Sie ist zwar gerade nicht da! Lieber Herr Wolf! Bei all Ihrer Häme, Ihrer Schadenfreude, die Sie in den letzten Tagen und auch heute wieder an den Tag gelegt haben, darf ich Ihnen eins versichern: Diese Koalition aus SPD und CDU ist absolut stabil und handlungsfähig.
Sie ist nicht nur stabil, noch viel wichtiger, diese Koalition übernimmt Verantwortung für das wichtigste Infrastrukturprojekt,
Verantwortung dafür, dass der Großflughafen trotz aller Probleme fertiggestellt wird, und Verantwortung dafür, dass wir dies ohne neue Schulden zulasten nachfolgender Generationen finanzieren.
Ja, Berlin hat sich durch die erneute Verschiebung bundesweit blamiert. Ja, es ist in höchstem Maß ärgerlich und peinlich, dass hier offenbar in den letzten Jahren mangelhaft gearbeitet wurde. Und ja, das entspricht auch nicht unserem Anspruch an eine Bundeshauptstadt. Ich betone aber trotzdem: Wir Regierungsfraktionen aus SPD und CDU stehen absolut geschlossen hinter diesem Projekt. Wir wollen, dass der BER an den Start geht.
Wir werden als Koalition alles Notwendige dafür tun, um die finanzielle Handlungsfähigkeit der Flughafengesellschaft zu erhalten. Der Senat hat mit seiner Beschlussfassung am Dienstag über den Nachtragshaushaltsentwurf seine Handlungsfähigkeit zügig unter Beweis gestellt.
Ich finde, Herr Kollege Wolf, mit der Kritik an Herrn Finanzsenator Nußbaum sind Sie hier übers Ziel hinausgeschossen. Ich finde es unerträglich, was Sie hier gesagt haben.
[Beifall bei der CDU und der SPD – Udo Wolf (LINKE): Was meinen Sie denn jetzt? Entkräften Sie den Vorwurf!]
Übrigens sage ich Ihnen, weil Sie die Frage gestellt haben: Eigenkapitalzuführung oder Gesellschafterdarlehen? – Ich gebe Ihnen mal den Tipp: Lesen bildet! Schauen Sie mal in den Haushalt, dann sehen Sie, dass ein Gesamtpaket der Kapitalzuführung gewählt wurde, wir aber die Option im Blick behalten zu sagen, wenn der Flughafen Erträge erwirtschaftet, wird das zurückgezahlt! Und das ist auch der richtige Weg.
Dieser Nachtragshaushalt garantiert aber auch die notwendigen Vorkehrungen im Bereich des Schallschutzes. Wir setzen uns für einen guten Schallschutz ein,
der die Sorgen, die Nöte der Anwohner ernst nimmt und merzen damit Ihre unzureichenden Regelungen, Herr