[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von Michael Schäfer (GRÜNE) – Joachim Esser (GRÜNE): Sie beschädigen den Ruf der Stadt!]
Das Thema ist viel zu ernst, als mit Ihren billigen Polemiken zu versuchen, daraus auch noch Profit zu schlagen.
Es ist ein schwieriges Thema. Die Probleme werden aber nicht durch Besserwisserei gelöst, sondern durch konstruktives Herangehen. Das werden wir tun. Wenn die Opposition in Form der Grünen dort nicht mitmacht, bleibt sie am Rande stehen.
Ich weiß, wie sehr die Hoffnung vieler Menschen auf diesem neuen Flughafen ruht, auch und gerade wegen seiner wirtschaftlichen Bedeutung und der erhofften Arbeitsplätze. Ich weiß, dass der BER unsere Stadt noch attraktiver machen wird. Ich werde mich nicht davon ablenken lassen, die Erfolgsgeschichte Berlins fortzuschreiben und das Projekt zum Erfolg zu führen.
Berlin wächst und ist attraktiv. Vor allem aber hat Berlin die Kraft, die Herausforderungen zu meistern. Darum geht es für die Zukunft. Lassen wir uns unser Berlin nicht schlechtreden, sondern bündeln die Kräfte, um das Projekt Flughafen Berlin-Brandenburg Willy Brandt zu einem guten Abschluss zu bringen! Dafür werbe ich bei Ihnen und in der ganzen Stadt. – Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! – Für die anschließende Besprechung ist zwischen den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten verabredet worden. Es beginnt jetzt die Fraktion Bündnis 90/Grüne. Ich erteile der Kollegin Pop das Wort. – Bitte sehr, Frau Kollegin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wowereit! Ganz ehrlich – vor weiteren Erfolgsstorys dieser Art habe ich Angst.
Noch vor zwei Wochen haben wir Sie hier aufgefordert, mehr Demut an den Tag zu legen und endlich verlässlich Auskunft über die Lage am BER zu erteilen. Wenn auch die Überschrift Ihres Vortrags von Verantwortung, Handeln und Kräfte bündeln sprach, war außer Chuzpe heute nicht viel dabei. Sie habe sich gerade einmal zu einem dürren „es sind Fehler gemacht worden“ hinreißen lassen. Wer ist es, Herr Regierender Bürgermeister? Wer ist es in diesem Fall? Sind Sie es vielleicht?
Sie scheinen es nicht mitbekommen zu haben, dass Sie wahrlich nicht mehr in der Position sind, sich darüber zu echauffieren, dass die böse Öffentlichkeit es wagt, Sie und Ihr katastrophales Krisenmanagement zu kritisieren. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich und persönlich: Mich trifft es, wenn in den Abendnachrichten geätzt wird, in Berlin gäbe es einmal wieder ein Baudesaster von mediterranem Ausmaß. Berlin-Spreeathen ist der wenig schmeichelhafte Vergleich, den Sie uns hier eingebracht haben. „Peinlichste Baustelle Deutschland“ titelt die „Zeit“. Nicht Berlin ist schuld daran, Herr Regierender Bürgermeister, dass sich diese Häme und all der Spott über uns ergießt. Sie haben den Spott über die Stadt gebracht. Sie sind schuld daran.
Hier jetzt Krokodilstränen zu vergießen, finde ich schlichtweg unanständig. Es muss wie purer Hohn in den Ohren der Unternehmen von BER klingen, wenn Sie
heute wieder von der Jobmaschine BER sprechen. In der Wirklichkeit dagegen, in der echten Welt da draußen, lassen Sie die Unternehmen, die am BER investieren und Arbeitsplätze schaffen wollten, ohne mit der Wimper zu zucken seit Monaten brutal hängen. Mit ihnen wird nicht gesprochen, geschweige denn, ihnen Unterstützung oder gar Hilfe von Ihnen anzubieten. Jetzt zu hören, dass Herr Schwarz für die Hilfe von Unternehmen zuständig sein soll, kann an dieser Stelle auch nur ein schlechter Scherz sein.
In der Öffentlichkeit stellen Sie sich hin und sprechen vom Jobwunder BER, als litten Sie unter Realitätsverlusten. Ihr Versagen ist der größte Jobkiller am BER. Das ist die Wahrheit, der Sie sich endlich einmal stellen sollten.
Ich bin entsetzt über das Ausmaß des Missmanagements und das katastrophale Krisenmanagement der letzten Monate. Herr Amann hat das ausführlich dargestellt. Jetzt gibt es ein neues Datum. Nun soll der Flughafen im Oktober 2013 und damit eineinhalb Jahre später als der geplante 3. Juni 2012 eröffnen. Das spricht Bände, welch unhaltbare Zustände im Juni 2012 wohl auf dieser Baustelle geherrscht haben, von Ihnen nicht gesehen und bis heute nicht behoben worden sind. Wie kamen Sie eigentlich auf den 17. März 2013 als Termin? Haben Sie gewürfelt, Münzen geworfen oder Streichhölzer gezogen?
Auch heute haben Sie keinen verlässlichen Terminplan mit klaren Meilensteinen vorgelegt. Mögen Sie heute auch nicht wissen, wann genau welche Genehmigung eingeholt wird, so ist das in Ordnung. Aber trifft es zu, was Herr Amann gestern auf der Baustelle gesagt hat, dass Sie erst im November tatsächlich verlässlich wissen werden, ob der 27. Oktober 2013 tatsächlich zu halten ist? Dazu sollten Sie sich verhalten. Wir alle wollen die Fertigstellung des Flughafens, zügig mit klaren Arbeitsschritten und bitte ohne weitere Kostenexplosionen. Es kann nicht sein, dass wir uns alle achselzuckend damit abfinden, dass öffentliche Bauprojekte vor allem in Berlin immer doppelt so teuer wie geplant werden.
Herr Buchholz! – Wenn es nun heißt, man bekäme dafür einen größeren Flughafen, kann ich nur zurückfragen, wer das eigentlich wann beschlossen hat. Warum hat keiner gesagt, dass der Flughafen größer, aber auch teurer wird und der Zeitplan nicht einzuhalten ist? Warum hat keiner gesagt, dass dies den Puffer von 600 Millionen Euro auffrisst und es sehr viel länger dauern wird, wenn wir vergrößern? Davon war doch nie die Rede. Herr Wowereit, ist Ihre Geschichte vom größeren, schöneren Flughafen vielleicht nur ein Märchen, oder haben Sie tatsächlich hinter verschlossenen Türen die Erweiterung
des Flughafens beschlossen und die Entscheidung mitsamt den damit entstehenden Kosten bewusst Parlament und Öffentlichkeit all die Jahre verschwiegen? Haben Sie in dieser Frage alle getäuscht, Herr Wowereit? Was ist eigentlich die Wahrheit in dieser Frage? Der Untersuchungsausschuss wird das herausfinden. Da bin ich mir ganz sicher.
Sie wissen alle, was mit Regierenden Bürgermeistern passiert, die die Öffentlichkeit dieserart täuschen. Wer hätte das gedacht, dass im Jahr 2012 der Berliner Steuerzahler wieder einmal mit hunderten von Millionen Euro das unternehmerische Versagen von öffentlichen Unternehmern, hier der Flughafengesellschaft, bezahlen muss? Die Ausflüge von Berliner Regierungen in der Wirtschaft sind uns all die Jahre teuer zu stehen gekommen. Noch immer zahlen wir die Zeche für die Pleite der Bankgesellschaft. Nun kommen noch 450 Millionen Euro vorläufig für Missmanagement am Flughafen hinzu. Wenn Sie sagen, dass sei doch quasi ein Schnäppchen, weil der Flughafen den Rest selbst finanziert, kann ich nur sagen, dass er dies über Kredite tut, die wir zu 100 Prozent als Land Berlin verbürgen. So viel zum Thema Kreditwürdigkeit dieses Flughafens. Wo ist denn Ihre Erfolgsstory, Herr Wowereit,
wenn die Flughafengesellschaft zusätzliches Geld benötigt? Wieso braucht die Flughafengesellschaft das Geld, wenn sie in Ihren Augen auf einem Goldesel sitzt? Ich appelliere an Sie, uns nicht weiter Sand in die Augen zu streuen.
Ist es nicht vielmehr so, dass das Märchen von der Erfolgsstory darüber hinwegtäuschen soll, dass der Flughafen mindestens bis 2020 keine schwarzen Zahlen schreiben wird, Herr Wowereit? Wann sagen Sie eigentlich die Wahrheit?
Und warum hatte Sie es mit dem Nachtragshaushalt so eilig? Steht die Flughafengesellschaft vielleicht doch kurz vor der Pleite, und stehen Sie mächtig unter Druck?
Am Dienstag haben Sie beschlossen, dass der Berliner Haushalt in dreistelliger Millionenhöhe für das unternehmerische Versagen dieser Regierung am Flughafen BER aufkommen soll. Wohlgemerkt: Geld, das in dieser Stadt an anderer Stelle gebraucht wird! Auch wenn es sich um Steuermehreinnahmen handelt – das Geld wäre im Schuldenabbau besser investiert gewesen, oder für Schulsanierungen oder Straßenreparaturen, suchen Sie sich etwas aus! „So viel Geld für Pfusch!“, titelte eine Berliner Tageszeitung am Mittwoch. Sie brachte es damit auf den Punkt.
Solange diejenigen, die das Debakel zu verantworten haben – von der Geschäftsführung bis zum Aufsichts- rat –, noch dort sitzen, gibt es am Flughafen BER keinen echten Kassensturz und keinen echten Neustart, Herr Wowereit!
Wo gibt es denn so was, dass in der Leitung eines Milliardenunternehmens niemand für Finanzen zuständig ist? – Das ist am Flughafen so. Wie kann es sein, dass Sie bislang ohne einen echten Bauherrn auf dieser Baustelle agiert haben, einen Bauherrn, bei dem alle Fäden zusammenlaufen? Und wie konnte der Aufsichtsrat bis heute diese massiven Fehler in der Organisationsstruktur zulassen? – Daraus kann ich nur schließen: Ohne einen kompletten Umbau von Geschäftsführung und Aufsichtsrat ist ein Neustart nicht möglich. Ein Amann allein macht noch keinen Flughafen.
Wenn wir auch alle wissen, dass die Fertigstellung des Flughafens oberste Priorität haben muss, habe ich, hat meine Fraktion – das muss ich deutlich sagen – kein Vertrauen mehr in Klaus Wowereit, dass er dieses Projekt zum Erfolg führen kann.