Ich eröffne damit die Beratung über die genannten Kapitel. Wir beziehen auch die Empfehlungen zu diesen Kapiteln gemäß Drucksache 17/0400 sowie die Auflagenbeschlüsse des Hauptausschusses Nr. 1 bis 24 und 26 mit ein.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kultur als Chefsache hat sich wieder einmal ausgezahlt. Wir haben eine stolze Bilanz vorzuweisen. Es ist uns gelungen, unseren Kulturetat zu erhöhen.
Ja, genau! Da kann man doch mal klatschen. – Der Kulturhaushalt wächst im Jahr 2012 auf mehr als 363 Millionen Euro und im Jahr 2013 sogar auf über 367 Millionen Euro an. Das ist ein großer Erfolg und ein Zeichen dafür, dass es der Kultur guttut, wenn das Ressort beim Regierenden Bürgermeister angesiedelt ist. Ich glaube, da könnten wir auch mal klatschen.
Wir reden auch nicht mehr über Schließungen, sondern wir fördern und pflegen unsere Kultureinrichtungen. Darum haben wir auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Tarifsteigerungen in diesem und im nächsten Jahr Vorsorge getroffen. Berlin ist einer der interessantesten Opernstandorte der Welt, um den wir von vielen Metropolen beneidet werden. Wir haben Forderungen der Piraten abgewehrt, die Deutsche Oper abzuwickeln.
Unsere Opernhäuser sind natürlich nicht für eine Elite da, sondern sie haben einen kulturpolitischen Auftrag zu erfüllen.
Wir sind mittlerweile das Parlament der Schreihälse geworden, habe ich neulich gelesen. Sie können ja ruhig schreien, aber – –
Dieser Auftrag besteht darin, eine breite Bevölkerungsschicht, auch die Piraten zum Beispiel, mit der gesamten klassischen und zeitgenössischen Musik bekannt zu machen, das kulturelle Erbe zu pflegen, aber auch neue kulturelle Strömungen zu fördern. Dazu gehört, dass die Eintrittspreise auch für den kleinen Geldbeutel bezahlbar sind. Auch dafür investieren wir in die Opern.
Wir lehnen natürlich das kannibalistische Ansinnen der Grünen ab, den Theatern und Opern 2,3 Millionen Euro wegzunehmen und der freien Szene zu geben. Die beiden
Boulevardtheater, das Schlossparktheater und Theater am Kurfürstendamm, werden zum ersten Mal mit 460 000 Euro gefördert. Auch das heftig diskutierte Grips-Theater erhält zu seinen 2,7 Millionen Euro Zuschuss 100 000 Euro mehr. Aber selbstverständlich setzen wir auch ein deutliches Zeichen in Richtung freie Szene. Hier stocken wir um mehr als 1 Million Euro auf. Dazu kommen außerdem für die bildende Kunst 500 000 Euro Erhöhung und dazu noch die 100 Ateliers, von denen der Regierende vorhin schon mal gesprochen hat, und auch 25 neue Proberäume für Musiker.
Ein wichtiges Projekt ist die Umsetzung des Rahmenkonzeptes „Kulturelle Bildung“ und der Kulturprojektfonds. Mit diesem umfassenden Programm haben wir den Ausbau und die Verankerung der kulturellen Bildung bis in die Bezirke ermöglicht. So tragen wir dazu bei, dass zumindest eine weitere Hürde in Richtung Kultur für alle abgebaut wird.
Unsere Zentrale Landesbibliothek ist die größte öffentliche Bibliothek Deutschlands mit mehr als 1,4 Millionen Besuchern. Allerdings platzt sie aus allen Nähten. Darum ist unsere wichtigste beschlossene Investitionsmaßnahme der Bau der neuen Metropolenbibliothek in Tempelhof. Eine Metropole wie Berlin braucht eine moderne und zeitgemäße Universalbibliothek mit einem attraktiven Veranstaltungsprogramm als Treffpunkt und Veranstaltungsort der kulturellen Bildung und Integration. Deswegen ist für uns diese Bibliothek sehr wichtig.
Wir haben mit dem postmigrantischen Ballhaus Naunynstraße neue Akzente gesetzt. Wir wünschen dem neuen Leitungsteam viel Glück und Erfolg und vor allem viel Glück und Erfolg wünschen wir Shermin Langhoff und Jens Hillje für die Leitung des Maxim-Gorki-Theaters. Mit Shermin Langhoff wurde eine herausragende Kennerin der postmigrantischen Kunst- und Kulturszene berufen, und darüber freuen wir uns sehr.
Die Erinnerungskultur ist ein Publikumsmagnet für unsere Stadt geworden. Unsere authentischen Erinnerungsorte der beiden deutschen Diktaturen ziehen hauptsächlich Touristen an.
Wir werden in dieser Legislaturperiode unser Mauergedenkstättenkonzept fertigstellen. Mit diesem Kulturhaushalt setzen wir deutliche Zeichen in der Kulturlandschaft
und unterstreichen damit die immense Bedeutung von Kunst und Kultur für unsere Stadt. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Kollegin Lange! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Bangert das Wort. – Bitte sehr, Frau Kollegin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kulturetat wurde also erhöht. Das klingt erst mal schön. Aber die differenzierte Betrachtung zeigt, die rechnerische Erhöhung resultiert zum Teil aus Mehrausgaben, verursacht durch die Übertragung an das Sondervermögen Immobilien Land Berlin, kurz SILB. Das ist schon mal keine Erhöhung des Kulturetats, sondern gehört in die Kategorie linke Tasche, rechte Tasche. Ja, wir haben einen Aufwuchs von rund 2 Millionen Euro für Tarifanpassungen bei institutionell geförderten Einrichtungen. Das begrüßen wir ebenso wie die im Haushalt ausgewiesenen Mittel zur Anpassung an den Mindestlohn nach dem Berliner Vergabegesetz. Aber Berlin hat nicht nur institutionell geförderte Einrichtungen, sondern eine beachtliche freie Szene, und die geht mal wieder fast leer aus.
Im Haushalt ist bei den Projektmitteln für die freie Szene keinerlei Annäherung an Mindestlohnstrukturen zu erkennen und dies, obwohl deren Lage hochgradig prekär ist. Nur noch knapp 3 Prozent der Mittel im Kulturhaushalt werden frei vergeben. Vor zehn Jahren hatten wir da noch zehn Prozent. Und da reden Sie von einer Verbesserung, na danke schön!
Und wenn Sie jetzt die Erhöhung für die Zuwendungen an freie Gruppen abfeiern, dann ist das nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein und lässt die Situation, in der sich die Kunst- und Kulturschaffenden vor allem in der freien Szene befinden, völlig außen vor. Die Kuppe ist noch, dass im Gegenzug 460 000 Euro im eigens dafür geschaffenen Haushaltstitel an nur zwei Einrichtungen, die Ku’dammbühnen und das Schlossparktheater, vergeben werden, ohne Evaluierung, ohne Juryentscheidung, der sich alle anderen Privattheater und freien Gruppen ansonsten stellen müssen.
Ein solches Verfahren ist nicht nur kritikwürdig, das ist rot-schwarze Klientelpolitik. Das ist Kulturpolitik für die Mottenkiste und nicht für eine pulsierende Metropole wie Berlin.
Sie lehnen unseren Antrag, die freie Szene finanziell zu stärken, ab. Wir wollen ein Prozent der Mittel der großen Häuser an die freie Szene umschichten. Wir wollen mehr Solidarität der großen institutionell Geförderten mit der freien Szene. Die Wirtschaftspläne der großen Häuser zeigen, dass dies machbar ist. Uns geht es darum, die zur Verfügung stehenden Mittel gerechter zu verteilen. SPD und CDU wollen das nicht. Sie wollen nur, dass alles beim Alten bleibt. Und so geht der Großteil des Kulturetats auch in diesem Haushalt wieder fast ausschließlich an die großen Institutionen. Die freie Szene bleibt einmal mehr auf der Strecke. Wir finden das skandalös und nicht zukunftsweisend für die Stadt.
Quer durch alle künstlerischen Sparten entfaltet die freie Szene die größte Kreativität. Das ignoriert der Senat, allen voran der Regierende Bürgermeister, der sich zwar Kultursenator nennt, aber Sie haben zum Glück ja einen Regierenden Kulturstaatssekretär, der wenigstens noch halbwegs für die Kultur in dieser Stadt tätig ist.
Auch die Fraktionen von SPD und CDU erkennen nicht, welche enorme Bedeutung die freie Szene und überhaupt alle Kulturschaffenden für die Stadt haben. Von wegen Berlin verstehen; das machen Sie uns hier bestens vor. Sie verharren in einer Kulturpolitik, der die zukunftsfähige Ausrichtung fehlt. Das haben wir im Umgang mit der Ernst-Busch-Schauspielschule gesehen, und das sehen wir, wie Sie ansonsten mit der freien Szene umgehen. Ihre Provinzposse um die Ernst-Busch-Schauspielschule hat einmal mehr gezeigt, dass Sie nicht erkennen, dass Kultur eine Kernkompetenz Berlins ist und als solche eine der wichtigsten Ressourcen für unsere Stadt.
Sie erkennen dies nicht, weil Sie nicht mit den Akteuren in dieser Stadt reden. Im Gegensatz zu den politisch Verantwortlichen haben die nämlich längst erkannt, dass man Kultur- und Stadtentwicklungspolitik z. B. zusammendenken muss und dass Berlin grundlegende Strukturveränderungen in der Kulturförderung braucht. Deshalb werden wir auch den Einzelplan ablehnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Bangert! – Für die Fraktion der CDU hat der Kollege Schlede das Wort. – Bitte, Herr Kollege Schlede!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Bangert! Wenn ich mal direkt auf Sie eingehen darf: Sie haben – glaube ich – vorher mit Herrn Esser nicht ge
sprochen. Bezüglich der Haushaltsvorstellungen sehe ich da einen diametralen Gegensatz, unabhängig von Ihrer einprozentigen Solidarabgabe. Jedenfalls geht Ihre Vorstellung bezüglich dessen, was wir finanzieren können, beispielsweise durch Tarifangleichungen in der freien Szene, weit über das hinaus, was ein Prozent in diesem Falle bringen würde. Also, reden Sie noch mal mit dem Kollegen Esser!
Grundsätzlich gehe ich mal auf Herrn Esser ein, wenn er meint, ein Haushaltsplan ist in Zahlen gegossene Politik – hundertprozentig richtig. Da kann ich eigentlich für den Kulturhaushalt sagen: Hervorragend, diese Steilvorlage; dieses entspricht genau unseren Intentionen. 2 Prozent Steigerung von 2011 auf 2012, auf 2013 hin gar 3 Prozent. Das können nicht alle Bereiche sagen. Insofern muss ich wirklich dem Senat schon für seine Vorlage danken, die die Bereiche Bildung und Kultur schon recht gut hat berücksichtigen können im Vergleich zu anderen Dingen und eben auch berücksichtigt hat, dass Berlin als eine lebendige, vielfältige, attraktive und weltoffene Kulturhauptstadt diese Förderung und diese Entwicklung dringend nötig hat.