Dass sich der Haushalt nicht von allein macht, zeigen nicht nur die vielen Beteiligten. Ich kann das eindrucksvoll anhand einiger Zahlen darlegen. Allein der Hauptausschuss hat in seinen 14 Sitzungen der Haushaltsberatung insgesamt 858 Seiten Protokoll gefüllt. Die besprochenen Vorgänge – 1261 an der Zahl – füllen einen ganzen Aktenschrank meines Büros. Der Haushalt hat insgesamt 131 Stunden und 5 Minuten beraten. Das – in Zahlen umgemünzt – sind rund fünfeinhalb Tage rund um die Uhr. – Wohlgemerkt: Nicht eingerechnet sind dabei die Sitzungen der Unterausschüsse und Fachausschüsse, ganz zu schweigen von den Haushaltsrunden der Fraktionen und den Gesprächen jedes Einzelnen mit Initiativen, Verbänden, Bürgerinnen und Bürgern.
Dieser Haushalt ist für alle Beteiligten unter besonderen Umständen beschlossen worden. Eigentlich hätte der Haushalt 2012/2013 schon vor dem 1. Januar 2012 be
schlossen werden müssen, aber wie Sie alle wissen: Im Zuge der veränderten Koalition wurde der Haushaltsentwurf vom neuen Senat überarbeitet, sodass der Hauptausschuss erst im Februar mit den Beratungen starten konnte, mit der Folge, dass nach § 24 LHO erst mit unserem Beschluss heute die Gelder etwa für Investitionen, Neuinvestitionen oder neue Projekte zum nächsten Ersten, sprich zum 1. Juli 2012 freigegeben werden können.
Für die Finanzsituation des Landes Berlin ist das auf den ersten Blick nicht schlecht, weil nur noch ein halbes Jahr zur Verfügung steht, um die Gelder auszugeben, aber für viele – das dürfen wir Haushälterinnen und Haushälter und Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht vergessen – stellt das ein großes Problem dar, wie etwa für jene, die zum 1. Januar dieses Jahres im Rahmen einer neu geförderten Maßnahme eigentlich etwas für unsere Stadt tun wollten und nun bis zur Freigabe der Gelder warten müssen. Auch für den Investitionsstau im Land Berlin ist das sicherlich nicht gerade förderlich.
Der Ihnen vorliegende Haushaltsplan umfasst für 2012 Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 22,8 Milliarden Euro. Davon entfallen auf 2013 Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 22,954 Milliarden Euro. Davon entfallen 2012 7,155 Milliarden Euro und 2013 7,201 Milliarden Euro, also ein knappes Drittel, auf die Haushalte der Bezirke. Obwohl das auf den ersten Blick nach einer guten Bezirksquote aussieht, sind die bezirklichen Globalsummen im Haushalt 2012/2013 um weitere 50 Millionen Euro im Hauptausschuss erhöht worden. Indirekt profitieren die Bezirke zudem von weiteren Beschlüssen, etwa von der Aufstockung des Schul- und Sportanlagensanierungsprogramms.
Die Zuweisungserhöhung an die Bezirke war eine der zentralen strukturellen Entscheidungen dieser Haushaltsberatungen. Auch wenn wir uns in der Höhe und Frage der Personalberechnung der zusätzlichen Gelder und in der Art der Zuweisung zwischen den Fraktion nicht völlig einig waren, so war es doch – das ist meine Einschätzung – Konsens über die Fraktionsgrenzen hinweg, dass die Bezirke stärker als in den letzten Jahren mit von uns unterstützt werden müssen, um die größtenteils mittlerweile gesetzlich vom Bund und vom Land vorgegebenen gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen und zusätzlich Schwerpunktsetzungen erbringen zu können. Ich glaube, dass die Umorientierung auch viel damit zu tun hat, dass viele neue Kolleginnen und Kollegen aus Bezirksverordnetenversammlungen und Bezirksämtern hinzugestoßen sind, die ihre eigenen Erfahrungen in den Hauptausschuss mit hineinbringen konnten.
Ich glaube aber auch, dass angesichts der klammen Kassen des Landes Berlin klar sein muss, dass wir insgesamt – auch in den nächsten Jahren – die Fragen der Aufgabendefinition und Finanzierung der Bezirke weiter werden klären müssen. Die letzte große strukturelle Diskus
sion, die wir zu diesem Thema hatten, liegt mittlerweile schon einige Zeit zurück. Wir erinnern uns – glaube ich – fast alle noch daran, dass es die Scholz-Kommission „Staatsaufgabenkritik“ zur Jahrtausendwende war, die viele Vorschläge gemacht hat, von denen einige umgesetzt worden sind. Ich denke, es wäre an der Zeit, dass wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier uns in den nächsten Haushaltsberatungen viel stärker mit der Frage beschäftigen müssen, wie Bezirke und Land miteinander zu koordinieren sind, wie Bezirke und Land miteinander die Dinge erbringen können, die die Bürgerinnen und Bürger von uns erwarten. Auch das gehört zur Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit mit dazu.
Ich denke, dass das Haushaltsrecht für uns alle als Königsdisziplin gilt, und zwar zu Recht. Dieses Recht ernst zu nehmen und als Parlamentarier kritisch zu hinterfragen und zu diskutieren, dürfen wir uns in der Bundes- und Landeshauptstadt Berlin nicht nehmen lassen. Blankoermächtigungen für die Regierung dürfen nur eine absolute, gut begründete und zeitlich befristete Ausnahme darstellen.
Aber, Frau Kosche, es ist auch an der Zeit, dass wir Parlamentarier in Berlin die Bürgerinnen und Bürger zu unseren Verbündeten machen und sie besser und früher in die Diskussion mit einbinden. Ich rede dabei nicht unbedingt über das Instrument des Bürger- und Bürgerinnenhaushalts, das mal mehr und mal weniger gut funktioniert, sondern vor allem davon, dass allein wir neuen Parlamentarier trotz BVV- und Bezirksamtserfahrungen – ich bin selbst zehn Jahre lang im Bezirk im Haushaltsausschuss gewesen –, eine lange Zeit brauchten, um durch das Gros der Haushaltsprobleme und Tricks durchzusteigen. Wir brauchten Wochen und teilweise Monate, um die letzten Dinge miteinander besprechen zu können. Herr Esser, der für mich ein wandelndes Lexikon in Haushaltsfragen darstellt, hat wiederholt zum Besten gegeben, dass er immer noch dazulernt, sodass ich Sie zum Schluss frage, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir Politikjunkies Wochen, Monate und Jahre brauchen, um durch den Haushalt durchzusteigen, wie steht es dann um die Transparenz gegenüber denen, für die wir eigentlich den Haushalt beschließen, nämlich für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt? Ich wünschte mir, wir würden diese Legislaturperiode als Haushälterinnen und Haushälter, als Parlamentarier und Parlamentarier auch dazu nutzen, das zu ändern, die Menschen früher einzubinden und ihnen zu erklären, was wir etwa mit Verpflichtungsermächtigungen, Veränderungssperren und Auflagenbeschlüssen meinen und erreichen wollen. Wenn wir das in den nächsten vier, fünf Jahren gemeinsam anpacken – das wird nicht von heute auf morgen gelingen – und im Blickfeld haben, dann haben wir sicherlich vieles erreicht. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns allen eine gute und konstruktive Beratung des Haushalts 2012/2013. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Kollege Verrycken! – Ich möchte Ihnen, dem gesamten Hauptausschuss und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die geleistete Arbeit bei der Beratung des Doppelhaushalts recht herzlich im Namen aller hier danken.
Zum Ablauf unserer Beratung verweise ich nochmals auf die Ihnen vorliegenden Regularien. Im Ältestenrat war man sich darüber einig, dass sich auch der Senat an die Redezeiten, die den Fraktionen zur Verfügung stehen, halten möge. Seitens des Vertreters des Senats im Ältestenrat hat es hierzu keinen Widerspruch gegeben. Das bedeutet, dass der Senat insgesamt auch eine Redezeit von bis zu 120 Minuten hat.
Ich eröffne die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der 14 Paragrafen miteinander zu verbinden. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Paragrafen 1 bis 14 – Drucksache 17/0150 – sowie den diesem Gesetz als Anlage beigefügten Haushaltsplan von Berlin für die Haushaltsjahre 2012 und 2013, die Beschlussempfehlung 17/0400 und die bereits aufgerufenen Änderungsanträge.
Ich eröffne damit die allgemeine Beratung mit einer Richtredezeit von ca. 30 Minuten pro Fraktion. Ich rufe hierzu auch auf
Wir beziehen auch die Empfehlungen zu diesem Einzelplan gemäß Drucksache 17/0400 sowie die Auflagenbeschlüsse des Hauptausschusses Nummern 1 bis 24, 25 und 27 mit ein.
Wir kommen nun zur Runde der Fraktionsvorsitzenden. Es beginnt die Fraktion der SPD. – Bitte, Herr Saleh, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Berlin steht vor gewaltigen Herausforderungen. Die Stadt hat 63 Milliarden Euro Schulden, eine Zinslast von 2,2 Milliarden Euro pro Jahr, der Solidarpakt II läuft aus. Berlin erhält heute noch 1,4 Milliarden Euro, am Ende der Legislaturperiode werden es nur noch 817 Millionen Euro sein. Mit Ablauf dieses Jahrzehnts wird die Schuldenbremse gelten. Dann dürfen wir keine neuen Schulden mehr machen. Bei einem Gesamthaushalt von knapp 23 Milliarden Euro kann jeder und jede sehen, was diese Zahlen bedeuten. Für
Wir hatten geringe Spielräume, aber wir haben diese geringen Spielräume genutzt. Wir wollen Investitionen stärken, denn das hilft dem ersten Arbeitsmarkt, das hilft der regionalen Wirtschaft. Berlin wird durch reines Sparen nicht nach vorne kommen. Wir brauchen Investitionen in Zukunftsbereiche. Um voranzukommen, müssen wir auch die Einnahmen steigern.
Eines ist doch erfreulich: Berlin wächst. Das liegt auch an den neuen Chancen in der Industrie. Über ein Zehntel der Wirtschaftsleistung unserer Stadt findet dort statt – 105 000 Arbeitsplätze! Allein im letzten Jahr ist der Umsatz in der Berliner Industrie um 4,6 Prozent gestiegen. Das Wirtschaftswachstum lag 2011 bei 2,1 Prozent. Deshalb investiert diese Regierung weiter in die Zukunftsfelder, denn das stärkt Berlins Wirtschaft und damit auch den Wohlstand in dieser Stadt.
Deshalb werden wir hier investieren, 5 Millionen Euro im nächsten Jahr für Bauplanung und Bauvorbereitung und weitere Mittel in den Ressorts Wirtschaft und Wissenschaft.
Unsere Spielräume waren in diesen Haushaltsberatungen äußerst begrenzt. Trotzdem war uns klar, dass Tegel ein Zukunftsort ist. Dort schaffen wir Chancen für eine moderne städtische Produktion. Politik wird weder in Tegel noch sonstwo in Berlin etwas alleine schaffen, aber mitzuhelfen und Rahmenbedingungen zu schaffen, das ist unsere Aufgabe. Das können und werden wir tun.
Herr Benedikt Lux! Es gibt mehr als nur Kreuzberg in Berlin, es gibt mehr als nur Kreuzberg in der gesamten Stadt!
und an den erfolgreichen Standort für Wissenschaft und Wirtschaft Adlershof. Der Weg zur richtigen Variante wird noch schwierig sein, keine Frage! Der Senat und die Bezirke werden diesen Weg gemeinsam gehen. Am Ende wird eine Entscheidung stehen. Damit schaffen wir einen weiteren wichtigen Baustein für die Berliner Infrastruktur, und wir verbessern die Lebensqualität so mancher Anwohnerin und manchen Anwohners.
Ich möchte natürlich auch etwas zu BER sagen. Ich gebe es zu: Im April hätte ich ein bisschen entspannter über das Thema reden können als heute. Wir akzeptieren, dass die Opposition jetzt einen Untersuchungsausschuss möchte.
Das ist ihr gutes Recht. Untersuchungsausschuss ja, aber ich bin gegen Verwirrung und Angstmache, liebe Kollegen und Kolleginnen!
Jetzt spekulieren alle mit wilden Zahlen und Mehrkosten. Wir werden darauf reagieren als Koalition und dann einen seriösen Nachtragshaushalt machen. Die große Koalition ist in dieser Sache handlungsfähig.