Protocol of the Session on May 10, 2012

Es versteht sich von selbst, dass ich aus verhandlungstaktischen Gründen hier kein maximal möglichen Kaufpreis nennen würde. Der ist für mich, offen gesagt, nur zweitrangig von Interesse. Was mich interessiert, ist der maximal minimale Preis, nämlich der möglichst geringste Preis, den ich an einen Veräußerer zahlen möchte. Darum geht es.

Für den Wert eines Anteils gibt es gewisse Regeln, normalerweise auf der Basis des Ertragswerts; es ist jedenfalls kein absolut mathematischer Wert, sondern ein Wert, der die Perspektiven des Unternehmens betrachtet, zukünftige Erträge, der aber auch die Frage nach strategischen Einflussnahmen stellt, nach politischen Optionen. All das ist mit hineinzubringen.

Es gibt hier in dem konkreten Fall die Fragen von Streitereien. Sie wissen, wir haben laufende Schiedsverfahren. Darüber habe ich Ihnen schon berichtet. Sie wissen, dass bei den Wasserbetrieben noch offene Rechnungen sind im Sinn der Nachkalkulation, die eigentlich noch berechnet werden müssten. Es gibt hier eine ganze Reihe von Einflussfaktoren, die einen Wert bestimmen. Am Ende des Tages ist aber der Preis ein Preis, den beide Parteien bereit sind zu bezahlen, die eine Partei, die es zu dem Preis verkaufen möchte, oder wenn der Preis nicht attraktiv ist, sagt, ich verkaufe eben nicht. Denken Sie bitte daran, RWE hat kein Liquiditätsproblem, die müssen nicht verkaufen. Auf der anderen Seite muss der Käufer

(Senator Dr. Ulrich Nußbaum)

auch den Preis akzeptieren und sagen, der Preis ist auch für mich in Ordnung.

Sie haben gefragt, wie wir das finanzieren. Ich kann Ihnen an dieser Stelle sagen: Das Bestreben ist es, und der Preis wird auch so sein, dass sich der Anteilserwerb aus sich selbst heraus finanzieren lassen wird, ohne eine Haushaltsbelastung zu sein. Wir wollen den Kaufpreis nicht über den Haushalt finanzieren, sondern aus den künftigen Erträgen, respektive aus dem Vermögen der Wasserbetriebe. Wir werden nach der Entscheidung über die Konkretisierung der Verträge hierzu berichten. Auch das ist dann Teil des Kaufvertrags, der Ihnen hier offen und transparent vorgelegt werden wird, den Sie dann für sich selbst bewerten können.

Sie haben nach künftigen Risiken gefragt. Wenn sie einen Anteil von einem aktiven Unternehmen zurückkaufen, haben sie geschäftsimmanente Risiken. Das sind nicht nur die Risiken, die Sie, Frau Kosche, angesprochen haben, sondern sie haben auch ein Mengenrisiko: Gehen die Wassermengen weiter zurück? Haben sie die Fixkostendegression? Das hat dann auch Einfluss auf den Unternehmenswert, auf die Wasserpreise.

In jedem Fall haben wir natürlich – auch im Zusammenhang mit einer Kaufpreisfindung – für uns verschiedene Sensitivitätsszenarien gemacht, also Schwankungsszenarien, auch Stresstests zu der Frage, was man maximal mit einem bestimmten Kaufpreis aushalten kann. Wir haben daneben in einem Stresstest auch die zweite Abmahnung des Bundeskartellamts vom 2. April 2012 berücksichtigt, wonach die abgabenbereinigten Frischwasserpreise im Jahr 2012 durchschnittlich um 21 Prozent im Vergleich zu 2010 abzusenken seien.

Sie deuten in Ihrer Frage an, dass der Sonderausschuss „Wasserverträge“ möglicherweise eine Geheimstrategie oder noch nicht veröffentlichte Vorschläge hat, wie man auf anderem Wege zu einer günstigen Lösung bezüglich der Auflösung der Verträge oder wie man günstigerweise an die Anteile kommen könnte. Ich wäre dankbar, wenn Sie mir diese Überlegungen einmal mitteilen könnten. Dann könnte ich sie noch vor Abschluss der finalen Vertragsverhandlungen mit einspeisen. Ich wäre Ihnen also richtig dankbar, wenn Sie mir neue Ideen präsentieren könnten. Ich jedenfalls kann Ihnen sagen, dass auch mein Kollege Wolf, der sich ja lange Jahre damit befasst hat, wie man das zurückkaufen kann, und auch wir im Finanzressort den Königsweg bislang nicht gefunden haben. Wie Sie wissen, hat das dann vor dem Kartellamt geendet.

Deswegen gehen wir davon aus – und müssen wir davon ausgehen –, dass die Verträge zur Teilprivatisierung wirksam und rechtmäßig sind. Deshalb sind auch keine Regelungen für Nachverhandlungen mit RWE erforderlich.

Sie suggerieren mit Ihrer Fragestellung auch, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Rückkaufpreis oder der Bewertung eines Anteils von Veolia – 24,9 Prozent – und den Wasserpreisen gibt. Ich weiß nicht, wie Sie zu dieser Annahme kommen. Denn die Wasserpreise hängen davon ab, wie die Erlöse bei den Wasserbetrieben gestaltet werden. Sehr viel hängt auch damit zusammen, welche Erträge die Wasserbetriebe erzielen. Wie Sie wissen, gehen die Erträge im Wesentlichen in den Haushalt des Landes über, bei dem Sie sich ja gerade im Aufstellungsverfahren befinden. Die Erträge gehen also nicht in die private Tasche des Senators oder des Senats, sondern sie dienen zur Finanzierung des Haushalts, sind Einnahmen des Haushalts und dienen dazu, dieses Gemeinwesen in seinen unterschiedlichsten Facetten zu finanzieren.

Wenn man also die Wasserpreise senken will – und wir haben hier immer zumindest von einer Stabilisierung gesprochen –, dann heißt das, dass wir auf Einnahmen für den Landeshaushalt verzichten müssen. Das hat jedenfalls unmittelbar nichts mit dem Rückkauf zu tun – es sei denn, Sie sind der sehr irrigen Annahme, dass wir einen Anteil geschenkt bekämen und gar nichts für ihn bezahlen müssten, wo andere damals eine Menge Geld bezahlt haben und auch noch großstellige Millionenbeträge im Unternehmen haben. Deshalb gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen Wasserpreisen und Rekommunalisierung, auch wenn Sie das suggerieren. Der Wert der Anteile wird im Übrigen auch über die Konsortialvereinbarung abgesichert, ist also nicht unmittelbar mit den Gesellschaftsrechten verbunden.

Auch Veolia hat in diesem Zusammenhang noch Rechte, denn wir reden ja zur Zeit nur über den Rückkauf der RWE-Anteile von 24,9 Prozent. Aber bekanntlich gibt es einen zweiten privaten Eigentümer, eben Veolia, der ebenfalls noch 24,9 Prozent hat. Dann muss man natürlich auch mit diesem Partner, der ja nicht – wie Sie wissen – die Absicht zu verkaufen hat, eine konsensuale Lösung finden. Das ist aber dann nach vorne gerichtet. Dann sprechen wir über die Frage der Modernisierung der Wasserverträge, inwieweit wir das also perspektivisch mit dem weiteren Partner abschließen können.

Ich kann Ihnen jedenfalls sagen, dass die Kollegin von Obernitz und ich an dieser Stelle sehr gut zusammenarbeiten und dass wir das über kurz oder lang auch zu einem Abschluss bringen werden. – Vielen Dank!

Danke schön! – Für die erste Nachfrage der Kollege Claus-Brunner. – Bitte schön!

Ich frage den Senat: Ist der Anteilseigner Veolia in der genannten Sache so weit involviert, dass geplant ist, der

Veolia Anteile der RWE zu überlassen und den Konsortialvertrag respektive das Betriebegesetz entsprechend anzugleichen? Wie berührt der Gesamtvorgang den Sonderausschuss „Wasser“ in seiner Arbeit und in seiner Existenz?

Bitte schön, Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich fange einmal hinten an. Ich weiß nicht, ob Sie sich jetzt Existenzängste machen. Ich versuche, meine Arbeit zu machen, und der Auftrag ist der, dass wir über einen Rückkauf der Anteile von RWE verhandeln. RWE hat die Absicht geäußert, Anteile zu verkaufen. Veolia hat zuletzt noch bekräftigt, die Anteile behalten zu wollen. Deswegen kann ich auch nicht sagen, wie wir in Zukunft mit Veolia umgehen. Das wären dann künftige Gespräche. Ich denke, dass wir dann, wenn wir auf Augenhöhe mit Veolia in dieser RVB sitzen – und um deren Anteile geht es ja –, durchaus eine andere strategische Verhandlungsposition haben, als wenn wir nicht in der RVB sind, die ja zurzeit über den Konsortialvertrag und über die Einlagen die Wasserbetriebe unabhängig davon steuert, dass wir Gewährträger sind.

Einen Bezug zum Betriebegesetz sehe ich derzeit nicht. Ob wir der Veolia Anteile überlassen, ist nicht heute zu entscheiden. Hier geht es erst einmal darum, dass das Land die 24,9 Prozent von RWE zurückkaufen will.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Die nächste Nachfrage kommt von der Kollegin Kosche. – Bitte schön!

Danke, Herr Präsident! – Herr Senator! Unabhängig einmal von den vielen Nebelkerzen und den vielen Antworten, zu denen wir gar keine Fragen hatten – der RWE-Finanzvorstand, Herr Rolf Pohlig, hat heute in einer Agenturmeldung gesagt, dass die Verträge fertig seien und unterschriftsreif vorlägen. An dieser Stelle hätte ich gerne gewusst, welche Verkaufszahl die richtige ist – die von 645 Millionen Euro, die Sie in der SPD-Fraktion genannt haben, oder die, die in einer Berliner Zeitung genannt wurde.

Bitte schön, Herr Senator!

Herr Präsident! Frau Kosche! Wie Sie wissen, ist die SPD-Fraktion so sensibel, dass das, was man dort sagt, nicht rausgeht. Insofern können Sie da auch gar keine Zahl wissen, die da eventuell genannt wurde.

[Beifall bei der SPD]

Ein Vertrag ist dann fertig, wenn beide Parteien sagen: Er ist fertig. Er ist nicht fertig, wenn Juristen ihn abgeliefert haben. Die Juristen machen ihre Arbeit, und Sie können davon ausgehen, dass das ein sehr umfangreiches Werk ist. Denn die Komplexität der Struktur, die vor 13 Jahren geschaffen worden ist – das wissen Sie ja aus den ganzen Runden, die Sie machen –, ist eine äußerst schwierige, und sie muss natürlich jetzt auch rechtlich richtig gefasst werden, damit wir künftig keine Probleme haben.

Das heißt nicht, dass ich mir nicht auch das Recht erlaube, die eine oder andere Vertragsformulierung, die Juristen geschrieben haben, für mich selbst zu würdigen und zu überprüfen. Es gibt ja auch dann, wenn ein Vertrag rechtlich formuliert worden ist, steuerliche oder gesellschaftsrechtliche Fragen – das Thema Veolia ist schon angesprochen worden. Insofern ist es schon ein Unterschied, ob ein Verkäufer sagt, dass das aus seiner Sicht so gehen könnte, oder ob wir als Käufer hier sagen, dass das aus unserer Sicht so gehen könnte. Ich sehe da also keinen Widerspruch, wenn der eine sagt, der Vertrag sei unterschriftsreif, aber aus meiner Sicht noch einige Dinge zu beachten sind, für die wir uns auch im Senat alle Zeit zu prüfen nehmen. Wir wollen es ja richtig machen und bei den Debatten in diesem Haus bestehen.

Vielen Dank! – Die nächste Nachfrage hat Frau Kollegin Bayram.

Ich möchte wissen: Wie wollen Sie die Verpflichtung zur Leistung der Kaufsumme für den Kaufpreis für den Ankauf der RWE-Anteile an den Berliner Wasserbetrieben haushaltsrechtlich absichern? Ist Ihrer Meinung nach hierfür eine Bürgschaft des Landes Berlin erforderlich? Und besteht aus Ihrer Sicht der Bedarf, eine solche Bürgschaftsermächtigung in das aktuelle Haushaltsgesetz, das wir gerade behandeln, aufzunehmen?

Bitte schön, Herr Senator!

Wir machen hier keine konsumtive Ausgabe, sondern wollen einen wertvollen Anteil an einem Unternehmen

(Senator Dr. Ulrich Nußbaum)

der Daseinsvorsorge kaufen, was in zentralen Bereichen für uns essenziell ist, weil es uns heute, morgen und auch übermorgen zuverlässig mit exzellentem Wasser versorgen soll. Wir kaufen also einen Gegenwert, und wenn Sie einen Gegenwert kaufen, müssen Sie Geld in die Hand nehmen, und wenn Sie das Geld nicht haben, werden Sie dafür einen Kredit aufnehmen müssen. Ein Kredit aber ist umso günstiger, je besser Sie ihn absichern. Da ist die staatliche Bürgschaft ein Weg. Dabei kann es gegebenenfalls auch in die Haushaltsberatungen einbezogen werden, dass der Bürgschaftsrahmen entsprechend aufgestockt wird, um der Finanzierung für eine Erwerbsgesellschaft für diesen Anteil eben zu einem günstigen Kredit zu verhelfen.

Wie wir das langfristig absichern, wird dann in der Vorlage, wenn wir uns endgültig mit der Entscheidung über den Kaufvertrag befasst haben, auch hier vorgelegt werden.

Danke! – Die letzte Nachfrage hat der Kollege Buchholz.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Da es den Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfraktionen offensichtlich nicht über die Lippen geht, sage ich es einfach einmal: Herzlichen Glückwunsch zu diesem in harten Verhandlungsrunden erreichten Verhandlungsstand, dass es eine ernsthafte Möglichkeit der Rekommunalisierung gibt!

[Zurufe: Eine Frage!]

Eine Frage bitte, Herr Kollege!

Das kann man auch einmal feststellen!

[Beifall bei der SPD – Martina Michels (LINKE): Unglaublich!]

Herr Senator! Meine Frage an Sie lautet: Habe ich Sie richtig verstanden? Sie haben von Sensitivitätsanalysen und auch Stresstests gesprochen. Auch wenn es eine verbindliche Verfügung des Kartellamts geben wird, die Frischwasserpreise um 21 Prozent zu senken, sehen Sie die Möglichkeit, diesen Rückkauf der Anteile an den Wasserbetrieben zu vollziehen?

[Uwe Doering (LINKE): Woher kennst du den Verhandlungsstand? – Beifall bei den PIRATEN]

Bitte schön, Herr Senator!

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Die Annahme ist richtig. Ich sagte es ja schon in der Beantwortung der Frage. Refinanziert wird dieser Kauf nicht unmittelbar aus dem Haushalt, sondern aus der Leistungsfähigkeit der Wasserbetriebe. Sollte die Leistungsfähigkeit der Wasserbetriebe zurückgehen, weil beispielsweise die Wasserpreise gesenkt werden, weil wir das politisch hier beschließen, weil ein Kartellamt es verfügt, weil wir auf Einnahmen für den Haushalt verzichten, dann bedeutet das natürlich geringere Erträge oder dann auch am Ende geringere Gewinne bei diesem Unternehmen. Damit stehen auf den fünfundzwanzigprozentigen Anteil weniger Erträge zur Verfügung, um Zinsen und Kapitaldienst dafür zu bezahlen. Das würde dann dazu führen, dass die Finanzierung nicht unmöglich wird, ganz im Gegenteil, man kann weiterfinanzieren, aber möglicherweise zahlen Sie dann diesen Anteil wie Ihr Eigenheim oder Ihr Häuschen nicht in 25 Jahren ab, sondern Sie brauchen vielleicht 30 Jahre dafür. Da wir aber Wasser ewig brauchen werden, da wir über eine Daseinsvorsorge reden, nicht über ein Investment, was wir im Sinne von Arbitrage heute günstig kaufen, um es morgen besser zu verkaufen – das meinte ich eben auch mit der strategischen Frage, mit der Frage der Rekommunalisierung –, ist es dann auch letztlich nicht entscheidend, wenn das Geschäft in sich finanzierbar und gut ist, ob Sie 25, 26 oder 30 Jahre zur Refinanzierung brauchen. Im Sinne eines Ewigkeitscharakters, den Wasser für eine Kommune hat, ist das dann immer noch die richtige Entscheidung.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank!

Wir kommen zur Mündlichen Anfrage Nr. 6 des Kollegen Kohlmeier über

Schulbuchverlage verzichten auf Überwachungssoftware – „Schultrojaner“

Bitte schön, Herr Kollege!