Für die Beratung steht den Fraktion jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Piratenfraktion. Das Wort hat der Abgeordnete Herr Lauer. – Bitte sehr! – Ist Herr Lauer anwesend, um seine Rede zu halten?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schade, dass ich jetzt keinen Text habe, auf den ich mich beziehen kann. Sonst hätte ich Sie gefragt, ob Sie eigentlich keine anderen Sorgen haben als die Frage von Hinweisschildern in den U-Bahnen.
Aber ich will Sie das eigentlich nicht fragen, sondern Sie am liebsten dafür beglückwünschen, dass Sie die Videoüberwachung in den öffentlichen Nahverkehrsmitteln nicht infrage stellen, sondern nur besondere Hin
Wir meinen nämlich, dass die Überwachung von Bahnhöfen und notfalls auch in Zügen erforderlich ist, um einen weiteren Aspekt der Sicherheit im öffentlichen Raum zu erfüllen, nämlich die Straftaten, die dort leider immer wieder begangen werden, besser verfolgen zu können. Es ist ein Mittel der Ermittlung von Straftätern, und deswegen meinen wir, dass Videoüberwachung nötig ist.
Wenn Sie jetzt sagen, dass die Hinweisschilder verbessert werden müssten, dann müssen wir uns im Einzelnen im Ausschuss darüber unterhalten, ob das wirklich nötig ist. Sie sagen etwa, man müsse erkennen, ob es sich um eine Echtzeit- oder um eine automatisierte Aufzeichnung handelt. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Kameras laufen, und der Film wird aufgezeichnet. Und wir wollen, dass in der Zentrale entschieden werden kann, ob es Sinn macht, in Echtzeit zu beobachten – das ist nämlich möglich –, oder ob es nötig ist aufzuzeichnen. Wir wollen gerade beide Varianten, und wir wollen, dass alle Teilnehmer am öffentlichen Nahverkehr wissen, dass es möglich ist, dass sie beobachtet werden und dass etwas aufgezeichnet werden kann. Genau das ist der Weg, und deswegen muss dazwischen nicht unterschieden werden.
Sie wollen weiterhin, dass die Speicherdauer der gewonnenen Daten erkennbar ist, dass das irgendwie auf dem Schild ausgewiesen wird. Sie wissen ja, dass in der S-Bahn 48 Stunden gespeichert wird und in der BVG bisher 24 Stunden. Wir wollen mit einem weiteren Antrag, der schon im Geschäftsgang ist, die 48-StundenSpeicherung auf alle öffentlichen Verkehrsträger ausdehnen. Dass das bekannt ist, folgt daraus, dass es in einem Gesetz steht. Es wird dann im Berliner Datenschutzgesetz stehen, und nach dem Publizitätsprinzip ist ein Gesetz ja nur dann gültig, wenn es veröffentlicht worden ist. Das heißt: Jeder kann erfahren, welche Speicherdauer dort geregelt ist, der Publizitätspflicht wird genügt, und deswegen muss man jetzt nicht auf irgendeinem Schild solche Speicherdauerangaben unterbringen.
Schließlich fordern Sie, auf einem Hinweisschild zu vermerken, von wem die Videoaufzeichnung und die Speicherung beauftragt sind. Es ist ganz klar, von wem das beauftragt ist: von demjenigen, der das Recht dazu hat, von der BVG. Die BVG filmt, und die Polizei verlangt oder fordert bestimmte Daten ab, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Straftaten begangen wurden, und guckt sich dann die Filme an, ob sie darauf den Straftäter findet. Es ist also ganz klar, dass es die BVG ist, die aufzeichnet. Natürlich muss das in Zusammenarbeit mit der Polizei, mit den staatlichen Ermittlungsbehörden geschehen, wenn es um Aufklärung von Straftaten geht.
Sie sehen also: Das, was Sie mit Ihrem sehr übersichtlichen Antrag begehren, ist erfüllt und geregelt oder – was die Unterscheidung zwischen Echtzeit und Speicherung angeht – der falsche Weg. Es ist nicht ganz ausgegoren, was Sie hier vorgelegt haben. Aber wir freuen uns über die prinzipielle Unterstützung. – Herzlichen Dank!
Danke schön, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist, trotz alledem, eine wichtige Debatte, die wir hier führen sollten. Wir sollten nämlich ernsthaft darüber reden, welche Auswirkungen die zunehmende Videoüberwachung hat und was wir tun sollten, damit davon entsprechend Kenntnis genommen wird. Denn es reicht ja nicht allein, dass es im Gesetz steht, Herr Kollege Zimmermann. Im Gesetz steht nämlich auch, dass die Personen, die da konkret vor Ort überwacht werden, ein Recht darauf haben, das auch zu wissen. Das fordern wir als Grüne seit Langem ein. Das ist nicht die gängige Praxis, und ich verstehe den Antrag der Piraten-Fraktion so, dass sie eben die Hinweise konkret vor Ort haben wollen. Das begrüßen wir im Ansatz.
Wir glauben, dass wir trotzdem aufpassen müssen, uns nicht zu sehr auf die Videoüberwachung zu verlassen. Ich höre das so ein bisschen bei der SPD-Fraktion heraus, vor allem höre ich das aber bei der CDU-Fraktion heraus, dass man sagt: Wir machen Videoüberwachung, und dann wird die Stadt schon sicherer. – Mit Sicherheit nicht, kann ich dazu sagen! Durch die Videoüberwachung allein, vor allen Dingen, wenn Sie Personal einsparen, wie es die Regierung in den letzten Jahren getan hat, wird nichts sicherer. Auch die Zahlen zu den Straftaten im öffentlichen Nahverkehr – die gestiegen sind – beweisen es, dass durch mehr Videoüberwachung nicht mehr Sicherheit geschaffen wird.
Es ist auch sinnvoll und notwendig, darauf hinzuweisen, wo überwacht wird, auch um einen Effekt zu erzielen, dass sich jemand dreifach überlegt, ob er dort eine Straftat begeht. Aber auch er – ein potenzieller Straftäter – wird durch die Kamera allein nicht abgeschreckt. Gerade wenn man den Hinweis – wie es die Piratenfraktion will, an dem Punkt auch widersprüchlich, und ich hoffe, wir können an ein paar Punkten noch gemeinsam nachbessern – zu deutlich erteilt: Hier wird nur aufgezeichnet. –, dann fällt es, glaube ich, keinem etwas intelligenten potenziellen Straftäter schwer, sich zu maskieren, wenn er weiß,
dass nur aufgezeichnet wird und er sich sagt: Ich kann vielleicht gar nicht verfolgt werden. – Und er begeht seine Straftat trotzdem.
Es heißt also – und das ist auch unsere grundsätzliche Kritik an Ihrem Antrag –: Was folgt eigentlich der Transparenz? Ist nur, weil überall Hinweisschilder auf Videoüberwachung stehen, die Videoüberwachung in diesem Umfang auf einmal legitim? Wie wollen Sie damit umgehen, dass man sich in Zukunft immer mehr auf Videoüberwachung statt auf Prävention, auf Intervention auf mehr Personal verlässt? Wie verhalten Sie sich dazu? Teilen Sie die Forderung meiner Fraktion, erst einmal auszuwerten, wozu die Videoüberwachung in diesem Land eigentlich führt? Teilen Sie die Position meiner Fraktion, bis dahin erst einmal nicht die Ausdehnung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum zu forcieren?
Hierzu könnten Sie sich verhalten, und das wäre auch in Ihrem Antrag gut und richtig gewesen. Mit Transparenz allein kommt man noch nicht zu einer inhaltlichen Botschaft. Was folgt aus der Transparenz, liebe Piratinnen und Piraten? Ich glaube, diese Frage sollten Sie sich nicht nur bei der Videoüberwachung stellen, sondern grundsätzlich.
Überdies möchte ich auch darauf hinweisen: Gerade wer sich sensibel mit der Geschichte auseinandergesetzt hat, auch mit dem, wohin Überwachung führen kann, wer sehr rechtsstaatlich, demokratisch die Minderheitenrechte schützen will, der auch sagt: Jeder hat einen Anspruch auf Intimität und auf Privatheit. Man soll sich auch frei in dieser Stadt bewegen können. –, gerade da muss man aufpassen, wozu Hinweise überall führen, gerade wenn die Kameraüberwachung steigt.
Sie sagen: Der Senat wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen – und das ist nun mal dieser Senat mit Innensenator Henkel und anderen, die vielleicht nicht ganz so sensibel im Bereich des Grundrechtsschutzes von Bürgerinnen und Bürgern sind. Und Sie sagen hier nichts zu der Größe eines Hinweisschildes, zur Anzahl der Hinweisschilder. Ehrlich gesagt, ich möchte nicht in einer Stadt leben, wo überall Kameras hängen und dann überall Hinweisschilder sind.
Denn der Einschüchterungseffekt für die Menschen in dieser Stadt, die sich frei bewegen sollen, der soll in dieser Radikalität doch bitte nicht bestehen bleiben. Ich glaube, dass wir hierüber noch mal eingängig diskutieren müssen.
Nein! Die Frage ist: Welche Folge hat das Handeln, das Sie hier einfordern. Überall Hinweisschilder? Noch mehr Kameras?
Ich denke, das kann nicht der Weg sein. Aber das lassen Sie offen. Diese Frage beantworten Sie hier nicht. Jetzt habe ich mich so eingängig mit Ihrem Antrag auseinandergesetzt und Sie auch um die Beantwortung bestimmter Fragen gebeten, dass Sie bestimmt die Möglichkeit haben, im Rahmen einer persönlichen Bemerkung oder der Geschäftsordnung noch zu Ihrem Antrag zu sprechen. Ergreifen Sie doch die Gelegenheit, mich würde es interessieren!
Vielen Dank, Herr Lux! – Als Nächstes hat der Abgeordnete Herr Juhnke für die CDU-Fraktion das Wort.
Liebe Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Zunächst mal zur Ehrenrettung von Herrn Lauer, warum er nicht beim Aufruf des Tagesordnungspunktes anwesend war: Wir waren eben beide zusammen bei der Rederunde des RBB zu diesem Thema und mussten uns auch abschminken. Obwohl ich die größere Fläche habe, die vom Pulver befreit werden muss, hat er es nicht rechtzeitig geschafft. So viel zur Erklärung!
Aber wir sind beim Thema Videoüberwachung. Ich kann es gleich zu Anfang freimütig bekennen: Ja, die CDUFraktion bekennt sich zur Videoüberwachung als einer Maßnahme zur Sicherheit, die natürlich keine absolute Sicherheit garantieren kann. Das zu behaupten, wäre völlig unsinnig, und es wird auch nie jemand behauptet haben. Genauso wenig, wie es keine Wohnungseinbrüche mehr gibt, obwohl es Türschlösser gibt, würde niemand auf die Idee kommen zu sagen, deswegen verzichten wir ganz auf Türschlösser. Das wäre völliger Unsinn, und das ist ja das, was Sie ein bisschen unterstellen.
Die Videoüberwachung ist ein Grundrechtseingriff, und deshalb gibt es auch eine hochrangige Regelung in einem Bundesgesetz. Die CDU ist an dieser Stelle übrigens sehr sensibel, inklusive des Bürgermeisters. Der § 6b Bundesdatenschutzgesetz ist die Ermächtigungsgrundlage, ergänzt durch Regelungen im Berliner Datenschutzgesetz, und es ist der § 24a ASOG und nicht § 24b, wie in der Begründung des Antrags genannt. Es gibt hinreichende Regelungen, und sie sind an der Stelle auch einheitlich. Es steht dort eindeutig: Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind kenntlich zu machen. So viel zu dem, was es bereits gibt. Jeder bleibt im tägli
Die Piraten schlagen nichtsdestotrotz verschiedene Ergänzungen vor, insbesondere zum Ersten den Hinweis, ob es sich um eine Echtzeitbeobachtung handelt oder eine automatisierte Aufzeichnung. Ich frage an dieser Stelle: Wem sollte das eigentlich nützen? Wird es denn tatsächlich das Verhalten von Bürgern verändern, wenn sie wissen, dass gerade jemand zuguckt oder es sich um eine Aufzeichnung handelt? Sie behaupten, dem Bürger würde dadurch eine falsche Sicherheit vorgegaukelt. Ich glaube, dass die Passanten deshalb keine Zonen der Videoüberwachung wählen würden, die durch Echtzeitbeobachtung gekennzeichnet sind, im Vorzug gegenüber anderen. Das halte ich für unsinnig. Im Gegenteil: Meine Befürchtung ist vielmehr, dass umgekehrt ein Schuh daraus wird, dass sich gegebenenfalls potenzielle Täter überlegen könnten, wenn es sich um eine automatisierte Aufnahme handelt, dass dies für sie nicht gar so bedrohlich sei, dort tätig zu werden – ob das nun in der Realität stimmt oder nicht. Deshalb kann für uns auch gar kein Interesse daran bestehen, das kenntlicher zu machen, als dies bisher der Fall ist.
Zweitens: Die maximale Speicherungsdauer ist im Gesetz vorgegeben. Wir ändern das heute auf 48 Stunden. Es ist eine unverzügliche Löschung bei Auswertung verlangt. Ich glaube, das ist ausreichend. Ob das im Einzelfall vor Ort nach sechs, zwölf oder 24 Stunden, was auch immer, gemacht wird, ist nicht so entscheidend. Ob es tatsächlich immer gemacht wird, kann im Übrigen auch kein Schild oder Aufkleber garantieren.