Protocol of the Session on March 22, 2012

Aber der einzige konkrete Vorschlag, der mir vorliegt, der den Verbänden vorliegt, weswegen diese Ihnen gerade aufs Dach steigen, ist dieser Ihrer Meinung nach längst überholte Referentenentwurf.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Zu dem er selber nichts sagt!]

Natürlich sagt er dazu selber nichts. – Ihr Argument ist, die Ferienbetreuung sei möglicherweise gar nicht notwendig, weil ohnehin keiner hingeht. Das habe ich widerlegt, das habe ich mit den Zahlen Ihres Senats widerlegt. Machen Sie es mir doch mal nach!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für den Senat hat jetzt die Senatorin Scheeres das Wort. – Bitte schön, Frau Senatorin!

[Michael Schäfer (GRÜNE): Erzählen Sie doch mal, ob der Referentenentwurf überholt ist, Frau Senatorin!]

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berlin ist bundesweit Spitzenreiter, was die Ganztagsbetreuung angeht. Sie wissen, dass ich das erste Mal auf der KMK-Sitzung war. Da war die Bundeskanzlerin. Da ging es um das Thema Umsetzung des nationalen Integrationsplans. Viele Bundesländer haben angesprochen, dass ein wesentlicher Weg die Ganztagsbetreuung ist. Sie haben darauf aufmerksam gemacht, dass sie in der Umsetzung des Ganztags in der Schule Probleme haben. Viele Bundesländer haben Ganztagsbetreuung nur von der 1. bis zum 4. Klasse. Wir in Berlin haben die Integrierte Sekundarschule eingerichtet, als Ganztagsschule. Das bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit der Bildung und Betreuung bis 16 Uhr haben. Das ist eben angesprochen worden. In fast allen Bezirken gibt es mindestens ein Ganztagsgymnasium. Über 70 Prozent unserer Grundschülerinnen und Grundschüler sind an Ganztagsschulen, nehmen das Ganztagsangebot war. Wir haben offene und gebundene Ganztagsschulen in Berlin. Und für alle Kinder in den Grundschulen gibt es eine Bedarfsprüfung in der 1. und 4. Klasse. Sie haben die Möglichkeit, von 6 Uhr morgens bis 18 Uhr abends eine Betreuung zu bekommen. Davon träumen andere Bundesländer. Das können Sie auch mal wahrnehmen!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

In den Klassen 5 und 6 gab es bis jetzt die besondere Bedarfsprüfung, das wurde eben an mehreren Stellen angesprochen. Und diese Lücke der 5. und 6. Klassen wollen wir schließen, inklusive Früh- und Spätbetreuung. Die Uhrzeiten habe ich eben genannt.

Mit der neuen Regelung wird der Bedarf analog den 1. und 4. Klassen geregelt, also dass wir in diesem Bereich eine einfache Bedarfsprüfung haben. Dieses politische Ziel, dass wir das verfolgen, haben wir im Haushaltsentwurf deutlich gemacht und diese Gelder in den Haushalt eingestellt. Ich hoffe, dass dies auch so beschlossen wird, dass wir die Lücke dann auch so schließen können.

Die Ausweitung auf die Klassen 5 und 6 – hier ist eben über Zahlen gesprochen worden, wie sich das denn zahlenmäßig darstellt – bedeutet durch diese neue Regelung, dass 40 000 Eltern künftig die Möglichkeit haben, die ergänzende Betreuung zu beantragen. Das war in der Vergangenheit anders. Sie haben die Möglichkeit, eine Betreuung für ihre Kinder von morgens 6 Uhr bis abends 18 Uhr zu beantragen.

Frau Senatorin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mutlu?

Nein, im Moment nicht, danke! – Für diese Familien wird es damit erheblich leichter, also für 40 000 Familien, die dieses beantragen können, Beruf und Familie zu vereinbaren. Das muss man hier einfach mal so deutlich sagen und kann die Zahlen hier nicht wegreden.

Im Moment ist es so, dass 2 700 Kinder das Angebot in der 5. und 6. Klasse ganztags wahrnehmen. Ich habe mir mal die Zahlen angeguckt, wie das denn in den Nachmittagsbereichen ist. 30 Prozent dieser Kinder in diesem Bereich nehmen die Angebote, also von 16 bis 18 Uhr, also im späteren Bereich, wahr. Das sind ca. 800 Kinder.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch mal betonen – das Thema ist eben auch angesprochen worden: Wie sieht es mit der Verbesserung für die Kinder mit schweren Behinderungen aus? –, dass im Gesetzentwurf bzw. bei den Geldern, die im Haushalt enthalten sind, auch Verbesserungen da sind, und zwar, was den gemeinsamen Unterricht angeht. Sie wissen alle, gerade diejenigen von Ihnen, die im Petitionsausschuss sitzen, dass es viele Petitionen gab von Eltern, die geklagt haben, also von schwerbehinderten Kindern, die in der Regelschule waren, dass sie eine andere Ausstattung haben, als wären jetzt ihre Kinder in der Förderschule. Und das gleichen wir an. Das bedeutet, dass es eine personelle Verbesserung für diese Kinder ist, dass sie da eine Unterstützung in diesem Bereich bekommen, also das ist eine Qualitätsverbesserung.

Auch was die Ganztagsbetreuung in den Förderschulen angeht, wir hatten in der Vergangenheit keine rechtliche Regelung. Die Eltern haben jetzt eine rechtliche Absicherung, dass die Kinder in den Förderschulen eine Ganztagsbetreuung bekommen. In der Vergangenheit war das so, dass das irgendwie so geregelt worden ist, dass die Kinder bis 15 Uhr betreut worden sind. Da hat man dann Schichten gefahren. Schulhelfer sind eingesetzt worden. Es gibt jetzt letztendlich einen personellen, rechtlichen Anspruch. Es ist eine personelle Verbesserung. Wir erweitern auch die Ganztagsbetreuung bis 16 Uhr. Das ist eine Verbesserung und keine Verschlechterung.

Die bisher bestehende Hortlücke wird also Stück für Stück geschlossen. Das ist eben schon angesprochen worden. Wir beginnen im Schuljahr 2012/13 mit der 5. Klasse, machen dann weiter mit der 6. Klasse im Schuljahr 2013/14. Die Gelder sind im Haushalt eingestellt. 2012 stehen im Haushalt 1,6 Millionen Euro zur Verfügung, dann im folgenden Jahr 5,7 Millionen, was bedeutet, dass die Kinder im Ganztag 7,4 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung haben. Das ist ziemlich viel Geld, das wir insgesamt in Berlin für den Ganztag ausgeben. Das machen wir ganz bewusst, weil Bildung für uns ein Schwerpunkt ist.

Wenn wir über die Verbesserung von Bildungschancen insgesamt und über das Thema Ganztagsschule reden, geht es nicht nur um Schule, sondern es geht auch um den ganzheitlichen Ansatz der Kooperation von Schule und Jugendhilfe, eben auch um den Bereich der informellen Bildung. Hier hat sich ganz viel entwickelt. Das wissen Sie. Wir haben ein Landeskonzept „Kooperation Schule und Jugendhilfe“. Es gibt in den Bezirken Kooperationsverträge mit den Trägern. Es gibt Rahmenverträge. Die Bezirke sind im Moment dabei, bezirkliche Rahmenkonzepte zu entwickeln. Ganz aktuell, kann ich Ihnen sagen, hat in der letzten Woche eine Fachtagung genau zu diesem Thema stattgefunden, wo noch mal deutlich wurde, wie diese Zusammenschlüsse von Jugendhilfe, Schule und anderen Akteuren, ob das jetzt Sportvereine oder Musikschulen sind, aussehen, dass es wirklich zu einer qualitativen Verbesserung in den letzten Jahren, die hier in Berlin stattgefunden hat, führt. Diesen Weg gehen wir weiter.

Frau Möller hat, glaube ich, gestern oder vorgestern auch noch mal das Thema Erzieherinnen und Erzieher angesprochen und gesagt: Wenn wir den Ganztag insgesamt ausbauen, ob das jetzt die Kita oder die Ganztagsschule ist, brauchen wir Erzieherinnen und Erzieher und müssen die Ausbildungskapazitäten erweitern. – Das ist ganz klar. Sie sind hier neu im Abgeordnetenhaus. Ich kann Ihnen nur sagen: Die rot-rote Koalition hat genau diesen Punkt angepackt, weil wir auch den Kitabereich extrem ausgeweitet haben. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Ihre Vorgängerin Frau Dr. Barth und ich da immer an einem Strang gezogen haben. Hier hat sich sehr viel entwickelt, was die Ausbildungskapazitäten angeht. Wir haben z. B. die berufsbegleitende Ausbildung eingeführt, die Quereinsteigerinnen-/Quereinsteigerausbildung. Wir haben zusätzliche Erzieherinnen- und Erzieherfachschulen eingerichtet. Letzte Woche wurde z. B. wieder eine zusätzliche private Erzieherinnen- und Erzieherfachschule gegründet. Das macht deutlich, dass wir die Erzieherinnen- und Erzieherkapazitäten erweitern wollen, dass das unser Weg ist und wir das auch weiter machen wollen. Es ist eben schon angesprochen worden, dass dafür zusätzliche Mittel für Erzieherinnen- und Erzieherausbildungsplätze im Haushalt stehen. Dieses Geld investieren wir ganz bewusst.

Um das noch mal mit Zahlen zu unterlegen – das ist ja eben angesprochen worden –: Wir haben im letzten Jahr 1 200 Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet. Ich habe mir dann mal angeschaut, wie das jetzt im Ausbildungsjahr aussieht. Es ist so, dass sich jetzt im ersten Ausbildungsjahr 2 600 Erzieherinnen und Erzieher in der Ausbildung befinden, das heißt, dass wir die Ausbildungskapazitäten hier verdoppelt haben. Das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

An dieser Stelle – ich habe das eben schon insgesamt zum Ganztag gesagt – stehen wir bundesweit gut da.

(Senatorin Sandra Scheeres)

Aber auch wenn man betrachtet, wie die anderen Bundesländer ausbilden, kann ich hier an dieser Stelle nur sagen, gehen wir den richtigen Weg. Wir bilden im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr viel aus. Diesen Weg werden wir auch weitergehen.

Ich habe die Diskussion eben sehr intensiv verfolgt. Hier ist natürlich das Thema im Zusammenhang mit dem Lückenschluss angesprochen worden, was die Ferienbetreuung angeht. Dazu habe ich mich geäußert. Aber man muss auch mal ganz klar im Blick haben: In der Vergangenheit waren es 2 700 Kinder. Das war so, dass sie automatisch die Ferienbetreuung mit gebucht haben. Aber es gibt keine konkreten Zahlen, wie viele Kinder letztendlich diese Betreuung in Anspruch genommen haben.

[Martin Delius (PIRATEN): Doch, doch!]

Nein, gibt es nicht! – Für die Kinder, die die Ferienbetreuung beansprucht haben, also sie wirklich konkret wahrgenommen haben, klar kann man da sagen, dass das für diese einzelnen Kinder eine Verschlechterung darstellt. Aber ich finde, dass man doch auch noch mal darstellen muss, was es denn in der Gänze bedeutet. Wir tauschen hier durch den Gesetzentwurf, der im Rat der Bürgermeister ist, zwölf Ferienwochen für einige Kinder gegen 40 Alltagswochen für viele Kinder in Berlin. Das, finde ich, ist der richtige Weg.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Und wir gehen weiter: Im Haushaltsentwurf des Senats haben wir nicht nur Gelder für den Lückenschluss eingestellt, sondern wir wollen insgesamt die Ganztagsschule ausbauen und hier auch die besondere Form der gebundenen Ganztagsschule, die ja auch von vielen Familien gerne angenommen wird, ausweiten. Wir haben in den Haushalt für das Jahr 2012 600 000 Euro eingestellt und für das folgende Jahr dann 1,9 Millionen. Das bedeutet für mich, dass wir hier auch noch mal ein besonderes Augenmerk auf die sozialen Brennpunkte legen, dass diese Schulform dann auch in diesen Gebieten ankommt. Natürlich müssen wir auch die Gymnasien im Blick haben, weil wir gesagt haben, dass wir stufenweise auch die Gymnasien zu Ganztagsschulen ausbauen wollen.

Das politische Ziel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eben angesprochen worden. Durch den Gesetzentwurf, der im Rat der Bürgermeister liegt, wird deutlich, dass wir hier einen Weg gehen, der eine Verbesserung gerade für Familien und Alleinerziehende darstellt, also dass wir mehr Ganztagsbetreuung anbieten, also auch in der 5. und 6. Klasse. Das bedeutet in der Konsequenz, dass mehr Frauen die Möglichkeit haben, wieder in den Beruf einzusteigen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass es zu stabileren Familieneinkommen führen wird, dass eine soziale Absicherung für diese Familien, die dann dadurch in Arbeit kommen, gewährleistet ist. Und natürlich bedeutet das für die Familien, dass sie das Gefühl haben, dass ihre Kinder gut betreut werden und eine gute Bildungsentwicklung vollziehen können.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal sagen: Gerade der Lückenschluss in der 5. und 6. Klasse bietet Kindern in sozialen Brennpunkten die Möglichkeit der Ganztagsbetreuung. Das war bei der besonderen Bedarfsprüfung, wenn zwei Elternteile nicht gearbeitet haben, nicht möglich. Diese Kinder haben jetzt die Möglichkeit, in den Ganztag zu gehen. Wir wissen, wie wichtig es für die Kinder ist, zusätzliche Bildungsmöglichkeiten zu erhalten.

Abschließend möchte ich zusammenfassen: Die Ganztagsschule ermöglicht vielen Familien die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und vielen Kindern und Jugendlichen gute Entwicklungsmöglichkeiten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Für die zweite Rederunde liegen mir bislang Wortmeldungen des Kollegen Schlede und des Kollegen Delius vor. – Herr Kollege Schlede, Sie haben das Wort, bitte sehr!

Schönen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich möchte versuchen, ein bisschen mehr Realitätsbezug in die Debatte zu bringen.

[Zuruf: Schwierig!]

Ich will das aber nicht mit besonderem Ton oder erhobenem Zeigefinger tun. Aber es ist doch eine Art Realitätsverlust, wenn man von „Mogelpackung“ und „Scheindebatten“ angesichts der Tatsachen spricht, die gerade eben von Frau Senatorin Scheeres vorgetragen wurden. Sie hat von 7 Millionen Euro Investitionen in diesem Bereich und einer Zahl von 7 000 Kindern gesprochen, die über die 2 700 Kinder hinaus betreut werden können. Das ist doch ein Fortschritt!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Das ist eine beachtliche Leistung im Sinne einer organischen Weiterentwicklung der Ganztagsgrundschulen und lässt sich nicht bestreiten.

Und, Herr Delius, ich habe doch nicht von einer „Lücke im Lückenschluss“ gesprochen. Da haben Sie nur den einen Teil gehört. Ich habe gesagt: Ganz offensichtlich ist es eine Schwachstelle, wenn welche durch den Rost fallen, speziell etwa Schwerbehinderte in Förderzentren, und wir müssen das bei der Diskussion des Gesetzesentwurfs berücksichtigen, der uns nach dem Rat der Bürgermeister, die dazu Stellung nehmen sollen, vorgelegt wird. Ich gehe dabei davon aus, dass niemand in diesem Haus diese Lücke stehenlassen wird, denn das wäre mit Sicherheit die Bestrafung einer Schülerklientel, die wir uns wirklich nicht leisten können und die sozial völlig

ungerechtfertigt wäre. Das muss man sehr eindeutig zum Ausdruck bringen.

Aber auf der anderen Seite muss man auch sagen: Eine flächendeckende Ferienbetreuung ist eventuell von einer Vielzahl von Schülern in dieser Altersstufe gar nicht gewünscht. Wer von den Elf- und Zwölfjährigen ist denn bereit, während der Ferien unbedingt in den Hort zu gehen? Die sind ja teilweise froh, dass sie nicht dorthin gehen müssen. Ich schließe das jedenfalls nicht aus.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): In welcher Welt leben Sie denn?]

Nach den bisherigen Erfahrungen kann man bei höchstens 30 Prozent der Anspruchsberechtigten davon ausgehen, dass sie darauf Wert legen. Man sollte jetzt also nicht übertreiben.

[Zuruf von Wolfgang Brauer (Linke)]

Herr Brauer! Sie sind doch eigentlich für Kulturpolitik zuständig. Von Schule verstehen Sie doch überhaupt nichts. Da würde ich doch ganz zurückhaltend sein! Wir haben ja gleich noch Gelegenheit, uns über ein kulturpolitisches Thema auseinanderzusetzen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Dr. Hiller?

Von der gerne, aber der Brauer – der brüllt ja nur.

Bitte, Frau Dr. Hiller – Sie haben das Wort!

Herr Schlede! Sie haben gerade meinen Kollegen Herrn Brauer angegriffen. Wissen Sie, welchen Beruf der hat? Wissen Sie, dass der mehr als 20 Jahre Studienrat an einem Gymnasium beziehungsweise an einer Polytechnischen Oberschule war? Sie sollten sich solche Bemerkungen eigentlich verkneifen!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]