[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von der LINKEN: Die sitzen in der Kantine und suchen Geld!]
Scheinbar gibt es nichts Wichtigeres als diese Aktuelle Stunde. Nur: Wo ist die Vorlage? Die Frage hatten wir auch schon ein paar Mal. Offensichtlich liegt sie der Opposition vor, offensichtlich liegt sie den Verbänden vor, nur der Koalition liegt sie nicht vor. Ich habe eine kleine Denkstütze, auch für die Rede der Senatorin nachher. Wer einen Rechner hat, kann mal mitschreiben. Ich lese jetzt die URL vor: http://tinyurl.com/synopseschulg. – Laden Sie sich das runter, dann können Sie mitlesen, während ich rede, während die Senatorin nachher redet. Das ist das, was den Verbänden zugeht, worauf sich auch die E-Mails, die schon zitiert wurden, beziehen.
Wenn Sie sich hier aufregen und stöhnen, wenn sich der Kollege Lauer – jetzt ist er gerade nicht da – wieder mal geriert und sagt: Das Parlament nimmt sich nicht ernst –, sollten Sie sich vielleicht die Frage gefallen lassen, ob Sie es nicht sind, die sich nicht ernst nehmen und das Parlament damit in Verruf bringen.
Ich kann diesen Vorgang nicht verstehen. Worüber reden wir hier? Wir haben diese Synopse ins Internet gestellt, damit andere sich darüber informieren können, damit unsere Partei darüber diskutieren kann. Dem Parlament liegt sie nicht vor. Das Parlament investiert trotzdem ausreichend Zeit, um hier vor fast leerem Haus darüber zu diskutieren.
Ich freue mich auch, wenn Herr Schlede ankündigt, dass wir konstruktiv an diesem Änderungsvorschlag für das Schulgesetz arbeiten. Ich freue mich aber nicht, wenn er gleichzeitig sagt, das mit der Lücke in der Lücke, das sei halt so. Und Sie, Herr Oberg, meinen ja: Es ist kein Geld da, na ja, dann muss man ja auch nicht, wir machen ja schon mehr als alle anderen. – Das kann es nicht sein.
Eine kleine Nachhilfe für Sie von der Koalition: Die Begriffe „Lückenkinder“ oder „Betreuungslücke“ kommen nicht aus dem Jahr 2005, als Sie das ins Gesetz gemeißelt haben. Er kommt aus den 80er-Jahren, als offenbar wurde, dass zwischen der Kinderbetreuung, die für jüngere Kinder geeignet war, und der Betreuung in offiziellen Jugendclubs eine Lücke prangte. Das ist seit den 80er-Jahren ein Problem.
Was steht drin? – Die besondere Bedarfsprüfung wird abgeschafft. – Das finden wir gut, das können wir unterschreiben. Großartig! Besser wäre es, wenn es die Bedarfsprüfung gar nicht mehr gäbe. Das würde unserer Meinung nach dem SGB VIII entsprechen. Da können Sie auch mal hineinsehen.
Die Ganztagsbetreuung der 5. und 6. Klassen wird üblich und nicht mehr begrenzt wie vorher. – Auch völlig richtig! Nur: Was passiert mit der Ferienbetreuung? – Da kann ich aus dem Gesetzentwurf zitieren. § 19 Abs. 6 Schulgesetz soll geändert werden. Da steht ein Satz, der da vorher nicht stand. Er heißt:
Für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 4 wird die ergänzende Förderung und Betreuung auch während der Schulferien angeboten.
Das ist eine Eingrenzung. Danach findet das nicht mehr statt. Und jetzt reden Sie davon, dass Sie im Schuljahr 2012/2013 Geld für die erste Stufe ausgeben möchten, für die 5. Klasse, 7,5 Millionen Euro im Haushalt, damit die Ganztagsbetreuung hinkommt. Sie schaffen aber, wenn Sie dieses Schulgesetz so ändern, die Ferienbetreuung vorher schon ab. Das heißt, Sie vergrößern erst mal die Lücke, bevor Sie sie schließen. Das müssen Sie mir erklären. Das kann ich so nicht akzeptieren.
Dann haben wir ganz viel über Zahlen geredet. Die Zahlen, die ich kenne, kommen aus dem Brief von Herrn Staatssekretär Rackles an die Bezirksstadträte für Bildung. Darin wird davon geredet, dass der aktuelle Bedarf nach der besonderen Bedarfsprüfung 2 700 Kinder umfasst, von denen 1 200 auch die Ferienbetreuung in Anspruch nehmen. Und dann sagt die Senatorin – das hat sie im Ausschuss getan, und das machen Sie hier –, die Teenies wollten doch eigentlich gar nicht in den Ferien be
treut werden. Erstens sprechen die Zahlen – es sind fast 50 Prozent bei besonderer Bedarfsprüfung – dagegen, und zweitens: Wenn das Ihr Argument ist, dann können Sie die Ferienbetreuung doch auch ins Gesetz schreiben, wenn ohnehin keiner hingeht!
In Zukunft soll das Ganze für 7 000 Kinder gelten. Das heißt, es sind 7 000 Kinder, die in der Schulzeit betreut werden und in den Ferien Schlüsselkinder sind. Sie haben nicht einmal die Zeit, sich daran zu gewöhnen, denn das ändert sich wöchentlich, monatlich. Sie sagen, in den Ferien, da hätten die Eltern ja Zeit. Diese Urlaubszeitregelung habe ich noch nicht gesehen. Sie sagen – das kann ich so hineininterpretieren –, wenn die Eltern arbeiteten, hätten sie auch Geld für eine privat finanzierte Ferienbetreuung. Das sehe ich bei den sozialen Problemen in dieser Stadt, die Sie hier schon angesprochen haben, auch nicht. Und das sehen auch die Schulen nicht so.
Eigentlich sind wir uns einig: Die Lücke muss geschlossen werden. Ich freue mich, dass Herr Schlede schon angekündigt hat, dass die Ferienbetreuung vielleicht doch möglich ist. Lassen Sie uns doch bitte auf der Basis einer konkreten Vorlage darüber diskutieren und nicht heiße Luft in die Gegend blasen. – Danke schön!
Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Oberg. – Bitte sehr, Herr Kollege!
Ja, Herr Kollege Delius, letzte Woche Donnerstag, im Ausschuss, da wurde gequatscht, als ob es kein Morgen gäbe; denn die Qualität einer Debatte bemisst sich nicht daran, wie lange man redet und wie viele endliche Fragen und unendliche Details man zu einem längst überholten Referentenentwurf stellt. Das kann unmöglich der Qualitätsmaßstab für eine lebendige Debatte sein.
Wir konzentrieren uns darauf, das zu debattieren, was der Senat beschlossen hat. Das ist die rechtliche Grundlage für unsere weitere Beratung.
[Zurufe von der LINKEN – Uwe Doering (LINKE): Warum haben Sie dann die Aktuelle Stunde beantragt? Es wird immer peinlicher!]
Die Ferienlücke, wie Sie sie hier nennen – darauf bin ich vorhin kurz eingegangen. Ich weiß nicht, ob Sie das Wortprotokoll brauchen, um sich noch mal vor Augen zu führen, was ich gesagt haben.
Ich kann es gerne noch mal wiederholen, Herr Kollege Delius. Ich habe gesagt: Wir werden uns den Gesetzentwurf des Senats sehr genau anschauen. Wir werden anschauen, welche Auswirkungen dieser Wegfall der Ferienbetreuung hat, und wir werden uns anschauen, ob das zu vertretbaren Ergebnissen führt oder ob es hierzu Alternativen gibt.
Jetzt ist mir ja sonnenklar, dass Sie als Opposition auf dem immer und immer gleichen Punkt herumreiten müssen, den Sie als Schwachstelle identifiziert haben, weil Sie ansonsten signalisieren müssten, dass der Gesetzentwurf, den der Senat vorgelegt hat, ein guter ist, einer, der ein Problem löst, einer, der Berlin voranbringt. Aber da – und da sind Sie schon ganz langweilig etablierte Partei, Herr Kollege Delius,
so langweilig und etablierte Partei, die Piraten, dass Sie noch nicht mal imstande sind, das zu differenzieren, sondern – ganz Herr Mutlu, wie er das so macht – auf etwas herumhacken, was wir noch zum Gegenstand von parlamentarischen Beratungen erklären.
Ich erkläre das Ergebnis parlamentarischer Beratung am Ende und nicht am Anfang. Und deshalb: Der Gegenstand der Aktuellen Stunde ist nicht der Gesetzentwurf. Der Gesetzentwurf wird in erster und zweiter Lesung beraten. Wir werden viele Minuten des Austausches haben. Wir wollten mit Ihnen heute nicht über den Gesetzentwurf sprechen.
Wir wollten mit Ihnen darüber sprechen, wie wir die Ganztagsbetreuung mit der Schließung der Hortlücke und darüber hinaus in Berlin voranbringen.
Wir wollten, dass sich das Parlament darüber verständigt, wie wir die qualitative Entwicklung der Berliner Schulen voranbringen. Sie sind auch da wieder so langweilig etablierte Partei, dass Sie sich bürokratisch an einem
Referentenentwurf, der bereits überholt ist, festhalten, anstatt über politische Maßstäbe eines Parlaments zu diskutieren.
Herr Oberg! Ich bin begeistert darüber, wie Sie das Niveau des Bildungsausschusses ins Plenum holen. – Entschuldigen Sie, Herr Mutlu, ich mag Ihre Reden, aber das passt einfach. Sie beide sind super!
Ich habe von Zahlen geredet, von Zahlen, die mir bekannt sind. Ich rede nicht über Spekulationen. Ich beweihräuchere natürlich nicht Sie, und ich würde Sie bitten, das auch nicht zu tun, sich selbst oder den Senat, sondern über Zahlen zu reden. Wenn Sie über etwas reden wollen, dann reden wir über Zahlen, dann reden wir über konkrete Vorschläge.