Protocol of the Session on March 8, 2012

Jetzt sollen diese Ausgaben einfach zurückgeführt werden auf das Niveau von 2007 vor der Krise, und das kann man nicht als eine exzessive Kürzung darstellen.

Mit dem Gesetz werden auch die nicht erfolgreichen Vermittlungsinstrumente abgeschafft. Zu diesen gehört etwa das Instrument der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Das Geld für die Arbeitsvermittlung wird durch das Ge

setz konzentrierter eingesetzt, und davon profitieren gerade diejenigen Menschen, die jetzt noch arbeitslos sind. Im Bundesdurchschnitt liegt die Höhe der Mittel aus dem Eingliederungstitel pro Kopf nach der Neuordnung der Arbeitsmarktinstrumente sogar über den Ausgaben von 2007, also den Ausgaben vor der Krise. Und die Umgestaltung der Instrumente betrifft zudem kaum die Langzeitarbeitslosen. Der Bund ordnet mit dem Gesetz die Instrumente für solche Arbeitslosen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt waren und dort auch wieder schnell Beschäftigung finden sollen. Sie benötigen ganz andere Programme als die Menschen, die bereits seit langer Zeit ohne Arbeit sind.

Unsere Koalition will sich gerade um Arbeit für die Menschen kümmern, die schon lange arbeitslos sind.

[Elke Breitenbach (LINKE): Wie denn?]

Die vielversprechenden Zahlen der vergangenen Monate vom Berliner Arbeitsmarkt müssen wir gerade für diese Menschen nutzen. Und auch für die kommenden Jahre gilt hier eine gute Prognose. Der Arbeitsmarkt ist heute so aufnahmefähig wie selten zuvor. Und dabei müssen wir den sehr speziellen Berliner Arbeitsmarkt mit einer anderen Arbeitsmarktpolitik bedenken als in den anderen Bundesländern. Wir können es uns nicht erlauben, Arbeitslosigkeit länger zu verwalten und auf ein Wunder zu hoffen, so wie Sie es taten, werte Kolleginnen und Kollegen von der Linken, als die Arbeitssenatorin aus Ihren Reihen kam.

[Beifall bei der CDU]

Berlin braucht vielmehr in wirtschaftlich guten Zeiten eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Berlin braucht ein Konzept, das sich an die langzeitarbeitslosen Menschen dieser Stadt richtet und sie in Arbeit bringt. Arbeit steht an erster Stelle. Denn Arbeit garantiert jedem Einzelnen in unserer Gesellschaft Anerkennung und Selbstbewusstsein.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): In welcher Welt leben Sie denn?]

Das Gefühl, gebraucht zu werden und nicht auf dem Abstellgleis zu stehen und auf die Rente zu warten, das ist auch ein Stück Lebensqualität. Die Idee eines öffentlichen Beschäftigungssektors wird von vielen Betroffenen aber als gesellschaftliches Abstellgleis wahrgenommen. Deshalb wollen wir eine Abkehr von Modellen einer dauerhaft öffentlich geförderten Beschäftigung. Jeder, der dieses Modell dauerhaft will, der hat seinen Optimismus in der Arbeitsmarktpolitik verloren.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Breitenbach?

Ja, bitte!

Ich hatte eben in meiner Rede schon mal die Frage gestellt, Herr Korte: Warum bezeichnen Sie eigentlich die Arbeit, die jetzt im ÖBS verrichtet wird oder wurde – über 1 000 Stellen sind schon weggefallen – – Warum sagen Sie, dass das keine Arbeit ist? Halten Sie die Leistungen der Nachbarschaftslotsen, der Stadtteilmütter für keine Arbeit?

Keineswegs, Frau Kollegin Breitenbach! Niemand behauptet, dass alles das, was es im Bereich des öffentlichen Beschäftigungssektors gegeben hat, ausnahmslos schlecht gewesen ist. Vielmehr wird auch diese Koalition sich jedes Einzelne der Programme, die es bisher gegeben hat, darauf anschauen, ob es das leistet, was für uns wichtig ist, nämlich auch einen erheblichen Anteil an Qualifizierung. Für uns ist die Tätigkeit im öffentlichen Bereich, ist Berlin-Arbeit kein Abstellgleis, keine Endstation der Arbeitsmarktpolitik, sondern ein Einsteigebahnhof in Arbeit und Beschäftigung,

[Beifall bei der CDU]

mit einer Einstellung im ersten Arbeitsmarkt enden soll. Und jedes, aber auch jedes Programm, das es bisher gibt, das diesen Maßstäben genügt, das auch Qualifizierung beinhaltet, das kann seine Fortsetzung finden. Die Stadtteilmütter, die Sie angesprochen haben, sind ein Beispiel, dem ich ausdrücklich dieses Potenzial zubilligen möchte.

Unsere Politik der Koalition stellt eben einen klaren Gegenentwurf zu dem dar, was öffentlicher Beschäftigungssektor bisher war. Wir wollen für langzeitarbeitslose Menschen eine intensive Betreuung, eine Qualifizierung, die diesen Namen wirklich verdient, und möglichst auch ein konkretes Sofortangebot für einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt, wo immer sich das realisieren lässt. Und der Erfolg eines solchen Ansatzes, den kann man bereits jetzt im Bereich der Berliner Joboffensive beobachten. Dank der intensiven Betreuung erleben wir dort ein wirkliches Erfolgsmodell. Jobcenterkunden sehen ihre Arbeitsvermittler jetzt nicht alle sechs Monate, nur um den Antrag zu verlängern, sondern sie sehen ihre Vermittler alle zwei Wochen. Und diese Grundidee, das ist eines der Elemente von Berlin-Arbeit, wie wir uns das vorstellen, wollen wir ausdehnen auf Menschen, die aufgrund ihrer anderen Qualifikation und spezieller Probleme bisher nicht für die Joboffensive infrage gekommen sind.

Um es knapp zu sagen: Die CDU-Fraktion lehnt den Antrag der Grünen ab, weil es sich dabei lediglich um Getöse und falsche Empörung der Opposition handelt. In den kommenden Monaten wird diese Koalition ein Pro

gramm vorlegen, mit dem die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Berlin langfristig, dauerhaft und deutlich gesenkt werden kann. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank! – Dann haben wir jetzt zwei Kurzinterventionen, zuerst Frau Kollegin Breitenbach.

Lieber Herr Korte! Zumindest will ich es noch mal sagen: Die Joboffensive haben Sie nicht erfunden, sondern die Joboffensive ist noch etwas aus der Zeit von Rot-Rot. Wenn Sie das weiterführen, ist es okay. Aber wir sollten uns noch mal angucken, wie die Auswertung wirklich ist.

Ich komme noch mal zu dem Punkt Berlin-Arbeit, weil ich finde, was Sie da machen, ist Volksverdummung. Die Berlin-Arbeit nimmt das Programm Bürgerarbeit Ihrer Arbeitsministerin von der Leyen, ihr Lieblingsprogramm, zur Grundlage. Das sind 30 Stunden Arbeit. Dafür bezahlt der Bund 900 Euro. Das Land Berlin möchte jetzt gerne noch mal 75 Euro drauflegen. Dann kommen 10 Stunden Qualifizierung dazu. Lieber Herr Korte, hören Sie mir bitte zu! Das ist zwingend in dem Bundesprogramm vorgeschrieben. Auch das ist nicht Ihre Erfindung – weil Sie immer so tun, als hätten Sie jetzt die individuelle Qualifizierung der Erwerbslosen erfunden. Das ist nicht so.

Und was Sie nicht gemacht haben: Bis zum heutigen Tag reden Sie, die Arbeitssenatorin, der Regierende, alle reden davon, dass jetzt endlich mal qualifiziert wird. Sie haben überhaupt gar kein Konzept dafür. Sie haben überhaupt gar keine Ahnung, was Sie machen wollen. Das erzählt doch Torsten Schneider vorhin, da würde man ganz viel Geld in die Hand nehmen, und zwar Bundesmittel. Dafür gibt es gar keine Bundesmittel. Das Einzige, was Sie an Qualifizierung haben, das ist das unter RotRot eingeführte Projekt „Zusatzjobs und Bildung“, eingeführt für die Menschen in Ein-Euro-Jobs. Das muss jetzt nicht schlecht sein, wenn Sie das weiterführen, im Gegenteil, für die Ein-Euro-Jobber fand ich das sehr gut. Wie Sie dieses Programm ausweiten wollen, dass zehn Stunden die Woche die Bürgerarbeiterinnen und Bürgerarbeiter qualifiziert werden können, ist mir ein großes Rätsel. Niemand von Ihnen hat bislang dazu was gesagt. Deshalb sage ich: Es ist Augenwischerei und Verdummung, was Sie hier erzählen.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Vielen Dank! – Bitte schön, direkt zur Antwort, Herr Kollege Korte!

Liebe Frau Kollegin Breitenbach! Die Spannung muss ja wirklich unerträglich sein abzuwarten, was wir als Koalition im Programm Berlin-Arbeit in den nächsten Wochen und Monaten nun im Detail vorstellen werden. Sie haben uns gerade erklärt, was das sein wird, was das nur sein kann, und haben es gleich in Bausch und Bogen verdammt. Ich darf Sie aber bitten, hier Ihre Pferde noch etwas zu zügeln und noch etwas Geduld aufzubringen. Sie werden sehen, all das, was Sie hier vorgetragen haben, das stimmt so nicht.

[Zuruf von Udo Wolf (LINKE)]

Und die Qualifizierung, die Sie ansprechen, die ist in der Tat ein ganz wesentlicher Anteil von dem, was wir uns vorstellen, ein ganz wesentlicher Akzent, den BerlinArbeit setzen wird.

[Udo Wolf (LINKE): Sie versprechen Geld, das Sie nicht haben!]

Und dabei geht es um Qualifizierung, die ihren Namen auch wirklich verdient, eine Qualifizierung, die verschriftlicht wird, die möglichst auch mit einem nachvollziehbaren und vorzeigbaren Zertifikat desjenigen, der teilnimmt, endet

[Elke Breitenbach (LINKE): War doch vorher auch so!]

und die demjenigen, der an der Maßnahme teilgenommen hat, danach etwas verschafft, was er eben bisher in Ihrem ÖBS nicht hatte, nämlich eine wirkliche Chance auf Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt am Ende der Maßnahme.

Noch mal: Die Berlin-Arbeit, wie wir sie uns vorstellen, ist auch nicht gleichzusetzen mit dem, was Sie Bürgerarbeit genannt haben. Sie verstehen es nicht, oder Sie wollen es nicht verstehen.

[Udo Wolf (LINKE): Sie haben einfach keine Ahnung von der Materie!]

Jetzt hören Sie doch zu! Sie haben doch die Frage gestellt. Jetzt hören Sie es sich auch bitte an!

[Udo Wolf (LINKE): Sie antworten ja nicht auf die Frage!]

Bürgerarbeit ist ein Baustein unter mehreren, aus dem sich das, was wir uns unter Berlin-Arbeit vorstellen, zusammensetzt. Dazu kommen Qualifizierungselemente.

[Udo Wolf (LINKE): Woher kommt das Geld für die Qualifizierung, hat sie gefragt!]

Dazu kommen Zertifizierungselemente, die eben auch demjenigen, der teilnimmt, die Chance geben, das zu dokumentieren, was er in der Zeit geleistet hat. Und das

Geld für die Qualifizierung wird aus Mitteln kommen, die bisher im Bereich des ÖBS falsch und fehlerhaft eingesetzt worden sind.

[Beifall bei der CDU – Lachen bei der LINKEN – Udo Wolf (LINKE): Sie haben es doch gekürzt!]

Vielen Dank! – Für eine weitere Kurzintervention hat Frau Kollegin Bangert das Wort.

Ich habe es vorhin schon gesagt, Herr Prof. Korte, Sie verspielen gerade die Berliner Arbeitsmarktpolitik landesseitig. Weil Sie nicht in der Lage sind, ein arbeitsmarktpolitisches Konzept vorzulegen, geht die Arbeitsmarktpolitik der Regionaldirektion und der Jobcenter an Ihnen vorüber. Die machen doch schon längst ihre Maßnahmenplanung und setzen die Maßnahmen um. Ihre einzige arbeitsmarktpolitische Aktion in den 100 Tagen war, noch zusätzlich 1 400 Bürgerarbeitsplätze für Berlin einzufordern. Das ist Ihr einziges arbeitsmarktpolitisches Ergebnis, das Sie bislang vorweisen können. Es ist nur peinlich. Und Sie verspielen damit auch die Gelder für die Erwerbslosen.

Bis Sie endlich aus dem Knick kommen und Ihr tolles Berlin-Arbeitsprogramm vorstellen, sind die Messen längst gesungen. Die Jobcenter warten doch nicht darauf, dass sich Berlin endlich mal entscheidet, welche Programme Sie kofinanzieren wollen, auf welche arbeitsmarktpolitischen Instrumente Sie auch noch mit Maßnahmen, die nicht über die BA finanziert werden können, draufgehen wollen. Sie haben arbeitsmarktpolitisch keinen Plan. Und die Bürgerarbeit läuft doch schon längst. Dieses Programm wird ohne Sie umgesetzt. Darauf warten die Jobcenter nicht. Am 1. Mai ist Schluss. Danach können keine Plätze mehr besetzt werden.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Bis dahin sind die 3 842 Plätze, die Sie im Rahmen Ihrer Berlin-Arbeit im Programm Bürgerarbeit umsetzen wollen, längst besetzt. Da wird Sie niemand mehr fragen, was Sie da aufstocken wollen oder welche Qualifizierung Sie dranhängen wollen. Sagen Sie uns endlich mal, welche Qualifizierung Sie haben wollen! Sie können doch keine einzige konkrete Maßnahme im Haushalt unterlegen. Deshalb hat die Senatsverwaltung doch massenhaft Berichtsaufträge kassiert, weil sie zu keinem einzigen Punkt sagen konnte, was Sie im Grunde genommen mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in diesem Land bewegen wollen. So sieht es doch konkret aus.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Herr Kollege Prof. Korte noch mal!

Frau Kollegin Bangert! Nur dadurch, dass Sie wiederholen, was die Frau Kollegin Breitenbach schon gesagt hat, wird es nicht richtiger.

[Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]