Protocol of the Session on October 27, 2011

Herr Kollege Wieland! Sie sind als gewählter Präsident jetzt leider auch verpflichtet, hier oben Platz zu nehmen.

[Heiterkeit]

Ich darf Ihnen noch mal persönlich sehr herzlich gratulieren und alles Gute wünschen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Ehrenbürger und Stadtälteste von Berlin, ehemalige Abgeordnete, Mitglieder des Deutschen Bundestages! Sehr verehrte Frau Präsidentin des Berliner Verfassungsgerichts Diwell! Ich begrüße auch meine früheren Amtsvorgänger Reinhard Führer und Prof. Herwig Haase und ganz besonders herzlich Walter Momper, der uns in den letzten zehn Jahren souverän durch die Sitzungen geführt hat. Dank an dieser Stelle unserem nach Lebens- und Dienstjahren gleichermaßen heute erneut im Amt des Alterspräsidenten agierenden Abgeordneten Dr. Lehmann-Brauns für seine beeindruckende Eröffnungsrede.

[Allgemeiner Beifall]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich für den Vertrauensvorschuss, den Sie mir durch das überwältigende Votum entgegengebracht haben. Auf eine gute Zusammenarbeit in den nächsten fünf Jahren!

Sie werden alle hart in der Sache streiten, aber, so hoffe ich, angemessen und fair im persönlichen Umgang. Ich versichere Ihnen, dass ich dieses hohe Amt überparteilich und mit der nötigen Achtsamkeit nach innen und nach außen führen werde.

(Präsident Ralf Wieland)

Die Würde des Hauses bemisst sich nicht an tradierten Ritualen, sondern vor allem an dem Respekt und der Anerkennung, die wir uns untereinander entgegenbringen. Schließlich verbindet uns Demokraten mehr als uns trennt, über alle Parteigrenzen hinweg.

Die Wählerinnen und Wähler haben die Zusammensetzung unseres Parlaments verändert. Es ist mir eine Freude, heute eine große Anzahl neu gewählter Mitglieder kennenzulernen. Eine Fraktion hat nach den Wahlen unser Haus verlassen, eine andere Fraktion ist neu eingezogen.

Ich möchte zunächst der FDP für ihre Arbeit in den letzten fünf Jahren danken. Auch wenn die Wählerinnen und Wähler die Liberalen nicht wieder ins Abgeordnetenhaus gewählt haben, so gilt doch unser Respekt ihrem steten Bemühen um gute Problemlösungen für Berlin. Gleichzeitig danke ich den ausgeschiedenen Abgeordneten aller Fraktionen für die geleistete Arbeit und ihr großes Engagement in der vergangenen Legislaturperiode.

[Allgemeiner Beifall]

Ganz neu begrüße ich die Piratenfraktion, die am 18. September 2011 zum ersten Mal in das Abgeordnetenhaus von Berlin gewählt wurde. – Willkommen im Kreis der demokratischen Parteien im Berliner Parlament, liebe Kolleginnen und Kollegen!

[Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir alle warten mit Spannung auf Ihre Vorschläge für unsere Stadt. Es gibt auf politische Inhalte kein Urheberrecht, insofern sollten wir alle offen sein, vorurteilsfrei voneinander zu lernen. Ich für meinen Teil möchte das auf jeden Fall tun.

Sie sind mit der Forderung nach mehr Transparenz in unser Haus eingezogen. Für die Arbeit dieses Hauses gilt, dass wir auch heute schon stolz darauf sein können, dass wir ein hohes Maß an Transparenz und Bürgerfreundlichkeit haben. Dennoch werden wir wie auch in der Vergangenheit gemeinsam prüfen, was sich verbessern und optimieren lässt.

Für mich gilt der Grundsatz: So viel Offenheit wie möglich, so viel Vertraulichkeit wie nötig. – Ich werde die Aufgabe annehmen, das öffentliche Ansehen von Politik zu stärken und politische Vorgänge und Abläufe zu erklären, wann immer sich die Gelegenheit dazu bietet. Parlamente sind auf Öffentlichkeit angewiesen, um den Bürgerinnen und Bürgern die originären Aufgaben des Parlaments nahezubringen und sie an Diskussionen und Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen.

Besonders wichtig ist mir der Dialog mit der jungen Generation. Unsere Welt wird immer komplexer, deshalb müssen wir den jungen Menschen helfen, demokratische Prozesse zu verstehen, und sie ermutigen, sich einzumi

schen und mitzumachen. Winston Churchill soll einmal gesagt haben:

Demokratie ist die schlechteste aller möglichen Staatsformen mit Ausnahme aller anderen.

Für mich heißt das in die Gegenwart übersetzt, Jugendliche für eine streitbare und offene Demokratie zu begeistern.

Die Rolle der Parlamente wird heute von drei Seiten eingeschränkt: Erstens neigen Regierungen grundsätzlich dazu, möglichst autark zu entscheiden. Aber eine Regierung ohne ein anspruchsvolles und wachsames Parlament läuft Gefahr, die Akzeptanz für Entscheidungen bei den Wählerinnen und Wählern aufs Spiel zu setzen. Das kann niemand wollen.

[Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN]

Die Glaubwürdigkeit von Politik bemisst sich in hohem Maße an der Arbeit und an der Wahrnehmung von Verantwortung durch uns Abgeordnete.

Zweitens nimmt das Thema Volksabstimmungen immer mehr politischen Raum ein. Das verändert natürlich auch die Rolle des Parlaments. Doch keine Volksabstimmung kann die komplizierten Abwägungen einer Haushaltsberatung ersetzen. Es liegt an uns Parlamentariern, diese sensiblen und aufwendigen Überprüfungen und Abwägungen vieler Details für die Bürgerinnen und Bürger transparenter zu machen, denn ich bin davon überzeugt, dass nur das Ausbalancieren ganz unterschiedlicher Interessenlagen und glaubwürdiges und verlässliches Handeln der Abgeordneten Vertrauen und Zustimmung in der Bevölkerung finden.

Zum Dritten müssen wir leider feststellen, dass Politik zwar jeden Tag im Fernsehen diskutiert wird, dass aber gleichzeitig immer weniger aus den Parlamenten berichtet wird. Dabei weiß jeder, der Politik aus der Nähe kennt: Politikerinnen und Politiker sind in keiner Talkshow so authentisch wie im Parlament. Ich wünsche mir noch mehr mediale Aufmerksamkeit für parlamentarische Abläufe und Debatten. Deshalb freut es mich besonders, dass der RBB und das Ereignisfernsehen ALEX die konstituierende Sitzung live übertragen. Sie werden damit nicht nur ihrem Informationsauftrag gerecht, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag für unser demokratisches Miteinander.

Mein Fazit ist: Das Abgeordnetenhaus ist der zentrale Ort, wenn es um das Gemeinwohl in Berlin geht. Diesem Gemeinwohl sind wir alle verpflichtet und der Präsident an erster Stelle. In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Wahl und freue mich auf ein lebhaftes und selbstbewusstes Parlament. – Vielen Dank!

[Allgemeiner Beifall]

(Präsident Ralf Wieland)

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass drei Fraktionen bereits Fraktionsvorsitzende bzw. Fraktionsvorstände gewählt haben. Bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beglückwünsche ich die wiedergewählten Vorsitzenden Ramona Pop und Volker Ratzmann. – Herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner Beifall]

Ich gratuliere dem neugewählten Vorstand der Fraktion Die Linke, insbesondere dem wiedergewählten Vorsitzenden Udo Wolf.

[Allgemeiner Beifall]

Auch die Piratenfraktion hat bereits einen Vorstand gewählt, dem ich dazu gratulieren möchte, insbesondere dem Vorsitzenden Andreas Baum. – Herzlichen Glückwunsch und auf gute Zusammenarbeit!

[Allgemeiner Beifall – Frank Henkel (CDU): Wir haben auch gewählt! – Heiterkeit]

Sie haben auf Dauer gewählt, Herr Henkel?

[Frank Henkel (CDU): Für die nächsten 20 Jahre! – Heiterkeit]

Trotzdem Gratulation!

[Allgemeiner Beifall]

Da muss ich irgendetwas verpasst haben.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 5:

Wahl der Vizepräsidentinnen/der Vizepräsidenten

Wahlvorlage Drs 17/0003

Nach der Verfassung von Berlin und nach § 12 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung sind zwei Vizepräsidenten zu wählen. Die Fraktionen haben für die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten das Vorschlagsrecht in der Reihenfolge ihrer Stärke. Als Vizepräsidenten werden von der Fraktion der CDU Herr Andreas Gram und von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Anja Schillhaneck vorgeschlagen. Wird zu den Wahlvorschlägen die Aussprache gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Gemäß § 11 der Geschäftsordnung werden die Vizepräsidenten mit der Mehrheit der Stimmen des Abgeordnetenhauses gewählt. Das sind mindestens 75 Ja-Stimmen. Auch hierbei hat man sich interfraktionell darauf verständigt, die Wahl mit verdeckten Stimmzetteln, also geheim, durchzuführen. Wir wählen beide Vizepräsidenten gemeinsam in einer sogenannter verbundener Einzelwahl. Es bleibt ansonsten beim gleichen Wahlverfahren wie bei der vorherigen Wahl.

Ich bitte die Beisitzer, Aufstellung an den beiden Wahlurnen zu nehmen. Wer dem Wahlvorschlag der CDU

Fraktion, Andreas Gram, zustimmen will, der muss unter dem Namen ein Kreuz bei dem Kästchen mit Ja setzen. Sie haben weiterhin die Möglichkeit, mit Nein zu stimmen oder sich der Stimme zu enthalten. Gleiches gilt für den Wahlvorschlag der Fraktion der SPD, Anja Schillhaneck.

Ich möchte ausdrücklich noch einmal darauf hinweisen, dass Abgeordnete nach § 74 Absatz 2 der Geschäftsordnung zurückgewiesen werden müssen, die außerhalb der Wahlkabine ihren Stimmzettel kennzeichnen oder in den Umschlag legen.

Herrn Abgeordneten Christopher Lauer von der Piratenfraktion als Nummer sechs in der Reihe der jüngsten Mitglieder bitte ich, die Namen der Abgeordneten zu verlesen. Die Fernsehkameras dürfen nicht auf die Wahlkabinen ausgerichtet werden. Alle Plätze direkt hinter den Wahlkabinen und um die Wahlkabinen herum bitte ich freizumachen. Wenn das passiert ist, bitte ich um den Aufruf der Namen und die Ausgabe der Stimmzettel.

[Aufruf der Namen und Abgabe der Stimmzettel]