Würde seine Kinder nicht auf Kreuzberger Schulen schicken, vergleicht bei Glatteis und Gefahr von Oberschenkelhalsbrüchen schon einmal mit „Holiday on Ice“, droht der S-Bahn so oft mit Sanktionen, dass nun wirklich jeder weiß: Der bellt nur, der beißt nicht. – und im Wahlkampf knutscht er von vorn die schwarzen Schweinchen im Tierpark und hinten streicht er ihnen das Futtergeld weg. Das ist Ihr Verständnis von Berlin!
Wie vollmundig sind Sie 2001 nach dem Bruch der großen Koalition angetreten. Mir klingeln noch Ihre Worte im Ohr, Herr Regierender Bürgermeister:
Berlin ist pleite, hat 22 Milliarden Euro Schulden mehr als zu ihrem Amtsantritt, alle Zumutungen aus der ersten Legislaturperiode waren für die Katz – der Aderlass der Beschäftigten, die unterlassenen Investitionen bei der Charité, in den Schulen,
bei den Lehrern und in die Infrastruktur. Sie haben die Neuverschuldung nicht in den Griff bekommen, und Sie haben sich an der Zukunft Berlins vergriffen!
Ich sage Ihnen: Das kann sich Berlin nicht länger gefallen lassen! Berlin braucht endlich wieder politische Spielräume für Bildung, für Arbeit, für mehr Sicherheit und für mehr Klimapolitik. Wir geben mittlerweile mehr Geld für Zinsen aus als für Schulen. Das kann sich eine Stadt wie Berlin einfach nicht leisten.
Natürlich geht es auch darum, nicht nur alle Probleme mit mehr Geld zu beantworten. Auch das geht, wenn man sich traut, weniger Bürokratie und überflüssige Verwaltung abzubauen. Die Stellen dahin zu schieben, wo sie wirklich gebraucht werden, das war unser Vorschlag bei der Polizei. Berlin braucht endlich einen Aufbruch aus der rotschwarzen Lethargie der 90er-Jahre und ihrer Fortsetzung unter Rot-Rot seit 2001.
Dabei müssen uns am meisten die Schulen und die Kitas am Herzen liegen. 18 Jahre sozialdemokratische Bil
dungsverantwortung, 23 Reformen unter Rot-Rot, vorletzter Platz bei PISA, letzter in Sachen Chancengleichheit, 11,5 Prozent Schulabbrecher,
6 000 Kitaplätze fehlen und 1 200 Erzieherinnen und Erzieher. Dafür aber der Wegfall der Kitagebühren für Besserverdienende und null Engagement, um die Lehrer in der Stadt zu halten und die Schulen zu sanieren. Sie, meine Damen und Herren von Rot-Rot, haben doch Bildungspolitik längst aufgegeben. Das interessiert Sie doch gar nicht mehr!
Wir brauchen mehr Spielräume. Alle wissen, das geht nur mit mehr Wirtschaftskraft in dieser Stadt. Das Fleisch ist abgenagt vom Haushaltsknochen. Wir haben gesagt: 500 Millionen Euro über die Legislaturperiode, das kann man noch zusammenbekommen. Aber Handlungsspielräume, mehr Spielräume für politische Aktionen werden wir nur wieder erlangen, wenn die Wirtschaft wächst, wenn Unternehmergeist in der Stadt Einzug hält, und auch Geld verdient werden kann. Wenn gute, qualifizierte Arbeitsplätze entstehen, wenn wieder produziert wird, und wenn sich Unternehmen ansiedeln und gründen. Und ja, Herr Müller, das sage ich Ihnen an dieser Stelle: Dazu gehören auch gut geführte öffentliche Unternehmen. Sie haben vorhin aus unserem Programm zitiert. Ich sage Ihnen: Gucken Sie auf Seite 66, da steht die Aussage, die Sie haben wollen.
Wir sprechen uns gegen die weitere Privatisierung öffentlicher Unternehmen aus. Wir machen den Unsinn, den die SPD mit den Wasserbetrieben gemacht hat, nicht weiter.
Sie haben ja immer noch nicht begriffen, dass man für eine gute Wirtschaftspolitik auch die Wirtschaft braucht, dass man dazu in Deutschland, in Europa deutlich machen muss, dass hier wirtschaftlich vor Ort etwas los ist, dass hier der Platz ist, an dem die Technologien der Zukunft entwickelt werden, dass hier Arbeitsplätze entstehen können. Aber dazu braucht man eine Spitze, die das will, und auch annimmt. Es ist einfach fatal, wenn in Wirtschaftsmagazinen Geschichten stehen, die mit „Viel Berlin um nichts“ überschrieben sind. Wenn der Regierende als Menschenfänger, aber nicht als kompetenter Wirtschaftspolitiker da steht, wenn Berlin als Stadt des Kleinklein und nicht als Stadt des großen Wurfes beschrieben wird.
Wenn Sie jetzt auch noch verspielen, dass Berlin Schaufenster bei E-Mobility wird – Sie sind auf dem besten Weg dazu –,
dann zeigt das ganz deutlich, dass Sie kein Interesse daran haben, dass diese Stadt wirtschaftlich wächst. Ein Viertel aller Haushalte in Berlin lebt von weniger als 1 300 Euro im Monat. Das ist ihre Bilanz! Es reicht doch nicht, nur zu wollen, Herr Müller, man muss auch mal gucken, was man kann. Sie haben gezeigt, dass Sie es nicht können!
Ich sage Ihnen: Da helfen auch keine Masterpläne. Wissen Sie, wie viel Masterpläne Rot-Rot in den zehn Jahren Regierungszeit gemacht hat? – Neun Stück. Neun Masterpläne, die keiner kennt.
Dazu auch noch eine Unzahl von sogenannten Chefsachen, wie Klimaschutz, Industriepolitik, Demografie, Kultur und natürlich – Integration, Herr Sarrazin lässt grüßen, lieber Herr Wowereit! Die Beschreibung des Systems Wowereit und das Prozedere nach der Proklamation einer Chefsache klingt in den Zeitungen dann so:
Es gibt dann meist ein paar hektisch organisierte Runde Tische, Steuerungskreise und Workshops unter Beteiligung des Regierenden Bürgermeisters. Die kleinteilige Sacharbeit mit allen Irrungen und Wirrungen bleibt dann aber meistens in den Ressorts. Von Wowereit hört man unterdessen wenig zum Thema. Sollte das Vorhaben scheitern, steht jedenfalls schon fest, wer es nicht verbockt hat: der Chef.
Das, meine Damen und Herren, ist das Verständnis des Regierenden Bürgermeisters von einer Chefsache.
Diese Stadt muss sich wirklich langsam fragen: Gibt es eigentlich ein Thema, für das Sie sich wirklich interessieren? Für was stehen Sie eigentlich?
[Beifall bei den Grünen – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Mit wem wollen Sie eigentlich regieren?]
Manche meinen, es sei der Flughafen. Ich muss Ihnen sagen: Ich glaube das nicht. Wer bei einer Debatte, die die Stadt so bewegt wie die über die Flugrouten, so völlig abtaucht, kann sich nicht wirklich für diesen Flughafen interessieren. Wer es als Aufsichtsratchef nicht fertigbringt, aufzuklären, warum von 1998 bis September 2010 die Betroffenen wider besseren Wissens mit falschen Routen veräppelt worden sind, wer sich nicht dafür interessiert, dass der Bau, die Planung und die Auswirkungen dieses Flughafens demokratisch sauber legitimiert sind, dem nehme ich nicht ab, dass ihn das Projekt Flughafen-Willy-Brandt in seiner ganzen Tragweite wirklich am Herzen liegt.
Da geht es um mehr als Flugbewegungen und Wirtschaftlichkeit, da geht es um Menschen, die in den Regionen
wohnen, arbeiten und auch schlafen wollen. Deshalb sprechen wir uns ganz klar für ein Nachtflugverbot zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr aus.
Ich nehme Ihnen nach zehn Jahren Untätigkeit auch nicht ab, dass Ihnen die Mieterinnen und Mieter am Herzen liegen. Da sind keine Ideen, kein Drive, lustlos, die Bundesratsinitiativen in den Sand gesetzt. Laut Verlautbarung des Regierenden Bürgermeisters sind Gentrifizierung und steigende Mieten eigentlich gar kein Problem. Das wird dann nur noch getoppt von der Linkspartei: „Wildwest in der Mietenpolitik“. Man fragt sich allerdings, wo Sie eigentlich in den letzten zehn Jahren gewesen sind. Wo war denn Winnetou Wolf und Nscho-tschi Bluhm, die gegen die bösen Bleichgesichter aus dem kapitalistischen Westen gekämpft haben?
[Beifall bei den Grünen – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das waren die einzigen Bücher, die Sie gelesen haben!]
Schön mit der SPD alle Vorschläge weggebügelt. Ob den Ankauf der Wohnungen aus dem Fanny-Hensel-Kiez, die Einführung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung, die Begrenzung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Ich kann verstehen, meine Damen und Herren von der Linkspartei, dass Sie zurzeit eher damit beschäftigt sind, Ihre heilige Johanna der Tschekisten, Frau Lötzsch, wieder einzufangen, aber nach zehn Jahren Untätigkeit einfach nur in die Mottenkiste des kalten Krieges zu greifen, das ist nun wirklich billig.
[Beifall bei den Grünen und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Martina Michels (Linksfraktion): Sie reden wirr!]
Wir haben der Stadt vor Kurzem noch einmal unser Angebot vorgelegt, in zehn Punkten zusammengefasst. Wir haben der Stadt ein inhaltliches Angebot gemacht. Natürlich sehen und wissen wir, nehmen zur Kenntnis, wie diese Stadt tickt. Dem stellen wir uns auch. Sie tickt nicht in Ihre Richtung, um das einmal ganz deutlich zu sagen.
[Beifall bei den Grünen – Uwe Doering (Linksfraktion): Aber Renate tickt! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion]
Und weil Berlin so tickt, liegt darin auch Kraft. Berlin braucht Kraft für die nächste Legislaturperiode. Unser Angebot liegt auf dem Tisch,