Protocol of the Session on September 1, 2011

[Beifall bei der FDP]

Wie Sie bei diesem Schuldenstand – über 19 000 Euro pro Einwohner, damit der vorletzte Wert vor Bremen – davon sprechen können, dass Sie finanzpolitisch solide aufgestellt sind, Herr Nußbaum, das versteht niemand. Es wurde bereits darauf hingewiesen, die Ausgaben steigen nach

wie vor in Ihren Haushaltsplanungen. Sie haben es versäumt, die BIH einzurechnen. Sie haben es versäumt, auch den Handlungsbedarf, den Sie in der mittelfristigen Finanzplanung nach wie vor sehen, einzurechnen. Das heißt, alles in allem sind diese Zahlen, die Sie uns hier vorlegen, nur der Versuch, die eigene Inkompetenz von Ihnen in irgendeiner Form, wirklich die selbstgesteckte Ausgabenlinie einzuhalten, zu kaschieren. Sie haben keine Lösung in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung für die drängenden, zu lösenden strukturellen Probleme im Haushalt, die Personalkosten als ein Beispiel. Frau Matuschek formuliert hier, dass sie ein Personalentwicklungskonzept einfordert. Ich frage Sie, Frau Matuschek: Warum haben Sie das nicht die letzten zehn Jahre getan? Wir als Opposition haben es seit dieser Zeit getan. Da haben Sie das immer versäumt. Jetzt sagen Sie, Sie würden es nachverhandeln. Das ist ein Armutszeugnis.

[Beifall bei der FDP]

Sozialausgaben als weiteres Beispiel: Frau Matuschek, Sie sagen jetzt, Kosten der Unterkunft wollen Sie mal drauflegen. Werden Sie doch mal konkret! Was wollen Sie konkret an Millionenforderungen hier in diesem Haushalt nachverhandeln? Das sollten Sie vor der Wahl formulieren können.

[Zuruf von Andreas Gram (CDU)]

Thema Investitionen: Herr Nußbaum hatte ja mal eine Phase, wo er formulierte, dass man auch die Investitionen von den Anstalten öffentlichen Rechts mit in den Investitionshaushalt einberechnen soll. Davon ist er ja mittlerweile ein bisschen abgekommen. Was bleibt, ist, dass Sie mit einer Investitionsquote von 8 Prozent nur die Hälfte ungefähr von dem ausgeben, was Deutschland, aber auch z. B. Brandenburg an Investitionsquoten ausweist.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): So leidenschaftlich ist die neue APO!]

Auch das ist ein Armutszeugnis für Herrn Nußbaum und für die rot-rote Koalition.

[Beifall bei der FDP]

Sie rühmen sich damit, die Schuldenbremse bereits im Jahr 2016 einhalten zu wollen, lenken damit davon ab, dass es uns nicht gelungen ist, auf Antrag der FDP, aber auch der CDU, glaube ich, die Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verankern. Man kann fast froh sein, dass die Linke vermutlich nicht mehr im nächsten Senat ist, weil wir selbstverständlich ins Abgeordnetenhaus einziehen werden.

[Gelächter bei der Linksfraktion – Zurufe von der Linksfraktion]

Da waren ja die meisten Skeptiker, die uns versucht haben zu berichten, dass die Schuldenbremse eine Aufgabe der Souveränität der einzelnen Bundesländer wäre und sie sie deswegen ablehnen. Deswegen ist es gut, dass man die Schuldenbremse vorher einhalten wird, aber es wird auch – und das ist gut, dass die Linke nicht mehr dabei sein wird –,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Sie sind nicht mehr dabei!]

denn sonst würden wir in der Tat Gefahr laufen, dass ab dem Jahr 2016 die Schulden vermutlich wieder aus dem Ruder laufen würden.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Sie haben keine Prioritäten in diesem Haushalt gesetzt, Herr Nußbaum! Es mag ja sein, dass Sie darauf hoffen, anders als Sie es eingangs formuliert haben, dass das Parlament doch noch sein Königsrecht, nämlich das Haushaltsrecht, hier wahrnimmt und zu Änderungen kommt. Auch das ist schade und bedauerlich, dass man Ihnen das hier erklären muss, dass Sie zwar den Haushalt einbringen können, sich aber hier hinzustellen und zu sagen, dass davon nichts geändert wird, das finde ich doch schon ein wenig eine Missbilligung des Parlaments und der parlamentarischen Rechte, die da durchkommen.

[Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU und der Linksfraktion]

Öffentlich geförderter Beschäftigungssektor, andere Klientelprojekte, wie Sie sie in diesem Haushalt ausfinanzieren, zeigen, dass Sie nach wie vor nicht die Ernsthaftigkeit der Lage erkannt haben. Wir haben ein strukturelles Defizit von 2 Milliarden Euro. Darauf hat der Stabilitätsrat Sie hingewiesen. Sie haben ja Anfang des Jahres noch behauptet, dass es eher bei 1 Milliarde Euro ist, auch da mussten Sie korrigiert werden. Deswegen sind diese ganzen Klientelprojekte unserer Auffassung nach zu überprüfen und vermutlich zu streichen, weil wir uns in den nächsten Jahren in der Tat mit anderen Bundesländern auf der Ausgabenseite messen lassen müssen. Und ich glaube, da sieht Berlin definitiv nicht so gut aus, wie Sie uns das hier suggerieren. Wenn der Solidarpakt abgeschafft ist, wenn der Länderfinanzausgleich neu verhandelt werden muss, dann werden wir sehen, was die anderen Bundesländer von dem Land Berlin als Gegenleistung für z. B. eine Fortsetzung des Länderfinanzausgleichs in anderer Form einfordern. Darauf haben Sie das Land Berlin und diesen Haushalt keineswegs vorbereitet. Das ist bedauerlich. Deswegen hoffe ich, dass man bei den Haushaltsberatungen hier noch zu Änderungen kommt.

Ganz zum Schluss möchte ich noch, ich glaube als einziger Redner, Herrn Goetze danken für die geleistete Arbeit.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Es war immer ein Vergnügen, mit Ihnen im Hauptausschuss, aber auch im Beteiligungs- oder Vermögensausschuss zusammenzuarbeiten. Ich glaube, wir werden Sie hier alle vermissen, weil Sie als Oppositionspolitiker mit Ihrer ruhigen Art, den Ausschuss Beteiligungen zu lenken, zu führen, an der einen oder anderen Stelle Rot-Rot deutlich gemacht haben, dass es so nicht geht. Deswegen Danke für Ihre Arbeit! Ich werde Sie vermissen,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Wir Sie nicht!]

und ich hoffe, dass Sie sich auch nach dem Ausscheiden aus dem Abgeordnetenhaus weiter mit der Landespolitik beschäftigen werden. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Danke schön, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Den Vorabüberweisungen an den Hauptausschuss haben Sie bereits eingangs zugestimmt.

Ich komme zur

lfd. Nr. 9:

a) Bericht

Aufklärung der Hintergründe der Vergabepraxis der landeseigenen HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, Verflechtungen mit politischen Parteien und Konsequenzen für das Land Berlin

Bericht des 2. UntA Drs 16/4350

b) Antrag

Konsequenzen aus dem Untersuchungsausschuss „HOWOGE“ – klare und transparente Vergabe künftig sicherstellen

Antrag der FDP Drs 16/4365

c) Dringliche zweite Lesung

Gesetz zur Änderung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes

Beschlussempfehlungen WiTechFrau und Haupt Drs 16/4398 Antrag der Grünen Drs 16/4398

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Ich eröffne die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden, wozu ich keinen Widerspruch höre. – Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II, Drucksache 16/3677. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung.

Zunächst erteile ich aber dem Vorsitzenden des 2. Untersuchungsausschusses das Wort für einen Bericht. – Bitte schön, Herr Kollege Zimmer, ergreifen Sie das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Es ist plötzlich so ruhig geworden. Ich werde demnächst immer ein Glas Wasser vorher eingießen, es scheint ja die Spannung zu steigern. – Ich darf heute den Bericht des 2. Untersuchungsausschusses der 16. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin abgeben mit der Kurzbezeichnung HOWOGE. Dieser Untersu

chungsausschuss hat ja nur eine relativ kurze Lebenszeit gehabt. Der Einsetzungsbeschluss datiert vom 17. März 2011, die erste Sitzung hatten wir am 25. März 2011 und die letzte am 12. August 2011. Das bedeutete u. a. für die Kolleginnen und Kollegen im Untersuchungsausschuss, auch während der parlamentarischen Sommerferien zu tagen und zu arbeiten. Wir haben acht Beweiserhebungssitzungen durchgeführt und haben in der Zeit 18 Zeugen gehört, einige von denen auch öfter. Wir sind zu Erkenntnissen gelangt, zu denen ich jetzt einiges ausführen möchte. Aber – das will ich auch vorwegschicken – ich gebe den Bericht als Ausschussvorsitzender, nicht als Mitglied einer Fraktion, auch wenn ich Mitglied einer Fraktion bin. Die politische Bewertung überlasse ich den Kolleginnen und Kollegen der einzelnen Fraktionen.

Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen: Dieser Ausschuss hat neben der Tatsache, dass er ein sehr kurzer Ausschuss gewesen ist, auch in gewisser Hinsicht Untersuchungsrechtsgeschichte geschrieben. Jedenfalls ist mir nicht bekannt gewesen, dass es das vorher einmal gab. Wir haben nämlich auch einen Unterausschuss zum Zweck der Beweiserhebung eingesetzt und sind dann mit diesem bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vorstellig geworden und haben dort Unterlagen gesichtet. Auch dies ist etwas, was sehr ungewöhnlich ist. Zu den Hintergründen werde ich dann im weiteren Verlauf meines Berichts noch etwas sagen.

[Andreas Otto (Grüne): Das war gut so!]

Bevor ich nun in den eigentlichen Bericht eintrete, möchte ich vorweg den Dank an das Ausschussbüro richten.

[Allgemeiner Beifall]

Ja, das ist auch einen Applaus wert. – Ich glaube, da kann ich für alle Fraktionen sprechen. Ich als Vorsitzender kann es insbesondere tun und möchte also an der Stelle quasi auch für die weiteren Mitarbeiter Frau Dr. Reiter und Herrn Hellriegel danken, die uns stets sach- und fachkundig und vor allen Dingen auch tatkräftig zur Seite gestanden haben und innerhalb kürzester Zeit einen umfangreichen Berichtsentwurf erstellt haben, der zwar dann in der weiteren Verhandlung einen etwas anderen Schicksalsweg eingeschlagen hat als von mir gedacht, vielleicht nicht erwartet, aber erhofft. Aber dennoch vielen Dank dafür!

Ich möchte mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen bedanken. Keine Sorge, es ist heute nicht meine Abschiedsrede, das hoffe ich jedenfalls. Aber trotzdem ist es an der Zeit, Dank zu sagen. Ich sage deswegen auch Dank, weil es für den Vorsitzenden eines Untersuchungsausschusses nicht immer einfach ist. Ein Untersuchungsausschuss ist per Definition ein auf Konflikt angelegtes Gremium, denn in der Regel geht es darum, dass eine Seite des Hauses der Auffassung ist, dass von der anderen Seite des Hauses gestellte Senatsmitglieder sich nicht konform welcher Regelung auch immer entsprechend verhalten haben. In diesem Zusammenhang möchte ich mich dafür bedanken, dass wir stets in diesem Ausschuss fair miteinander umgegangen sind. Auch das hat dazu

beigetragen, dass wir in der Lage waren, unser Arbeitspensum in dieser Zeit zu erledigen.

[Allgemeiner Beifall]

Nun aber Schluss mit dem Lob. Ich möchte nicht den Eindruck entstehen lassen, dass dies eine rein harmonische Veranstaltung gewesen wäre. Denn obwohl wir alle die gleichen Zeugen gehört haben, obwohl wir alle die gleichen Unterlagen lesen konnten, sind wir doch zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt, wie ich eingangs schon sagte. Ich habe als Ausschussvorsitzender einen Berichtsentwurf vorgelegt, der ist in einigen Teilen mit der Mehrheit der Regierungskoalition abgeändert worden. Ich werde an verschiedenen Stellen darauf eingehen. Aber wie gesagt, ich gebe den Bericht in der Fassung ab, in der er beschlossen worden ist.