Die Vorgeschichte zu dieser Gesetzesänderung zeigt doch: Gremien, die selbst vom Senat einberufen worden sind wie die eingesetzte Strukturkommission unter der Leitung der ehemaligen Hamburger Senatorin Helga Schuchardt, haben ein vernichtendes Urteil über die Binnenstruktur der ZLB gesprochen. Deswegen kann hier doch nicht einfach darüber hinweggeredet werden, dass auch hinter dem bunten Konzept für eine neue Marketingstruktur, das uns die Bibliothek noch reingereicht hat, eine Menge Defizite existieren. Die werden mit diesem Gesetz leider nur minimal korrigiert. Es ist schade, dass man nicht ganz grundsätzlich eine Revision der schlechten Binnenstruktur gemacht hat.
Summa summarum: Es ist kein überzeugender Entwurf vom Senat vorgelegt worden. Ich bin froh, dass diese Gesetzesinitiative von Rot-Rot im parlamentarischen Verfahren korrigiert worden ist. Man muss doch mal sagen: Wenn ein rot-roter Senat Mitbestimmung – wir wissen ja, das ist nicht Kultursenator Wowereits Ding – in einer Stiftung nicht zulassen will und nur durch Initiative von Rot-Rot im Parlament jetzt überhaupt ein Personalvertreter im Stiftungsrat ist, dann zeigt das, dass Sie regierungsnah, jedoch parlamentsfern und erst recht mitarbeiterfern arbeiten wollen, und das wollen wir nicht.
Noch etwas: Es ist von Frau Lange gesagt worden, hier wird eine Doppelspitze eingeführt, eine Doppelspitze, die zu einem großen Ausdehnungsfeld der Hauptamtlichen führt. Wir werden hier eine Menge hochdotierter Stellen haben. Es liegt daran, dass die jetzige Generaldirektorin der Stiftung ihrer Aufgabe nicht gerecht wird, und aus diesem Grund hat es auch schon im letzten Haushaltsjahr
Nachschiebebedarf in erheblicher Größenordnung gegeben, um die ZLB wirtschaftlich zu stabilisieren. Ich muss sagen, dann soll man das auch so benennen, dass diese Gesetzesinitiative vor allen Dingen eine Lex Lux ist, weil man sagt, wir müssen jemanden an ihre Seite stellen, denn wirtschaftlich ordentlich arbeiten kann die Generaldirektorin leider nicht.
Sie sehen, im Inneren der ZLB ist noch viel zu tun. Das muss erst geordnet werden, damit wir hinkommen zu Fragen wie: Wie stellen wir die ZLB baulich auf? – Da kann ich nur sagen: 270 Millionen Euro als Anker für eine kommerzielle Ansiedlungspolitik des Senats reichen nicht als Legitimation für einen Protzbau am Tempelhofer Damm.
Deswegen den letzten Satz: Ich halte die Initiative zur Sonntagsöffnung in Bibliotheken für gut aber nur Sonntagsöffnung, ohne dass man die Institution mit ausreichend Personal ausstattet, wird auch nicht reichen und bleibt damit ein Lippenbekenntnis, das schön auf dem Papier ist, aber dazu gehört noch mehr.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Ströver! – Für die FDPFraktion hat jetzt der Abgeordnete Thiel das Wort. – Frau Lange, winken allein reicht nicht. Am besten eindrücken, oder möchten Sie das Wort für eine Kurzintervention?
Dann ist das schön, wenn Sie das hier vorne ankündigen, und dann haben Sie das Wort. – Für eine Kurzintervention hat jetzt Frau Abgeordnete Lange das Wort.
Tut mir leid, ich mache nicht so viele Kurzinterventionen. Deswegen wusste ich nicht, wie man das macht. – Ich staune wirklich – heute scheint der Tag der Diskriminierungen im Abgeordnetenhaus zu sein. Erst wird das Lesen diskriminiert, und dann, Frau Kollegin Ströver, diskriminieren Sie meiner Meinung nach eine erfahrene, weltbekannte Bibliotheksfachfrau. Ich finde, das steht Ihnen und auch Ihrer Fraktion, falls Sie für sie geredet haben, einfach nicht zu.
Frau Präsidentin! Frau Lange! Das bin doch nicht ich! Lesen Sie den Bericht der Strukturkommission. Es ist ja wohl Ihre Parteikollegin Helga Schuchardt, die diese Untersuchung über die Binnenstruktur der ZLB geführt hat. Da ist ausdrücklich die Problematik benannt worden – ich mag das hier gar nicht weiter ausführen –, dass die ZLB nicht so nach innen geleitet ist, wie sie zu leiten wäre. Der Senat hat uns selber gesagt, er habe im Haushaltsjahr 2010 im Rahmen der Haushaltswirtschaft viel Geld nachschießen müssen, um die ZLB nicht in eine finanzielle Schieflage kommen zu lassen. Das ist doch auch der Grund für die geplante Doppelspitze. Dieses Gutachten, dieser Strukturbericht, die Marketingagentur, die beauftragt wurde – sie allesamt kommen zum Urteil: Um die ZLB wirklich zukunftsweisend aufzustellen, muss sie im Inneren komplett neu sortiert werden, inhaltlich, aber auch von der gesamten Struktur her.
Das Problem ist, dass Ihnen nichts anderes eingefallen ist, als hier zwei B-3-Stellen, eine B-2-Stelle und vier A-15Stellen zu schaffen, die tatsächlich eine Menge Geld kosten. Für den Übergang ist es vielleicht ja auch richtig, und das weiß der Regierende Bürgermeister als Kultursenator auch ganz genau. Aber das Problem ist, dass es unten an Personal und an Geld fehlt, also bei den Leuten, die mit den Menschen Kontakt haben, die in die Bibliotheken gehen, sich informieren und ausleihen wollen. Das ist leider ein Problem der Leitung. Ich wollte das gar nicht weiter ausführen, aber Sie selber haben die Doppelspitze als Kann-Bestimmung in dieses Gesetz hineingeschrieben, und das kann man ja wohl nicht anders benennen als Lex Lux. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Ströver! – Jetzt haben Sie für die FDP das Wort, Herr Abgeordneter Thiel.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir sollen uns hier zum Gesetz zur Änderung des Zentralbibliotheksstiftungsgesetzes auslassen. Dieses Gesetz verfolgt drei Ziele – so habe ich das dem Vorblatt entnommen: die Entwicklung eines klaren Stiftungsprofils, die Verbesserung der wirtschaftlichen Steuerungs- und Leistungsfähigkeit und drittens die Vergleichbarkeit mit anderen Stiftungen, etwa der Stiftung Oper.
Wir meinen, das uns vorgelegte Ergebnis ist respektabel, und deswegen unterstützen wir es. Es wird einige er
staunen, aber wir glauben: Wenn man diese Ziele zugrunde legt und sich dann das Stiftungsgesetz wirklich genau anschaut, dann sind diese Ziele erreicht. Dass wir in einigen anderen Punkten, die wir im Kulturausschuss diskutiert haben, anderer Ansicht sind, ist gut so, denn sonst würden wir uns in diesem Hause ja gar nicht mehr unterscheiden. Aber letztlich zählt das Ergebnis, und das Ergebnis ist in Ordnung.
Jetzt genug der Lobreden von mir! Ich nehme mir das gleiche Recht wie meine Vorrednerinnen und Vorredner heraus und werde nicht über die Binnenstruktur der Zentralbibliothek sprechen, sondern möchte gerne dieses Gesetz, dass Sie uns hier vorgelegt haben, im Kontext zu anderen Gesetzesnovellierungen sehen, die wir im Lauf der Legislaturperiode auch diskutiert haben, die aber längst nicht unsere Zustimmung gefunden haben. Da greife ich auf, was heute schon zweimal angesprochen wurde: das vollkommen überflüssige und schlechte Berliner Vergabegesetz.
Wir haben immer darauf hingewiesen – anders, als es die Redner hier vorhin taten –, dass vergabefremde Kriterien insgesamt dem Wettbewerb schaden.
Anfang der Woche bekamen einige von uns einen Brief vom Arbeitskreis der 20 Forschungseinrichtungen „Einkauf und Vergabe in Berliner Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen“, in dem genau auf diese Missstände hingewiesen wird. Ich möchte daraus nur drei Punkte vorlesen, die ich ganz beachtlich und nachdenkenswert finde. Zum Ersten wird die mit 500 Euro deutlich zu niedrige Wertgrenze beklagt. Zweitens wird dargestellt, dass in der Konsequenz die Umsetzung dieses Vergabegesetzes eine höhere Personalstärke in den Einkaufs- und Vergabestellen bedeutet. Drittens wird ausgeführt, dass dieses Vergabegesetz gegenüber Lieferanten aus Deutschland nur schwer kommunizierbar sei und es im Ausland gar nicht erst verstanden werde. Das ist ein Ergebnis Ihrer Koalitionspolitik – Unverständnis erzeugen.
Oder nehmen wir das Spielhallengesetz, das kurzfristig gerade mit Ihrer Mehrheit verabschiedet wurde. Es wird nicht durchführbar sein. Darauf wurde schon hingewiesen. Sie wissen ja gar nicht, wo die Standorte sind, und auch nicht, wie Sie eine Auswahl treffen wollen. Und es wurde selbst in den Redebeiträgen der Linken konzediert: Es ist tatsächlich ein schwerer Eingriff in die Gewerbefreiheit, wenn ich rückwirkend Spielhallen dichtmachen will.
Nehmen wir ein anderes Gesetz, das auch Sie zu verantworten haben: das Straßenreinigungsgesetz. Sie wollen bis zu 300 Prozent höhere Kosten für Eigentümer, und zwar deshalb, weil Sie eine eigentümerfeindliche Politik betreiben. Denn alle Leute, die etwas mehr auf der Naht als Sie haben, sind Ihnen suspekt. Deswegen machen Sie solche Gesetze.
Über das Straßenausbaubeitragsgesetz ist immer wieder geredet worden. Weil der Grund zur Einrichtung dieses Gesetzes, der uns immer wieder hier auch vom Kollegen Hillenberg vorgeführt wurde, weggefallen ist, regt sich auch in der eigenen Koalition der Widerstand. Es ist sicher zu erwarten, dass dieses Gesetz in der nächsten Legislaturperiode endlich dahin kommt, wo es hingehört, nämlich in den Orkus.
Nur die Harmoniesucht der Koalition hat uns vor Schlimmerem bewahrt, Stichwort Klimaschutzgesetz. Dieses Ding ist ja als Vorlage nicht einmal das Papier wert, auf das es gedruckt wurde.
Eine Sache aber, die wir natürlich unterstützen, ist Ihr Antrag auf Sonntagsöffnung der Bibliotheken. Aber erklären Sie mir doch einmal – das können Sie auch am Rand des Plenums machen –, warum das Arbeitszeitgesetz, das Sie wie eine Monstranz hochgehalten haben, als es um die Öffnung der Geschäfte am Hauptbahnhof oder aber darum ging, als wir den Antrag stellten, Arztpraxen auch am Sonntag zu öffnen, bei den Bibliotheken interessanterweise eine andere Wertung erfährt, weil sie ein Kulturgut seien.
Aber Entschuldigung! Meine Zähne oder was auch immer sind auch ein Kulturgut. Also bitte erklären Sie mir einmal diese Inkonsequenz Ihrer Politik!
Worauf ich noch hinweisen wollte, ist: Wahrscheinlich wird die Öffnung der Bibliotheken eine Ausnahme sein und nicht der Beginn einer konsequent marktwirtschaftlichen Politik. Denn auch das haben Sie in dieser Legislaturperiode wieder bewiesen: Dazu sind Sie nicht in der Lage. – Ich danke Ihnen!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, und wir kommen zur Abstimmung. Zur Vorlage auf Drucksache 16/3950 empfiehlt der Fachausschuss einstimmig – bei Enthaltung von CDU und Grünen – die Annahme mit Änderungen. Wer der Gesetzesvorlage mit den Änderungen der Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4133 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der FDP. Das ist die Mehrheit. Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das sind die CDU-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist das Erste Gesetz zur Änderung des Zentralbibliotheksstiftungsgesetzes beschlossen.
Wir kommen zum Antrag auf Drucksache 16/3695. Da empfehlen die Ausschüsse einstimmig – bei Enthaltung der CDU – die Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktionen der FDP und der Grünen. Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das ist die Fraktion der CDU. Damit ist diese Drucksache angenommen.
Das ist die Priorität der Fraktion der FDP mit dem Tagesordnungspunkt 26. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der FDP, und der Fraktionsvorsitzende, Herr Meyer, hat das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Wachstums- und Arbeitsmarktzahlen der Bundesrepublik sind seit dem Herbst 2009 durchweg positiv. Erstmals seit langer Zeit hat Deutschland wieder weniger als drei Millionen Arbeitslose, und das trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008.