Sie werden sich erinnern, Frau Senatorin. Heute müssen wir feststellen – wir haben jetzt April 2011: An der Situation in der Jugendarrestanstalt hat sich nichts, überhaupt nichts geändert. Sie haben nicht einen einzigen Schritt in die Wege geleitet, Abhilfe zu schaffen, Sie haben die Arrestanten nirgendwo anders untergebracht, und letztes Mal haben Sie hier erklären müssen, dass Sie auch im letzten Jahr 257 Arrestanten dort abgewiesen haben. Problemlösungskompetenz sieht anders aus, und ich erwarte noch heute eine Entschuldigung für den damaligen Vorwurf, ich hätte Unsinn geredet.
Bei der ersten Beratung der Anträge habe ich bereits gesagt, dass mir der schrille Ton, der angeschlagen wird, nicht gefällt. Zu den Beratungen im Ausschuss ist nachzutragen, dass man durchaus den Eindruck hatte, dass richtig ernsthaftes Interesse seitens der antragstellenden Fraktion an einer inhaltlichen Beratung der Anträge nicht bestand. Die Anträge wurden fünf Minuten vor Ende der Ausschusssitzung aufgerufen, und inhaltliche Redebeiträge, die ähnlich gewesen wären, wie Kollege Zimmer sie zwei Mal hier vorgebracht hat, wurden dort nicht geleistet. Vielmehr wurde auf eine schnelle Abstimmung gedrängt, auf dass man dann nach Hause gehen konnte.
Ich danke Ihnen, Herr Kollege Behrendt! Meine Nachfrage bezieht sich auf das Thema der Jugendarrestanstalt, die Sie in Ihrer – möglicherweise – unsinnigen Erklärung seinerzeit angesprochen haben. Würden Sie mit mir darüber einstimmen, dass es sinnvoll ist, dass die Justizsenatorin bzw. die Justizverwaltung vorsieht, für 6 Millionen Euro die Jugendarrestanstalt zu sanieren, damit genau das, was Sie damals – möglicherweise zu Recht – aufgerufen haben, nicht mehr passieren wird?
Ich halte das Projekt – das habe ich im Februar schon gesagt – für überflüssig und aus fachlichen Gründen für falsch, ich halte es für besser, die Arrestanten auf der in der gegenüberliegenden Straßenseite vorhandenen Einrichtung und die Strafgefangenen am Friedrich-OlbrichtDamm unterzubringen. Aus fachlichen Gründen finden wir das inhaltliche Anliegen, das diese Anträge zum Ausdruck bringen, weiterhin richtig: Es bedarf dort keiner Verlegung der Drogenfachabteilung, die kann bleiben, wo sie ist. Das ist auch aus fachlichen Gründen viel besser, weil man Schule und Ausbildung am Friedrich-OlbrichtDamm hat, darauf hat Kollege Zimmer in einer Nebenbemerkung hingewiesen. Aus fachlichen Gründen ist dies ein Plan, der sich als falsch erweist. Man sollte schleunigst Abhilfe schaffen, und das ist möglich, wenn man Arrestanten in der auf der gegenüberliegenden Straßenseite vorhandenen Einrichtung Kieferngrund unterbringen würde. Dann müsste man zumindest in diesem Jahr nicht wieder 257 Arrestanten abweisen, sondern hätte endlich Raum und Platz, um die alle aufzunehmen.
Eins, Kollege Zimmer, gehört aber immer noch zur Wahrheit: Es waren nicht etwa Gisela von der Aue oder die Grünen oder die SPD oder die Linken, die den Justizstandort für Gefängnisse dort begründet haben, sondern es war der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, es war die CDU,
die vor 14 oder 15 Jahren entschieden haben, dort einen Justizstandort einzurichten. Daran würde ich auch weiterhin festhalten, ich halte das für richtig. Sie können sich aber heute keinen schlanken Fuß machen und so tun, als hätten Sie nichts damit zu tun, dass dort jugendliche Strafgefangene untergebracht werden. Vielmehr hat Ihre Partei dies damals so entschieden.
Ein weiterer richtiger Gesichtspunkt war, dass die Information vor Ort zu wünschen übrig ließ. So, denke ich, kann man mit den Anwohnerinnen und Anwohnern nicht umgehen. Die haben ein legitimes Informationsinteresse, was da passieren soll, und die sollen nicht aus der Zeitung oder anderen Medien erfahren, was die Justizverwaltung in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft plant. Das war ein schwerer Fehler, Frau von der Aue, und das war nicht das
erste Mal, das war damals bei der Verlegung des offenen Vollzugs nach Lichtenberg genauso. Dort sind Sie Ihren Informationspflichten auch völlig unzureichend nachgekommen – so kann das nicht weitergehen. Wenn wir die Akzeptanz für die Einrichtungen des Strafvollzuges erhalten wollen, und das ist zwingend auch für die Einrichtungen in der Stadt und in Wohngebieten notwendig, dann bedarf es einer anderen Informationspolitik, so kann das nicht gehen! – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befassen uns zum ich weiß nicht wievielten Male mit diesem Thema, und es ist einfach nicht besser geworden. Sowohl Herr Zimmer mit seinem Feuerwerk schnell gesprochener Zahlen, die er den Leuten hier an den Kopf wirft,
ist wenig überzeugend, denn Sie begründen an keiner Stelle, wie Sie zu dieser oder jener Überzeugung kommen, noch sind andere Argumente tragend oder der Entwicklung geschuldet. Ich kann dem, was Herr –
ja, Entschuldigung, was Herr Kohlmeier gesagt hat, wenig hinzufügen. Wir stimmen der Auffassung völlig zu, nur noch drei Stichworte: Ich halte es für nicht tragbar, dass der Bevölkerung in Lichtenrade eingeredet wird, es käme eine riesige neue Gefahr auf sie zu. Das ist an jedem Standort so gewesen, das war so, als für Düppel der Ersatzstandort in Lichtenberg gebraucht wurde, das war genauso, als die Therapieeinrichtung in Tegel eingerichtet werden sollte – stets wurden die Leute aufgebracht, stets hat vor allem die CDU versucht, daraus Profit zu schlagen, und es ist einfach unredlich, den Leuten mit sachfremden Argumenten Angst zu machen.
Als Mitglieder des Rechtsausschusses sind wir dafür verantwortlich, dass die Rechtspolitik in der Stadt ordentlich durchgeführt werden kann, und dazu gehört auch, dass die Bedingungen für Inhaftierte so sind, dass man diesem Konzept folgen kann.
Die Aussprache in der vergangenen Woche in Lichtenrade hat eine ganze Menge jener Argumente vorweggenommen, die Sie heute wieder frisch aufgeführt haben. Natürlich muss den Leuten erklärt werden, was dort stattfindet, natürlich muss auch derjenige, der etwas plant, dies ordentlich erklären und die Argumente aufnehmen, die dort vorgebracht werden. Wenn es nun so aussieht, als fänden Ausgänge in Lichtenrade nicht statt, als wenn dort
ein geschlossener Vollzug stattfinden wird, dann hat man bereits eine Menge der Gegenargumente beseitigt.
Im Übrigen sind solche Argumente wie Transport zur Ausbildung schlicht unsinnig, weil es so aussieht, als würde jetzt nicht ausgebildet, als verlege man speziell jene nach Lichtenrade, die jetzt nicht ebenfalls an solchen Programmen teilnehmen.
Ich glaube einfach, dass man diese Struktur so aufbauen muss, dass inhaltlich das Beste dabei herauskommt.
Es lohnt sich nicht, die Anträge im Einzelnen zu besprechen; der FDP-Antrag ist derartig schlampig, dass man schlecht damit umgehen kann.
[Mirco Dragowski (FDP): Na, na, na! – Zuruf von Christoph Meyer (FDP) – Beifall von Sven Kohlmeier (SPD)]
Hier wird ein Konzept für den gesamten Strafvollzug gefordert; sie wollen unterschiedliche Prognosen für die Insassenentwicklung für den gesamten Berliner Strafvollzug vorgelegt haben – ja, dazu machen Sie mal ein paar Vorschläge!
Es gibt ein Konzept für den geschlossenen Männervollzug, das wissen zumindest die Mitglieder des Rechtsausschusses, Herr Dragowski! Es gibt ein Konzept für den Frauenvollzug, und im Moment beschäftigen wir uns mit der Jugendstrafabteilung. Dabei handelt es sich durchaus um Konzepte. Dass man dazu unterschiedlicher Auffassung sein kann, das ist etwas anderes, dabei aber das Ganze in Frage zu stellen, ist einfach nicht redlich. Wir sollten uns mit den Fakten beschäftigen und uns nicht irgendwelche Ideologien um die Ohren hauen.
Wir haben uns – wie alle anderen auch – selbstverständlich mit dem Personalrat auseinandergesetzt; es ist völlig klar, dass die auch eine eigene Auffassung haben. Übrigens gibt es da mehrere Auffassungen, die durchaus nicht miteinander korrespondieren, und es ist die Frage, ob man der einen oder der anderen Auffassung mehr nachhängt, ob man dem einen oder dem anderen Argument mehr Raum gibt. Insgesamt gesehen muss vor allem der Kontakt mit der Bevölkerung weiter gepflegt werden und die Transparenz im Ausschuss dadurch hergestellt werden, dass wir regelmäßig Bericht erbitten, und dann wird man sehen, wie viel daran ist. Diesen Anträgen kann man wirklich nicht zustimmen. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP möchte den Rückgang der jugendlichen Straftäter dazu nutzen, um eine Fehlentscheidung des damaligen CDUSPD-Senats zu korrigieren,
nämlich wir wollen den Strafvollzug im Lichtenrader Wohngebiet beenden. Dazu bietet sich jetzt die Chance.
Es wurden mehrere Alternativen vorgestellt. Die eine Alternative ist, den Kieferngrund, also den bisherigen Untersuchungshaftbereich, als Haftplatzreserve zu benutzen, und eine weitere Alternative ist, den Kieferngrund als Jugendarrestanstalt nach einem Umbau zu benutzen. Das würde auch den 6 Millionen Euro teuren Neubau einsparen.
Und das, lieber Herr Kohlmeier, ist genau der Unterschied zwischen den CDU-Anträgen und dem FDP-Antrag, dass der FDP-Antrag für beide Alternativen offen ist, während die CDU sich auf die zweite Alternative festgelegt hat und sagt, sie möchte im Kieferngrund die Jugendarrestanstalt errichten. Insofern gibt es schon inhaltliche Differenzen. Die mögen Sie vielleicht nicht wahrgenommen haben, aber sie sind trotzdem da.
Die Ausschussberatungen waren sehr kurz. Das liegt daran, dass die SPD zu diesem Thema nicht ausführlich diskutieren wollte. Wir haben diesen Tagesordnungspunkt – das ist vollkommen richtig – sehr am Ende, kurz vor 17 Uhr, aufgerufen, allerdings mit der Maßgabe, dass die Vertreter von CDU und SPD viel Zeit hätten, um diesen Tagesordnungspunkt zu bereden. Sie, Herr Kohlmeier, sind durch die Reihen gegangen und haben darauf hingewiesen, dass Sie einen Anschlusstermin haben. Sie mussten zu einem Seminar und haben deshalb darauf gedrungen, dass wir das ganz schnell machen und abschließen. Also tun Sie jetzt hier nicht so, als ob unsererseits nicht die Bereitschaft und die Zeit bestanden hat; Sie hatten keine Zeit für dieses Thema.
In den Ausschussberatungen sind dann letztendlich seitens der Senatsverwaltung auch unsere Bedenken keinesfalls ausgeräumt worden. Es ist weiterhin zu besorgen, dass die Zustände, die wir alle vom Friedrich-OlbrichtDamm kennen, nun auch in Lichtenrade drohen. Und dagegen wenden wir uns.
Diese Gefahren sind ja bekannt. Sie resultieren zum einen aus dem szenetypischen Personenkreis, der die Gefangenengruppe dort begleitet, insbesondere Drogendealer. Es kommt am Friedrich-Olbricht-Damm immer wieder zu Drogenüberwürfen, zu Handyüberwürfen. Und deshalb liegt es nur auf der Hand, dass die zwielichtigen Gestalten, die am Friedrich-Olbricht-Damm nachts herum
Und wir haben Gefahren durch die Vollzugslockerung, wie z. B. unbegleiteten Ausgang und Freigang. Dass es da Gefahren gibt, gibt die Senatsverwaltung für Justiz ja mittelbar selbst zu. Denn Sie haben mittlerweile reagiert und gesagt, dass Insassen mit Vollzugslockerungen nicht in Lichtenrade untergebracht werden, sondern Sie wollen diese Personengruppe mit Vollzugslockerungen ins Haupthaus verlegen. Das täten Sie nicht, wenn es da nicht bestimmte Gefahren gäbe.