Dazu einmal eine Zahl: Die Hälfte aller Missbrauchsfälle bei Vollzugslockerung im Bereich der Jugendstrafanstalt geht auf die 70 Insassen der Drogenfachabteilung zurück. Das zeigt doch, dass es auch ein ganz erhebliches Risiko eines Missbrauchs von Vollzugslockerungen in Lichtenrade gibt.
Zusammengefasst: Es gibt justizfachliche Bedenken, es ist unwirtschaftlich und eine Verschwendung von Steuergeldern, was Sie vorhaben.
Ich komme zum Schlusssatz, Herr Präsident! – Es gibt rechtliche Hindernisse, und es gibt den erklärten Bürgerwillen. Frau Senatorin! Lenken Sie ein, werden Sie nicht ein weiteres Opfer der Arroganz der Macht im Berliner Senat, und respektieren Sie den Willen der Bürgerinnen und Bürger in Lichtenrade!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Zimmer! Schöne Gelegenheit, die Sie hier abends um 20 Uhr nutzen, um hier für
Danke schön, Herr Präsident! – Am 17. Februar 2011 hat das Abgeordnetenhaus über die beiden hier vorliegenden Anträge diskutiert. Alle Fraktionen waren sich so weit einig, außer FDP und CDU,
die Anträge sind nicht zustimmungsfähig. Zu Recht sind diese Anträge nicht zustimmungsfähig. Ich erlaube mir einmal, auf meine damalige Rede zu verweisen.
Lieber Kollege Zimmer! Ich hätte mir tatsächlich gewünscht, dass bei diesem Thema erstens der Kollege Rissmann hier spricht, der hat offensichtlich, das hat zumindest die Beratung im Rechtsausschuss gezeigt, mehr Ahnung und mehr Erfahrung mit den die Dingen, die hier passieren und vorgesehen sind.
Zweitens, lieber Kollege Zimmer, hätte ich mir gewünscht, Sie auf der öffentlichen Veranstaltung letzte Woche zu sehen, die die Friedrich-Naumann-Stiftung gemacht hat. Da waren Sie leider nicht. Dort hat die Justizsenatorin zusammen mit mir und dem Kollegen Kluckert und Herrn Bestmann diskutiert. Um einen Schwank aus der Veranstaltung zu erzählen: Die Eingangsfrage von Frau Brüning von der „Morgenpost“ an Herrn Kluckert war: Ist denn ein Knast – tatsächlich so gefragt – in Lichtenrade eine Chance oder ein Risiko? – Die Antwort können Sie sich natürlich ausrechnen. Da hat Herr Kluckert gesagt, es ist natürlich ein Risiko.
Großen Applaus hat er dafür bekommen, selbstverständlich. Als betroffener Anwohner sagt man auf eine einfache Frage, das ist natürlich ein Risiko, wer möchte so einen Knast schon vor Ort haben. Aber wenn man es sich genau anschaut, es gibt dort schon eine Strafanstalt, und
zwar Kieferngrund. Es gibt daneben eine Jugendarrestanstalt. Die besteht dort schon seit 14 Jahren. In den letzten 14 Jahren ist es mir nicht passiert und untergekommen, dass beide Fraktionen, die diese Anträge hier eingereicht haben, sich in irgendeiner Weise gegen diese Anstalten gewendet hätten. Nein, das haben Sie bisher in der Vergangenheit nicht gemacht, sondern Sie nutzen diese Möglichkeit sechs Monate vor der Wahl, um hier ein Stück weit Wahlkampf zu machen.
Das zeigen die Anträge, die Sie hier vorgelegt haben, und zwar das Abstimmungsverhalten im Rechtsausschuss am 15. März 2011. CDU und FDP wollen natürlich inhaltlich eigentlich das Gleiche. Sie wollen nicht, dass der Drogenfachbereich aus Plötzensee nach Kieferngrund verlegt wird. Das Erstaunliche dabei ist, da sind sich beide Fraktionen noch nicht einmal einig in ihrem Abstimmungsverhalten, sondern die CDU stimmt nur ihrem eigenen Antrag zu. Die FDP natürlich, weil sie keine Meinung hat in dem Fall, enthält sich. Alle anderen Fraktionen lehnen diesen Antrag ab: Grüne, Linksfraktion und SPD. Bei dem Antrag der FDP läuft genau das umgekehrte Spiel: Da stimmt natürlich nur die FDP zu. Die CDU enthält sich, Linke, SPD und Grüne stimmen dagegen.
Sie müssen mir tatsächlich einmal erklären, was das inhaltliche Anliegen ist, was beide Parteien miteinander verbindet, wenn sie nicht einmal in der Lage sind, den Anträgen zusammen zuzustimmen.
Letzte Anmerkung, Herr Kollege Zimmer, und das ist eigentlich nicht Ihr Niveau: Da schicken Sie heute eine Pressemitteilung raus. Das ist Ihr gutes Recht, das sollen Sie auch machen, Nr. 169, zum Nachlesen für alle Interessierten. Da steht drin: Zimmer ist so erfolgreich, große Unterschriftenaktion und der Lichtenrader Abgeordnete usw. usf., bla, bla, bla. Unter anderem steht da drin:
Nun weiß ich aus eigener Erfahrung als Jurist, lieber Kollege Zimmer, wir können ja wenig rechnen. Die Millionen, die das Vorhaben der Verlegung kosten soll, sind mir bisher nicht untergekommen. Ich erinnere mich an Zahlen um die 200 000 oder 250 000 Euro, um den Kieferngrund entsprechend vorzubereiten für die Verlegung des Drogenfachbereiches.
„100 000 Euro“ sagt mir die Senatorin gerade von der Seite. Entschuldigen Sie, so schlecht sind meine Fähigkeiten bei Zahlen als Jurist. Ich weiß nicht, was das mit Millionen zu tun hat.
Dann sind Sie total clever und schreiben weiter, dass das mit der Jugendarrestvollzugsordnung nicht möglich wäre. – Auch das ist zwischenzeitlich geklärt worden, dass das selbstverständlich möglich ist.
Was mir auf dieser Veranstaltung mit Herrn Kluckert niemand erklären konnte und auch Sie heute nicht erklären konnten, ist die Perfidität, die Sie an den Tag legen in Ansehung der Haushaltslage des Landes Berlin. Sie wollen eine Anstalt, die im Kiefergrund besteht, tatsächlich abreißen, zurückbauen, wie auch immer. Die ist 14 Jahre alt. Da stellen Sie sich allen Ernstes hin und sagen, die solle abgerissen und zurückgebaut werden. Das wäre ein Grund für das Einschreiten des Rechnungshofs, wenn wir das machen würden. Alles andere ist kein Grund für den Rechnungshof.
Im Ergebnis: Wir haben mit den Bürgern entsprechend gesprochen. Die Justizsenatorin redet mit den Betroffenen vor Ort. Es werden vor Ort weitere Veranstaltungen unter anderem im April stattfinden. Die Justizsenatorin hat die Anregungen, die von den Bürgern vor Ort gemacht wurden, aufgenommen. So wird es zum Beispiel Drogenfreigänger nicht in Lichtenrade geben, unabhängig davon, dass in Lichtenrade möglicherweise jetzt schon der eine oder andere herumläuft, der Drogen nimmt. Die werden bloß in Plötzensee Ausgang bekommen. Die Anregungen sind aufgenommen worden.
[Dr. Sebastian Kluckert (FDP): Sind wir also doch gefährlich! – Mirco Dragowski (FDP): Interessante Wende!]
Die Befürchtungen, die Sie hier hegen, sind rein wahlkampftaktisch begründet, und ein Stück weit versuchen Sie, das Sankt-Florians-Prinzip anzuwenden: Ein Knast soll gerne irgendwo sein, aber bitte nicht bei mir. – So funktioniert das nicht, so kann man in Berlin nicht Politik machen! – Herzlichen Dank!
[Björn Jotzo (FDP): Gute Frage! – Andreas Gram (CDU): Die Frage Ihres Lebens! – Heiterkeit bei der CDU und der FDP]
Ich freue mich, dass Sie mitmachen. – Die Diskussion fing an, als 2008 bekannt wurde, dass es in der Jugendarrestanstalt in Berlin zu massiven Abweisungen kam. Es wurde bekannt, dass jeder vierte Jugendliche dort nicht aufgenommen werden konnte, sondern wieder nach Hause geschickt wurde. Daraufhin gab es im Jahr 2008 eine Diskussion um die Abhilfe zu dieser Situation. Ich habe per Presseerklärung den Vorwurf an die Senatorin erhoben, sie handele nicht, insbesondere habe sie gesagt, sie brauche nicht mehr Geld für den Jugendarrestbereich. Daraufhin hat Frau Senatorin meine Lieblingspres
seerklärung dieser Legislaturperiode herausgegeben. Das war damals die erste Presseerklärung des Pressesprechers Abbou – man kommt ja ein bisschen durcheinander bei den vielen Pressesprechern der Justizsenatorin –, und die trug die wunderbare Überschrift:
Im Text sagt sie, sie habe schließlich schon mit dem Leiter der Jugendarrestanstalt und der BIM Kontakt aufgenommen, um Standorte zu prüfen, um das Problem zu lösen, wo man neue Jugendarrestplätze einrichten könnte. Diese wunderschöne Presseerklärung endet mit den Worten:
Vielleicht sollte sich Herr Behrendt erst einmal informieren, bevor er solche unwahren Sätze über mich in die Öffentlichkeit trägt.
Sie werden sich erinnern, Frau Senatorin. Heute müssen wir feststellen – wir haben jetzt April 2011: An der Situation in der Jugendarrestanstalt hat sich nichts, überhaupt nichts geändert. Sie haben nicht einen einzigen Schritt in die Wege geleitet, Abhilfe zu schaffen, Sie haben die Arrestanten nirgendwo anders untergebracht, und letztes Mal haben Sie hier erklären müssen, dass Sie auch im letzten Jahr 257 Arrestanten dort abgewiesen haben. Problemlösungskompetenz sieht anders aus, und ich erwarte noch heute eine Entschuldigung für den damaligen Vorwurf, ich hätte Unsinn geredet.