Protocol of the Session on March 8, 2007

Ich hatte diesen Antrag bereits vorab federführend an den Sportausschuss, mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie sowie an den Hauptausschuss überwiesen. Die nachträgliche Zustimmung hierzu stelle ich fest.

Ich eröffne die I. Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen auch hier wieder eine Redezeit bis zu fünf Minuten zur Verfügung. – Das Wort für die Sozialdemokraten hat der Abgeordnete Kugler. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werden sich möglicherweise fragen, warum das scheinbar so unbedeutende Thema wie Hortschwimmen heute unsere Priorität ist.

[Mario Czaja (CDU): Weil Sie nichts anderes haben! – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion) zu Mario Czaja (CDU): Sie Nichtschwimmer!]

Das ist eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit ist, dass wir vielleicht viel lieber, als ein weiteres Mal über z. B. den zu schließenden Flughafen Tempelhof zu sprechen, unsere wesentlichen Dinge in den Mittelpunkt stellen, und einer dieser wesentlichen Mittelpunkte ist die Bildung unserer Kinder. Die hat für die SPD Priorität!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Und da die Bildung unserer Kinder einer unserer Schwerpunkte ist, wollen wir das auch ein weiteres Mal durch unser Handeln unterstreichen.

Sie werden mir sicherlich zustimmen, wenn ich feststelle, dass das Erlernen des Schwimmens zur Bildung gehört, und Sie werden sicherlich auch zustimmen, dass – zumindest unserer Überzeugung nach – die Bildung nicht von dem Geldbeutel oder dem Bildungsniveau der Eltern abhängen darf. Deswegen ist es aus unserer Sicht wichtig, Kindern – kleinen Kindern, aber auch Schülern – den kostenfreien Zugang zu den öffentlichen Schwimmbädern zu ermöglichen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich weiß auch: Sie werden uns in Kürze vorwerfen – wenn die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition an das Mikrofon gehen –, dass wir in der letzten Legislatur das Hortschwimmen selbst abgeschafft haben.

[Felicitas Kubala (Grüne): Gut erkannt!]

In der Tat: Das ist wahr. Wir haben es abgeschafft. Wir haben den Handlungsbedarf erkannt, und ab dem neuen

Schuljahr wird das Hortschwimmen wieder kostenfrei sein.

[Beifall bei der SPD]

Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, wir werden einmal schauen, ob Sie Ihren gewaltigen Worten heute auch Taten folgen lassen, wenn es zur Abstimmung kommt.

Ein viel wichtigerer Aspekt, den wir bei dieser Gelegenheit mit aufgegriffen haben, ist, dass wir nicht nur mit dieser Änderung des Bäder-Anstaltsgesetztes bzw. des Sportförderungsgesetzes das Hortschwimmen wieder einführen wollen, sondern wir möchten auch die MutterKind-Gruppen kostenfrei in die Schwimmbäder lassen.

[Beifall bei der SPD]

Das ist neu, und es ist nicht nur neu, sondern auch gewollt, weil wir glauben, dass das die schon sehr weitgehenden Zugangsmöglichkeiten zu den öffentlichen Berliner Schwimmbädern abrundet. Das bedeutet – wenn ich es noch einmal zusammenfassen darf –, dass zukünftig in Berlin sowohl Mutter- und Kind-Gruppen, Kitas, Horte, Schulen und förderungswürdige Vereine unsere öffentlichen Schwimmbäder kostenfrei nutzen dürfen. Das sind etwa 50 % der zur Verfügung stehenden Wasserfläche, und das bedeutet, dass wir bei einer schwierigen Finanzlage unserer Stadt mehr Geld in die Hand nehmen, um in diesem Bereich etwas für die Zukunft unserer Jugend zu tun.

[Beifall bei der SPD]

Das ist – darauf möchte ich abschließend hinweisen – meiner Auffassung, der Auffassung der SPD-Fraktion nach, etwas, worauf wir Berlinerinnen und Berliner auch sehr stolz sein können, weil es nirgendwo in der gesamten Bundesrepublik Deutschland einen so weitgehenden kostenfreien Zugang zu den Wasserflächen gibt, wie es in Berlin der Fall ist. Darauf können wir zu Recht stolz sein. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Meine Damen und Herren! Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Statzkowski!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Kennen Sie noch den Inhalt der Mündlichen Anfrage Nr. 11 vom 9. November 2006 und deren Beantwortung?

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Ja!]

Kennen Sie vielleicht auch den Antrag Drucksache 16/110 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 6. Dezember 2006? Klar ist, dass in der Mündlichen Anfrage das Problem des Eintritts für Schülerinnen und Schüler im Ganztagsbetrieb bestätigt und der Handlungs

bedarf vonseiten des Senats ausdrücklich eingeräumt wurde. Klar ist auch, dass der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Beheben dieses Handlungsbedarfs gestellt worden ist und übrigens auch an die entsprechenden Ausschüsse überwiesen wurde, aber wegen einer bislang nicht abgestimmten Auffassung des Berliner Senats nicht behandelt werden konnte. Das ist natürlich alles nur „reiner Zufall“, dass man hier den Vorsprung auf diese Art und Weise wieder wettmachen will.

Interessant ist auch: Was hat Rot-Rot denn an dieser Stelle in der Vergangenheit gemacht? – Da gab es beispielsweise ein Schreiben der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport vom 27. April, in dem klar steht, wer alles in Berlin kostenfrei schwimmen darf. Dazu gehörten die Schulen im Rahmen ihres obligatorischen Schwimmunterrichts, die förderungswürdigen Sportorganisationen und die Kindertagesstätten zur sportlichen Betätigung und Gesundheitserziehung. Nicht dazu gehören die Angehörigen aller anderen Bevölkerungsgruppen zur sportlichen Betätigung.

[Beifall von Frank Henkel (CDU)]

Interessant ist, was nämlich fehlt: Es fehlen unter anderem die Hortkinder, und wir wollen hier nicht nur über den Senat schimpfen, wo es notwendig ist, sondern auch über die rot-rote Mehrheit in diesem Haus, denn die hat mit ihrer Mehrheit im Juni 2006 beschlossen – und zwar unter Nichtmitwirkung der drei Oppositionsfraktionen –, dass

das bestehende Bäderangebot als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erhalten ist. Dies beinhaltet die dauerhafte Gewährleistung der unentgeltlichen Nutzung der Schwimmbäder für Schulen im Rahmen des obligatorischen Schwimmunterrichts, für förderungswürdige gemeinnützige Sportorganisationen... , für Kindertagesstätten, zur Wassergewöhnung und zur sozialverträglichen Gestaltung von Eintrittspreisen.

Was können wir an dieser Stelle wieder feststellen? – Auch hier fehlen die Hortkinder. Auch hier hat Rot-Rot Murks gebaut, und dem sollte man sich stellen und diesen Fehler einräumen.

[Beifall bei der CDU]

Dass es notwendig ist, auch den Hortkindern einen kostenlosen Zugang zu unseren Bädern zu gewähren, wissen wir bereits seit einiger Zeit.

Eine schöne Stellungnahme ist vom Ganztagsschulverband gekommen, der deutlich geschrieben hat, dass in vielen Ganztagsschulen und im offenen Ganztagsbetrieb der verlässlichen Halbtagsgrundschulen die ersten zwei Schuljahre genutzt wurden, um die Kinder an das Wasser zu gewöhnen. Er ist der Meinung, dass der verbindliche Schwimmunterricht im dritten Schuljahr für das tatsächliche Schwimmenlernen genutzt werden sollte. Es wird übrigens auch auf den sozialen Aspekt abgehoben, dass es sich gerade in Gegenden, in denen es sehr viele Schulen

im Ganztagsbetrieb gibt, viele Familien nicht mehr leisten können, mit ihren Kindern schwimmen zu gehen, und dass heutzutage viele Kinder erst in der dritten Klasse erstmalig ein Schwimmbad besuchen. Ein absolut unhaltbarer Zustand!

Diese zwei Punkte reichten allein schon aus, den Antrag der rot-roten Koalition abzulehnen, aber es gibt etwas Weiteres. Ich muss gestehen, ich bin wirklich verärgert, dass man versucht, mit der Überschrift „Schaffung einer kostenlosen Möglichkeit für Hortkinder beim Schwimmen“ eine neue gesetzliche Regelung durch die Hintertür vorzunehmen. Wenn Sie auf der Seite 2 des Antrags unter Punkt 4 schauen, werden Sie feststellen, dass eine Neudefinition von Schule vorgenommen wird und dass in dieser Neudefinition insbesondere Volkshochschulen von der kostenlosen Nutzung von Sportstätten im Land Berlin ausgeschlossen werden sollen. Das gilt nach diesem Text nicht nur für die Bäder, sondern es gilt für Sportstätten allgemein, da es sich um eine Änderung des Sportfördergesetzes in der allgemeinen Definition des Gesetzestextes handelt. Ich bin sehr erstaunt, dass man den kostenlosen Eintritt für Hortkinder bei den Berliner Bädern durch zusätzliche Gebühren, die man den Nutzerinnen und Nutzern von Volkshochschulen auferlegt, die dort ihre Kurse belegen wollen und die damit auch etwas für ihre Gesundheit tun wollen, was auch im öffentlichen Interesse liegt, refinanzieren will. Es wundert mich auch, dass engagierte Bildungspolitiker der rot-roten Mehrheit nicht aufstehen und dagegen Protest einlegen. Dies halte ich nämlich für einen Skandal, dass man über diese Hintertür der Schaffung der Hortplätze nun die kostenfreie Nutzung der Sportanlagen durch Volkshochschulen aufheben will. Ich erwarte eine spannende Diskussion in den Ausschüssen.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, auch für das pünktliche Aufhören! – Das Wort für die Linksfraktion hat Frau Dr. Hiller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

[Frank Henkel (CDU): Liebe Nichtschwimmer!]

Herr Statzkowski! Auch wenn Sie hier schimpfen und sich ärgern: Ich freue mich, dass wir heute diese Gesetzesvorlage vorliegen haben. Ich freue mich, weil es damit möglich wird, dass Hortkinder auch im Rahmen außerschulischen und ergänzenden Förderung und Betreuung unentgeltlich schwimmen gehen und die Schwimmbäder nutzen können und dass wir damit eine Lücke schließen, die durch Veränderungen in anderen Gesetzen entstanden ist. Ich denke, Herr Statzkowski, ihre Polemik sollte sich in Grenzen halten. Sie hatten schon lange die Chance, Hortkindern das Schwimmen zu ermöglichen. Das war in elf Jahren rot-schwarzer Regierung nicht das Thema.

Gleichzeitig setzen wir mit diesem Gesetzesentwurf ein Versprechen um, das wir in der Koalitionsvereinbarung dargestellt hatten. Dass es etwas länger gedauert hat, als die Grünen in einem Entwurf vorgestellt haben, kann passieren, wenn man einen Entwurf vorlegen will, der auch annehmbar ist und der auch erfüllt, was gewünscht war. In dieser Hinsicht ist es ein weitergehender Antrag und eine Umsetzung des lange Geplanten.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Wir tragen damit dem Umstand Rechnung, dass sich Schule verändert und diese nicht allein aus Unterricht besteht. Es gibt vielmehr eine Einheit von Unterricht und Außerunterrichtlichem.

Wir meinen, dass die von uns vorgeschlagene eindeutige Begriffsdefinition im Sportförderungsgesetz, die sich an den Formulierungen des neuen Berliner Schulgesetzes und des neuen Kindertagesstättenförderungsgesetzes orientiert, eine über das Bäder-Anstaltsgesetz hinausgehende Bedeutung erreicht. Auch das sollten wir im Blick behalten.

Es war und ist Anspruch rot-roter Bildungspolitik, alle Berliner Schulen zu Ganztagsschulen in gebundener und offener Form zu entwickeln. Dazu gehört auch Spaß, Sport und Spiel als Freizeitbeschäftigungen. Wir gehen dabei davon aus, dass es eine Einheit von kognitiver, emotionaler und physischer Bildung gibt, sodass das Schwimmen und Baden in der Schule in der Einheit von Unterricht und Außerunterrichtlichem eine Rolle spielt. Wir wollen, dass jedes Kind die Möglichkeit hat, über den Sportunterricht hinaus und außerhalb des obligatorischen Schwimmunterrichts auch im Rahmen der Förderung des Schwimmens im Hort die Schwimmbäder zu nutzen – unentgeltlich und damit auch unabhängig vom Geldbeutel der Eltern.

Ihren Vorwurf, dass wir Volkshochschulen nicht berücksichtigen, sollten wir im Ausschuss diskutieren. Ich hatte in der vergangenen Rederunde gesagt, dass mehr als 44 Prozent der Berliner Bädernutzung unentgeltlich sind. Natürlich gibt es da auch Grenzen, und es gibt eine Bindung an den jeweiligen Lehrauftrag der Schule. Es wird sich nicht ewig ausdehnen lassen, denn die Frage nach der desolaten Haushaltssituation stellt sich selbstverständlich. Wir meinen aber, dass sich dieses Hortschwimmen für uns lohnen muss. Wir wollen das. Wir leisten uns das und setzen damit auch innerhalb der Bundesrepublik ein besonderes Zeichen.

In diesem Zusammenhang will ich darauf hinweisen, dass das Hortschwimmen auch eine Infrastruktur voraussetzt, die Baden und Schwimmen möglich macht. Man kann nur in intakten Bädern schwimmen. Ich freue mich und werbe darum, dass die Mittel, die uns möglicherweise durch den GSG-Verkauf zur Verfügung gestellt werden, auch für die Bädersanierung genutzt werden. Ich hoffe, dass wir auch an dieser Stelle weiterkommen werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die Grünen hat Frau Abgeordnete Kubala.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vom Ende des Zuges an die Spitze der Bewegung – das scheint das neue Motto der Fraktion der SPD zu sein. Da wird dann Wolf Biermann doch noch Ehrenbürger, und die Hortkinder dürfen doch wieder umsonst schwimmen gehen.