Protocol of the Session on March 17, 2011

[Zuruf von Evrim Baba-Sommer (Linksfraktion)]

Eine Quotierung verwischt das Leistungsprinzip und diskriminiert gleichzeitig unsere exzellenten Wissenschaftlerinnen, siehe Verleihung des Leibniz-Preises in den vergangenen Tagen.

Unsere Aufgabe in der Politik ist die Schaffung von Rahmenbedingungen. Eine Rahmenbedingung ist die Verlängerung des Berliner Programms, die Bereitstellung von Fördermitteln. Eine weitere ist die Kinderbetreuung rund um die Uhr. Ihre Forderung, werte Koalition, ist zwar richtig, das Berliner Programm zu verlängern, aber, meine Damen und Herren vom Senat, warum machen Sie es nicht einfach?

[Beifall bei der CDU – Gregor Hoffmann (CDU): Kein Interesse!]

Überdenken Sie dabei die Förderziele, -schwerpunkte und Rahmenbedingungen! Eine Änderung, um schneller an das Ziel zu kommen, wird für Berlin wirtschaftlich von großem Nutzen sein. – Ich danke!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Görsch! – Das Wort für die Linksfraktion hat jetzt Frau Baba-Sommer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es um Geschlechtergerechtigkeit geht, ist unsere Politik bundesweit richtungsweisend. Das trifft in besonderem Maß auf die Berliner Hochschulen zu. An unseren Hochschulen werden 30 Prozent der Professuren von Frauen besetzt. Das ist weit über dem Bundesdurchschnitt in Höhe von 18 Prozent.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Zum dritten Mal in Folge ist Berlin mit seinen Hochschulen an der ersten Stelle im Ranking nach Gleichstellungsaspekten. Das zeigt, unsere Gleichstellungspolitik ist in Berlin erfolgreich.

[Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Ulrike Neumann (SPD)]

In der Hochschullandschaft haben unsere gleichstellungspolitischen Vorgaben in Berlin bereits zu einem Umdenken geführt. Dieser Erfolg kam nicht von allein. Das „Berliner Programm zur Förderung der Chancengleichheit in Forschung und Lehre“ hat daran einen bedeutenden Anteil. In Berlin konnten wir das Tempo bei der Umsetzung der Geschlechtergerechtigkeit beschleunigen, weil sich die Frauen- und die Wissenschaftsverwaltung mit den Hochschulen genau abstimmten. Wir konnten so die Förderung gezielt dort einsetzen, wo sie einen nachhaltigen Nutzen für die Gleichstellung hinterließ.

Heute stehen die Hochschulen vor neuen Herausforderungen. Wir beobachten einen Prozess zunehmender Dif

ferenzierung und Profilbildung, der von einem strukturellen und kulturellen Wandel begleitet wird. Wir müssen auf diese Veränderungen reagieren und unser gleichstellungspolitisches Programm diesen neuen Gegebenheiten anpassen. Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, sondern müssen unseren Kurs engagiert und konsequent fortsetzen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Sebastian Czaja (FDP): Dann handeln Sie doch!]

Wir müssen alle Qualifikationspotenziale nutzen, um unser ehrgeiziges Ziel zu erreichen, in absehbarer Zeit Frauen als Professorinnen in allen Fächern zu etablieren und die universitären Spitzenpositionen paritätisch zu besetzen. 30 Prozent sind halt noch keine 50 Prozent.

[Mirco Dragowski (FDP): Das ist richtig!]

Wir müssen hier weitermachen. Die Beteiligten brauchen Planungssicherheit. Diese wollen wir mit unserem Antrag hier und heute forcieren.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Noch einige Worte zu den Grünen und der CDU – zu dem, was Frau Görsch angesprochen hat.

[Mirco Dragowski (FDP): Auch zur FDP bitte etwas!]

Im Ausschuss hat auch Frau Kofbinger – wie Frau Görsch – gesagt, dass es sich um einen Schaufensterantrag handelt, der überflüssig sei. Ich sage Ihnen beiden: Sie irren sich.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Unser Antrag hat das Ziel, richtungsweisend in den Entscheidungsprozess des Senats einzugreifen. Da unterscheiden wir uns von Ihren Fraktionen, Frau Görsch und Frau Kofbinger!

[Zuruf von der Linksfraktion: Gott sei Dank!]

Wir wollen die Schaffung von langfristigen Perspektiven forcieren, Sie hingegen stellen immer wieder Anträge mit Forderungen, die der Senat bereits umsetzt. Das sind Ihre Anträge.

[Sebastian Czaja (FDP): Das ist doch Ihr Antrag!]

Wir geben Zunder, Sie spielen mit Schnee von gestern.

[Mirco Dragowski (FDP): Dass Sie zündeln, wissen wir!]

Ja, es ist so.

Unser Antrag wurde übrigens am Montag im Frauenausschuss von allen Fraktionen unterstützt und sogar einstimmig angenommen. Es freut mich zu sehen, dass der Gedanke der Geschlechtergerechtigkeit nun endlich bei allen Fraktionen in diesem Hause angekommen ist – auch bei der FDP.

[Beifall bei der Linksfraktion – Björn Jotzo (FDP): Was?]

Für die Fraktion der Grünen hat nun Frau Schillhaneck das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau BabaSommer! Der Antrag wurde sicherlich auch deswegen einstimmig angenommen, weil er im Inhalt schlicht und ergreifend eine Art Selbstverständlichkeit formuliert,

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

nämlich dass wir uns gemeinschaftlich für ein sehr erfolgreiches Programm einsetzen, das in der Zusammenarbeit von zwei Senatsverwaltungen und den Hochschulen bundesweit einmalig ist und auch in seinen Auswirkungen einmalig ist, was die direkte, zielgerichtete Förderung von Frauen in Wissenschaft und Forschung betrifft.

Dieses Programm haben Sie sich nicht allein ausgedacht. Ich möchte an dieser Stelle auf jeden Fall auch mal die Arbeit der zentralen Frauenbeauftragten an den Hochschulen hervorheben, ohne die das alles nichts geworden wäre.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Sie haben recht: 30 Prozent reichen noch nicht – vor allem, wenn ich mal etwas genauer hingucke und frage, wie hoch der Frauenanteil bei den Junior-Professuren, d. h. der Eingangsstufe in das Professorenamt, oder bei den neu berufenen W3-Professuren oder bei der höchsten Kategorie – sozusagen den höchsten Weihen in unserem interessanten Wissenschaftssystem –, nämlich den C4Professuren ist. Dafür reicht die Gesamtbetrachtung mit einem Anteil von 30 Prozent nicht aus. Ich möchte die aufgesplittete Betrachtung und frage mich, wie lange es noch dauern wird, bis wir endlich fortschrittliche Instrumente wie z. B. das sogenannte Kaskadenmodell – die Orientierung am Frauenanteil in der jeweils darunterliegenden Hierarchiestufe – festschreiben. Genau das brauchen wir. Das wäre zukunftsgewandt.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Dieser Antrag schreibt etwas relativ Selbstverständliches fest. Ich habe den Worten der Kollegin Neumann entnommen, dass die Motivation zum Formulieren dieses Antrags vor allem darin bestand, dass man als Parlament auch noch mal sagen wollte, dass man etwas für die Frauenförderung in der Wissenschaft tut. Das sei Ihnen unbenommen. Da machen wir gern mit. Wir tun das nämlich auch. Das ist völlig in Ordnung. Insofern haben Sie unsere Stimme an der Stelle. Aber die Frage ist doch auch: Muss das eigentlich sein? Und können Sie da nicht mehr?

Wenn ich mir die später noch auf der Tagesordnung stehende Novelle des Berliner Hochschulgesetzes ansehe, muss ich feststellen, dass Sie da die große Chance gehabt hätten, die Satzung zur Geschlechtergerechtigkeit festzuschreiben und weiterzudenken – über den bisher erreichten Stand von Frauenförderung hinaus. Nicht nur Geschlechtergleichheit, das sind zwei unterschiedliche The

men. Diversity ist ein drittes Thema. Das ist nicht alles dasselbe. Man muss sehen, welche zeitgemäßen Instrumente es dabei gibt. Die Chance ist leider vertan worden, genauso wie Sie hier die Chance vertun, in die Zukunft zu denken.

Es freut mich, dass mindestens von einer der beiden beteiligten Senatsverwaltungen und den Universitäten das deutliche Signal kommt: Ja, wir stellen die Mittel wieder bereit, um das auch weiter zu fördern. – Sie haben aber völlig recht mit der Forderung, dass die Universitäten und Hochschulen jetzt – eigentlich schon vorgestern – Planungssicherheit auf finanzieller Seite brauchen. Diese deutliche Aussage, dass es diese Planungssicherheit gibt, würde ich heute sehr gern von Ihnen hören.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Margit Görsch (CDU) und Volker Thiel (FDP)]

Ansonsten muss ich doch noch mal nachhaken. Frau Görsch! Sie sprechen sich so vehement gegen jede Quotenorientierung aus und sagen, eine Quote würde die leistungsfähigen Frauen diskriminieren und das Leistungsprinzip aufheben. Verzeihen Sie, wenn ich mir den Frauenanteil Ihrer Fraktion ansehe! Ich frage mich ernsthaft, wie es bei Ihnen um die leistungsfähigen Frauen bestellt ist, wenn es sich ohne Quote so darstellt. – Danke!

[Beifall bei den Grünen]

Für die FDP-Fraktion hat nun Kollege Dragowski das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme es vorweg: Auch wir werden dem Antrag zustimmen, weil wir das Programm zur Förderung von Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre mittragen und auch für die Verlängerung sind. – Aber ich will zu Beginn noch einige Fakten nennen, weil nicht jeder dieses Programm kennt. Das Fördermittelvolumen beträgt jährlich bis zu 3,4 Millionen Euro – 1 Million Euro kommt aus der für Frauen zuständigen Senatsverwaltung, 1,5 Millionen Euro kommen aus der Wissenschaftsverwaltung, und 875 000 Euro sind Eigenmittel der Hochschulen. Das heißt, die Kofinanzierung durch die Hochschulen liegt zwischen einem Drittel und einem Viertel, und den größten Teil finanziert der Senat. Die förderfähigen Maßnahmen sind vorgezogene Nachfolgeberufungen für Frauen auf W2- und W3-Stellen – das hat Kollegin Schillhaneck bereits gesagt –, Qualifizierung und Professionalisierung von Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen für eine Professur, Stabilisierung der wissenschaftlichen Karriere von Frauen in der Postdoktorandenphase, Verankerung von Genderaspekten in Forschung und Lehre und schließlich Qualifizierung von Frauen in Natur- und Technikwissenschaften.

Auch die Förderziele tragen wir mit, denn sie heißen: Überwindung bestehender struktureller Hemmnisse bei der Erreichung von Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre, Erhöhung der Zahl von Frauen in Führungspositionen in Einrichtungen der Forschung und Lehre, Erhöhung der Anteile von Frauen in allen wissenschaftlichen Qualifikationsstufen und bei den jeweiligen Abschlüssen in den Disziplinen, in denen eine Unterrepräsentanz besteht, und Implementierung von Genderaspekten in Forschung und Lehre. – Jetzt kennen wir alle das Programm. Die Maßnahmen und Förderziele, wie gesagt, teilen wir.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den wir noch als Entwicklungsfeld für mehr Chancengleichheit von Frauen sehen, sind die möglichen Zulagen nach der W-Besoldungsordnung in den Gruppen der W2- und W3-Besoldung an den Berliner Hochschulen. Es gibt nach unserer Ansicht noch immer geschlechtsbezogene Unterschiede in der Gewährung von Leistungsbezügen zwischen Professorinnen und Professoren an den Berliner Hochschulen. Oft werden Professoren relativ häufiger Zulagen gewährt als Professorinnen. Dieses Thema werden wir Liberale weiter im Auge behalten. Wichtig ist allerdings, dass diese Hochschulen das Thema mittlerweile auch erkannt haben und es angehen.