Frau Bayram! Diese Auslegung ist vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Die ausdrückliche Ausnahme zugunsten von EU-Ausländern in Artikel 28 Abs. 2 verdeutlicht, dass ein allgemeines Ausländerwahlrecht mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist.
Vielen Dank, Herr Kollege! – Es ist sehr spannend, wie wir uns hier juristisch mit dem Thema auseinandersetzen,
und ich habe mich darauf beschränkt, die Argumente, die ich hier nicht mündlich vorgetragen habe, in den Antrag zu schreiben.
Stimmen Sie mit mir darin überein, dass die Frage, ob ein solches Gesetz verfassungsgemäß oder verfassungswidrig ist, auch in Zukunft vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden sollte und nicht von den Kolleginnen und Kollegen Juristen in diesem Hause?
Frau Bayram! Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen das Bundesverfassungsgericht entscheidet, aber Sie als Abgeordnete sind an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden, und Sie haben nicht das Recht, hier in diesem Hause verfassungswidrige Gesetze einzubringen.
[Beifall bei der FDP, der SPD und der Linksfraktion – Martina Michels (Linksfraktion): Jawohl! Bravo!]
Fast alle Ihre heute in diesem Antrag vorgebrachten Pseudo-Argumente wurden bereits damals beim Bundesverfassungsgericht vorgetragen, und Sie konnten sich nicht durchsetzen.
Frau Bayram! Die Tatsache, dass den Grünen die Entscheidungen des höchsten deutschen Gerichts bis heute nicht gefallen, führt jedoch keinesfalls dazu, dass sich an der Gesetzeslage etwas geändert hätte.
Neben dieser eindeutigen verfassungsrechtlichen Lage spricht auch politisch kaum etwas für ein Ausländerwahlrecht.
Das Wahlrecht ist das vornehmste Bürgerrecht. Wer es als Ausländer ausüben möchte, Herr Mutlu, kann sich und muss sich einbürgern lassen.
Dazu bestehen in unserem Land weitreichende und großzügige Angebote. Deshalb ist es völlig absurd, wenn die Grünen behaupten, der Ausschluss von Ausländern vom Wahlrecht stelle eine Diskriminierung dar.
Wie bedeutsam das Wahlrecht als Bürgerrecht ist, haben wir anlässlich des Deutschlandbesuchs des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan wieder einmal anschaulich sehen können. Die türkische Politik versucht, Türken in Deutschland für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und dadurch Einfluss auf deutsche Politiker zu nehmen.
[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Aber Herr Wulff hat sich in der Türkei auch nicht mit Ruhm bekleckert, als er dort die Christen suchte!]
Herr Mutlu! Herr Erdogan würde sich die Hände reiben, wenn grüne Multikulti-Traumtänzer ihm die Möglichkeit
[Beifall bei der FDP – Beifall von Ralf Hillenberg (fraktionslos) und Rainer Ueckert (fraktionslos) – Özcan Mutlu (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Entschuldigung! Auch andere Kollegen möchten gerade etwas, und das war zunächst hier im Präsidium abzuklären. – Herr Mutlu, dann haben Sie das Wort. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Danke, dass Sie mir nach dem Hinweis des Redners die Möglichkeit zu einer Frage geben. – Herr Dr. Kluckert! Ist Ihnen klar, dass Herr Erdogan sich hier in Deutschland hinstellen und von „unseren Landsleuten“ – also aus Sicht der Türkei – reden kann, weil Ihre Partei und Ihre Politik und Ihr Koalitionspartner in den letzten Jahrzehnten alles getan haben, um zu vermeiden, dass sich die Migranten und Migrantinnen – auch in der dritten und vierten Generation – als Landsleute dieses Landes und als Teil dieser Gesellschaft ansehen?
Gestatten Sie kurz! Ich muss noch einmal auf den Beitrag von Herrn Mutlu eingehen. Wir haben gerade eben im Präsidium klären müssen, ob Sie eine unparlamentarische Geste gezeigt haben oder nicht.
Deswegen kam es zu dieser Verzögerung, bis Sie das Wort erhalten haben. Wir haben Sie auch nicht gerügt, aber wir mussten das hier zunächst einmal klären. So viel Zeit müssen Sie uns einräumen.
Herr Mutlu! Ich glaube, dass es Ausdruck Ihrer Politik ist, dass es viele Ausländer und auch viele Türken bisher nicht als notwendig empfunden haben, sich auf Deutschland so weit zuzubewegen, wie sie es in den letzten Jahrzehnten hätten tun können.
Deshalb weise ich Ihren Versuch zurück, die Schuld – oder das Wort „Schuld“ möchte ich gar nicht formulieren
oder die Missstände bestimmten Gruppierungen im bürgerlichen Lager zuzuweisen. Das ist völlig absurd.
[Beifall bei der FDP – Benedikt Lux (Grüne): Das ist nicht mehr bürgerlich! – Özcan Mutlu (Grüne): War mal!]
Ein weit verbreiteter Irrtum ist auch die Ansicht, wer Steuern zahlt, müsse auch wählen dürfen. Steuern werden dafür bezahlt, um Straßen, Schulen, Krankenhäuser oder U-Bahnen zu finanzieren. Es ist mir nicht bekannt, dass ein Ausländer in Deutschland keine Straßen und U-Bahnen benutzen, keine Schulen besuchen und keine Krankenhäuser aufsuchen dürfte.
Dagegen steht das Wahlrecht gerade auch Personen zu, die keine Steuern zahlen. Sie dürfen wählen, weil sie Bürger sind, und nicht, weil sie Steuerzahler sind. Die Grünen sollten sich einmal überlegen, welche latente Geisteshaltung sie hierbei offenbaren, wenn sie in ihrem Antrag schreiben: Auch Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aus Drittstaaten sollten in ihrem Wohnbezirk mitbestimmen dürfen.
Für uns Liberale ist klar: Selbstverständlich auch HartzIV-Empfänger sollen in ihrem Wohnbezirk mitbestimmen dürfen.
Schließlich behaupten die Grünen in ihrem Antrag, in Bezirken mit hohem Ausländeranteil entstünden mangels Ausländerwahlrecht demokratiefreie Zonen.
Ich sage Ihnen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Ihr Antrag würde dazu führen, dass in Bezirken mit hohem Ausländeranteil eine starke Reduzierung der demokratischen Legitimation eintreten würde.