Protocol of the Session on February 17, 2011

Kollege Meyer hat das Wort zur Erwiderung. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gaebler! Ich kann es kurz machen. Wenn der Untersuchungsausschuss mit seiner Arbeit beginnt, werden wir ja sehen, was Sie zur Zeugenliste sagen werden, die Ihnen die drei Oppositionsfraktionen vermutlich zusammen vorlegen

werden. Wir werden sehen, ob Sie sie dann aufblähen werden.

[Christian Gaebler (SPD): Wir dürfen auch Zeugen benennen, oder dürfen wir keine Zeugen benennen?]

Herr Gaebler! Sie müssen uns aber auch zugestehen – nach den Erfahrungen in dieser Legislaturperiode mit Untersuchungsausschüssen und Sonderausschüssen, wo am Ende immer herauskam, dass Sie mit Ihren natürlich vorhandenen Mehrheitsrechten

[Christian Gaebler (SPD): Sie haben auch Minderheitenrechte]

auch in einem Untersuchungsausschuss bis zum Äußersten versucht haben, Untersuchungsaufträge entsprechend zu verwässern, zu relativieren, um die Arbeit von Untersuchungsausschüssen zu behindern – –

[Christian Gaebler (SPD): Aber wir dürfen auch Zeugen benennen! – Weitere Zurufe von der SPD]

Wir werden im März sehen, ob Sie mit der Zeugenliste, die wir vorschlagen werden, einverstanden sind oder ob Sie versuchen, über eine beliebige Ausdehnung von Zeugen den Untersuchungsauftrag zu verwässern.

[Christian Gaebler (SPD): Wir dürfen also keine Zeugen benennen, nur Sie! – Lars Oberg (SPD): Wir haben auch noch Rechte!]

Herr Gaebler! Die Öffentlichkeit wird dann sehen und beurteilen, wie Sie sich positionieren. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/3871 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung sowie an den Hauptausschuss. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.2:

a) Antrag

Wohnungsmarkt sozial gestalten (II): Wohnraum erhalten – Zweckentfremdung verhindern

Antrag der Grünen Drs 16/3847

b) Antrag

Wohnungsmarkt sozial gestalten (III): Milieuschutzgebiete wirksam steuern

Antrag der Grünen Drs 16/3848

Für die gemeinsame Beratung steht jeweils eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Kollege Otto das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wohnungspolitik ist Sozialpolitik. Wohnungspolitik heute muss Antworten finden auf Armut in der Stadt, auf steigende Wohnkosten und auf stadtpolitische Fragen wie etwa Segregation, die einzelne Stadtteile zu Problembereichen machen kann. Der Regierende Bürgermeister wertet steigende Mieten in der Stadt – das durften wir der Presse entnehmen – hauptsächlich als Indikator für die Attraktivität Berlins. Im Unterschied dazu machen wir uns auch Gedanken über die Mieterinnen und Mieter, die das am Ende alles bezahlen müssen.

[Beifall bei den Grünen]

Darüber hinaus geht es uns um einen zukunftsfähigen Wohnungsbestand. Es geht um Klimaschutz, und es geht darum, dass wir sowohl die Zukunftsfragen als auch die sozialen Fragen verbinden und lösen müssen. Darum soll es auch heute gehen.

Wir haben in den letzten Tagen den Programmentwurf der SPD zur Wahl zur Kenntnis nehmen können. Da will ich Ihnen mal aus dem ersten Teil, das ist so eine Art Rechenschaftsbericht, vorlesen. Da hat die SPD reingeschrieben:

Wir tun alles, um die Mieten in Berlin bezahlbar zu halten. Wir haben alle bestehenden Regelungen ausgeschöpft,

Hört, hört! –

um Mietwucher und Spekulation mit Wohnraum Einhalt zu gebieten.

Meine Damen und Herren, was haben Sie ausgeschöpft? Da fällt mir zuerst ein – das ist noch nicht so lange her – der Börsengang der GSW. Alles ausgeschöpft! Sie haben da vermeintliche Mieterschutzklauseln vereinbart. Aber das Problem ist: Die Mieterinnen und Mieter haben die überhaupt nicht erfahren. Die haben nichts in der Hand, die nützen denen gar nichts. Wenn das ausgeschöpft ist, wenn das Ihre Mietenpolitik ist, dann schönen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

In Ihrem Rechenschaftsbericht weisen Sie auf das sogenannte Wohnraumgesetz hin. Oha, denkt der Betrachter: Wohnraumgesetz, da war doch was. Ich glaube, das ist eins von den Gesetzen, neben dem Klimaschutzgesetz und anderen gescheiterten Vorhaben, die bis zum Ende der Wahlperiode nicht mehr im Plenum auftauchen werden. Es gab einen Referentenentwurf im vergangenen Jahr mit erheblichen rechtlichen Problemen, ohne Aussicht, überhaupt zur Anwendung zu kommen. Wenn Sie das hier als positiv hervorheben wollen, dann ist das nicht sehr viel.

[Beifall bei den Grünen]

Weiter schreiben Sie:

Unser Mietspiegel macht ortsübliche Mietpreise in Berlin transparent und bewahrt Mieterinnen und Mieter vor überzogenen Forderungen.

Ein Mietspiegel für eine Millionenstadt ist eine Pflichtaufgabe. Den hat nicht die SPD erfunden. Aber was Sie hätten tun sollen in den letzten zehn Jahren: Sie hätten dafür sorgen müssen, dass dieser Mietspiegel eine energetische Komponente enthält, die diesen Namen auch verdient. Im Augenblick ist es ja so, dass im Berliner Mietspiegel bei der Miethöhe eine moderne Gegensprechanlage die energetische Sanierung eines ganzen Hauses ersetzen kann. Das ist Ihr Mietspiegel, das ist viel zu wenig!

[Beifall bei den Grünen]

Ein zweiter Punkt zum Mietspiegel: Wir haben hier beantragt, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sich an den Mietspiegel halten sollen, insbesondere bei den Neuvermietungen. Unseren Antrag hier haben Sie mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt – das ist Mietenpolitik der SPD.

[Beifall bei den Grünen]

So weit zu Ihrem Programmentwurf.

Seit man sich erinnern kann in Berlin stellt die SPD die Bau- oder Stadtentwicklungssenatorinnen und -senatoren, und ihre Bilanz in Wohnungspolitik ist außerordentlich mager. Es sei denn, man rechnet vielleicht die 30 Jahre verfehlte Förderpolitik im sozialen Wohnungsbau zu Ihren großen Erfolgen. Aber das tun Sie hoffentlich selber nicht. Insbesondere günstiger Wohnraum wird derzeit in den Bezirken knapper. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, eine Vereinigung der großen Wohnungsunternehmen, insbesondere der landeseigenen, spricht sogar schon von einer Wohnungsnot. Wir werden hören, ob die SPD oder die Koalition das hier heute so bestätigt. Und da gibt es verschiedene Ursachen, und da gibt es verschiedene Dinge, die man da machen kann und machen muss – und die Sie bisher versäumt haben. Eins davon ist, dass man sich anguckt: Wie ist es mit der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen? Wie ist es mit der Zweckentfremdung? – Insbesondere bei der Umwandlungsthematik haben wir Länderkompetenz. Da können wir in den Erhaltungsgebieten steuern. Das haben Sie bisher versäumt. Deswegen müssen wir das heute beantragen. Ich sage Ihnen: Wenn Sie von der SPD tatsächlich Wohnungspolitik machen wollen, dann fangen Sie an! Stimmen Sie unseren Anträgen zu! – Danke sehr!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Kollege Otto! – Das Wort für die SPDFraktion hat Dr. Arndt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Otto! Viel haben Sie ja nicht

über den Antrag gesagt. Sie haben viel über das SPDWahlprogramm, über die hervorragende Mieten- und Wohnungspolitik der letzten Jahre gesprochen; das haben Sie anders kommentiert. In der vorigen Diskussion ging es über den Untersuchungsausschuss, ein Kampfinstrument der Opposition, und jetzt sind wir zum KampfhundOtto gekommen. So ist doch die Realität!

Genossinnen und Genossen! Aber die Grünen haben ja recht. Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und deren anschließender Verkauf findet in Teilbereichen Berlins in erheblichen Größenordnungen statt. Mieterinnen und Mieter stehen vor der Situation, nach Umwandlung und Verkauf ihrer Wohnung wegen Eigenbedarfs oder Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung vom neuen Eigentümer verstärkt gekündigt zu werden. Das wollen wir in der SPD nicht, und wir haben in der Vergangenheit eine Vielzahl von Initiativen in dieses Haus eingebracht; sie wurden teilweise von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung umgesetzt, um diesem Trend entgegenzuwirken.

Aber, Herr Otto, Politikansätze gegen Zweckentfremdung und Gentrifizierung werden gegenwärtig nicht nur in Berlin diskutiert, sondern in größeren Kommunen: in Frankfurt/Main, in München, in Hamburg oder bei uns. In Frankfurt hat die dortige schwarz-grüne Koalition kapituliert. Da ist Wohnungspolitik nicht im kommunalen Auftrag. Es wird nichts gemacht. Dort findet Gentrifizierung im großen Maßstab statt. Milieuschutzsatzungen werden partout nicht erlassen, weil sie aus ihrer Sicht nicht wirksam sind. Umwandlungsverbotsverordnungen werden abgelehnt, da das Baugesetzbuch ihnen entgegensteht.

In Hamburg hat die ehemals schwarz-grüne Koalition vor der wohnungspolitischen Situation kapituliert. In München – das ist das positive Beispiel – hat man über Verordnungen eine gesteuerte Entwicklung über das Vorkaufsrecht erreicht. Das ist doch mal ein positiver Aspekt, aber das ist das Einzige.

Jetzt kommen wir wieder zu den zwei Anträgen, die Herr Otto eingebracht hat. Und da sage ich: Da kommen Sie zu spät! Im Wohnraumgesetz ist natürlich die Zweckentfremdungsverbotsverordnung wieder enthalten. Darin sind auch Initiativen gegen Wuchermieten etc. enthalten. Deswegen sage ich, Sie kommen mit diesem Antrag zu spät. Den anderen Antrag über die Zweckentfremdung muss man sich noch genauer ansehen. Nun sehe ich mir mal die Milieuschutzsatzung an. Ich habe mal die Website des Bezirksamts Kreuzberg aufgeschlagen. Da gibt es eine hervorragende Bürgersprechstunde in der BVV, wo Herr Schulz antwortet. Er sagt: Umwandlungsverbot, da steht das Baugesetzbuch davor. Im Grunde ist es ja auch nicht so wichtig, wir müssen erst mal an den Kern herangehen, das ist die Abgeschlossenheitserklärung. Leider hat der Bundesgesetzgeber die so weich formuliert, dass im Grunde jeder Hühnerstall als Abgeschlossenheit erklärt werden kann. Das ist die Vorstufe der Umwandlungen. Er gibt einer Umwandlungsverbotsverordnung des

Lands Berlin wenig Chancen. – Das haben wir uns auch gesagt. Wir haben deswegen eine andere Initiative eingesetzt, die vorbeugend ist, die versucht, den Verwertungsprozess und den Gentrifizierungsprozess zu entschleunigen, indem wir die siebenjährige Kündigungsfrist bei Eigenbedarfskündigungen in der Beziehung breit in dieser Stadt verteilen werden. Wir werden da neue Wege gehen.