Protocol of the Session on January 27, 2011

Ziel unseres dritten Antrags ist die Erarbeitung eines Spielhallengesetzes in Berlin. Mit dem Gesetz werden wir die Anzahl der Spielhallenzulassungen bezogen auf einzelnen Stadtquartiere deutlich begrenzen. Mehrfachkonzessionen für Spielhallen in einem Gebäude sollen danach nicht mehr erteilt werden dürfen. Wir werden die Anzahl von Geldspielautomaten pro Spielhalle verringern. Wir werden die Qualifikation und die Präsenz des Aufsichtspersonals in Spielhallen deutlich erhöhen. Außerdem werden wir den technischen Spielerschutz verbessern und die Öffnungszeiten von Spielhallen reduzieren.

Mit diesem Gesetz betreten wir juristisches Neuland. Damit stellt sich immer die Frage nach der Rechtssicherheit. Deshalb werden wir ganz genau prüfen, inwiefern Regelungen des Gesetzes auch rückwirkend für vorhandene Konzessionen gelten können. Wir wollen, dass sie rückwirkend gelten, aber wir werden das ganz genau prüfen. Wir werden das Projekt nicht durch überzogene Erwartungen gefährden.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Es muss rechtssicher sein!]

Natürlich hat es mich am Montag – offensichtlich im Unterschied zur Opposition – sehr gefreut, dass wir vom Senat erfahren konnten, dass die Erarbeitung des Spielhallengesetzes schon kurz vor dem Abschluss steht und dass so die Möglichkeit besteht, dass das Gesetz schon vor dem 31. März – also vor dem von uns vorgeschlagenen Berichtsdatum – eingebracht wird.

[Heidi Kosche (Grüne): Erst mal abwarten!]

Damit hätte der Senat in seinem Handeln sogar das Parlament überholt. Das tut er bekanntlich nicht immer. Vor allem aber wird Berlin damit einmal mehr Vorreiter sein und als erstes Bundesland sein Spielhallengesetz erlassen können.

[Zuruf von Heidi Kosche (Grüne)]

Es bleibt zum Tempo – worüber Sie nörgeln – nur noch zu sagen: Berlin ist wie immer spitze – typisch Rot-Rot in Berlin!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zurufe von den Grünen und der FDP]

Jetzt ist Frau Bung da und dran. – Bitte schön, Frau Bung! Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über Spielhallen reden wir in diesem Haus nun schon über ein halbes Jahr, genauer gesagt, seit dem Zeitpunkt, als die CDUFraktion des Abgeordnetenhauses einen Gesetzesentwurf zur Begrenzung der Spielhallen in Berlin eingebracht hat.

[Beifall bei der CDU]

Wir hatten dazu am 22. November des letzten Jahres eine Anhörung im Wirtschaftsausschuss und in den letzten Wochen die Abstimmung im Rechtsausschuss und im Wirtschaftsausschuss. Die Erkenntnis aus den bisherigen Beratungen ist, dass die CDU-Fraktion die Ausbreitung der Spielhallen und deren Begleiterscheinungen verhindern will, und Sie, meine Damen und Herren von der SPD- und von der Linksfraktion, erwecken den Anschein, dass Sie die Ausbreitung der Spielhallen weiterhin zulassen wollen. Das will auch die FDP.

Nun haben Sie sich, Herr Müller und Herr Buchholz – beide sind nicht anwesend – –

[Zurufe von der SPD: Doch, doch!]

Sehr gut!

[Christian Gaebler (SPD): Sie waren nicht anwesend, als er es Ihnen erklärt hat! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das sagt die Richtige! Das ist eine Unverschämtheit]

Wenn Sie sich jetzt beruhigt haben, würde ich gern weiterreden. –

[Zurufe von der SPD]

Herr Buchholz! Sie haben sich jetzt doch noch drei Anträge herausgepresst. Weil Sie dem öffentlichen Druck nicht mehr standhalten, versuchen Sie nun auf diese Weise, Ihre fragwürdigen Positionen zu verschleiern. Ich werde darauf später noch eingehen. Zunächst sei aber die Frage erlaubt, was Ihre Anträge sollen, wenn ein fertiger Gesetzesentwurf der CDU-Fraktion bereits auf dem Tisch des Hauses liegt.

[Christian Gaebler (SPD): Das hat er Ihnen vorhin erklärt, aber Sie waren nicht da!]

Erst haben wir Ihnen durch ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Prof. Rupert Scholz darlegen müssen, dass die Kompetenz seit vier Jahren bei den Ländern liegt, denn selbst das wussten Sie nicht einmal.

Dann haben Sie einen wesentlichen Kritikpunkt als Begründung für die Ablehnung unserer Initiative angeführt. Dieser wesentliche Punkt betrifft den Konflikt zwischen der Bekämpfung der Spielsucht durch Beschränkung der Spielhallen einerseits und dem Verfassungsrecht der Freiheit der Berufsausübung andererseits. Auch hier gibt es eindeutige Aussagen der Sachverständigen. Bei der Ab

wägung der Rechtsgüter ist der Schutz der Allgemeinheit höher zu bewerten. Die von uns geforderte Beschränkung von Spielhallen ist verfassungsrechtlich zulässig. Es gibt keine objektiven Gründe, die unserem Gesetzesentwurf entgegenstehen.

[Christian Gaebler (SPD): Doch, das hat Ihnen Herr Buchholz vorhin alles erklärt! ]

Über andere Aspekte wie die Dauer der Übergangsfristen, die räumliche Verteilung der Spielhallen, Einlasskontrollen usw. können wir sofort Einvernehmen herstellen, wenn Sie sagen, was Sie eigentlich wollen. Dazu dient ja die Beratung im Abgeordnetenhaus. Hier sollen im konstruktiven Zusammenspiel des Sachverstandes aus allen Fraktionen die besten Lösungen erarbeitet und nicht verhindert werden.

Sie haben aber keinen einzigen Änderungsantrag gestellt.

[Uwe Goetze (CDU): Können sie auch nicht!]

Sie haben sich der inhaltlichen Diskussion verweigert.

[Beifall bei der CDU]

Sie erwecken damit den Eindruck, dass Sie dieses Gesetz zur Beschränkung der Spielhallen deshalb nicht wollen, weil CDU darauf steht. Das ist doch der wahre Grund.

[Christian Gaebler (SPD): Das hat Ihnen Herr Buchholz vorhin auch schon erklärt!]

Nun komme ich zu Ihren Anträgen. Unter der Überschrift „Gesamtkonzept zur Eindämmung von Spielhallen“ fordern Sie erstens eine Bundesratsinitiative zur Verschärfung der Spieleverordnung und der Baunutzungsverordnung. Aber die Spieleverordnung des Bundes gilt nur so lange, bis die Länder eigene Regelungen getroffen haben. Das, was in der Spieleverordnung Bundesrecht geblieben ist, betrifft zum Beispiel Regelungen über die technische Ausstattung der Spielautomaten. Eine Evaluierung der Spieleverordnung steht auf Bundesebene aber gerade an.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Buchholz?

Nein, danke! Er lässt mich schon die ganze Zeit nicht ausreden.

Dann fahren Sie bitte fort.

Eine Bundesratsinitiative zur Änderung der Baunutzungsverordnung hilft nicht, weil damit das eigentliche Problem nur indirekt berührt wird. Auch dazu gab es bei der Anhörung im November übrigens Aussagen der Sachverständigen. Danach ist die Beschränkung von Spielhallen durch

Baurecht nicht flächendeckend möglich und nicht ausreichend. Mit diesem kann man weder auf die bereits bestehenden Spielhallen Einfluss ausüben noch auf deren Ausgestaltung. Das ist eine Position, die Senator Wolf übrigens geteilt hat. Ihre Wunschvorstellungen einer Bundesratsinitiative laufen also leer.

Zweitens wollen Sie den Senat auffordern, den Entwurf für ein Spielhallengesetz für Berlin vorzulegen. Dieser Antrag ist allein aus Zeitgründen nicht geeignet, irgendeine Wirkung zu entfalten. Ein Blick auf den Sitzungskalender zeigt, dass die ordnungsgemäße Beratung bis zum Ende der Wahlperiode kaum zu schaffen sein wird. Ein Gesetzentwurf würde verfallen und gegenstandslos werden. Das ist ein durchsichtiges Kalkül einer Regierungskoalition, die den Anschein erweckt, weiterhin nichts ernsthaft gegen die Ausbreitung der Spielhallen unternehmen zu wollen. Selbst wenn man unterstellt, der Senat wäre in der Lage, einen solchen Gesetzentwurf vorzulegen, stellt sich die Frage, warum dieses erforderlich ist, wenn bereits ein fertiger Gesetzentwurf vorliegt. Warum hat der Senat dazu keine Stellungnahme abgegeben, um unsere Gesetzesinitiative zu unterstützen? Es stellt sich ferner die Frage, warum Sie den Senat auffordern müssen und nicht in der Lage sind, zeitnah einen eigenen Gesetzentwurf Ihrer Fraktion vorzulegen. Sind Sie nicht in der Lage, Ihre Gesetzgebungskompetenz in die eigenen Hände zu nehmen, Herr Müller und Herr Buchholz? Braucht Berlin Parlamentarier, die immer die Erlaubnis der Regierung einholen müssen? Die einzig mögliche Antwort in der logischen Schlussfolgerung lautet: Sie wollen Ihre Gesetzgebungskompetenz überhaupt nicht wahrnehmen, weil Sie die Ausbreitung der Spielhallen in Kauf nehmen.

Zu guter Letzt wollen Sie mit Ihrem dritten Antrag den Senat auffordern, der Spielsucht vorzubeugen und die Prävention auszubauen. Dieser Antrag demaskiert Sie am Ende vollends. Offensichtlich sind Sie der Meinung, der Senat – Ihr Senat – hat bisher der Bekämpfung der Spielsucht zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

[Beifall bei der CDU]

Würden Sie bitte zum Schluss kommen, Frau Kollegin!

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Sie auch heute zum Thema Spielhallen nur mit einer Märchenstunde aufwarten. Meine Damen und Herren von SPD und Linksfraktion! Sie haben kein Spielhallengesetz vorgelegt. Ihre Anträge sind dünn und durchsichtig. Deshalb appelliere ich abermals an Sie: Nehmen Sie diese Sache, die den Berlinerinnen und Berlinern so wichtig ist, ernst! Reden Sie mit uns über den Entwurf, der Ihnen seit dem letzten Sommer vorliegt! Lassen Sie uns als Parlament gemeinsam ein deutliches, für alle verständliches Zeichen setzen, dass wir in Berlin nicht mehr Spielhallen, sondern

die Zahl der Spielhallen begrenzen wollen! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Frau Kollegin! – Jetzt folgt eine Kurzintervention des Kollegen Buchholz. – Bitte schön, Herr Buchholz!

[Christoph Meyer (FDP): Sturm im Wasserglas!]

Verehrte Kollegin Bung! Meine Damen, meine Herren! Zunächst, Frau Bung, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass CDU-Abgeordnete in ihrer Person Interviewverpflichtungen wichtiger finden als parlamentarische Verpflichtungen, wenn hier Tagesordnungspunkte aufgerufen werden.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich finde das höchst bemerkenswert. Das ist nicht unser Verständnis von parlamentarischen Pflichten eines Abgeordneten.

[Uwe Goetze (CDU): Ihre Pflicht wäre es, einen Gesetz- entwurf vorzulegen und nicht hier herumzuschwätzen!]