Protocol of the Session on January 27, 2011

Das Tempelhofer Feld hat nicht nur eine Servicefunktion für Neukölln, die Sie sehr stark betonen, sondern auch eine große Bedeutung für die beiden anderen angrenzenden Bezirke, aber vor allem auch und erst recht für die ganze Stadt. Ohne die Parklandschaft sind die geplanten neuen Stadtquartiere mit ihren thematischen Schwerpunkten Bildung, Integration, Zukunftstechnologien, Gesundheit und urbanes Wohnen nicht denkbar. Sie ziehen ihre Nähr- und Mehrwerte aus der spektakulären großen inneren Freifläche, die wir erhalten wollen.

[Beifall bei der SPD]

Die zentrale große und vielfältig genutzte Parklandschaft ist bereits das Modellprojekt im Bereich Klimaschutz. Das Modell einer klimagerechten CO2-neutralen Parklandschaft mit vielfältiger Nutzung im Herzen der Stadt, genutzt von allen Berlinerinnen und Berliner ist es, was wir sehen, und wir würden uns sicherlich freuen, wenn Sie das eine oder andere Bild mit uns sehen würden. –

Ansonsten danke ich Ihnen für Ihre freundliche, ruhige Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Andreas Gram (CDU): Vor allem ungeteilte Aufmerksamkeit!]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Haußdörfer! – Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Zimmer das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Frau Haußdörfer! Beinahe wäre die Senatorin bei Ihrer Rede eingeschlafen, wenn sich nicht zwischendurch Ihre Fraktion doch einmal zu einem Applaus durchgerungen hätte.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Zum Antrag der Grünen kann man zunächst Folgendes sagen: Es gibt einen richtigen Punkt, und den teile ich vollständig. Es braucht ein Konzept für Tempelhof, und erst, wenn das vorliegt, kann man in die Planung eintreten. Da sind wir uns einig. Richtig ist auch, dass der Senat bis zum heutigen Tag völlig ziel- und planlos über das Tempelhofer Feld irrt. Aber da enden auch schon die Gemeinsamkeiten, denn eine Fläche von 4 Millionen Quadratmetern im Herzen der Stadt muss auch der Stadt dienen, und zwar der gesamten Stadt, und nicht zu einem Millionengrab werden, nämlich für Millionen von Euro.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Mit der Schließung des Flughafens Tempelhof wurde ein immenses wirtschaftliches Potenzial unserer Stadt vernichtet.

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Mit der Vermietung von Teilen des Flughafengebäudes wird eine vernünftige zukünftige Nutzung der Immobilie unnötig erschwert.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Was wir jetzt aber brauchen, ist ein ganzheitliches Konzept für die Entwicklung der Immobilie, und dieses kann nun wahrlich nicht darin bestehen, mit Gartenbau und Bauausstellungen – sofern diese überhaupt nach Berlin kommen – nur Stückwerk zu produzieren, so, wie es der Senat im Übrigen auch ohne Ihren Antrag zur Diskussion gestellt hat.

Frau Eichstädt-Bohlig, Sie verzetteln sich bei der Planung und mit der Zukunft für Tempelhof. Was wollen die Grünen denn im Kern, wenn man sich den Antrag anschaut? – Im wesentlichen eine große Parklandschaft, und das Ganze angereichert um eine Diskussionsplattform für die Anwohner und ein paar Kommentare zum derzeitigen Planungsstand des Senats. – Wir wissen, seitdem sich

Altkommunarde Rainer Langhans im Dschungelcamp in der Gruppentherapie engagiert hat, dass solche Konzepte durchaus marktgängig sind, zumal in Ihrer Zielgruppe. Aber das kann doch nicht ernsthaft Ihre Antwort für Tempelhof sein.

[Andreas Gram (CDU): Dschungelcamp nach Tempelhof!]

Seit Jahren haben Sie für die Schließung gekämpft und mehr kommt jetzt nicht rüber nach all den Jahren des Nachdenkens.

[Beifall bei der CDU]

Liebe Grüne! Letztlich ist das doch nur eines: Die Fortsetzung des derzeitigen Zustands. Hier brütet die Feldlerche von April bis Juli. Wer das nicht kennt: Auf dem Flughafen Tempelhof finden Sie an verschiedenen strategisch interessanten Stellen das farblich aufreizende Schild. Das ist die Form der Gestaltung von 4 Millionen Quadratmetern im Herzen Berlins. Hier brütet die Feldlerche von April bis Juli.

Der Senat ist endlich aufgefordert, seine Verantwortung für das größte Stadtentwicklungsprojekt in Berlin in diesem Jahrhundert wahrzunehmen und vor allen Dingen auch ein diskussionsfähiges Konzept vorzustellen. Aus unserer Sicht muss es dafür auch einen klaren Fahrplan geben. Zunächst brauchen wir die Vorlage eines Gutachtens zur Altlastenbelastung des Flugfeldes, und zwar ein nachvollziehbares und glaubwürdiges Gutachten. Meinen Sie denn im Ernst, nachdem jahrzehntelang Millionen Flugbewegungen dort stattgefunden haben, dass der Boden wirklich unbedenklich ist? Würden Sie Ihre Kinder mit einer Buddelschippe an den Rand des Flugfeldes setzen und sie dort buddeln lassen?

[Andreas Gram (CDU): Nee!]

Aber wie unterscheidet sich die Situation vom InlineSkater, der sich vielleicht ungeschickt in selbigen Boden hineinbohrt? Der Boden ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kontaminiert, und mit diesem Problem muss man sich als Erstes auseinandersetzen, bevor ich mich mit der Frage auseinandersetze: Wie geht es weiter?

[Beifall bei der CDU]

Dann wollen wir auch nicht mehr dieses Larifari von irgendwelchen mal in den Raum gestellten Diskussionsgrundlagen. Wir sind der Auffassung, es braucht einen ständigen Unterausschuss des Ausschusses für Stadtentwicklung und Verkehr, der sich mit allen planerischen und architektonischen Nachnutzungsfragen befasst, damit wir dort auch mal einen institutionellen Rahmen über die Fortentwicklung von Tempelhof haben. Wir wollen weiterhin einen international ausgeschriebenen Stadtentwicklungswettbewerb, der vor allen Dingen auch mal große Ideen für ein großes Gebiet vorbringen kann. Wir wollen für die Flächen einen Nutzungsmix von mindestens 20 Prozent gewerblicher und Wohnnutzung, 20 Prozent kultureller bzw. wissenschaftlicher Nutzung und maximal 50 Prozent Sport- und Freizeitnutzung. Es muss bei der

Entwicklung des Flughafengebäudes endlich eine klare Priorität auf dem Gebäudekomplex liegen, weil dieser bis zum heutigen Tag und auch für die Zukunft die höchsten Instandhaltungskosten verursacht.

Vor allen Dingen, meine Damen und Herren vom Senat, wo ist eigentlich Ihre systematische Akquise von potenziellen Partnern und Investoren, außer Ihren Pioniernutzern, die dort Pommesbuden aufstellen? Ich meine ernsthafte Partner und ernsthafte Investoren. Sie haben bis zum heutigen Tag keinen einzigen präsentiert.

[Beifall bei der CDU]

Tempelhof ist ein emotionaler Ort von Tradition, dem ein Konzept auch gerecht werden muss, sagt Detlev Ganten. Tempelhof ist ein Ort, den man weltweit kennt, und das muss auch der Maßstab für die Entwicklung und der Rahmen für die Suche nach Konzepten sein. Wir brauchen keine Wiesn mehr, keine Riesen-BUGA und vor allen Dingen auch keine grüne Spielwiese im Herzen Berlins.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zimmer! – Für die Linksfraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Flierl das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es fällt wirklich schwer, über diesen Antrag zu reden, zumal er wieder alle Diskussionen hervorruft, die man aus diesem Anlass führen könnte. Die Grünen haben sich offenbar vorgenommen, mal wieder zu schauen, wie es steht, stellen aber keine Anfragen oder machen eine Aktuelle Stunde, sondern stellen einen Antrag und schreiben da viele Dinge hinein, die wir vonseiten der Koalition auch so sehen, die im Übrigen schon in vielfältigen von Ihnen nicht berücksichtigten Planungen und Aktivitäten in Gang sind. Wenn man etwa die Eröffnung des neuen Informationspavillons sieht oder die vorgesehen Projekte der nächsten Zeit, die sich der Konzeptentwicklung widmen, dann fragt man sich: Auf welchen Prozess beziehen Sie sich eigentlich? Deswegen habe ich auch einige Probleme mit diesem Antrag, den ich für etwas „neben der Spur“ halte.

Ich will hier noch mal ausführen, dass ganz offenbar bei den Oppositionsparteien die Vorstellung existiert, man müsste zunächst einmal eine Idee entwickeln, dann plant man sie, und dann setzt man sie um. Das Problem ist aber viel größer. Es muss erst einmal die Idee entwickelt werden, und es müssen die Konzepte entwickelt werden. Die eigentliche Aufgabe ist nicht, eine fixe Idee zu haben, nach altem Planfetischismus diesen dann umzusetzen und nur nach den Instrumenten und der Macht zu fragen, die das umsetzen, sondern es tatsächlich als einen offenen Prozess von Stadtentwicklung zu begreifen. Diese eigentliche Herausforderung, die im Umkreis der Konservativen

als Begriff der Freiheit auch noch metaphorisch überhöht wird, mit allen geschichtlichen Anknüpfungspunkten, die planerisch zu beherrschen, wäre die echte Herausforderung. Stattdessen wird jetzt nach einem fixen Plan gefragt und die Tatsache, dass dieser Plan erst schrittweise entwickelt werden muss, als Manko und nicht als Chance begriffen. Das, glaube ich, ist ein großes Problem. Im Übrigen sind viele der hier aufgeworfenen Fragen doch im weitesten Feld schon beantwortet worden. Man könnte sich darauf berufen, darauf aufzubauen. Also zum Beispiel die Forderung, dass die Baufelder nicht über den Taxiway hinaus gehen, scheint mir klare Verabredung zu sein und ich wüsste nicht, wer auf die Idee käme, über diese Bereiche hinaus zu gehen. Alle unsere Diskussionen – soviel kann ich sagen – über die Novellierung des Flächennutzungsplans gehen von dieser städtebaulichen Figur aus. Die Frage ist allerdings, ob bei jeder Baurealisierung das dominante und große Gebäude, wenn es in die Ecke gestellt ist, tatsächlich noch gut zur Wirkung kommt. Sei es drum. Das werden wir diskutieren, auch nach Vorlage der FNP-Änderung.

Oder das Thema Columbiaquartier: Dazu gibt es in der Zwischenzeit – in der Öffentlichkeit klar artikuliert – die Entscheidung, dass es nördlich des Columbiadamms keine Bebauung geben wird, dass die Kleingärten und Sportanlagen erhalten bleiben. Auch die Frage der Berücksichtigung der historischen Dimension des Geländes bezogen sowohl auf die Gesamtkonzeption als auch die Frage, dass es einen speziellen Gedenkort geben muss, der an das erste KZ, die Zwangsarbeiterlager im Verlauf des Columbiadamms erinnern und auch die militärischen Aspekte – militärische Produktion und Luftkriegsfunktion – berücksichtigt, muss in der Gesamtdarstellung wie auch in späteren Etappen berücksichtigt werden. Das scheint alles sonnenklar zu sein. Deshalb ist die Frage zu stellen, was Sie eigentlich mit dem Antrag voranbringen wollen. Darüber können wir im Ausschuss diskutieren.

Ich finde es richtig, dass Herr Zimmer die zentrale Rolle des Gebäudes angesprochen hat. Wir haben gelegentlich kritisiert, dass die Vergabe für temporäre Nutzungen als Blockade für die Konzeptentwicklung erscheinen könnte und wir es in der Tat sehr bedauern, dass der Senat uns jetzt erklärt oder dargestellt hat, dass die Nutzung des Hauptgebäudes für die Zentral- und Landesbibliothek ausscheidet. Das bedauern wir sehr, denn diese Art von Konversionsstrategie für dieses Gebäudes hätten wir gerade aufgrund seiner Geschichte für sehr sinnvoll gehalten. Die Herausforderung wäre gewesen, mit diesem Gebäude umzugehen.

Lassen Sie uns über diese Punkte reden. Aber lassen Sie uns nicht jenseits der Punkte reden, die schon beschlossen sind. Es wird gewiss so sein, dass die nächsten Monate vom Wahlkampf bestimmt werden. Lassen Sie uns so miteinander reden, dass so viele gute Ideen gesammelt werden können, dass die Präzisierung der Konzeption in der nächsten Legislaturperiode zu akzeptablen und breiten Mehrheiten der Zustimmung für dieses Projekt der Ent

wicklung in Tempelhof führt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Flierl! – Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete von Lüdeke das Wort – bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Grünen legen uns einen Antrag vor zum Gesamtkonzept für die Nachnutzung und bauliche Entwicklung des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Gleich zu Beginn möchte ich deutlich sagen: Wir finden Ihre Forderung nach einem Gesamtkonzept richtig und unterstützenswert. Wir fragen uns natürlich auch – Frau Eichstädt-Bohlig hat diese Frage schon gestellt, wir werden hören, ob die Frau Senatorin dazu etwas sagt –, warum es nicht endlich ein konkretes Konzept gibt, sondern Sie uns nach wir vor einen lächerlichen Flickenteppich servieren.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Nun ist das ganze Thema nicht neu. Nicht neu ist auch das, was die Grünen präsentieren. Der Grünen-Antrag, der mit sogenannten Prinzipien arbeitet – es sind nicht klassische Forderungen, sondern man verleiht Gewicht, indem man von grünen Prinzipien spricht. So ist das dann auch. Insofern, Frau Eichstädt-Bohlig, müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass das mehr oder weniger ein Schaufenster ist, das Sie liefern. Es ist so eine Art – auf Neudeutsch – Best-of der grünen Ideologie, denn das, was sich dahinter verbirgt, sieht so aus:

[Beifall bei der FDP]

Da geht es zunächst einmal um die Verfahrensgrundsätze für Planungs- und Verwaltungsverfahren. Da kommen Sie mit einer Projektgruppe, die wollen Sie einsetzen. Sie haben dann Ihr Modellprojekt für Klimaschutz, dafür wollen Sie einen Beirat haben. Wahrscheinlich zum Schutz der Feldlerche, die Herr Zimmer erwähnt hat. Dann wollen Sie selbstverständlich eine sozialökologische IBA. Das ist wieder so ein Gutmenschentum. Schon die IBA von 1984, Frau Eichstädt-Bohlig, war sozial-ökologisch, also das ist nicht so besonders neu, was Sie da fordern.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Aber auch nicht verkehrt, oder?]

Na gut, aber dann müssen Sie sich auch die Frage gefallen lassen, Herr Doering, weil Sie das hier auch erwähnen, wenn ich es richtig verstehe. Planen Sie, für den Wohnungsbau wieder Fördermittel einzusetzen? Woher auch immer die kommen sollen. – Dann beantworten Sie ganz klar, Frau Eichstädt-Bohlig: Wollen Sie den sozialen Wohnungsbau wieder einführen oder nicht? Das gilt auch

für Herrn Doering, denn mit Ihrem Zwischenruf haben Sie das ausgelöst.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Ja, wir wollen Wohnungsneubau!]