Verstehen Sie mich nicht falsch! In Berlin muss Ziel sein: Kein Kind soll sich in Berlin rechtfertigen, warum es Schweinefleisch isst. Aber auch kein Kind soll sich rechtfertigen, warum es kein Schweinefleisch isst. Wir müssen – ganz wichtig – die Gemeinsamkeiten in der Stadt Berlin hervorheben. Und dazu dient der Ethikunterricht. Deswegen haben wir den Ethikunterricht ins Leben gerufen, weil wir gesagt haben, wir wollen Gemeinsamkeiten definieren und die Gemeinsamkeit in unserer Stadt Berlin hervorheben, damit die Unterschiede, die berechtigterweise auch da sind, am Ende nicht im Vordergrund stehen, sondern dass die Gemeinsamkeiten von uns allen am Ende die Grundlage für ein gemeinsames Leben in Berlin bilden.
Wir müssen z. B. in der Schule Aufklärung durch außerschulische Kooperationspartner, mehrsprachige Pädagogen und Pädagoginnen betreiben, indem wir anfangen, auch in der Schule im Ganztagsbetrieb das Thema Dialog in den Vordergrund zu stellen. Wir müssen anfangen mit
dem Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern aus dem Ost- und Westteil der Stadt, denn für viele junge Menschen ist die Mauer in den Köpfen bis heute noch gegenwärtig. Wir müssen anfangen, den Dialog auf breiter Ebene zu suchen. Aber dazu ist ein Antrag von Ihnen in der Form nicht hilfreich. – Ich hoffe, ich habe Sie kurz genug aufgehalten.
Herr Mutlu, machen Sie sich da mal keine Sorgen! – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP-Fraktion „Berliner Aktionsplan für Toleranz und gegen Deutschenfeindlichkeit“ ist überflüssig. Möglicherweise haben Sie die Veranstaltung, die die CDU-Fraktion zu diesem Thema durchgeführt hat, aufmerksam besucht, oder Sie möchten in dem vor uns liegenden Wahlkampf Stimmung machen. Sie haben aber dabei vergessen, dass sich die CDU dieses Themas bereits angenommen hat.
In Ihrem Antrag listen Sie einige Möglichkeiten auf, Randerscheinungen gegen die vorhandenen Deutschlandfeindlichkeiten zu beseitigen. Aber ich lese kein Wort darüber, wie Sie die Deutschlandfeindlichkeiten einiger Migranten – Herr Saleh, sie sind ja da – nachhaltig beenden wollen bzw. ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller Bevölkerungsschichten erreichen wollen. Solange wir in dieser Stadt Wohnbereiche haben, Herr Mutlu, wo kein deutsches Leben mehr stattfindet, wo sich Migranten und Deutsche nicht mehr kennenlernen, sich austauschen und respektieren, so lange wird es möglicherweise solche Ausfälle geben,
die nicht im Ansatz zu tolerieren sind. Die Hoffnung zu haben, dass sich dieser rot-rote Senat mit der vorhandenen Deutschlandfeindlichkeit einiger Migranten in dieser Stadt beschäftigen wird, ist sicherlich vergeblich, denn dieser hat die Problematik bis heute noch nicht einmal zur Kenntnis genommen. Der Ausländerbeauftragte hat in seinem Kampf gegen den Rechtsradikalismus dafür keine Energie frei.
Daher ist der Vorschlag der CDU-Fraktion, der Ghettobildung in dieser Stadt entgegenzuwirken, der einzige richtige Ansatz.
Die Wohnungswirtschaft hat hierbei eine große Verantwortung. Wenn es uns langfristig gelingt, in dieser Stadt wieder ein gemeinsames Miteinander in den Wohnquartieren zu gestalten, wo sich alle Bevölkerungsschichten respektieren und gleichberechtigt wiederfinden, wird es solche nicht zu tolerierenden Ausfälle in dieser Massivität nicht mehr geben.
Zu dem Antrag der FDP „Integrationsverweigerung konsequent sanktionieren!“: Meine Freunde von der FDP! Das sind Gesetze, die bestehen. Die müssen mehr oder weniger eigentlich nur durchgesetzt werden. Deshalb halte ich solch einen Antrag auch für überflüssig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe FDP! Ich kann gleich am Anfang sagen, dass wir Ihren Anträgen nicht zustimmen werden.
Integration funktioniert nicht über Sanktionen, wie Sie das fordern. Integration funktioniert auch nicht über Anpassung und Assimilation. Unser Weg – Herr Wolf hat es heute schon mal deutlich gemacht – ist ein anderer. Integration braucht Partizipation.
Das ist unser Ansatz. Das ist der Ansatz von Rot-Rot. Das passt tatsächlich an keiner Stelle mit Ihrem Ansatz zusammen. Sie reden von Deutschenfeindlichkeit, gegen die man vorgehen muss. Sie reden von Integrationsverweigerern, die sanktioniert werden müssen. Beide Anträge von Ihnen machen deutlich, dass Sie weiter auf die Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund setzen.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir stellen individuelle Diskriminierungs- und Mobbingerfahrung von Herkunftsdeutschen überhaupt nicht infrage, egal ob das Kinder oder Erwachsene sind. Wir sagen auch, Hänseleien, Mobbing, Ausgrenzung sind niemals akzeptierbar und hinnehmbar. Selbstverständlich muss dagegen auch vorgegangen werden, immer und ohne Ansehen der Person. Aber Voraussetzung, dass man solche Probleme löst, ist, dass man sich auch über die Ursachen solcher Abwertungen von Menschen Klarheit verschafft. Erklärungsansätze und Untersuchungen finden Sie ganz viele, und alle kommen zu dem Ergebnis, dass es sich um ein soziales Problem handelt. Und eines ist auch klar: Nicht jede Form von Diskriminierung ist gleich Rassismus. Zu Rassismus gehört genauso wie zu Sexismus eine strukturelle Diskri
minierung, und deshalb, liebe FDP, trifft Ihr Begriff der Deutschenfeindlichkeit überhaupt gar nicht zu. Er ist nämlich genauso wie der Begriff der deutschen Leitkultur ein Kampfbegriff, mit dem Zugehörigkeitskultur fortgeschrieben wird. Es gibt ein „ihr“ und ein „wir“, Menschen oder Kinder von Menschen mit Migrationshintergrund bleiben per Definition außen vor. Und diese Ausgrenzung führen Sie mit beiden Anträgen fort.
Wenn Sie von den Integrationsverweigerern reden, die der Bundesinnenminister entdeckt hat, dann müssen Sie sich tatsächlich fragen, erstens: Wie wird das definiert? – Das konnte das Bundesinnenministerium nicht tun. Zweitens: Wo kommt die Zahl von 15 Prozent her, die der Bundesinnenminister festgestellt hat? Er redet von 15 Prozent Integrationsverweigerern. Auch ist bis heute nicht klar, wie er zu dieser Zahl gekommen ist. Auch das kann das Bundesinnenministerium nicht erklären. Und Sie wissen natürlich auch – dies am Rande –, dass Ihre Bundesregierung gerade die Mittel für die Integrationskurse noch weiter gekürzt hat.
Auf welcher Grundlage in diesem Land Stimmung gegen die Menschen mit Migrationshintergrund gemacht wird, das kann man in Ihrem Antrag lesen. Ich wiederhole jetzt genau den Satz, den Herr Saleh eben schon einmal vorgelesen hat: Sie schreiben in Ihrem Antrag:
Ein Teil der Menschen mit Migrationshintergrund, der teilweise seit über zwanzig Jahren in Deutschland lebt, verweigert sich hartnäckig der deutschen Gesellschaft. Die hier geltende Rechts- und Werteordnung wird abgelehnt, alles Deutsche und alle Deutschen werden von diesen Menschen als minderwertig betrachtet. Das einzig Deutsche, was diese Menschen akzeptieren und gern und ausgiebig in Anspruch nehmen, sind die Leistungen des deutschen Sozial- und Gesundheitssystems.
Und ich sage Ihnen zum Schluss: Solche Formulierungen könnte man als rassistisch bezeichnen, und dies wäre denn auch die Grundlage, auf der jegliche weitere konstruktive Debatte in diesem Haus vorbei wäre. Sie sollten noch einmal nachdenken, was Sie hier aufschreiben!
Danke schön, Frau Kollegin Breitenbach! – Für Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Frau Bayram das Wort. – Bitte schön, Frau Bayram!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Ich wiederhole, was ich schon eingangs beim Integrationsgesetz zur Debatte gesagt habe: Das, was Sie mit solchen Anträgen und mit solchen Aussagen auslösen, ist einfach verantwortungslos!
Wenn die Umfragewerte für Sie nicht so wären, wie sie derzeit sind, dann könnte man Ihnen glatt wünschen, dass Sie demnächst vielleicht auch dahin kommen, wo Sie mit solchen Anträgen beweisen, dass Sie hier jedenfalls nicht hingehören.
30 Prozent Verweigerung – diese Zahl ist so etwas von falsch und durch nichts nachweisbar. Letztlich haben Nachfragen gerade der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ergeben, dass diese Zahlen vom Bundesinnenminister überhaupt nicht erhoben werden. Deshalb ist es nicht nur falsch, sondern auch unredlich, sich hinzustellen und so zu tun, als wenn Sie mit irgendwelchen Fakten operieren würden. Andererseits könnte man sagen, scheint es gerade bei der CDU auf Bundesebene bei der Bundesfamilienministerin derselbe Plan zu sein. Das scheinen gerade Lieblingsprojekte der beiden Parteien zumindest teilweise auf Landes- und auch auf Bundesebene zu sein.
Wer das Integrationskonzept der FDP gelesen hat, der wundert sich eigentlich nicht darüber, was hier für Anträge eingebracht werden. Denn genau solcher Duktus, solcher rassistische Duktus, findet sich auch in Ihrem Integrationskonzept. Er zeigt letztlich Folgendes auf – darauf kann ich mich hier, glaube ich, auch beziehen, weil es dazu ein Gespräch mit Ihrem Geschäftsführer gab, den ich darauf ansprach und fragte: Wie können Sie überhaupt so ein Integrationskonzept verabschieden? Er sagte daraufhin: Rechts der SPD und der CDU ist jetzt Platz, und da wollen wir noch eine Nische finden, dass wir doch nicht aus dem Parlament rausfliegen.
Wenn das hier Ihre Intention ist und Sie dann noch den Aktionsplan gegen Homophobie für Ihre menschenverachtende Art, Themen zu diskutieren, instrumentalisieren,