Protocol of the Session on November 11, 2010

[Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Als Erstes hätte ich mir gewünscht, dass auch die Frage beantwortet wird: Was für Erfolge hat das Landesgleichstellungsgesetz, das es nun beinahe 20 Jahre lang gibt, aufzuzeigen?

[Zuruf von Evrim Baba-Sommer (Linksfraktion)]

Ja, Frau Baba, die Antwort kenne ich, aber das, was ich wissen möchte, steht da nicht drin, nämlich: Welche Zusammenhänge gibt es zwischen gesetzlichen Regelungen und der Verbesserung von Frauenanteilen? Wie kann man das zueinanderbringen? Wenn ich das wüsste, oder wenn gerade Sie als Einbringende das wüssten, dann könnten Sie eines vernünftig machen: Sie könnten dann nämlich eine vernünftige Novelle vorlegen, die begründet, warum Sie bestimmte Sachen verschärfen und bestimmte Sachen vielleicht auch rausnehmen, weil sie durch Zeitablauf gar nicht mehr notwendig sind, oder wo Sie das Gesetz sinnvollerweise auch erweitern, weil man vor 20 Jahren noch nicht wissen konnte, wie heute die Entwicklung ist. Dann wäre das eine Novelle, über die wir sehr gern diskutieren würden.

Aber all das haben Sie nicht gemacht. Was haben Sie gemacht? – Ohne Informationen zu haben, haben Sie schlicht und einfach gesagt: Wir senken erst mal die Schwellenwerte. Damit ist der Kreis der betroffenen Unternehmen vergrößert. – Dann haben Sie ohne Sinn und Verstand an dieser Stelle gesagt: Wir werden auch die Bauleistungen miteinbeziehen –, wissend, dass Sie das nicht umsetzen können, dass das Gewerbe das gar nicht hergibt. Also vollkommen unspezifische Regelungen!

Auch die rechtlichen Bedenken – Umsetzung des RüffertUrteils – bleiben bestehen. Ist das, was Sie jetzt vorlegen, mit dem EuGH-Urteil vereinbar, oder führt es zu neuen Klagen? – Ich weiß es nicht. Was mich in der ganzen Diskussion aber sehr nachdenklich stimmte, ist, dass wir von dem mitberatenden Rechtsausschuss keine Stellungnahme bekommen haben. Der Rechtsausschuss hat sich auf die Änderungen der Koalition gar nicht eingelassen, er hat sie gar nicht behandelt. Das heißt, ich kann jetzt nicht einschätzen, ob es Bedenken dagegen gibt und ob

die Bedenken ausgeräumt sind. Ich kann nicht einschätzen, ob das, was Sie uns jetzt zur Abstimmung vorlegen, auch Rechtssicherheit schafft oder gegebenenfalls wieder die Grundlage für neue Rechtsstreitigkeiten ist.

Zwei Sachen sind aber vorhersehbar. Die eine ist: Wenn sich aufgrund von Vorgaben weniger Unternehmen an Ausschreibungen beteiligen, weil sie die Vorgaben nicht erfüllen können, dann führt das zu weniger Wettbewerb und tendenziell zu höheren Preisen. Das muss man wissen. Das haben wir bei anderen Gesetzen auch diskutiert.

Die zweite ist – da bin ich vollkommen fantasielos, aber Sie werden das vielleicht beantworten können –: Sie wollen die Vergabestellen auch mit der Kontrolle der Vorgaben beauftragen. Wie soll das geschehen? Wollen Sie mehr Personal in die Vergabestellen setzen? Wollen Sie neue Instrumente, neue Stellen schaffen? – Was Sie da reingeschrieben haben, ist vollkommen realitätsfern.

Das Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, unterstützen wir, unterschreiben wir und fördern wir. Aber wir sind nach wie vor nicht davon überzeugt, dass diese Novelle dazu einen Beitrag leistet, und deswegen lehnen wir die Novellierung in der Form, wie sie uns vorliegt, ab, und wir lehnen auch alle Änderungsanträge, die eingebracht worden sind, insgesamt ab, weil sie das Grundproblem, nämlich eine Novelle zu begründen, gar nicht lösen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Thiel! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Zum Gesetzesantrag der Fraktion der Grünen Drucksache 16/2438 empfiehlt der Fachausschuss – mehrheitlich gegen CDU – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen. Danke! Die Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Letzteres ist die Mehrheit. Dann ist der Antrag damit abgelehnt. Enthaltungen sehe ich nicht.

Dann kommen wir zur Gesetzesvorlage des Senats. Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/3267-1 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU und der fraktionslose Abgeordnete Ueckert. Danke! Die Gegenprobe! – Das sind die anderen Fraktionen. Letzteres ist die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. Enthaltungen sehe ich nicht.

Zur Gesetzesvorlage Drucksache 16/3267 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen CDU und FDP – die Annahme in der neuen Fassung. Wer dem Gesetz in der Fassung der Beschlussempfehlung Drucksache 16/3620 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind SPD, Grüne und Die Linke. Danke! Die Gegenprobe! – Das sind CDU und FDP. Ersteres war die

Mehrheit. Dann ist das so beschlossen. Enthaltungen sehe ich nicht. Der fraktionslose Kollege Ueckert hat so gestimmt, wie auch die CDU gestimmt hat, das heißt also, dagegen. – Damit ist das Neunte Gesetz zur Änderung des Landesgleichstellungsgesetzes in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung angenommen worden.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Der Tagesordnungspunkt 5 war Priorität der Fraktion Die Linke unter dem Tagesordnungspunkt 4.3. Der Tagesordnungspunkt 6 steht auf der Konsensliste.

Lfd. Nr. 6 A:

Dringliche erste Lesung

Gesetz zur Änderung des Vergnügungssteuergesetzes

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/3616

Die Fraktionen haben sich heute darauf verständigt, die Gesetzesvorlage in der nächsten Sitzung aufzurufen. Ich werde die Vorlage vorab an den Hauptausschuss überweisen.

Dann komme ich zur

lfd. Nr. 7:

a) Bericht gemäß § 19 Abs. 1 UntAG des 1. Untersuchungsausschusses

Aufklärung der Vermögens- und Baupolitik am Spreedreieck und den umliegenden Grundstücken, insbesondere Friedrichstraße 100 - 103

Bericht des 1. UntA Drs 16/3600

b) Antrag

Spreedreieck-Skandal ist aufgeklärt – Senat muss jetzt die nötigen Konsequenzen ziehen!

Antrag der CDU, der Grünen und der FDP Drs 16/3592

c) Antrag

Konsequenzen aus dem UA Spreedreieck (I) – Änderung des Verwaltungshandelns

Antrag der FDP Drs 16/3601

d) Antrag

Konsequenzen aus dem UA Spreedreieck (II) – professionelles Vertragsmanagement bei Immobilien

Antrag der FDP Drs 16/3602

Zunächst erteile ich dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, dem Kollegen Dr. Köhler, das Wort. Hier ist er schon. – Zehn Minuten Redezeit! Bitte schön, Herr Dr. Köhler!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach zwei Jahren Tätigkeit legt heute der 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses mit der Kurzbezeichnung „Spreedreieck“ seinen Abschlussbericht – wenngleich zu später Stunde, so um 20 Uhr – vor. Dieser Ausschuss war wie auch die anderen Untersuchungsausschüsse sehr fleißig. Wir tagten 38 Mal, insgesamt 157 Stunden, darunter fünf reine Beratungssitzungen. Die längste Sitzung dauerte sieben Stunden 15 Minuten, die kürzeste, eine Beratungssitzung, etwas mehr als eine Stunde. Fast jeden Freitag, mit Ausnahme der Parlamentsferien, tagten wir im Durchschnitt viereinhalb Stunden. 68 Zeugen wurden, teilweise wiederholt, vernommen. Der stenografische Dienst dieses Hauses fertigte 2 163 Seiten Wortprotokoll. Der Abschlussbericht hat insgesamt 500 Seiten Stärke. Starke Zahlen, meine Damen und Herren!

Vorab gehört der Dank des gesamten Ausschusses, denke ich, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses, allen voran Herrn Bosenius, Frau Beyler, Frau Littau, Frau Preuß und Frau Kürwitz, die jetzt auf der Besuchertribüne sitzen.

[Allgemeiner Beifall]

Ich denke, diesen Beifall haben sich die Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses verdient. In diesem Zusammenhang darf ich auch meinen Dank auf die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Hauses ausdehnen, die zur Arbeit des Ausschusses beigetragen haben. – Herr Präsident! Herr Direktor Blum! Würden alle Behörden des Landes Berlin, aber auch des Bundes so arbeiten wie die Verwaltung des Abgeordnetenhauses, mir wäre nicht bange um das Land Berlin. Wir haben während unserer Untersuchungstätigkeit manchen Mitarbeiter und manche Mitarbeiterin von Behörden dieses Landes erlebt, die sich durch Dienst nach Vorschrift, Erledigung durch Liegenlassen und Risikoarmut hervortaten. Ich habe als Ausschussvorsitzender immer die notwendige fachliche, juristische und intellektuelle Unterstützung

[Christian Goiny (CDU):... vermissen lassen!]

durch die Verwaltung des Abgeordnetenhauses, sehr häufig auch außerhalb der Dienstzeiten, erhalten. Dafür nochmals herzlichen Dank an das Abgeordnetenhaus!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Christian Goiny (CDU): War ja auch nötig!]

Gestatten Sie mir einige generelle Bemerkungen „vor der Klammer“!

[Lars Oberg (SPD): Wo sind denn eigentlich die Grünen?]

Erstens: Es war ein ganz normaler Untersuchungsausschuss, wie ihn das Untersuchungsausschussgesetz vorsieht. Er war nicht von staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen begleitet oder beeinträchtigt, wie es bei den Untersuchungsausschüssen zum Tempodrom oder zum Bankenskandal der Fall war. Alle wesentlichen Beweis

mittel standen zur Verfügung, keine Akten waren beschlagnahmt. Und bis auf zwei berufsbedingte Ausnahmen konnten sich keine Zeugen auf strafprozessuale Aussageverweigerungsrechte berufen.

Zweitens: Bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses wurde erstmalig eine zeitliche Befristung verbunden mit einer zusätzlichen Ausstattung mit Mitarbeiterinnen dieses Hauses beschlossen. Dieses hat sich meines Erachtens nicht bewährt. Verfassungsrechte, und dazu gehört auch das fundamentale Recht des Parlaments auf Einsetzen eines Untersuchungsausschusses, können aus guten Gründen nicht zeitlich limitiert werden. Darüber hinaus ist das Junktim „zeitliche Limitierung bei gleichzeitiger und zusätzlicher Bezahlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Untersuchungsausschusses“ gescheitert, da diese Mitarbeiterinnen meiner Erfahrung nach auch in anderen Ausschüssen dieses Hauses eingesetzt wurden. Dieses war uns von allen, die die Einsetzung des Untersuchungsausschuss-es am 11. September 2008 beschlossen haben, von Anfang an anders gewollt.

Drittens – Beweismittel: Alle Beweismittel der Strafprozessordnung, auf die das Untersuchungsausschussgesetz rekurriert, stehen gleichrangig nebeneinander. Der Zeugenbeweis ist jedoch der schwächste Beweis, da Zeugen sehr häufig irren und subjektiv einen Sachverhalt anders beurteilen oder einfach schon verdrängt oder vergessen haben. Hätte sich der Ausschuss darauf zu Recht bezogen oder die Arbeit vor diesem Hintergrund effektiver gestaltet, hätte man mit der Hälfte der Zeit auskommen können. Der heute vorgelegte Bericht belegt dieses auch eindrucksvoll.

[Christian Goiny (CDU): Die einen sagen so, die anderen so!]