Andreas Köhler
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach zwei Jahren Tätigkeit legt heute der 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses mit der Kurzbezeichnung „Spreedreieck“ seinen Abschlussbericht – wenngleich zu später Stunde, so um 20 Uhr – vor. Dieser Ausschuss war wie auch die anderen Untersuchungsausschüsse sehr fleißig. Wir tagten 38 Mal, insgesamt 157 Stunden, darunter fünf reine Beratungssitzungen. Die längste Sitzung dauerte sieben Stunden 15 Minuten, die kürzeste, eine Beratungssitzung, etwas mehr als eine Stunde. Fast jeden Freitag, mit Ausnahme der Parlamentsferien, tagten wir im Durchschnitt viereinhalb Stunden. 68 Zeugen wurden, teilweise wiederholt, vernommen. Der stenografische Dienst dieses Hauses fertigte 2 163 Seiten Wortprotokoll. Der Abschlussbericht hat insgesamt 500 Seiten Stärke. Starke Zahlen, meine Damen und Herren!
Vorab gehört der Dank des gesamten Ausschusses, denke ich, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses, allen voran Herrn Bosenius, Frau Beyler, Frau Littau, Frau Preuß und Frau Kürwitz, die jetzt auf der Besuchertribüne sitzen.
Ich denke, diesen Beifall haben sich die Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses verdient. In diesem Zusammenhang darf ich auch meinen Dank auf die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Hauses ausdehnen, die zur Arbeit des Ausschusses beigetragen haben. – Herr Präsident! Herr Direktor Blum! Würden alle Behörden des Landes Berlin, aber auch des Bundes so arbeiten wie die Verwaltung des Abgeordnetenhauses, mir wäre nicht bange um das Land Berlin. Wir haben während unserer Untersuchungstätigkeit manchen Mitarbeiter und manche Mitarbeiterin von Behörden dieses Landes erlebt, die sich durch Dienst nach Vorschrift, Erledigung durch Liegenlassen und Risikoarmut hervortaten. Ich habe als Ausschussvorsitzender immer die notwendige fachliche, juristische und intellektuelle Unterstützung
durch die Verwaltung des Abgeordnetenhauses, sehr häufig auch außerhalb der Dienstzeiten, erhalten. Dafür nochmals herzlichen Dank an das Abgeordnetenhaus!
Gestatten Sie mir einige generelle Bemerkungen „vor der Klammer“!
Erstens: Es war ein ganz normaler Untersuchungsausschuss, wie ihn das Untersuchungsausschussgesetz vorsieht. Er war nicht von staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen begleitet oder beeinträchtigt, wie es bei den Untersuchungsausschüssen zum Tempodrom oder zum Bankenskandal der Fall war. Alle wesentlichen Beweis
mittel standen zur Verfügung, keine Akten waren beschlagnahmt. Und bis auf zwei berufsbedingte Ausnahmen konnten sich keine Zeugen auf strafprozessuale Aussageverweigerungsrechte berufen.
Zweitens: Bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses wurde erstmalig eine zeitliche Befristung verbunden mit einer zusätzlichen Ausstattung mit Mitarbeiterinnen dieses Hauses beschlossen. Dieses hat sich meines Erachtens nicht bewährt. Verfassungsrechte, und dazu gehört auch das fundamentale Recht des Parlaments auf Einsetzen eines Untersuchungsausschusses, können aus guten Gründen nicht zeitlich limitiert werden. Darüber hinaus ist das Junktim „zeitliche Limitierung bei gleichzeitiger und zusätzlicher Bezahlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Untersuchungsausschusses“ gescheitert, da diese Mitarbeiterinnen meiner Erfahrung nach auch in anderen Ausschüssen dieses Hauses eingesetzt wurden. Dieses war uns von allen, die die Einsetzung des Untersuchungsausschuss-es am 11. September 2008 beschlossen haben, von Anfang an anders gewollt.
Drittens – Beweismittel: Alle Beweismittel der Strafprozessordnung, auf die das Untersuchungsausschussgesetz rekurriert, stehen gleichrangig nebeneinander. Der Zeugenbeweis ist jedoch der schwächste Beweis, da Zeugen sehr häufig irren und subjektiv einen Sachverhalt anders beurteilen oder einfach schon verdrängt oder vergessen haben. Hätte sich der Ausschuss darauf zu Recht bezogen oder die Arbeit vor diesem Hintergrund effektiver gestaltet, hätte man mit der Hälfte der Zeit auskommen können. Der heute vorgelegte Bericht belegt dieses auch eindrucksvoll.
Nur sehr wenige wörtliche Zitate von Zeugen wurden zur Feststellung des Berichtes benötigt.
Viertens: Die Mitarbeit im Untersuchungsausschuss war zusätzliche Parlamentarierarbeit, die nicht zusätzlich vergütet wurde. Meine Achtung gehört dafür ausdrücklich den kleineren Oppositionsfraktionen, deren Abgeordnete in noch größerem Umfang extremen zeitlichen Belastungen ausgesetzt waren als diejenigen aus den größeren Koalitionsfraktionen.
Bei einer Neuregelung des Untersuchungsausschussgesetzes sollte überlegt werden, ob die Mitglieder von Untersuchungsausschüssen für ihre Sitzungstätigkeit nicht eine zusätzliche Vergütung erhalten sollten. Auf jeden Fall sollte die unsinnige Regelung abgeschafft werden, dass sie bei Nichtteilnahme an Sitzungen mit 25 Euro quasi bestraft werden.
Gestatten Sie mir nachfolgend einen kurzen Abriss der wesentlichen Ergebnisse unserer Untersuchungstätigkeit!
Erstens: Worum ging es im Ausschuss eigentlich? – Anfang der 90er-ahre sollte das Deutsche Theater, das den Erben nach Max Reinhardt gehörte, an diese restituiert werden, mit der Folge, dass dann der Spielbetrieb eingestellt worden wäre, da die Erben nicht in der Lage gewesen wären, diesen aufrechtzuerhalten. Der Diepgen-Senat hätte an die Erben ca. 60 bis 120 Millionen DM zahlen müssen, um sie abzufinden – Geld, das in der Staatskasse nicht vorhanden war, damals wie heute. Stattdessen verfiel der damalige Finanzsenator Peter Kurth auf den Gedanken eines Tausches: Erhalt des Deutschen Theaters gegen Befriedigung der Erben durch einen Investor, der dafür ein Landesgrundstück am S-Bahnhof Friedrichstraße, das sogenannte Spreedreieck erhielt. So weit, so gut, aber wenn man zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte miteinander zu verknüpfen versucht, dann beginnen die Probleme.
Der Untersuchungsausschuss ist zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Schaden für das Land Berlin entstanden ist. Unter Berücksichtigung der finanz-, kultur- und stadtentwicklungspolitischen Belange einschließlich der Ablösung von unbestreitbar existierenden Restitutionsansprüchen der Erben nach Max Reinhardt am Deutschen Theater ist die Entwicklung am Spreedreieck ein für das Land Berlin insgesamt vorteilhaftes Geschäft gewesen. Im Ergebnis verbleibt ein positiver Saldo in Höhe von mindestens 4,277 Millionen Euro für das Land Berlin. In dieser Bilanz sind sowohl die Restitutionsansprüche am Deutschen Theater in Höhe von – angenommen – 63 Millionen DM berücksichtigt als auch der Grundstückswert des Spreedreiecks, die dem Investor zugestandene Kaufpreisminderung und weitere Grundstücksübertragungen sowie die Ausgleichszahlung an die Anrainer.
Zweitens: Der Kardinalfehler liegt darin, dass am 19. Dezember 2000 unter der Federführung des damaligen Finanzsenators Peter Kurth und seines Staatssekretärs Hugo Holzinger ein Kaufvertrag abgeschlossen wurde, der Mängel aufwies. Unter großem Verhandlungsdruck wurde kurz vor Weihnachten 2000 verhandelt und ein Vertrag abgeschlossen. Der damalige Finanzsenator Peter Kurth erwartete eine zusätzliche Einnahme von 3 Millionen DM. Deswegen wurde der Vertrag entsprechend schnell abgeschlossen, ohne richtige juristische Überprüfung. Ein weiteres Versäumnis war, dass dieser Vertrag nicht dem Abgeordnetenhaus zur Zustimmung vorgelegt wurde.
Drittens: Wir haben grobe Fehler bei der Vermögenszuordnung durch die Oberfinanzdirektion festgestellt, die dann auch in der Folgezeit geheilt werden mussten.
Viertens – etwas Erfreuliches: Es war parteiübergreifender Konsens, dass die große kulturelle Institution Deutsches Theater zu erhalten war. Dieses ist auch gelungen. Ich bitte, diesen so wichtigen kulturellen Aspekt in der weiteren Debatte zu berücksichtigen und angemessen zu bewerten. Dieses gilt auch für den Tränenpalast, der bis
auf den nicht denkmalgeschützten Eingangsbereich für eine zukünftige kulturelle Nutzung erhalten blieb.
Fünftens hat der Ausschuss sich mit der Rolle der Deutschen Bahn AG beschäftigt und kein Verständnis dafür aufgebracht, dass für ein 45 Quadratmeter großes Grundstück ein Kaufpreis von 1,3 Millionen Euro hätte gezahlt werden müssen. Dieses führte dazu, dass der gesamte Kaufvertrag aus dem Jahre 2000 im November 2004 geheilt werden musste, was mit weiteren Problemen verbunden war, auch mit der Aufstellung des Bebauungsplans I-50 und deren Nichtigkeit, in deren Folge mit Grundstückseigentümern auf der gegenüberliegenden Seite nachverhandelt werden musste.
Es ist mir noch wichtig zu sagen, dass das Parlament im Hauptausschuss einschließlich Unterausschuss Vermögensverwaltung und anderer entsprechender Ausschüsse umfangreich beteiligt war. Dieses gilt für den Zeitraum ab 2001. Davor wurde der Vertrag vom 19. Dezember 2000 leider nicht den entsprechenden Gremien vorgelegt, was die Probleme auslöste.
Letztlich – und damit möchte ich enden – gehört mein Dank den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen des Untersuchungsausschusses. Wir haben heftig gestritten, aber auch gearbeitet und manchmal über die eine oder andere Situation kräftig geschmunzelt. Mein besonderer Dank geht an unseren Koalitionspartner, insbesondere an den Kollegen Uwe Doering. Wir haben vorbildlich und mit großem gegenseitigen Vertrauen zusammengearbeitet. Und endlich gehört mein Dank unseren Kolleginnen Ellen Haußdörfer und Liane Ollech. Sie waren die einzigen Frauen in unserem Ausschuss und noch dazu von der SPD-Fraktion. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Trifft es zu, dass die Berliner Verkehrsbetriebe mit ihrem guten und kundenfreundlichen Angebot im öffentlichen Nahverkehr international als Vorbild genommen werden, und mit welchem konkreten Engagement hat die BVG die Entwicklung des ÖPNV in Dubai/Vereinigten Emiraten unterstützt?
2. Wie bewertet der Senat das Engagement der BVG vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf die Berliner Wirtschaft und die Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten?
Herr Präsident! – Herr Senator Wolf hat meine Zusatzfrage im zweiten Teil seiner Antwort bereits beantwortet. Ich habe keine weitere Frage mehr. Das war sehr gut. Herzlichen Dank!
Das Seminarhotel Blossin ist in der Tat ein leidiges Kapitel. Auch ich sage: Weitere Verluste dürfen den Berliner Wasserbetrieben nicht entstehen. Sie müssen so rasch wie möglich heruntergefahren werden.
Ich möchte allerdings bei dieser Gelegenheit einen Hinweis geben: Blossin ist vor der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe gekauft worden. Ich bin sicher: Die manchmal zu Unrecht gescholtenen privaten Investoren hätten eine solche Fehlinvestition nicht zugelassen.
Trotzdem ist dieser Antrag der FDP vollkommen sinnlos. Es gibt bereits einen Beschluss des Abgeordnetenhauses. Und der wird weiter verfolgt.
Übrigens widerspricht sich die FDP mit ihrem Antrag selbst. Sonst propagieren Sie doch immer die Eigenverantwortung der Unternehmen! Und jetzt rufen Sie nach staatlichem Eingreifen. Das wundert mich doch sehr, meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion. Dies ist ein reiner Schau-Antrag. Sie wollen nur eine Schlagzeile in der „Bild-Zeitung“, und das ist Ihnen ja schon gelungen. Vernünftige Sachpolitik ist das nicht.
Ein „Sofortverkauf“ wäre außerordentlich nachteilig für die Wasserbetriebe. Die Fachleute unter Ihnen wissen doch, dass bei einer solchen Transaktion die Marktlage und das wirtschaftliche Umfeld sorgfältig beachtet werden müssen. Die FDP gefährdet einen günstigen Verkauf, indem sie durch öffentliches Gerede den Marktwert verringert. Mit Ihrem Spekulations-Aktionismus schaden Sie den Wasserbetrieben und damit auch dem Mehrheitsgesellschafter, dem Land Berlin.
Der Vorstand der Wasserbetriebe hat sich wiederholt mit der Immobilie befasst. Wir vertrauen darauf, dass die Wasserbetriebe selbst eine vernünftige Lösung finden. Aber so etwas braucht Zeit und Geduld.
Wir sind gegen hektische Hauruck-Aktionen. Wir vertrauen auch auf die Kompetenz des Aufsichtsrats der Wasserbetriebe, dessen Vorsitzender, Senator Wolf, sich selbstverständlich um diese Angelegenheit kümmert.
Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag der FDP ab.