Protocol of the Session on February 22, 2007

Zweitens: Besonderheiten bestehen allenfalls im Bereich der geschlossenen Einsätze. Aber hierfür wurde der vor mehreren Wochen im Innenausschuss vorgestellte Weg entwickelt. Das wissen Sie. Die Regelung ist das Ergebnis der Arbeit einer Projektgruppe unter Beteiligung der Polizeiführung und von Vertretern der Gewerkschaften und Personalräte. Auch das ist bekannt. Ich will den Weg nicht ausführlich darstellen, das kann, wenn er will, der Senator machen. Meine Fraktion zumindest kann mit diesem Weg leidlich gut leben.

Das Ergebnis, diese sogenannte Geschäftsanweisung – wie heißt es so schön im Beamtendeutsch: Gesch.-Anw. Nr. 4/2005 über die Kennzeichnung der Einsatzeinheiten und Einsatzfahrzeuge der Berliner Polizei –, dient in geeigneter Art und Weise einerseits dazu, die taktische Führung der Einsatzeinheiten weiter zu verbessern, und andererseits einer sicheren Identifizierung einzelner Mitarbeiter, sofern hierzu Bedarf besteht. Warum also heute wieder die Debatte? – Für mich liegt es auf der Hand, dass Sie trotz der schönen Worte Ihr altes Ziel der Stigmatisierung der Berliner Polizei nach wie vor nicht aufgegeben haben.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Also nix mit Schwarz-Grün!]

Vielleicht wollen Sie, Herr Lux, für die Fraktion der Grünen herausarbeiten, wo die Unterschiede zwischen Ihnen und uns auf dem Gebiet der inneren Sicherheit liegen. Dafür aber bedürfte es nicht solch eines Antrags. Die Unterschiede, liebe Kollegen von den Grünen, liegen auf der Hand. Ich denke, wir haben sie vorhin in der Aktuellen Stunde hinreichend deutlich herausgearbeitet. Wenn es denn sein muss, formuliere ich sie auch gern noch einmal: Sie haben im Vergleich zur CDU ein fundamental anderes Verhältnis zur inneren Sicherheit und vor allem zu den Kräften, die sie in unserer Stadt gewährleisten sollen. Sie hegen, Kollege Lux, trotz des eben Gesagten – ich habe es sehr wohl vernommen – im Kern ein Urmisstrauen gegen unsere Ordnungshüter und stellen deshalb trotz Ihrer blumigen Worte jeden Berliner Polizeibeamten unter Generalverdacht.

[Benedikt Lux (Grüne): So ein Blödsinn!]

In Anbetracht dessen, dass diese Leute auch für Ihre Sicherheit den Kopf hinhalten, ist dies ein dreistes Bubenstück.

In der überarbeiteten Begründung Ihres alten Antrags, gehen Sie – das haben Sie in Ihrer Rede deutlich gemacht – auf den Polizeieinsatz in der Diskothek „Jeton“ am 21. August 2005 ein. Sie beklagen, dass die „Täter“ aus dem Kreis der Polizei nicht namhaft gemacht werden konnten. Zu wessen Lobby machen Sie sich eigentlich? Ich erinnere mich noch gut an die Auswertung des Einsatzes im Innenausschuss. Sie waren damals noch nicht dabei. Aber Sie sollten sich überlegen – man kann es nachlesen –, ob Sie sich nicht von Leuten vor den Karren spannen lassen, die man – auch Sie – eher meiden sollte.

Zurück zum Gesetzesantrag: Wenn Polizeibeamte im Einsatz Fehler machen, muss es möglich sein, einen Beamten nach solch einem Einsatz zu identifizieren. Dies funktioniert mit der jetzt bestehenden Regelung. Nicht zielführend ist eine allgemeine Kennzeichnung von Beamten, etwa die Verpflichtung, ein Namensschild zu tragen. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass jeder Beamte individuell als Person mit Namen der Öffentlichkeit ausgesetzt wäre. Was zunächst gut klingt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als missbrauchsanfällig, denn in der Folge würden Beamte von Querulanten mit Anzeigen und damit mit Ermittlungsverfahren überzogen. Dies führt zu direkten Konsequenzen für die Betroffenen, das wissen auch Sie, denn unabhängig vom Zutreffen der Vorwürfe wird zunächst eine Beförderungssperre für die Beamten verhängt. Zudem steht meist eine individuelle Belastung der Person im Raum, die später kaum ohne Reste zu beseitigen ist, selbst dann, wenn die Vorwürfe längst ausgeräumt sind. Deshalb bleibt es dabei: Meine Fraktion will das nicht. Wir sehen keinen Bedarf für diesen Antrag. Die bestehende Regelung hat sich aus unserer Sicht bewährt. Deshalb werden wir den Antrag der Grünen ablehnen. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Henkel! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Kollege Udo Wolf das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt sind hier die Nachwehen zur Aktuellen Stunde aufgerufen. Herr Henkel! Es ist hinreichend bekannt, dass Sie glauben, dass sich eine bürgerfreundliche, bürgeroffene und transparente Polizei stigmatisiert fühlen muss. Ich halte das für ausgemachten Quatsch, um es ganz deutlich zu sagen.

[Beifall bei der Linksfraktion und den Grünen]

Es ist eine absolute Selbstverständlichkeit, dass Staatsbeamte, die hoheitliche Aufgaben erfüllen, den Bürgerinnen und Bürgern offen entgegentreten müssen. Es ist nur sinnvoll und widerspricht jedem Gedanken an Stigmatisierung, wenn die Leute selbst und freiwillig ein Namensschild trügen – durchaus dem Vorschlag folgend, dass dies bei geschlossenen Einsätzen aus einer kodierten Nummer besteht –, sodass sie, sollten sie sich irgendwelche Verfehlungen zuschulden kommen lassen, identifiziert werden könnten. Ich glaube auch, dass der Polizeipräsident Sympathien für solch eine individuelle Kennzeichnung hat, dass aber das konkrete Problem – –

[Özcan Mutlu (Grüne): Dann handeln Sie doch]

Herr Mutlu, nicht so schreien, ich erinnere mich, Sie sind auch einmal auf Bundesebene in einer Koalition gewesen

[Özcan Mutlu (Grüne): Das ist eine Landesgeschichte!]

und müssten sich daran erinnern, dass man in Koalitionen gezwungen ist, Kompromisse einzugehen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Immer ist der Bund schuld!]

Nein, nicht der Bund ist schuld. Sie müssen mir zuhören, Herr Kollege Mutlu! – Wenn man Kompromisse eingehen muss, dann kann man auch unterschiedlich begründen.

Ich sage Ihnen deshalb: Ihre Argumentation zur individuellen Kennzeichnungspflicht ist auch die unsere. Das Problem besteht darin, dass sich die Sozialdemokraten nur auf einen anderen Weg – den mit dem Polizeipräsidenten abgesprochenen – eingelassen haben. Wenn wir in der Sache weiterkommen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wäre es notwendig, dass Sie Ihre „Schwampel“-Freunde davon überzeugen – nicht Herrn Henkel, das ist vergebliche Liebesmüh. Aber vielleicht den Kollegen Trapp. Der Kollege Trapp ist hin und wieder offen für einen vernünftigen Vorschlag. Er hat den direkten Zugang zur GdP. Die GdP hat den direkten Zugang zum Personalrat der Polizei. Überzeugen Sie ihn davon, dass die Polizei durch solch eine Maßnahme nicht stigmatisiert wird, sondern – ähnlich wie beim Deeskalationskonzept am 1. Mai – feststellt, dass es ihr nützt, wenn sie solch einer Sache offen gegenübersteht.

wenn sie solch einer Sache offen gegenübersteht. Sie werden von den Bürgerinnen und Bürgern besser angenommen, wenn sie freiwillig so etwas machen, wenn sie sagen: Wir wollen eine individuelle Kennzeichnung. – Wenn Sie den Kollegen Trapp davon überzeugen, werden wir ganz sicher einen Weg in diesem Haus finden, um die individuelle Kennzeichnungspflicht durchzusetzen.

Bis dahin, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, erinnern Sie sich nur kurz daran, wie es ist, wenn man sich in einer Koalition befindet. Man ist zum Kompromiss verpflichtet. In manchen Dingen setzt man sich durch, in anderen nicht, bei manchen findet man einen Kompromiss. In diesem Fall besteht der Kompromiss darin, dass der Modellversuch ausgewertet wird. Danach werden wir mit dem Polizeipräsidenten darüber reden müssen, ob weitergehende Reglungen notwendig sind. – Danke!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wolf! – Für die FDPFraktion hat jetzt der Abgeordnete Jotzo das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses Thema lädt eigentlich nicht zu einer aufgeregten Debatte ein. Herr Wolf! Ich finde es bemerkenswert, wie Sie sich hinter Ihrem Koalitionspartner versteckt haben. Dieses Eingeständnis der Macht- und Mutlosigkeit und der politischen Selbstverstümmelung ist für einen kleinen Koalitionspartner schwierig. Glauben Sie mir: Mit dieser Position haben wir Erfahrung.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Lauschangriff!]

Ich freue mich, dass mein Vortrag Ihnen Anlass zur Heiterkeit bietet. Ich hoffe, dass sich diese weiter fortsetzen wird.

Der Antrag vereint zwei Interessen: zum einen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, die von rechtswidrigen staatlichen Einsätzen betroffen sind und zum anderen das Interesse von Beamtinnen und Beamten, die vermeiden wollen, zu Unrecht identifiziert und kriminalisiert zu werden. Dieser Antrag leistet dies im Grundsatz. Wir haben einen sinnvollen Vorschlag einer hinreichenden Anonymisierung, der sicher noch ausbaufähig ist.

Ich kann mit vorstellen, dass man diese Kennzeichen auch rotiert. Damit würde es unmöglich, dauerhaft Personen per Internet ausfindig machen zu können. Beispielsweise könnte A 17 immer Hartmut S. sein. Das will man vermeiden, auch weil es sich in der Szene sehr verbreitet. Würde man für eine entsprechende Rotation sorgen, wären die Bedenken auch bei der Polizei ausgeräumt. Man sollte sich auch nicht hinter gewerkschaftlichen Abstimmungsprozessen und Personalvertretungsfragen verste

cken, wenn man eine politische Intention verfolgt. Man sollte ganz klar sagen – das vermisse ich bei Ihnen, Herr Kleineidam –, dass es eine klare Linie ist.

[Beifall bei der FDP]

Das Letzte, worüber wir bei dem Antrag noch reden müssen, sind handwerkliche Fragen. Sicherlich ist es eine Frage, ob man es in einer gesetzlichen Regelung festschreibt oder es auf eine Dienstanweisung beschränkt.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Freiwillige Selbstver- pflichtung!]

Es ist die Frage, Herr Dr. Lederer, welchen Stellenwert wir einem solchen Antrag zumessen. Eine gesetzliche Auskunftsregelung ist wesentlich schärfer. Angesichts des Rechtsgutes, das wir schützen wollen, die Unversehrtheit des Bürgers vor rechtswidrigen staatlichen Eingriffen, sollten wir über eine gesetzliche Regelung nachdenken. So unwichtig sollten wir uns selbst nicht nehmen.

[Beifall bei der FDP und den Grünen – Senator Dr. Ehrhart Körting: Weniger Staat!]

Herr Körting, das hat mit weniger Staat nichts zu tun. Es müssen Prioritäten dort gesetzt werden, wo sie erforderlich sind. Dies muss auch gesetzlich geschehen. Es hilft nichts. Wir haben heute schon über das Verständnis von Innensenatoren und dem Recht gesprochen.

Handwerklich dürfte die Neuregelung nicht so sehr in § 12 und § 13 angesiedelt werden. Wahrscheinlich würde es eher zu § 50 a, zu den anderen Auskunftsrechten des Bürgers, und nicht so sehr zu den Eingriffsrechten des Staates passen. Darüber werden wir im Ausschuss sicherlich noch übereinkommen. Dabei können wir auch die Systematik klären. Es ist ein sinnvoller Antrag. Wir sollten diesen auch mit einer gesetzlichen Form unterstützen. – Ich bitte um Ihre Zustimmung nach der Ausschussberatung.

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jotzo! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch.

Die lfd. Nrn. 6 bis 8 stehen auf unserer Konsensliste.

Ich komme zur

lfd. Nr. 8 A:

Dringliche I. Lesung

Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Vertrag des Landes Berlin mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Evangelischer Kirchenvertrag Berlin)

Antrag der SPD, der CDU, der Linksfraktion und der FDP Drs 16/0261

Die Fraktion der Grünen hat bereits angekündigt, der Dringlichkeit zu widersprechen. – Hierüber lasse ich abstimmen. Wer für die Dringlichkeit ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalition, die CDU und die FDP. Die Gegenprobe! – Das sind die Grünen. Enthaltungen? – Keine! Dann ist die Dringlichkeit beschlossen.

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Die Fraktionsgeschäftsführer haben sich auf die Überweisung an den Rechtsausschuss verständigt, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Die Wahlen unter den Nrn. 9 und 10 stehen als vertagt auf unserer Konsensliste.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 11: