Bundesgelder stadtverträglich und klimagerecht einsetzen – schnelle Schienenanbindung zum Flughafen Schönefeld – BBI – statt Verlängerung der Autobahn A 100
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU in Person des Kollegen Zimmer. – Herr Zimmer, Sie haben das Wort!
Bevor Sie es ergreifen, möchte ich aber alle Kolleginnen und Kollegen, die hier vorn – oder auch hinten – plaudern, darum bitten, in den hinteren Teil des Raumes zu gehen oder ihn am besten zu verlassen, sodass alle ihre ungeteilte Aufmerksamkeit dem Kollegen Zimmer widmen können. – Bitte schön, Herr Zimmer!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines sollte in diesem Haus unstreitig sein, nämlich dass die Dresdner Bahn in Lichtenrade in den Tunnel gehört.
Denn auch das dürfte genauso unstreitig sein: Der ebenerdige Ausbau der ICE-Strecke quer durch den Ortsteil ganz im Süden von Tempelhof hätte katastrophale Folgen. Lärm- und Erschütterungsbelastungen der Anlieger werden bei einer ebenerdigen Lösung in diesem dichtbesiedelten Gebiet unerträglich sein.
Man muss es sich bildlich vorstellen. Wer Lichtenrade nicht kennt – und das war ja am Anfang der Diskussion offensichtlich ein wesentliches Problem derjenigen, die die Planung betrieben haben –, sollte zur Kenntnis nehmen, dass Lichtenrade ein dichtbesiedelter, grüner, attraktiver Ortsteil im Süden von Tempelhof ist. Wenn Sie nun den ICE ebenerdig durch Lichtenrade hindurchbauen – quer durch die Haupteinkaufsstraße, die Bahnhofstraße –, vernichten Sie damit nicht nur Lebensqualität, sondern auch erhebliche Werte, nämlich die Werte derjenigen, die ihren Arbeitsplatz dadurch verlieren, dass Betriebsstätten
geschlossen werden müssen, sowie die Werte, die sich die Menschen dort dadurch aufgebaut haben, dass sie sich Eigenheime in der Nähe der Bahntrasse geschaffen haben.
Man darf bei der gesamten Diskussion um den Lärm und die Lärmbelastung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens auch eines nicht vergessen: Es mag sein, dass es Berechnungen gibt, die sagen, dass bestimmte Lärmbelastungen auch unter Einbeziehung von Lärmschutzmaßnahmen zulässige Grenzwerte nicht erreichen. Aber es gibt einen Schienenbonus. Ich weiß nicht, wer von Ihnen sich schon einmal mit der Frage, was der Schienenbonus ist, auseinandergesetzt hat. Schienenbonus bedeutet, dass Lärm- und Erschütterungsbelastungen bei Schienenfahrzeugen und Schienenanlagen anders berechnet werden als beispielsweise bei einem Flugzeug oder bei einer Autobahn. Nun frage ich Sie: Was macht es eigentlich für einen Unterschied für einen Betroffenen, ob der Lärm von einem ICE oder von einem Airbus über seinem Grundstück ausgeht? – Deswegen mehren sich mittlerweile auch in der Umweltmedizin die Stimmen, die sagen, dass der Schienenbonus als solcher nicht mehr gerechtfertigt ist.
Eine Lärmschutzwand wird dieses Problem im Wesentlichen nicht beheben können, denn zum einen breitet sich Schall glockenförmig aus, sodass auch Anlieger, die nicht unmittelbar an der Bahntrasse leben, davon betroffen sein werden – unabhängig davon, ob dort eine entsprechende Lärmschutzwand errichtet wird. Zum Zweiten ist es auch ein optisches Problem – ohne Frage. Das ist in Berlin an vielen Stellen zu besichtigen. Auch das gehört zur Lebensqualität mit dazu, dass durch Lichtenrade nicht wieder eine fünf Meter hohe Mauer gebaut wird.
Wer Lichtenrade kennt, der weiß, dass es dort zwei Straßen gibt, die die Bahnstrecke kreuzen. Das ist im Wesentlichen die schon erwähnte Bahnhofstraße, die Haupteinkaufsstraße. Um unter der ICE-Strecke hindurchzukommen sind dort Steigungen von über 8 Prozent geplant. Das bedeutet, es wird alpine Verhältnisse in Lichtenrade geben. So etwas haben Sie sonst nur in Parkhäusern. Nun könnte man sagen, das ist alle kein Problem. Es wird aber dann zum Problem, wenn beispielsweise starke Regenfälle – wir haben sie alle erlebt – dazu führen, dass die Unterführung überflutet wird. Dort könnten dann noch nicht einmal Rettungsfahrzeuge unter der ICE-Trasse durchfahren. Zum Zweiten fahren dort BVG-Busse durch, und bei 8 Prozent Steigung ist auch dort das Chaos vorprogrammiert. Diese Busse halten dann auch noch in der Unterführung an viel zu schmalen Haltebuchten. Auch ein Dauerstau ist dann zukünftig in Lichtenrade vorprogrammiert – mit allen negativen Folgen, die das auch mit Blick auf die Belastung der Umwelt mit sich bringt.
Deswegen ist unser Antrag – im Übrigen auch der Antrag der FDP – heute richtig und notwendig. Ein Planfeststellungsbeschluss über die Führung der Dresdner Bahn sollte schon längst gefasst sein. Für diejenigen, die die Geschichte der Dresdner Bahn nicht kennen: Das Planfeststellungsverfahren zieht sich nun mittlerweile seit 13 Jah
ren hin. Und warum zieht es sich seit 13 Jahren hin? – Weil es eine Fülle von Einwendungen gibt und vor allem schlampig durchgeführte Planungsverfahren seitens des EBA und der Deutschen Bahn!
Es sind vor allem die falschen Berechnungen der Deutschen Bahn, die immer wieder dazu geführt haben, dass Berechnungen korrigiert werden mussten und dass Einwendungen auch zukünftig durchgreifen werden. Spätestens seit der S-Bahn-Affäre wissen wir ja, dass es die Bahn mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Das ist im Übrigen auch bei der Berechnung der Alternativkosten der Fall – wenn man nicht ebenerdig, sondern im Tunnel bauen will. Man darf dabei nicht vergessen, dass wir in Deutschland ohnehin europaweit den geringsten ProKopf-Beitrag für Investitionen in das Schienennetz ausgeben. In der Schweiz ist es beispielsweise der sechsfache Betrag.
Es gibt in Lichtenrade eine Bürgerinitiative „Dresdner Bahn“, und diese wird bis in die letzte Instanz gerichtlich kämpfen, wenn es zu dem Planfeststellungsbeschluss für eine ebenerdige Lösung durch Lichtenrade kommt. Das bedeutet, dass die Anbindung an den BBI, die wir alle wollen, auf Jahre hin nicht kommen wird. Deswegen spricht sich beispielsweise auch der VBB für eine Tunnellösung aus. Wir brauchen an dieser Stelle keine Entscheidung durch die Gerichte, die mit Unsummen an Geld und mit einer weiteren Verzögerung verbunden ist. Wir brauchen eine politische Entscheidung.
Sehr wohl, Herr Präsident! Ich komme zum Schluss: Und diese politische Entscheidung ist natürlich auch auf einen Beitrag des Landes Berlin angewiesen. Der Senat kann es dabei nicht bei Lippenbekenntnissen belassen, sondern das Haus und der Senat müssen sich klar bekennen. Deswegen rufe ich an dieser Stelle insbesondere den Kollegen der Koalition zu: Springen Sie über Ihren Schatten, und stimmen Sie den Anträgen zu! Lehnen Sie sie nicht nur deshalb ab, weil sie von der Opposition gestellt sind! Zeigen Sie, dass Sie wirklich an der Seite der Bürgerinnen und Bürger in Lichtenrade stehen und eine lebenswerte Zukunft in diesem Ortsteil ermöglichen! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Dresdner Bahn steht hier nicht zum ersten Mal auf der Tagesordnung, und es gibt auch schon eine Vielzahl von Beschlüssen dieses Parlaments zu dem Thema, die deutlich machen, worum es geht. Lichtenrade ist nicht, wie es offensichtlich in manchen Kreisen der Deutschen Bahn oder auch des Bundesverkehrsministeriums herumgeistert, ein ländliches Gebiet mit vereinzelter Bebauung, sondern es ist ein Ortsteil, in dem insgesamt 50 000 Menschen wohnen, arbeiten und leben. Handel und Gewerbe in der Bahnhofstraße sind auch darauf angewiesen, gute Verbindungen zu haben. Und Lichtenrade ist ein Ortsteil, der sich nach der Wende darüber gefreut hat, wieder offen mit dem Umland verbunden zu sein. Auch dort haben sich neue Siedlungsbereiche ergeben. Auf jeden Fall ist es nicht so, das wir hier über irgendeinen ländlichen Raum reden, wo gelegentlich ein Zug durchfährt und sich eher die Frage stellt, ob eine Kuh auf dem Gleis steht oder nicht. Nein, in der Nähe der Gleise wohnen tatsächlich Menschen, und um diese geht es uns. Die Deutsche Bahn wäre auch gut beraten, wenn sie ihr Anliegen, ein umweltfreundliches und zukunftsfähiges Unternehmen zu sein, mit einbringen und sagen würde: In solch einem dicht bebauten Bereich können wir einen Quasineubau einer Fernbahnstrecke nicht so durchsetzen, dass wir sagen, das wird einfach auf die alte Trasse gelegt, und alles andere muss sich dann herumgruppieren –, sie sollte tatsächlich auf das Rücksicht nehmen, was dort vor Ort vorhanden ist, was wir an gewachsenen Strukturen haben und was wir nicht zerstören sollen. Deshalb ist es richtig: Für die Führung der Dresdner Bahn in Lichtenrade ist eine Tunnelführung unerlässlich.
Darüber, wie wir diese erreichen, gibt es schon seit vielen Jahren eine Diskussion. Darum haben sich Vertreter verschiedenster Parteien bemüht und nicht immer mit Ruhm bekleckert, gerade was Mitglieder der Bundesregierung angeht. Da war mal die CDU an der Reihe, mal die SPD. Im Moment ist sogar die CSU am Ruder. Wir stehen vor der Tatsache, dass der Bund sagt: Wir finanzieren diesen Tunnel nicht, weil er aus unserer Sicht nicht zwingend erforderlich ist. – Und die Deutsche Bahn sagt: Dann können wir es gar nicht finanzieren, weil uns sonst der Bundesrechnungshof oder wer auch immer auf das Dach steigt.
Das Land Berlin hatte – zum großen Ärger der Grünen, wenn man das mal bemerken darf – ursprünglich gesagt: Wir warten mit der Auslegung der Planungsunterlagen mal darauf, dass dieser Prozess abgeschlossen ist, mit dem Ziel, dass man sich einer Tunnellösung annähert. – Das hat nicht geklappt. Wir haben dann gesagt: Gut, man muss jetzt in die Planung reingehen und sehen, dass man diese Notwendigkeit im Verfahren darlegt.
Der Planfeststellungsbeschluss liegt noch nicht vor. Das ist auf schuldhaftes Verzögern der Deutschen Bahn zurückzuführen, es ist nicht Schuld des Landes Berlin. Keine einzige Einrichtung des Landes hat hier etwas ver
zögert, und übrigens hat auch keine einzige die Notwendigkeit dieser Führung im Tunnel infrage gestellt. Deswegen frage ich mich: Was sollen diese Anträge?
Alles, was darin steht, ist bereits erfüllt. Der Senat hat die Anliegen der Anwohner in Lichtenrade immer unterstützt. Der Senat hat auch auf ein schnelles Durchführen des Planfeststellungsverfahrens gedrängt. Er tut das immer noch. Der Senat befindet sich auch in Gesprächen mit der Bahn und der Bundesregierung – um dies noch einmal deutlich zu machen. Wie der Senat jetzt nach einem Beschluss des Abgeordnetenhauses auf das Planfeststellungsverfahren Einfluss nehmen soll, um das zu erreichen, was wir gemeinsam wollen, das können Sie mir nicht sagen, denn dafür gibt es auch keine Lösung. Ein Planfeststellungsverfahren ist kein politisches Verfahren.
Das politische Bekenntnis ist klar. Das, was Sie machen, ist genau das Gegenteil von dem, was bisher der Fall war. Bisher haben sich alle Parteien gemeinsam bemüht zu sagen: Wir stehen für diesen Tunnel, für diese Lösung. – Die Grünen sind erst relativ spät dazugekommen, das darf man auch noch mal erwähnen. Sie wollten eigentlich keinen Tunnel, sondern die Dresdner Bahn gar nicht ausbauen. Aber wir haben gesagt, wir stehen gemeinsam dafür, wir wollen das. Sie versuchen jetzt aber den Eindruck zu erwecken, der Senat setze sich nicht genug ein, und deshalb komme diese Tunnellösung nicht. Das ist perfide und kann deshalb auch nicht von uns unterstützt werden, lieber Herr Zimmer! Da bitte ich um Verständnis, das würden Sie an unserer Stelle auch nicht machen.
Wenn ich Ihnen noch eins mit auf den Weg geben darf: Sie sind in der Bundesregierung doch zusammen mit der FDP, die hier auch einen überflüssigen Antrag eingebracht hat. Gehen Sie doch mal zu Ihrem Bundestagsabgeordneten oder Ihrem Bundesregierungsmitglied und sagen Sie: Wie kommen Sie eigentlich dazu, 500 Millionen Euro zusätzlich von der Bahn abziehen zu wollen, obwohl die Bahn sagt, sie brauche eigentlich Geld, um Tunnel wie diesen zu finanzieren. Wenn Sie dann zurückkommen und sagen, dass Sie das geschafft haben, dann können wir auch wieder über solch einen Antrag reden. – Vielen Dank, Herr Zimmer!
Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Herr Zimmer hat nun das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte schön, Herr Zimmer!
Lieber Kollege Gaebler! Ich will es kurz machen. Wenn wir über Lauterkeit reden – zu Lauterkeit gehört, nicht nur Lippenbekenntnisse abzugeben, sondern auch klare Beschlüsse zu fassen.
Wir kennen doch alle die Historie der einst vom Land eingestellten Mittel, um eine entsprechende Kofinanzierung sicherzustellen, die aus dem Landeshaushalt hinausgestrichen worden sind, sodass wir nicht mal mehr einen Cent im Berliner Landeshaushalt hätten, um als Land eine entsprechende Finanzierung darzustellen. Es ist mir unverständlich, dass die Mittel von der Koalition hinausgestrichen worden sind. Da ist es nicht zu viel verlangt, dass Sie nicht immer nur alle Jahre wieder sagen: Wir sind ja alle für den Tunnel, und wir haben uns alle lieb –, sondern dass Sie Ihren Senat jetzt mit einem Beschluss des Abgeordnetenhauses darauf festlegen, dass er es nicht bei seinen Sonntagsreden belässt, sondern sich aktiv dafür einsetzt, dass in Lichtenrade endlich ein Tunnel gebaut wird. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Herr Zimmer! Ich weiß, dass wir uns im Vorwahlkampf und auch im innerparteilichen Wahlkampf befinden. Deswegen verstehe ich ja, dass Sie noch einmal insistieren wollen, um irgendwas vorzeigen zu können. Aber noch einmal: Der Senat hat sich eindeutig festgelegt, der Senat muss nicht durch dieses Haus festgelegt werden. Und nur, weil Sie einen Antrag wiederholt einbringen, müssen wir nicht wiederholt zustimmen. Es gibt klare Beschlüsse dieses Hauses, klare Festlegungen des Senats. Alles andere sind Spiegelfechtereien. Damit können Sie sich beschäftigen – wir haben Besseres zu tun. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Jetzt geht es weiter mit Frau Eichstädt-Bohlig, die das Wort für die Fraktion Bündnis 90/die Grünen hat. – Bitte schön, Frau EichstädtBohlig!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst etwas zu Herrn Gaeblers immer wiederholtem Mythos! Als Erstes muss ich klarstellen: Die Grünen haben sich in der letzten Legislaturperiode nicht gegen den Tunnel gestellt, sondern sie haben deutlich gemacht, das dieser Tunnel von Berlin aus nicht finanzierbar ist. Das war unsere Argumentation. Und das ist ja wohl nach wie vor die Situation. Sie sollten nicht immer falsche Legenden darstellen!