Protocol of the Session on June 17, 2010

in dem Auftraggeber und Auftragnehmer die Claims abgesteckt haben und sich nicht gegenseitig in die Suppe spucken. Der Fall HOWOGE ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft und die Kartellbehörde – Frau von der Aue, und vor allem Herr Wolf, der Sie der oberste Kartellwächter in Berlin sind und für fairen Wettbewerb zu sorgen haben. Bis jetzt kann ich nur erkennen: still ruht der rotrote See – oder vielleicht besser: der langsam versumpfende Tümpel.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Und auch Sie, Herr Wowereit, sind aufgefordert, sich endlich in Bewegung zu setzen. Als die Spitze des Eisbergs bei der HOWOGE vor zwei Monaten sichtbar wurde, haben Sie noch behauptet: Das System ist in Ordnung, es hat Regeln und bei Verstößen wird reagiert. – Das war eine Schutzbehauptung oder zumindest ein Irrtum. Welche Schlüsse ziehen Sie und der Senat jetzt daraus? Kommt von Ihnen eine Änderung des Betriebegesetzes und des Vergabegesetzes, die den landeseigenen Unternehmen eine saubere Vergabepraxis auferlegen – Vorbilder dafür gibt es, etwa im rot-grün regierten Bremen –, oder müssen wir es selbst machen, weil auch in dieser Frage vom Senat in Zukunft nichts zu erwarten ist?

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Besser, Sie lassen die Finger davon!]

Wir machen das gern. Aber vorher würden wir gern heute mit Ihnen über die offenen Fragen diskutieren. Hier besteht aktueller Handlungsbedarf. Deshalb fordern wir Sie auf, unserem Themenvorschlag zuzustimmen.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Esser! – Für die FDP- Fraktion hat nunmehr Frau Senftleben das Wort. – Bitte schön, Frau Senftleben!

Herr Präsident! Meine Herren! Meine Damen! Wir haben es noch alle im Ohr, was Rote und auch Grüne uns immer wieder mit sehr treuherzigem Augenaufschlag versichern: Auf die Gymnasien wollen wir nicht verzichten, wir würden einen Bildungsaufstand der bildungsorientierten Eltern riskieren. Also kurzum: Das Gymnasium bleibt. – Willkommen in der Realität, kann ich dazu nur sagen.

Langsam, aber systematisch werden die Gymnasien geschleift, dem Bedarf wird nicht entsprochen, Eltern werden hingehalten und besänftigt nach dem Motto: Wenn kein Platz mehr da ist, dann schickt doch euer Kind auf die Sekundar- oder die Gemeinschaftsschule.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Die Diskriminierung der Gymnasien lässt sich an vielen Beispielen verdeutlichen: ein Ganztagsgymnasium pro Bezirk. Wenn sie dieses Profil dann endlich erkämpft haben, kommt schnell die Ernüchterung. Es stellt sich nämlich heraus, dass sie eben nicht die personelle Ausstattung erhalten wie versprochen und wie sie an den künftigen Sekundarschulen gang und gäbe sein wird. Nun fragt der erstaunte Laie: Warum eigentlich? – Die Antwort der Verwaltung lautet: Die Gymnasiasten sind leistungsstärker, sie brauchen weniger Unterstützung. Ich finde das perfide, ich finde das zynisch, und dieses Argument zeigt die Haltung von Rot-Rot.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Diese gewollte Benachteiligung ist ein Skandal. Die rotgrüne Fokussierung auf die Einführung der integrierten Sekundar- und der Gemeinschaftsschule geht zulasten der anderen Schulformen. Das ist nicht akzeptabel.

[Beifall bei der FDP]

Aber es geht weiter. An den Gymnasien wird zu Recht eine bessere individuelle Förderung verlangt, bei größerer Klassenfrequenz, bei mehr Unterrichtsstunden. Hinzu kommt, dass in diesem Jahr der doppelte Abiturjahrgang 2012 gestemmt und vorbereitet werden muss. Zum anderen ist die Nachfrage größer geworden. Das ist ohne ausreichendes Personal nicht machbar – und das wissen Sie.

[Beifall bei der FDP]

Hier wird der Mangel sichtbar. Eine Umfrage der Vereinigung der Berliner Oberstudiendirektoren hat Folgendes ergeben: Von 40 teilnehmenden Gymnasien haben lediglich acht ausreichendes Personal für das kommende Schuljahr. Den restlichen 32 Gymnasien fehlt es derzeit an 108 Vollzeitlehrerstellen. Herr Senator Zöllner! Sie sind mit Ihrer Personalplanung und Personalpolitik grandios gescheitert. Das Recht auf Unterricht wird in dieser Stadt immer wieder mit Füßen getreten.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Gehen Sie andere Wege! Gehen Sie mutigere Wege! Sorgen Sie endlich für eine neue, gerechtere Arbeitszeit für Lehrer, setzen Sie endlich Leistungsanreize, lassen Sie die Schulen ihr eigenes Personal selbst aussuchen, und nehmen Sie Ihre Verantwortung als verlässlicher Partner endlich wahr. Das ist die Aktuelle Stunde wert.

[Beifall bei der FDP]

Eines finde ich besonders erstaunlich: Wir lesen seit Tagen und Wochen, dass Eltern und Schüler zunehmend Probleme dabei haben, überhaupt einen Gymnasialplatz zu finden. Damit soll offensichtlich den Eltern diese Schulform vergällt werden. Ich will Ihnen eine kleine Begebenheit aus dem Berliner Schulalltag darstellen. Es ist kein Einzelfall. Ich erhielt gestern eine E-Mail von einer Mutter, die nicht so recht weiß, was sie tun soll. Herr Zöllner! Vielleicht können Sie ihr helfen. Die Familie ist wohnhaft in Marienfelde und will den Sohn in die Büchner-Oberschule einschulen. Der Notendurchschnitt beträgt 1,4, also kein Problem. Das Gymnasium passt vom Profil her und ist auch das nächstgelegene. Hoffnungsfroh melden die Eltern im Februar ihren Sohn an. Bis Dienstag dieser Woche wussten die Eltern nicht, was los ist. Sie rufen beim Schulamt an, und dieses teilt ihnen die Absage mit. Die Begründung lautet, der Schulweg sei zu lang. Wohlgemerkt, es handelt sich um die nächstgelegene Schule. Die Eltern fragen nach, welches Gymnasium denn dann in Frage komme, und erhalten die Antwort, alle Gymnasien im Bezirk seien voll. Die Familie erhält Ende Juni die Absage und wenn es gut geht eine Zuweisung an ein Gymnasium vielleicht in Schöneberg-Nord, Wannsee, Marzahn-Hellersdorf oder auch Köpenick. Alles prima, denn dort sind noch Plätze frei. Ich frage Sie: Welcher Wahnsinn spielt sich diesbezüglich eigentlich in dieser Stadt ab?

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Herr Zöllner! Was muten Sie den Eltern und Schülern zu?

[Beifall bei der FDP und der CDU – Christoph Meyer (FDP): Da lachen Sie auch noch! Skandal!]

Brauchen Sie wirklich sechs Monate, um den Eltern mitzuteilen, auf welches Gymnasium ihr Kind demnächst eingeschult wird? Die lange Wartezeit ist inakzeptabel. Weshalb erfahren die Eltern nicht, wie es zu dieser Entscheidung kommt? Alles ist völlig intransparent und damit inakzeptabel. Die Deckelung der Gymnasialplätze ist nicht hinnehmbar. Schaffen Sie ausreichend Plätze!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Dahinter steckt System. Dieses Benachteiligungssystem gegenüber den Gymnasien werden wir nicht mitmachen. Eltern werden an der Nase herumgeführt, fühlen sich ohnmächtig und werden nicht ernst genommen. Ich sage Ihnen klar und deutlich: Wer ideologische Schulformen wie Rot-Rot mit Zwang verordnet und durchdrücken will,

anstatt um den Bürgerwillen zu werben, der gehört abgewählt. – Danke!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Danke schön, Frau Kollegin Senftleben!

Ich lasse jetzt über das Thema der Aktuellen Stunde abstimmen, und zwar zuerst über den Antrag der Koalitionsfraktionen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! Das sind die Koalitionsfraktionen. Die Gegenprobe! – Das sind die anderen Fraktionen, aber nicht die CDU. Das reicht nicht. Damit ist das erste Thema angenommen. Enthaltungen? – Die CDU.

Somit rufe ich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter Tagesordnungspunkt 3 auf und verbinde es mit dem Tagesordnungspunkt 32. – Die anderen Themen haben damit ihre Erledigung gefunden.

Ich weise Sie auf die vorliegende Konsensliste sowie das Verzeichnis der Dringlichkeiten hin. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die Dringlichkeit zugebilligt wird. Wenn das im Einzelfall nicht so sein sollte, bitte ich um Mitteilung.

Für die heutige Plenarsitzung darf ich folgende Senatsmitglieder entschuldigen: Herrn Senator Nußbaum, der ganztägig aus familiären Gründen abwesend ist. Herr Senator Wolf wird ebenfalls ganztägig abwesend sein wegen der Wirtschaftministerkonferenz in Göhren. Dem Ältestenrat hat auch eine Entschuldigung von Senator Dr. Zöllner vorgelegen, aber wie wir sehen, ist er da und bleibt hoffentlich auch in unserer Mitte.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich noch eine gute Nachricht nachzuholen. Der Kollege Zimmer hat geheiratet. Herzlichen Glückwunsch zum Ehestand!

[Beifall]

Alles Gute! Grüße an die Frau Gemahlin, die die meisten von uns kennen – vom Fernsehen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde – Mündliche Anfragen

Ich schlage vor, die Fragen Nummer 4 und 8 der Frau Abgeordneten Dr. Barth und der Frau Abgeordneten Jantzen zum Thema Kindertagesbetreuung gemeinsam aufzurufen und zu behandeln. – Widerspruch höre ich dazu nicht. Dann ist das so.

Die Fraktion der CDU bittet um einen Ringtausch in der Reihenfolge der Fragen 7, 11 und 15. Somit werde ich die Frage 11 an siebter Stelle, die Frage 15 an elfter Stelle

und die Frage 7 an fünfzehnter Stelle aufrufen – wenn es noch dazu kommt.

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat der Abgeordnete Thomas Kleineidam von der Fraktion der SPD zu dem Thema

Angriff mit einem Sprengsatz bei der Demonstration „Wir zahlen nicht für eure Krise“

Bitte schön, Herr Kleineidam!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über den Angriff mit einem Sprengsatz bei der Demonstration „Wir zahlen nicht für eure Krise“ am 12. Juni 2010, durch den zwei Polizeibeamte schwer verletzt wurden?

2. Wie bewertet der Senat den Vorfall, und welche Schlussfolgerungen zieht er daraus?

Danke schön! – Der Innensenator, Herr Dr. Körting, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kleineidam! Zur ersten Frage, welche Erkenntnisse der Senat über den Angriff auf Polizeibeamte am 12. Juni 2010 hat: Wir haben am 12. Juni 2010 eine Demonstration gehabt, die von rund 100 Organisationen angemeldet worden war und sich gegen bestimmte politische Ansätze der Bundesregierung, Hartz-IV-Kürzung oder Ähnliches, richtete. Diese Demonstration ist ganz überwiegend von Organisationen angemeldet worden, die sich mit Demonstrationen im demokratischen Spektrum bewegen wie Verdi oder ähnliche Gewerkschaften. An der Demonstration, die um 13 Uhr begonnen hat, haben 10 000 bis 20 000 Personen teilgenommen. Darunter war allerdings auch ein Block von ungefähr 450 Personen, der sogenannte antikapitalistische Block.