Letztes Thema – man kann es nicht deutlich genug sagen – ist der Verkehr. Das Thema Verkehr kommt zart im Energiekonzept 2020 von Herrn Wolf vor. Es kommt im Klimaschutzgesetz von Frau Lompscher gar nicht vor und auch nicht im jetzigen Stadtentwicklungsplan Klima, da die Fortschreibung des Stadtentwicklungsplans Verkehr vor sich hindümpelt und nicht recht vorankommt, weil sich der Senat aus den Widersprüchen, in denen er verkehrspolitisch steckt, nicht herausarbeiten will, sondern
sie ständig weiter vertieft, wie sich mit der Entscheidung vom letzten Dienstag in der SPD-Fraktion zeigte. Deshalb: Machen Sie sich endlich ehrlich! Lassen Sie diesen hehren verbalen Zielen, die Sie immer wieder aussprechen, endlich konkrete Taten folgen! Parlieren Sie nicht von Grenzen der Versiegelung, sondern stoppen Sie diesen Flüsterasphalt, den Sie mit der A 100 planen! Das wäre endlich konsequent. Dann würden wir Ihrem Antrag auch Glauben schenken.
Vielen Dank, Frau Eichstädt-Bohlig! – Für die FDPFraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Schmidt das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist völlig richtig, jetzt konkret auch einmal über die Anpassung an den Klimawandel zu reden und nicht nur über die Emissionssenkung, die andere Seite, auch wenn Herr Buchholz in seiner Rede doch wieder in das Klimaschutzgesetz gerutscht ist und Frau Eichstädt-Bohlig die gesamte Klimapolitik des Landes Berlin hineingerührt hat. Jetzt reden wir erst einmal über ein ganz konkretes Planungsinstrument, das hier vorgeschlagen wird!
Wir haben bisher sehr viel über CO2-Emissionen geredet und immer wieder neue Maßnahmen diskutiert, teilweise Maßnahmen, bei denen nur sehr geringe Effekte mit sehr hohen Kosten verbunden waren: Heizpilzverbot, übertriebene Gebäudesanierungen und Ähnliches. Immer nur über CO2-Emissionssenkungen zu reden ist zu wenig.
Besser ist es, die Debatte zu führen, wie sich die Stadt auf den aktuellen Klimawandel einstellen muss und wie sie das am besten tut.
Der Klimawandel findet nämlich statt, und er findet statt, egal was das Land Berlin jetzt unternimmt. Seitdem in Kopenhagen klar wurde, dass es in absehbarer Zeit keine konkreten weltweiten Vereinbarungen zur Emissionsreduzierung geben wird, ist es immer wichtiger, sich auf die vorhersagbaren und die laufenden Veränderungen des lokalen Klimas einzustellen.
Aus Sicht der FDP-Fraktion sind Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel deshalb dringend geboten, und Stadtplanung und Bauen und spielen dabei eine ganz entscheidende Rolle. Deswegen reden wir hier über einen Stadtentwicklungsplan als Planungsinstrument.
Grünflächen, Entstehungsgebiete für Kaltluft, Frischluftschneisen müssen durch die Stadtplanung gesichert werden, die Belüftung für die Stadt, Vorkehrungen gegen eine innerstädtische Aufheizung sind geboten, und der Wasserhaushalt der Stadt muss ebenso berücksichtigt werden wie die Vorsorge gegen extreme Wetterereig
nisse. Dafür müssen wir Konzepte entwickeln. Die FDPFraktion stellt sich dieser Herausforderung und wird konstruktiv und konkret an diesen Projekten mitarbeiten.
Architektur und Bauen können eine wichtige Rolle zur Anpassung spielen: stärkere Beschattung, Reduzierung großer Glasflächen, weniger Südfenster usw. Diese Herausforderung hat auch positive Aspekte: Sie kann neue und interessante Formen der Architektur und der Stadtstrukturen hervorbringen und insgesamt die Lebensqualität und Attraktivität Berlins steigern.
Die FDP-Fraktion sieht deshalb in dem vorliegenden Antrag einen vernünftigen ersten Ansatz, die Forderung der Anpassung an den Klimawandel umzusetzen.
In den anstehenden Debatten werden wir aber noch einige zu diskutierende Punkte im Antrag herausarbeiten. Zum einen: Warum soll sich laut Antrag die Abstimmung von Maßnahmen des Stadtentwicklungsplans Klima vor allem auf den Klimaschutzrat, den BUND und die Grüne Liga konzentrieren? Es geht hier nicht um Maßnahmen zum Klimaschutz, sondern um Maßnahmen von Architektur und Stadtplanung, und die genannten Verbände haben sich dabei bisher nicht allzu sehr hervorgetan. Nötig wäre stattdessen eine Kooperation mit der Architektenkammer, mit den Stadtplanern mit den üblichen Trägern öffentlicher Belange. Der Kreis der Teilnehmer muss sicherlich sinnvoller und weiter gefasst werden.
Ein Stadtentwicklungsplan Klima muss auch damit verbunden sein, dass entsprechende Maßnahmen auch im Haushalt priorisiert werden. Als Frau Platta über Lärmschutz und die Wasserrahmenrichtlinie sprach, hat mich das etwas erschreckt. Da haben wir nämlich wunderbare Planungen, aber keine Umsetzung. Dafür sind nämlich nur Kleckerbeträge im Haushalt eingestellt, und all das schön Geplante wird gar nicht umgesetzt. Das können wir beim Stadtentwicklungsplan Klima jedenfalls nicht so machen.
Wir als FDP-Fraktion werden notwendige Ergänzungen zu diesem Antrag im Ausschuss einbringen. Grundsätzlich unterstützen wir aber das Anliegen des Antrags, denn es ist ausgesprochen wichtig, jetzt die notwendigen Anpassungen unserer Stadt an den Klimawandel vorzubereiten. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrages auf Drucksache 16/3201 federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr sowie mitberatend an den Ausschuss für Ge
Gesetz zur Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe sowie zum Schutz von Menschen in gemeinschaftlich betreuten Wohnformen (Wohnteilhabegesetz – WTG)
Gesetz über Selbstbestimmung und Teilhabe in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen (Wohnteilhabegesetz – WTG)
Das ist die Priorität der Fraktion der CDU, Tagesordnungspunkt 5. Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatungen der jeweils 35 Paragrafen miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschriften und die Einleitungen sowie die jeweiligen Paragrafen 1 bis 35, Drucksachen 16/2489, 16/2705 und 16/3190. Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der CDU, und der Herr Abgeordnete Hoffmann hat das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich höre gerade, dass die Senatorin vermisst wird. Vielleicht kann organisiert werden, dass sie zu einem Gesetzesthema anwesend ist.
Selten – vielleicht will sie dieser Kritik entgehen, aber sie entkommt ihr nicht – hat eine Gesetzesvorlage so wenig Zustimmung in der breiten Fachöffentlichkeit gefunden wie das heute zur Abstimmung vorliegende Wohnteilhabegesetz des rot-roten Senats, das das Heimrecht des Bundes ablösen soll. Dabei sollte es ein ganz großer Wurf werden. Doch was kam heraus? – Eine drittklassige Vorlage, der auch nach mehrmaliger Überarbeitung viel Kritik zuteil wurde. Wer das heute wieder bestreitet, unterstreicht damit nur, dass er das Anhörungsergebnis vom Januar einfach nicht zur Kenntnis nehmen will und sich damit die Gesetzesvorlage schönredet.
Aber auch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Gesetzesinhalten war von Rot-Rot nicht gewollt. Das ging von der Düpierung Anzuhörender im Sozialausschuss bis hin zu Ignoranz und Ungeduld im Gesundheits
hausschuss: Man habe viel zu lange darüber geredet, und nun sei mal Schluss. – So geht man nicht mit solch einem wichtigen Gesetz, das so viele Menschen betrifft, um.
Für uns und insbesondere für die, die sich später mit diesem Gesetz abplagen müssen, ist noch lange nicht Schluss, denn es bleibt bei den grundlegenden Kritikpunkten, von denen ich hier noch einmal einige wichtige benennen möchte.
Erstens: Der Senat war nicht in der Lage, obwohl er es mehrfach angekündigt hat, eine gemeinsame Regelung mit Brandenburg zu vereinbaren, obwohl es wichtig gewesen wäre.
Zweitens: Die Verwendung der Begrifflichkeiten stationäre, teilstationäre bzw. gemeinschaftlich betreute Wohnform entgegen dem Beschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz führt dazu, dass die gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen bei den Unterbringungsformen bereits jetzt schon nicht mehr adäquat abgebildet werden. Das macht sich insbesondere an der Wohnform der Behindertenhilfe fest, die mit ihren fachlichen Standards und Besonderheiten nicht genügend berücksichtigt wird, §§ 2 bis 4. Ebenso betrifft das die undifferenzierten Anforderungen an die Leistungserbringer aller betreuten Wohnformen in den §§ 11, 17, 23 und 29.
Drittens: Es wird mit einer Vielzahl unklarer Rechtsbegriffe gearbeitet, was die Handhabbarkeit und Verständlichkeit einengt und zu große Ermessensspielräume eröffnet. Als Beispiel zähle ich § 1, Ziele des Gesetzes, heran. Diese teile ich inhaltlich. Ich halte sie jedoch über das Ordnungsrecht für nicht umsetzbar, weil Standards und Maßstäbe dafür fehlen. Ich frage Sie: Was hilft es, ein lyrisches Gesetz zu verabschieden, wenn in der Praxis dessen Auswirkung nicht rechtsstabil ist?
Ordnungsrecht und Leistungsrecht werden nicht sauber getrennt. So wird über das Ordnungsrecht versucht, den Anbietern weitere Leistungen aufzuerlegen, obwohl sie personelle und finanzielle Ressourcen dafür weder haben noch bekommen sollen – § 10.
Fünftens: Die Anforderungen an die Leistungserbringer hinsichtlich der Dokumentation erhöhen den derzeitigen Verwaltungsaufwand und führen zu weiterer Bürokratie – §§ 16, 13 und 6. Ebenso führt die Prüfung gleicher Tatbestände durch den medizinischen Dienst der Kassen und die Aufsichtsbehörde zu Doppelungen, die eher zu mehr Kontrollbürokratie führen und den Aufwand erhöhen.
Sechstens: Es gibt viel zu viele Regelungen, die sich in Rechtsverordnungen ergehen sollen, die uns nicht vorgelegen wurden. Da sehen wir ein Transparenzproblem; es wird ja immer wieder über Transparenz gesprochen, und dieses Gesetzesverfahren, dieses Gesetz beweisen, dass es nicht um Transparenz geht. Dies zeigt auch ein weiteres Beispiel: Der Senat hat heute seine Stellungnahme zu dem
Gesetzentwurf veröffentlicht, und er macht deutlich, dass er es schon am 1. Juli in die Tat umsetzen möchte. Das zeigt, dass es bei dieser Frage nicht mehr darum geht, die Regelungen ordentlich und im Sinne aller Beteiligten und auch der Fachöffentlichkeit zu treffen, sondern nur darum, ein schnelles Gesetz auf den Weg zu bringen, damit man ein Thema los wird. So kann man keine Politik gestalten!
Es wäre klug gewesen, sich mehr Zeit zu nehmen, mehr Qualität in das Gesetz zu packen und dafür zu sorgen, dass wir mit dem Gesetz dazu kommen, mehr Qualität für die Berlinerinnen und Berliner zu erreichen.